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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 13.06.2007
Aktenzeichen: 3 U 238/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 611
Für die Beurteilung der Frage, ob dem Mandanten durch die fehlerhafte Beratung des Steuerberaters ein Schaden entstanden ist, ist festzustellen, wie sich der Kläger bei pflichtgemäßer steuerlicher Beratung verhalten hätte. Hierzu müssen die Handlungsvarianten geprüft werden, die dem Mandanten offengestanden hätten. Deren Rechtsfolgen müssen ermittelt sowie miteinander und mit den Handlungszielen des Mandanten verglichen werden.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

3 U 238/06

Verkündet am 13. Juni 2007

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 2. Mai 2007 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ... sowie der Richter am Oberlandesgericht ... und ... für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 18. Oktober 2006 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Verden wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um 10 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit leisten, die die jeweils zu vollstreckende Forderung um 10 % übersteigt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die beklagten Steuerberater, die den Kläger im Zeitraum von 1993 - 2002 in steuerlichen Angelegenheiten beraten und (jedenfalls) ab 1996 dessen Steuererklärungen gefertigt haben, auf Schadensersatz wegen Schlechterfüllung des zwischen den Parteien geschlossenen Steuerberatungsvertrages in Anspruch.

1. Der Kläger, von Beruf Rechtsanwalt, war seit 1993 als Einzelanwalt tätig. Hierbei erwirtschaftete er erhebliche Verluste, etwa im Zeitraum von 1995 bis 1998 in Höhe von 321.614 DM, was sich in den Folgejahren fortsetzte (Aufstellung Bl. 39 d. A.). Zudem war er seit 1992 Eigentümer eines land- und fortwirtschaftlichen Betriebes. Zumindest seit 1996 fanden zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1, dem Steuerberater B., verschiedene Gespräche wegen einer möglichen Aufgabe des landwirtschaftlichen Betriebes statt. In einem Schreiben des Klägers vom 6. Juni 2004 heißt es hierzu (vgl. Bl. 214 d. A.):

"Erstmalig haben Sie die steuerliche Möglichkeit eine Betriebsaufgabe und die damit verbundene Folge der Überführung des Betriebsvermögens (die landwirtschaftlichen Grundstücke und Gebäude) in das Privatvermögen zu einem sehr günstigen Steuersatz (1/2) angesprochen bei einer hier am 14. Mai 1996 geführten Besprechung. ...

Wiederum angesprochen wurde die Frage einer Betriebsaufgabe anlässlich einer am 25. November 1997 bei Ihnen geführten Besprechung. ...

Unter dem 9. November 1998 haben sie mir den Entwurf einer Betriebsaufgabeerklärung übersandt und kommentiert."

In dem in Bezug genommenen Schreiben der Beklagten (Bl. 215 f. d. A.) heißt es am Ende:

"Ich habe mir erlaubt, diesem Schreiben eine Formulierung der Aufgabeerklärung gegenüber dem Finanzamt H. beizufügen. Ich bitte Sie, diese Erklärung zu prüfen und gegebenenfalls zu unterzeichnen und an mein Büro mit den übrigen Unterlagen einzureichen. Diese Erklärung werde ich nur einreichen, wenn die steuerlichen Grundlagen zur Betriebsaufgabe klar und eindeutig geklärt sind und ich diese Angelegenheit mit Ihnen, gegebenenfalls in einem persönlichen Gespräch, erläutert habe."

Die Betriebsaufgabe erfolgte ungeachtet dieser Ankündigung der Beklagten ohne weitere Besprechung mit dem Kläger im Dezember 1998. Sie führte, da dem Finanzamt trotz mehrfacher Aufforderung zur Beibringung der zur Ermittlung der Besteuerung bei einer Betriebsaufgabe notwendigen Daten die erforderlichen Unterlagen nicht eingereicht wurden, zu einem Schätzungsbescheid hinsichtlich des Betriebsaufgabegewinns vom 22. Oktober 2003, in dem dieser mit 1,3 Mio. DM angenommen und Steuern in Höhe von 212.221,50 EUR zu Lasten des Klägers festgesetzt wurden. Der Einspruch der Beklagten führte zu einer Herabsetzung des Veräußerungsgewinns auf 451.035 EUR sowie Festsetzung von Einkommensteuern für das Jahr 1998 in Höhe von 93.096,54 EUR.

