Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 24.01.2001
Aktenzeichen: 2 U 104/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 823 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
ZPO § 546 Abs. 2 Satz 1
1.Der Auftraggeber von landwirtschaftlichen Häckslerarbeiten braucht ohne konkrete Nachfrage des Lohnunternehmers nicht auf den Verlust von mehreren Wendezinken in den vergangenen Jahren hinzuweisen.

2. Eine Aufklärungsfrist in Bezug auf routinemäßig vom Lohnunternehmer zu beachtende Risiken besteht nicht.


Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

2 U 104/00 9 O 8/00 LG Lüneburg

Verkündet am 24. Januar 2001

#######, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 8. Januar 2000 durch die Richter am Oberlandesgericht ####### für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 27. März 2000 verkündete Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer des Klägers und der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren betragen 55.627,58 DM.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass dem Kläger gegen den Beklagten der mit der Klage geltend gemachte Schadensersatzanspruch wegen der behaupteten Beschädigung seines Feldhäckslers Claas Jaguar 840 am 21. Mai 1999 nicht zusteht.

I.

Zwar kann dem Werkunternehmer ein Anspruch auf Schadensersatzanspruch aus positiver Forderungsverletzung zustehen, wenn der Besteller nicht alles ihm Zumutbare und Mögliche getan hat, um den Lohnunternehmer insbesondere dessen Arbeitsgeräte bei der Erbringung der vertraglichen Leistung vor Schäden zu bewahren (s. BGH BauR 1975, 64; OLG Braunschweig, VersR 1968, 204). Dem Besteller obliegt insbesondere die aus dem vertraglichen Treueverhältnis abgeleitete Pflicht, den Werkunternehmer zu beraten und aufzuklären (vgl. Soergel, in: MünchKomm. zum BGB, 3. Aufl., § 631, Rz. 180), falls besondere Risiken bei der Ausführung des Auftrags bestehen. Er hat insbesondere auf Gefahrenquellen oder gefahrenerhöhende Umstände hinzuweisen, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat und die er auch bei sorgfältiger Beobachtung der tatsächlichen Gegebenheiten nicht erkennen kann (s. Peters, in: Staudinger, BGB, 13. Bearb., Anhang IV zu § 635 Rz. 4).

1.

Diese Pflicht des Bestellers besteht jedoch nicht schlechthin. Ihr Umfang ist vielmehr nach den Umständen des Einzelfalles zu bestimmen und verlangt von dem Besteller nur diesem zumutbare Maßnahmen (BGH BauR 1975, 64). Eine Verletzung der werkvertraglichen Fürsorgepflicht des Bestellers kommt nur dann in Betracht, wenn es nicht lediglich um das allgemeine Risiko der Arbeiten des Werkunternehmers geht, dass dieser selbst zu übernehmen hat, sondern vielmehr besondere Umstände hinzukommen, die für den Besteller erkennbar zu einer höheren Schadensträchtigkeit führen, auf die der Besteller den Unternehmer hinzuweisen hat (s. OLG Braunschweig, VerwR 1968, 204). Auf die allgemeinen Gefahren, die bei Routinearbeiten regelmäßig bestehen, braucht der Besteller nicht besonders zu verweisen.

Gemessen an diesen Grundsätzen wäre dem Beklagten hier selbst dann keine Pflichtverletzung anzulasten, wenn der gesamte Vortrag des Klägers zuträfe und der von dem vom Kläger beauftragten Sachverständigen ####### festgestellte Schaden an dem Häcksler des Klägers tatsächlich beim Bearbeiten der Weidefläche 'Auf der Heide' des Beklagten durch Aufnahme eines dort vom Beklagten im Vorjahr verlorenen Wendezinkens eingetreten wäre. Der Senat braucht deshalb keinen Beweis über die zwischen den Parteien streitigen Fragen zu erheben, ob der Schaden am Häcksler des Klägers überhaupt erst am 21. Mai 1999 eingetreten ist, oder bereits am 20. Mai 1999 vorhanden war und ob der Schaden tatsächlich durch einen Wendezinken verursacht worden ist, der dem Heuwender 'Heurebell' des Beklagten zuzuordnen ist. Selbst wenn dies der Fall wäre, hätte der Beklagte den Kläger nicht auf den Verlust von bis zu drei Wendezinken im Jahr 1998 hinweisen müssen, da der Kläger dem Beklagten eine konkrete Frage nach dem Verlust von Wendezinken in der Vergangenheit nicht gestellt hat.

