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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 27.01.2003
Aktenzeichen: 2 W 1/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 348
ZPO § 348 a
ZPO § 568
1. Es verstößt gegen den Grundsatz des gesetzlichen Richters, wenn in einer Einzelrichtersache ohne erkennbare Übertragung des Rechtsstreit auf die Kammer eine Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht durch den Einzelrichter, sondern durch die Kammer in einer Dreierbesetzung getroffen wird; die Entscheidung des Landgerichts ist in einem solchen Fall aufzuheben und an das Gericht zurückzuverweisen.

2. Die Abwälzung der Pflicht zur Einholung einer öffentlich-rechtlichen Erlaubnis auf den Mieter kann einem Formularmietvertrag jedenfalls dann nicht wirksam erfolgen, wenn zur Erfüllung der Voraussetzungen für die Konzessionserteilung bestimmte bauliche Voraussetzungen gegeben sein müssen.


2 W 1/03

Beschluss

In dem Rechtsstreit

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts ######auf die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 3. Januar 2003 gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts ######## vom 25. November 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ########### und die Richter am Oberlandesgericht ###### und ######## am 27. Januar 2003 beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts ######## vom 25. November 2002 und der Nichtabhilfebeschluss der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des Landgerichts ######## vom 7. Januar 2003 werden aufgehoben, die Sache wird zur erneuten Entscheidung über den Antrag des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe an das Landgericht ######## zurückverwiesen.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde des Beklagten muss schon aus formalen Gründen zur Aufhebung und Zurückverweisung der angefochtenen Entscheidung führen, weil das Landgericht bei der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag in voller Kammerbesetzung entschieden hat, obwohl die Sache bis zu dieser Entscheidung als Einzelrichtersache geführt worden ist (§ 348 Abs. 1 ZPO) und eine Vorlage durch den Einzelrichter und Übernahme durch die Kammer nach § 348 Abs. 3 ZPO vor der Entscheidung durch die Kammer nicht erfolgt ist.

Der Senat ist in voller Besetzung für die Entscheidung über die sofortige Beschwerde gegen den Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Landgerichts zuständig, weil die Entscheidung durch die Zivilkammer in ihrer vollen Besetzung ergangen ist. Zwar hat die Kammer die Sache im übrigen als Einzelrichtersache behandelt und über die Nichtabhilfe hat trotz der Entscheidung der Kammer über die Versagung von Prozesskostenhilfe die Einzelrichterin entschieden, wobei sie dieser Entscheidung den nicht näher erläuterten Hinweis vorangestellt hat, dass die Sache aufgrund von Veränderungen der Kammerbesetzung nunmehr eine Einzelrichtersache sei. Eine Zuständigkeit des originären Einzelrichters beim Beschwerdegericht nach § 568 Abs. 1 Satz 1 ZPO kommt aber nicht in Betracht, weil die angefochtene Entscheidung selbst durch die Kammer ergangen ist.

Im Übrigen muss die sofortige Beschwerde zur Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts führen, weil nicht festzustellen ist, ob über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe überhaupt der gesetzliche Richter entschieden hat. Der Vorsitzende der 9. Zivilkammer hat die Sache nach Eingang beim Landgericht zunächst am 29. August 2002 dem Richter am Landgericht ############# als Einzelrichter zugeschrieben. Im Hinblick auf diese Verfügung müsste es sich eigentlich um eine originäre Einzelrichtersache i. S. des § 348 Abs. 1 Nr. 2 ZPO gehandelt haben. Nachdem in der Sache dann auch in der Folgezeit mehrere Verfügungen durch verschiedene Einzelrichter ergangen sind, ist - ohne dass aus den Akten entnommen werden kann, weshalb nunmehr die Kammer für die Sache zuständig geworden sein könnte - der Prozesskostenhilfe abweisende Beschluss vom 25. November 2002 durch die Kammer ergangen. Bei diesem Beschluss hat auch der zum Einzelrichter bestimmte Richter am Landgericht ############# mitgewirkt. Aus welchen Gründen dieser Richter gehindert war, den Beschluss als originärer Einzelrichter zu erlassen, ist ebenso wenig zu erkennen, wie aus den Akten nicht hervorgeht, dass ein Dezernatswechsel stattgefunden haben könnte. Aufgrund dieses Ablaufs kann nicht festgestellt werden, dass in der Sache der gesetzliche Richter entschieden hat (s. dazu Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 348 Rz. 23).