Der Kläger hat behauptet, der Beklagte zu 1 habe zur Aufgabe geraten und diese vollzogen, ohne die steuerlichen Folgen darzulegen. Bei einer ordnungsgemäßen Aufklärung und detaillierten Ermittlung der bei einer Betriebsaufgabe zu erwartenden steuerlichen Belastungen hätte er, der Kläger, eine solche Erklärung nicht abgegeben. Infolge der Betriebsaufgabe seien ihm neben der durch die Versteuerung des Aufgabegewinns unmittelbar entstandenen Steueraufwendungen weitere zusätzliche Schäden entstanden:

a) In der Annahme, mit der Betriebsaufgabe seinen gesamten Grundbesitz in Privatvermögen überführt zu haben, habe er im Jahr 2002 zwei forstwirtschaftliche Grundstücke an die Stadt H. verkauft. Da jedoch eine Übernahme von forstwirtschaftlichen Grundstücken in das Privatvermögen ausgeschlossen sei, sei der Veräußerungserlös als Entnahmegewinn in Höhe von 77.260 EUR behandelt worden. Die Aufgrund dieses Sachverhalts erforderliche Steuerfestsetzung ist - unstreitig - noch nicht abgeschlossen.

b) Für das Steuerjahr 1997 seien - zuletzt durch Bescheid vom 28. Mai 2004 - unter Berücksichtigung von Entnahmegewinnen aus dem Verkauf von Grundstücken in den Jahren 1996 und 1997 Einkommensteuern in Höhe von 68.339,92 EUR festgesetzt worden. Die Beklagten hätte insoweit zur Verminderung der Steuerlast Verluste aus dem Verkauf eines Hausgrundstücks in R. zur Anrechnung bringen müssen.

c) Eine Steuererstattung für das Jahr 1996 sei auf Veranlassung der Beklagten und entgegen dem Inhalt einer zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau getroffenen Scheidungsfolgenvereinbarung (Anlage B 18) an die geschiedene Ehefrau ausgezahlt worden.

d) Zur Abwendung der Vollstreckung fälliger Steuerzahllasten in Höhe von 215.714,54 EUR hat der Kläger im Jahr 2003 eine Briefgrundschuld über 230.000 EUR bestellt, wodurch Kosten in Höhe von 473,78 EUR (Notar) sowie 517,79 EUR (Gericht) entstanden sind. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagten, da erst durch deren falsche steuerliche Beratung die Steuerbeträge festgesetzt worden seien, zur Erstattung dieser Kosten verpflichtet seien.

Insgesamt, so der Kläger, wären die aufgeführten Steuerzahlungsverpflichtungen bei zutreffender Beratung durch die Beklagten vermieden worden, da er bei Kenntnis der steuerlichen Folgen von der Betriebsaufgabe abgesehen hätte. Zur Beschaffung der erforderlichen Geldmittel, wie er sie u. a. zum Ausgleich der Verluste aus seiner Rechtsanwaltstätigkeit benötigte, hätte er dann andere Grundstücke aus seinem Privatvermögen veräußert. Der Kläger hat insoweit darauf hingewiesen, zu einem Viertel Miteigentümer in ungeteilter Erbengemeinschaft einer Vielzahl von Grundstücken zu sein, für die Erbbaurechte bestellt sind und die mit sogenannten Kaufzwangklauseln versehen seien sollen (Aufstellung Bl. 87 d. A.).

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner ihm zum Schadensersatz verpflichtet sind wegen allen Schadens, der ihm aus der unsachgemäßen Beratung durch die Beklagten im Zusammenhang mit Steuerveranlagungen für die Jahre von 1997 - 2002 entstanden ist oder noch entstehen wird,

hilfsweise,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,

a) ihn von allen Forderungen des Finanzamtes H. wegen Einkommensteuer, Zinsen zu Einkommensteuer, Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag und Aussetzungszinsen aus den Einspruchsentscheidungen des Finanzamts H. vom 28. Mai 2004 zu den Jahren 1997 und 1998 freizustellen,

b) ihn von den Kosten des vor dem Finanzgericht H. (VI 206/04) geführten Rechtsstreites freizustellen,

c) an ihn 991,57 EUR zuzüglich 5 %Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise im Wege der Widerklage