2.

Dies gilt auch bei Unterstellung der Richtigkeit der Behauptung des Klägers, den Beklagten allgemein nach Hindernissen gefragt zu haben. Die vom Kläger behauptete Frage nach dem Vorhandensein von 'Steinen oder ähnlichem' reichte nämlich in keinem Fall aus, um das Risiko der Beschädigung des Häckslers durch einen Wendezinken auf den Beklagten zu verlagern. Auf eine derart allgemein gehaltene Frage brauchte der Beklagte nicht mit dem Hinweis auf den Verlust von Wendezinken im Vorjahr zu antworten.

a) Eine Verpflichtung des Beklagten, auf den Verlust von Wendezinken im Vorjahr hinzuweisen, bestand schon deshalb nicht, weil dieser Verlust nicht zu einer Gefahrerhöhung im Verhältnis zu dem üblicherweise von einem Lohnunternehmer, der Häckslerarbeiten entsprechend denen des Klägers durchführt, selbst zu tragenden Risiken führt. Zwischen den Parteien ist unstreitig geblieben, dass der Verlust von Wendezinken üblich ist und demgemäß auch damit gerechnet werden muss, dass derartige Zinken sich auf einer Fläche befinden, auf der Heuwendearbeiten durchgeführt worden sind. Dies hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung noch einmal bekräftigt, indem er darauf hingewiesen hat dass derartige Zinken regelmäßig beim Heuwenden selbst und nicht auf dem Hof oder auf dem Weg zur Wiese verloren werden würden. Der Kläger durfte deshalb ohne eine ausdrückliche Nachfrage nach Wendezinken beim Beklagten nicht davon ausgehen, dass die von ihm zu bearbeitende Fläche frei von derartigen Wendezinken war. Sofern er sich vergewissern wollte, dass tatsächlich keine Wendezinken vorhanden waren und der Beklagte ausschließen konnte, in der Vergangenheit Wendezinken verloren zu haben, hätte er von sich aus den Beklagten konkret danach fragen müssen.

b) Eine 'Aufklärung' über den Verlust von Wendezinken ohne konkrete Nachfrage durfte er dagegen nicht erwarten, zumal unstreitig ist, dass der Beklagte gar nicht wusste, an welcher Stelle er die Zinken verloren hatte. Der Beklagte brauchte nicht davon auszugehen, dass er die Wendezinken tatsächlich auf der vom Kläger zu bearbeitenden Wiese verloren hatte. Den Kläger darauf hinzuweisen, dass er in einem nicht näher einzugrenzenden Bereich seiner Wiesenflächen oder auch der Zufahrten zu diesen Wiesenflächen einschließlich der Zufahrtswege oder auch auf seinem Betriebshof Wendezinken verloren hatte, wäre sinnlos gewesen.

Mit einem derartigen Hinweis hätte er den Kläger nur auf das allgemeine Risiko hinweisen können, dass auf einem mittels Heuwender bearbeiteten Bereich möglicherweise Wendezinken zurückgeblieben sein konnten. Mit diesem Risiko musste der Kläger aber wie bereits ausgeführt ohnehin rechnen. Dies gilt umso mehr, als auch der Kläger vorträgt, dass eine Nachsuche sinnlos gewesen wäre und es deshalb keine Möglichkeit gab, sich gegen die Aufnahme eines Wendezinkens auf der Wiese zu schützen.

3.

