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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 04.02.2004
Aktenzeichen: 21 WF 12/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 104
Mit einer im Prozess um Kindesunterhalt rechtskräftig titulierten Forderung kann der in Prozessstandschaft klagende Elternteil auch im Kostenausgleichsverfahren gegen den Kostenerstattungsanspruch aufrechnen. Die Aufrechnung ist zulässig, sobald die Parteien ihre gegenseitigen Kostenfestsetzungsanträge dem Gericht eingereicht haben.
21 WF 12/04

Beschluss

In der Familiensache

pp.

wegen Kindesunterhalts

hier: Kostenfestsetzung

hat der 21. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle durch die Richterin am Oberlandesgericht Bronisch-Holtze als Einzelrichterin am 4. Februar 2004 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Wennigsen/Deister vom 7. November 2004 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Kostenausgleichsantrag des Beklagten vom 22. April 2003 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Ausgleichsverfahrens und des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte.

Gegenstandswert in beiden Instanzen: bis zu 600 EUR.

Gründe:

Die gemäß § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin, mit der sie sich gegen die Festsetzung von an den Beklagten im Wege des Kostenausgleichs (§ 106 ZPO) zu erstattender Kosten wendet, hat in der Sache Erfolg.

Entgegen der Rechtsauffassung des Amtsgerichts, das die von der Klägerin gegenüber einem Kostenerstattungsanspruch des Beklagten erklärte Aufrechnung für unbeachtlich hält, ist diese Einwendung erheblich.

Auch wenn der aus einer quotenmäßigen Verteilung in der Kostengrundentscheidung resultierende Kostenerstattungsanspruch erst mit der gerichtlichen Festsetzung im Kostenausgleichsbeschluss beziffert wird, ist dieser Anspruch zuvor bestimmbar und kann Gegenstand einer Aufrechnung sein (ebenso OLG München NJWRR 2000, 1524 ff). Zumindest ab dem Zeitpunkt, in dem die Parteien, die einander anteilig erstattungspflichtig sind, die ihnen entstandenen Verfahrenskosten beziffert und ihre Berechnungen zum Zweck des Kostenausgleichs dem Gericht eingereicht haben, ist es dem Rechtspfleger möglich zu bestimmen, welcher Partei ein Ausgleichsanspruch zusteht und in welcher Höhe er besteht. Es ist kein sachlicher Grund erkennbar, warum der Rechtspfleger in dieser Lage nicht ebenso wie bei der Kostenfestsetzung nach §§ 103, 104 ZPO - ausnahmsweise entgegen dem Grundsatz, dass materiellrechtliche Einwendungen gegen den Erstattungsanspruch keine Berücksichtigung finden (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 23. Aufl., § 104 Rn 21 Stichwort "Materiellrechtliche Einwendungen" m. w. Nw.) - die auf unstreitige Tatsachen oder titulierte Ansprüche gestützte Aufrechnung der ausgleichspflichtigen Partei (hier: Klägerin) berücksichtigen soll. Es erscheint nicht vertretbar, die Klägerin darauf zu verweisen, der Aufrechnung notfalls mit einer - weitere Kosten verursachenden - Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) Geltung zu verschaffen.

Auch für die Parteien ist die notwendige Bestimmbarkeit gegeben, sobald ihnen die gegnerische Kostenaufstellung zur Kenntnis und zur Gewährung rechtlichen Gehörs zugeleitet wird. Die letzte Gebührenabrechnung (SS der Rechtsanwältin Wenzel vom 23. September 2003) lag der Klägerin spätestens Anfang Oktober 2003 vor, so dass sie Gelegenheit hatte, die Aufrechnung im Ausgleichsverfahren geltend zu machen. Aus diesem Grunde überzeugen auch die vom OLG Düsseldorf (Rpfleger 1996, 373 f) angestellten Erwägungen nicht, wonach kein Raum für eine Entscheidung nach § 97 Abs. 2 ZPO im Erinnerungs- oder Beschwerdeverfahren bliebe. Außerdem hatte auch der Beklagte Kenntnis von den der Klägerin entstandenen Anwaltskosten. Er konnte deshalb auch seine Interessen wahren, die Wirksamkeit der Aufrechnung prüfen und ggf. als Reaktion darauf seinen Kostenausgleichsantrag für erledigt erklären.

Zwar hat sich die Klägerin zur Begründung der Aufrechnung auf eine - wegen § 181 BGB schwebend unwirksame - Abtretungserklärung vom 31. Oktober 2003 bezogen. Dies ist jedoch unschädlich, denn einer Abtretung der Unterhaltsansprüche der Tochter an die Klägerin bedurfte es nicht. Zum einen lautet der Titel auf ihren Namen. Zum anderen hat die Klägerin in der vom Titel erfassten zurückliegenden Zeit die Tochter LM nicht nur tatsächlich versorgt und betreut, sondern hat ihr mangels Zahlungen des Beklagten auch den Barunterhalt geleistet. Ihr steht deshalb hinsichtlich der Mehrleistung des Barunterhalts, den der Beklagte nach dem Unterhaltstitel schuldete, diesem gegenüber ein eigener familienrechtlicher Ausgleichsanspruch in Höhe des vom Berufungsgericht zuerkannten Kindesunterhaltsanspruchs zu (statt aller: Palandt-Diederichsen, 62. Aufl., § 1606 Rn 20 m. w. Nw.). Zur In-Verzug-Setzung genügt auch für den familienrechtlichen Ausgleichsanspruch die gerichtliche Geltendmachung des Kindesunterhalts als gesetzliche Vertreterin (vgl. BGH NJW 1989, 2816, 2818).

Der Höhe nach gehen die für die Vergangenheit titulierten Unterhaltsansprüche erheblich über den Kostenausgleichsanspruch des Beklagten hinaus. Zahlungen hat der Beklagte nicht geleistet. Alle tatsächlichen Voraussetzungen sind zwischen den Parteien unstreitig, so dass die Aufrechnungserklärung der Klägerin im Ausgleichsverfahren zu beachten ist. Dies führt zur Abweisung des Antrags des Beklagten auf Kostenausgleichung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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