1. festzustellen, dass der Kläger und Widerbeklagte verpflichtet ist, sich die bereits erzielte Steuerersparnis in Höhe von 54.447,35 EUR auf mögliche Schadensersatzansprüche gegen sie anrechnen zu lassen,

2. festzustellen, dass der Kläger und Widerbeklagte verpflichtet ist, sich die zukünftige Steuerersparnis in Höhe von 490.102,14 EUR auf mögliche Schadensersatzansprüche gegen sie anrechnen zu lassen.

Die Beklagten haben ein Interesse des Klägers, soweit dieser die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für die die Steuerjahre 1999 - 2001 betreffenden steuerlichen Aufwendungen begehrt, mit der Begründung bezweifelt, dass eine Pflichtverletzung der Beklagten für diesen Zeitraum vom Kläger nicht einmal behauptet sei. Auch im Übrigen fehle es an der erforderlichen Pflichtverletzung der Beklagten. Der Kläger sei seit 1996 dauerhaft hinsichtlich einer möglichen Betriebsaufgabe durch die Beklagten steuerlich beraten gewesen. Er habe diese tatsächlich gewollt, was sich mit der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung der geschiedenen Ehefrau des Klägers (Anlage B 2) belegen lasse. In jener vor einem Notar abgegebenen Erklärung heißt es, der Beklagte zu 2 habe gegenüber dem Kläger die steuerliche Belastung bei einer Betriebsaufgabe mit 230.000 DM beziffert. Grund für die vom Kläger selbst unterzeichnete und gewollte Aufgabeerklärung sei es gewesen, die Anwendung der Änderung der steuerlichen Gesetzgebung, wonach Aufgabegewinne ab 1999 mit dem vollen statt, wie zuvor, mit dem halben Steuersatz belegt wurden, zu vermeiden. Hinsichtlich der erhöhten Steuerlast aus dem Verkauf von Grundstücken im Jahr 1997 treffe die Beklagten keine Einstandspflicht, da sie insoweit vom Kläger nicht hinreichend informiert worden seien. Die Auszahlung der Steuererstattung für das Steuerjahr 1996 an die geschiedene Ehefrau des Klägers entspreche der Scheidungsfolgenvereinbarung. Schließlich machen die Beklagten geltend, die unmittelbare steuerliche Belastung durch die Betriebsaufgabe belaufe sich auf lediglich 68.918,20 EUR. Die darüber hinausgehende Steuerlast ergebe sich aus anderen Einkünften des Klägers. Im Übrigen, so die Beklagten, habe der Kläger erhebliche Steuervorteile dadurch erzielt, dass er nunmehr mehrere infolge der Betriebsaufgabe im Privatvermögen gehaltene Grundstücke veräußert habe. Für die Zeit vor Beginn des Rechtsstreits beziffern sie diesen Steuervorteil mit 54.447,35 EUR (Aufstellung Bl. 50 ff. d. A.). Weitere Vorteile seien bei der künftigen Veräußerung von Grundstücken in erheblichem Umfang zu erwarten. Schließlich haben die Beklagten die Einrede der Verjährung erhoben und insoweit die Auffassung vertreten, der Ablauf der Verjährung habe mit Erklärung der Betriebsaufgabe begonnen.

2. Das Landgericht hat die Klage überwiegend als unzulässig, zudem aber auch als in der Sache selbst insgesamt unbegründet abgewiesen. Das Feststellungsbegehren, gerichtet auf Schadensersatz für die Jahre 1997 - 2002 sei unzulässig. Es fehle an der notwendigen Anknüpfung an eine konkrete Verletzungshandlung. Die hilfsweise gestellten Freistellungsanträge seien ebenfalls unzulässig, da die Verbindlichkeit, von der Freistellung begehrt werde, nach Grund und Höhe feststehen müsse. Zulässig sei lediglich der gestellte Zahlungsantrag. Die insoweit geltend gemachte Forderung sei jedoch unbegründet. Die Vollstreckung des Finanzamts beruhe nicht auf einer Pflichtverletzung der Beklagten, vielmehr handele es sich insoweit um Sowiesokosten.