Da eine Übertragung der Sache auf die Kammer fehlt, hätte ein Beschluss über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch die Kammer in ihrer vollen Besetzung nicht ergehen dürfen, vielmehr war der bei Eingang des Verfahrens bestimmte Einzelrichter (zur Zuteilung der Verfahren s. Zöller/Greger a. a. O., § 348 Rz. 5) ausschließlich für den Erlass des Prozesskostenhilfebeschlusses zuständig (dazu Baumbach/Hartmann, ZPO, 61. Aufl., § 348 Rz. 5).

Nicht nachvollziehbar ist auch, dass über die Nichtabhilfe dann wiederum eine neue Einzelrichterin entschieden hat, ohne dass aus den Akten zu entnehmen ist, aus welchen Gründen die Sache nun wieder zur Einzelrichtersache geworden sein soll und dass ein Beschluss vorliegt, aus dem sich ergibt, dass der Rechtsstreit auf den Einzelrichter zurückübertragen worden ist, wobei eine derartige Rückübertragung im Falle des § 348 ZPO gemäß § 348 Abs. 3 Satz 4 ZPO ohnehin nicht zulässig gewesen wäre und gemäß § 348 a Abs. 2 Satz 4 ZPO eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ebenfalls nicht stattfinden kann.

Im Hinblick auf diese Ungereimtheiten, die mit Art. 103 GG nicht zu vereinbaren sind, kommt nur die Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht in Betracht.

Für die weitere Entscheidung des Landgerichts weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass jedenfalls die Frage, ob der Beklagte verpflichtet ist, die für ein Schallschutzgutachten verauslagten Kosten in Höhe von 4.044,71 DM zu tragen, nicht ohne weiteres bejaht werden kann. Obwohl es bei der Sache um einen Mietprozess geht, haben die Kläger dem Landgericht den Mietvertrag nicht vorgelegt.

Ohne Vorlage des Mietvertrages ist aber nicht zu entscheiden, ob die Mieter überhaupt verpflichtet waren, ihrerseits die Voraussetzungen für die Einholung einer Konzession zu schaffen. Sollte den Mietern das Objekt als Gaststätte vermietet worden sein, hätte es zu den Kardinalpflichten des Vermieters gehört, für die Genehmigungsfähigkeit dieser Gaststätte zu sorgen. Eine Abwälzung der Verpflichtung, die öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Konzession zu schaffen, soweit diese nicht an die Person des Konzessionsnehmers liegen, sondern vielmehr an das Gebäude gebunden sind, können nicht ohne weiteres in einem Mietvertrag auf den Mieter abgewälzt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich bei dem Vertrag um einen Formularvertrag handeln sollte, bei dem eine Abwälzung der Pflicht auf den Mieter, die Voraussetzungen für die Erteilung der Konzession zu schaffen, grundsätzlich nicht in Betracht kommt (vgl. Bub, in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., Rn. II 459, 470).

Abschließend weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass Beschlüsse, mit denen der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen wird, nach der Einführung der sofortigen Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe zuzustellen sind, und nicht bloß dem Antragsteller zu übersenden, wie dies vorliegend mit Verfügung vom 10. Dezember 2002 geschehen ist. Eine Überprüfung des Zeitpunktes, zu dem der Beschluss des Landgerichts dem Beklagten zugegangen ist, kann aufgrund der bloßen Übersendung des Beschlusses nicht erfolgen.

Ende der Entscheidung

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