Die Maschine des Klägers war zum Schutz gegen die Aufnahme von Metallteilen mit einem Metalldetektor versehen. Dass der Kläger gleichwohl eine Aufklärung über jeglichen Verlust von Wendezinken vom Beklagten erwartete, konnte der Beklagte im Hinblick auf diese Schutzvorrichtung nicht annehmen. Vielmehr konnte er die Frage so verstehen, dass es sich tatsächlich um die Frage nach Steinen oder anderen Teilen wie etwa Zaunteilen, die auf der Wiese vorhanden waren, handelte. Wenn der Beklagte eine derart allgemein gestellte Frage verneinte, übernahm er damit noch nicht die Gewähr für das Fehlen jeglicher beeinträchtigender Gegenstände auf der Wiesenfläche einschließlich von Metallteilen.

Unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einsatzes des Häckslers brauchte der Beklagte auch nicht davon auszugehen, dass er dem Kläger eine besondere Aufklärung über den Verlust von Wendezinken schuldete. Der vom Kläger eingesetzte Häcksler verfügte über einen Metalldetektor, der offenkundig das hohe Risiko der Aufnahme von Metallteilen durch den Häcksler und der Beschädigung des Häckselwerkes durch derartige Teile herabsetzen sollte. Wenn dieser Detektor, wie vom Kläger im Rechtsstreit behauptet wird, nicht ausreichend arbeitete, indem er nur 80 % der vom Häckselwerk erfassten Fläche überwachte und es beim Erfassen von Metallteilen doch noch zu einem Nachlaufen des Häckslers kam, das bereits zu dessen Beschädigung führen konnte, wäre es erst recht die ureigenste Sache des Klägers gewesen, sich durch gezielte Nachfrage über das möglichen Vorhandensein von Wendezinken zu vergewissern, dass auf der Wiese derartige Teile nicht verloren worden waren. Diese Frage hat der Kläger jedoch nicht gestellt, weil er sich augenscheinlich auf das Funktionieren des Metalldetektors verließ. Er kann deshalb dem Beklagten auch nicht anlasten, ihn nicht über den Verlust von Wendezinken im Jahr 1998 aufgeklärt zu haben.

4.

Nicht überzeugend ist es in diesem Zusammenhang auch, ohne dass es darauf noch entscheidend ankäme, dass der Kläger nach seinen Behauptungen die Arbeiten nicht durchgeführt hätte, wenn er vom Beklagten darauf hingewiesen worden wäre, dass der Beklagte 1998 mehrere Wendezinken verloren hatte. Falls der Kläger tatsächlich derart konsequent auf eine entsprechende Information reagiert hätte, hätte nichts näher gelegen, als konkret nach dem Verlust von Wendezinken zu fragen. Der Schutz des Häckslers mit einem Metalldetektor wäre dann auch kaum noch verständlich. Der Kläger hätte den Häcksler im Hinblick auf das unstreitig häufige Verlieren von Wendezinken praktisch nicht einsetzen können, weil nie hätte sicher sein können, eine Heufläche zu bearbeiten, die frei von jeglichen Metallteilen war.

II.

Ein Anspruch des Klägers aus unerlaubter Handlung gemäß § 823 Abs. 1 BGB kommt ebenfalls nicht in Betracht. Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass der Beklagte auf der gehäckselten Fläche tatsächlich einen Wendezinken verloren und ihm gleichwohl versichert hat, dass die Fläche frei von derartigen Metallteilen war. Eine schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht scheidet damit aus.

III.

Im Hinblick auf den fehlenden Haftungsgrund kann offenbleiben, ob bei einer anderen Beurteilung den Kläger ein zumindest die Haftung ausschließendes oder überwiegendes Mitverschulden träfe, weil er den Beklagten nicht auf die besonderen Risiken des Einsatzes des Häckslers auf einer Wiesenfläche, auf der sich möglicherweise Wendezinken befanden, hingewiesen und ihm nicht erläutert hat, dass der in den Häcksler eingebaute Metalldetektor in einem Bereich von 20 % der vom Häcksler erfassten Fläche wirkungslos war.

Ebenfalls dahingestellt bleiben kann die Frage, ob der Kläger, der eine Reparaturrechnung für den Häcksler nicht vorgelegt hat, tatsächlich den von ihm behaupteten Schaden erlitten hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Festsetzung der Beschwer des Klägers ist im Hinblick auf § 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO erfolgt.

Ende der Entscheidung

Zurück