Im Übrigen sei die Klage, selbst wenn man sie als zulässig ansehen wollte, nicht begründet. Dem Kläger stünden gegenüber den Beklagten keine Schadensersatzansprüche zu, da es an der erforderlichen Pflichtverletzung fehle. Der Kläger sei wegen der Folgen einer Betriebsaufgabe durch die Beklagten hinreichend aufgeklärt worden, nämlich durch die in den in den Jahren 1996 und 1997 geführten Gespräche. Der Schaden sei auch der Höhe nach nicht hinreichend dargelegt. Soweit ein Schaden wegen des Verkaufs von Forstgrundstücken an die Stadt H. im Jahr 2002 geltend gemacht werde, sei eine Fehlberatung durch die Beklagten nicht ersichtlich. Gleiches gelte hinsichtlich des Verkaufs des Hausgrundstücks im Jahr 1997. Soweit der Steuererstattungsanspruch für das Jahr 1996 in vollem Umfang an die geschiedene Ehefrau des Klägers ausgezahlt worden sei, entspreche dies der Scheidungsfolgenvereinbarung.

3. Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, der die Abweisung als unzulässig für verfahrensfehlerhaft hält und der sein erstinstanzliches Begehren im Wesentlichen weiterverfolgt. Die den Beklagten vorzuwerfende Pflichtverletzung liege darin, dass diese entgegen der Ankündigung in ihrem eigenen Schreiben vom 9. November 1998 ohne weitere Rücksprache mit ihm die Betriebsaufgabe gegenüber dem Finanzamt erklärt hätten. Dies habe nicht dem Willen des Klägers entsprochen. Auf frühere Erläuterungen zu möglichen Vor und Nachteilen einer möglichen Betriebsaufgabe komme es daher nicht an. Tatsächlich sei insoweit auch keine hinreichende Belehrung erfolgt. Das Vorbringen der Beklagten zum Inhalt solcher Gespräche sei so substanzlos, dass hierzu keine Entgegnung möglich sei. Im Übrigen wiederholt und verdeutlicht der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen.

Er beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der ihm aus der unterlassenen oder falschen Beratung durch die Beklagten entstanden ist im Zusammenhang mit

a) Einreichung der Betriebsaufgabeerklärung durch die Beklagten im Dezember 1998 an das Finanzamt H.,

b) dem Verkauf zweier forstwirtschaftlicher Grundstücke von ca. 10 ha an die Stadt H. im Jahre 2002,

c) der unterlassenen Geltendmachung von Veräußerungsverlusten in der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2000, soweit es um eine Verrechnung mit Verlusten aus dem Verkauf des Objektes R. geht.

hilfsweise,

das angefochtene Urteil nebst dem zugrunde liegenden Verfahren aufzuheben und zur erneuten Verhandlung an das Landgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

sowie hilfsweise

1. unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, dass der Kläger und Widerbeklagte verpflichtet ist, sich die bereits erzielte Steuerersparnis in Höhe von 54.447,35 EUR auf mögliche Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten und Widerkläger anrechnen zu lassen,

sowie,

2. unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, dass der Kläger und Widerbeklagte verpflichtet ist, sich die zukünftige Steuerersparnis in Höhe von 490.102,14 EUR auf mögliche Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten und Widerkläger anrechnen zu lassen.

Die Beklagten vertreten die Auffassung, der Kläger nehme dadurch, dass er zur Begründung einer Pflichtverletzung nunmehr ausschließlich auf das Schreiben der Beklagten vom 9. November 1998 abstelle, eine unzulässige Klagänderung vor. Im Übrigen wiederholen die Beklagten, den Kläger in den Jahren 1996 und 1997 hinreichend beraten und eine Schätzung des Aufgabegewinns in Höhe von 230.000 DM vorgenommen zu haben. Die Auszahlung des Guthabens aus der Steuererstattung für 1996 an die Ehefrau des Klägers sei vom Kläger selbst so gewollt worden, da er das erforderliche Formular unterzeichnet und beim Finanzamt eingereicht habe. Die Auszahlung sei mithin nicht durch die Beklagten, sondern den Kläger selbst veranlasst worden.

