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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 29.08.2001
Aktenzeichen: 20 U 16/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 823 Abs. 1
Zu den Voraussetzungen eines stillschweigenden Haftungsausschlusses im Familienkreis
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

20 U 16/01

Verkündet am 29. August 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 15. August 2001 durch die Richter am Oberlandesgericht #######, ####### und ####### für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Streithelferin des Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz haben die Streithelferin 7/10 und der Kläger 3/10 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer liegt für beide Parteien unter 60.000 DM.

Entscheidungsgründe:

I.

Sowohl die in zulässiger Weise - mangels erkennbar entgegenstehenden Willens des Beklagten - eingelegte Berufung der Streithelferin des Beklagten, als auch die Anschlussberufung des Klägers sind in der Sache unbegründet.

Der Senat nimmt auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils Bezug, um ergänzend zu bemerken:

1. Der Beklagte hat eine (hier allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommende) fahrlässige unerlaubte Handlung begangen. Bei der Frage eines den Fahrlässigkeitsvorwurf begründenden Verstoßes gegen das Sorgfaltsgebot ist auf einen objektiven Beurteilungsmaßstab abzustellen, mit dem zu fragen ist, ob der Beklagte aufgrund der tatsächlichen Begebenheit nach der Lebenserfahrung mit dem Schadenseintritt als nahe liegende Möglichkeit rechnen konnte (BGH NJW-RR 1996, 980). Zu Recht weist der Kläger in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Möglichkeit eines Schadenseintritts schon im Hinblick auf die Art und Weise der Beförderung des Fondue-Sets als Ganzem in zudem angezündeten Zustand gegeben war; dies nicht nur im Hinblick auf das Gewicht der Gerätschaften und den Erwärmungsgrad, sondern auch wegen der als weiteren Umstand zu berücksichtigenden Tatsache, dass der Beklagte sich mit Socken auf einem Fliesenboden fortbewegte, wodurch immer eine potentielle Rutschgefahr gegeben war. Zudem barg der gemeinsame Transport der als 'Turm' aufgebauten Gerätschaften schon für sich genommen eine besondere Gefahrenquelle in sich.

2. Zu Unrecht will die Streithelferin des Beklagten aus den hier zu berücksichtigenden Umständen einen stillschweigenden Haftungsausschluss konstruieren. Es ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass nur sehr zurückhaltend von der Annahme des Abschlusses eines solchen Vertrages ausgegangen werden kann, für den namentlich nicht die Tatsache streitet, dass es sich um ein reines Gefälligkeitsverhältnis handelt und dem durchaus entgegensteht, dass eine Haftpflichtversicherung zur Regulierung des Schadens eintreten muss (BGH NJW 1992, 2474 m. w. N.; Geigl/Hüdinger, Der Haftpflichtprozess, 23. Aufl., Seite 319). Zwar trifft es zu, dass der überwiegende Teil der Entscheidungen sich mit einer Verletzung des Körpers als verletztem Rechtsgut beschäftigt. Es kann daraus jedoch nicht geschlossen werden, dass bei einer Eigentumsverletzung als vorgeblich 'geringerem' Rechtsgut etwas anderes gelten könnte. Unabhängig davon, dass die Konsequenzen einer Eigentumsverletzung durchaus schwerer wiegen können als die einer Körperverletzung, ist kein Grund ersichtlich, eine derartige künstliche Rechtskonstruktion bei Eigentumsverletzungen grundsätzlich eher zu bejahen, als bei der Verletzung anderer Rechtsgüter. Maßgebliches Kriterium können insoweit nur die Gesamtumstände sein und dabei in erster Linie die bewusste Inkaufnahme einer besonderen Gefahrenlage. Die engen sozialen Beziehungen der Beteiligten zueinander können insoweit nicht ausschlaggebend sein (Geigl/Hüdinger, a. a. O., S. 321). Im konkreten Fall ist nicht einsehbar, warum Eltern von ihrem erwachsenen Sohn nur Kraft ihrer biologischen Verbindung nicht die Sorgfalt im Umgang mit ihrem Eigentum erwarten sollten, die sie auch von anderen Besuchern erwarten können. Ganz gewiss ist es kein allgemeines Lebensrisiko, bei Familientreffen die Zerstörung teurer Einrichtungsgegenstände entschädigungsfrei hinzunehmen.

3. Für die Annahme eines von der Streithelferin zu beweisenden Mitverschuldens des Klägers fehlt es auch in zweiter Instanz an einem hinreichend substantiierten Sachvortrag, der mit einem geeigneten Beweisantritt versehen wäre. Ohne Relevanz ist jedenfalls der Vortrag zu den Ergebnissen späterer Besichtigungen ebenso wie der Vorhalt eines erst im Laufe des Prozesses näher konkretisierten Sachvortrags.

4. Erfolglos müssen schließlich die Angriffe beider Parteien gegen die vom Landgericht auf der Grundlage des eingeholten Sachverständigengutachtens angenommene Schadenshöhe sein. Der Sachverständige hat die Grundlagen seiner Schätzung zum Wert des beschädigten Teppichs offengelegt. Es ist in diesem Zusammenhang nicht zu beanstanden, wenn er dabei auf die Verhältnisse am Haupthandelsplatz abgestellt hat. Dass es sich bei dem Handel mit Orientteppichen um einen Sondermarkt mit vielfach unseriöser Preisgestaltung handelt, ist gerichtsbekannt. Es ist deshalb methodisch richtig, ungerechtfertigte Spitzenerträge nicht in die Überlegung mit einzubeziehen, sondern von einer durchschnittlichen marktgerechten Preisgestaltung auszugehen. Irrelevant sind für die Bestimmung des Minderwertes die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Erwerbs. Für die Schadenshöhe ist vielmehr auf den Zeitpunkt des Schadensereignisses abzustellen. Dass sich dieses Marktsegment derzeit einem hohen Preisdruck gegenüber sieht, wie es der Sachverständige ausgeführt hat, ist von den Parteien nicht angegriffen worden und entspricht auch der gesamtwirtschaftlichen Lage. Dass der Sachverständige schließlich über hinreichende Erfahrung in der Begutachtung von Orientteppichen verfügt, kann seinen darauf bezogenen Erläuterungen im Rahmen seiner mündlichen Anhörung entnommen werden. Es gibt auch keine Anhaltspunkte im schriftlichen Gutachten, die geeignet wären, Zweifel an seiner Qualifikation zu erwecken. Der Senat hat deshalb keine Veranlassung zur Einholung eines weiteren Gutachtens; schon allemal nicht zur Einholung eines 'Obergutachtens', denn es ist schon nicht ersichtlich, über welche überragenden Erkenntnismöglichkeiten ein anderer Sachverständiger verfügen sollte. Das Landgericht hat mithin auch zur Höhe zutreffend entschieden.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 I, 92 I ZPO. Die sonstigen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713, 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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