Aus der Veräußerung der Forstflächen sei dem Kläger keine steuerliche Belastung entstanden, da der hieraus erzielte Gewinn in eine Rücklage nach § 6 b, c EStG eingestellt worden sei. Im Übrigen habe das Finanzamt den Kläger bereits mit Schreiben vom 24. April 2001 darauf hingewiesen, dass die forstwirtschaftlichen Grundstücke weiterhin als Betriebsvermögen anzusehen seien und insoweit eine Übernahme ins Privatvermögen ausscheide.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, wegen des Berufungsvorbringens der Parteien sowie der von ihnen gestellten Anträge auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 2. Mai 2007 (Bl. 406 ff. d. A.) verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers hat im Ergebnis keinen Erfolg.

1. Die Berufung des Klägers ist zulässig. Soweit der Kläger nunmehr zur Begründung der geltend gemachten Ansprüche auf ein Schreiben der Beklagten vom 9. November 1998 abstellt, liegt hierin keine unzulässige Klagänderung i. S. v. § 533 ZPO. Der Kläger verfolgt auch im Berufungsrechtszug weiterhin Schadensersatzansprüche gegenüber den Beklagten mit der Begründung, diese hätten nicht zur Betriebsaufgabe raten und diese nicht erklären dürfen. Lediglich der Schwerpunkt der zur Begründung der Schadensersatzansprüche herangezogenen Pflichtverletzung wird nunmehr auf das - bereits in erster Instanz vorgelegte und den wesentlichen Gegenstand des Verfahrens bildende - Schreiben der Beklagten vom 9. November 1998 gelegt.

2. Ebenfalls zulässig sind die vom Kläger in zweiter Instanz konkretisierten Feststellungsanträge.

a) Soweit vom Kläger der unmittelbar aus der Betriebsaufgabeerklärung entstandene Schaden geltend gemacht wird, wie er sich aus der steuerlichen Mehrbelastung durch die Übernahme von Grundstücken in das Privatvermögen des Klägers ergibt, ist der Feststellungsantrag zulässig, da der Steuerbescheid für das Jahr 1998 noch nicht bestandskräftig ist.

b) Bezüglich der steuerlichen Auswirkungen, wie sie sich aus dem Verkauf forstwirtschaftlicher Grundstücke im Jahr 2002 an die Stadt H. ergeben, ist jedenfalls im Berufungsverfahren unstreitig gestellt worden, dass insoweit eine Rückstellung nach § 6 b, c EStG gebildet worden und damit bislang keine Steuerbelastung angefallen ist. Dies rechtfertigt die Feststellungsklage.

c) Der Antrag, die Ersatzpflicht der Beklagten für Steuerschäden, die aus der unterlassenen Geltendmachung von Veräußerungsverlusten in der Einkommensteuer für das Jahr 2000 resultieren, festzustellen, ist in der mündlichen Verhandlung dahingehend konkretisiert worden, dass es (ausschließlich) um Verrechnung mit Verlusten aus dem Verkauf des Objekts R. geht.

III.

In der Sache selbst bleibt die Berufung des Klägers jedoch ohne Erfolg.

1. Allerdings haben die Beklagten gegen ihre sich aus dem mit dem Kläger geschlossenen Steuerberatungsvertrag resultierenden Pflichten verstoßen, pVV i. V. m. § 611 BGB. Die Beklagten haben entgegen ihrer Ankündigung im Schreiben vom 8. November 1998 für den Kläger die Betriebsaufgabe ohne vorherige Rücksprache erklärt. Soweit die Beklagten eine ausreichende Belehrung des Klägers behaupten, spricht ihr Vorbringen dafür, dass diese Aufklärung in den Jahren 1996 und 1997, jedenfalls vor Abfassung des Schreibens vom 8. November 1998 stattgefunden haben soll. Hierauf deutet auch die vorgelegte eidesstattliche Versicherung der geschiedenen Ehefrau des Klägers hin. Diese nennt keinen konkreten Zeitpunkt, wann die erforderliche Aufklärung des Klägers über die steuerlichen Folgen einer Betriebsaufgabeerklärung stattgefunden haben soll. Die Versicherung bezieht sich erkennbar auf frühere Gespräche, die zwischen dem Kläger und den Beklagten in den Jahren 1996 und 1997, damals jedoch ohne konkretes Ergebnis, geführt worden sind.

2. Durch die den Beklagten vorzuwerfende Pflichtverletzung ist dem Kläger jedoch kein Schaden entstanden.

a) Für die Beurteilung der Frage, ob durch die unterlassene oder fehlerhafte Belehrung der Beklagten ein Schaden im Vermögen des Klägers entstanden ist, ist zunächst festzustellen, wie sich der Kläger als Mandant bei pflichtgemäßer steuerlicher Beratung verhalten hätte. Hierzu müssen die Handlungsalternativen geprüft werden, die dem Kläger bei sachgerechter Belehrung offengestanden hätten. Deren Rechtsfolgen müssen ermittelt sowie miteinander und mit den Handlungszielen des Klägers verglichen werden (ständige Rechtsprechung, vgl. BGH IX ZR 53/05 vom 18. Mai 2006).

Auf die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens kann sich der Kläger dabei nur dann berufen, wenn bei zutreffender Belehrung im Hinblick auf die Interessenlage oder andere objektive Umstände eine bestimmte Entschließung mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen wäre. Voraussetzung hierfür sind danach tatsächliche Feststellungen, die im Falle sachgerechter Aufklärung durch den Berater aus der Sicht eines vernünftig urteilenden Mandanten eindeutig eine bestimmte tatsächliche Reaktion nahe gelegt hätten. Die Vermutung beratungsgemäßen Verhaltens setzt einen Tatbestand voraus, bei dem der Ursachenzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung eines Beraters und einem bestimmen Verhalten seines Mandanten typischerweise gegeben ist, beruht also auf Umständen, die nach der Lebenserfahrung eine bestimmte tatsächliche Vermutung rechtfertigen (BGH, a. a. O., m. w. N.).

b) Zur Frage der Kausalität beschränkt sich die Berufung auf die Behauptung des Klägers, er habe weiteren Privatbesitz gehabt, den er zur Beschaffung der erforderlichen Liquidität hätte nutzen können. Dies allein genügt jedoch nicht zum Nachweis einer schadensursächlichen Pflichtverletzung der Beklagten. Die Betriebsaufgabe hat dazu geführt, dass der Kläger sein gesamtes betriebliches Vermögen, insbesondere die im betrieblichen Vermögen gebundenen Grundstücke in sein Privatvermögen überführt hat. Da der Betriebsaufgabegewinn wegen der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden steuerlichen Regelung nur mit dem halben Steuersatz belastet wurde, ist keinesfalls zwingend, dass der Kläger wegen der - mit der Betriebsaufgabe sofort entstehenden - Steuerlast auf die Aufgabe verzichtet hätte. Vielmehr ist insoweit zu berücksichtigen, dass er tatsächlich, und zwar beginnend im Jahr 1999, Grundstücke, die durch die Aufgabeerklärung nicht mehr dem Betriebsvermögen zugehörten, steuerfrei veräußert hat. Der Kläger ist insoweit der von den Beklagten vorgelegten Liste der Grundstücksverkäufe und auch der Bezifferung der hierbei vermiedenden Steuerbelastungen nicht entgegengetreten. Danach sind bereits durch die bis im Jahr 2002 erfolgten Veräußerungen Steuerentlastungen in Höhe von rd. 55.000 EUR zugunsten des Klägers eingetreten. Bezogen auf den Umfang der weiteren, noch durch die Betriebsaufgabe ins Privatvermögen gelangten Grundstücke wäre, so die Beklagten, bei einem vollständigen Verkauf mit weiteren, ganz erheblichen Steuerminderungen zu rechnen, die die Beklagten mit nahezu 500.000 EUR beziffert haben. Zu berücksichtigen ist zudem, dass der Kläger noch 1998 aus seiner Rechtsanwaltstätigkeit erhebliche Verluste erlitten hat, weshalb es sinnvoll erschien, den durch die Betriebsaufgabe verursachten steuerlichen Gewinn in diesem Jahr entstehen zu lassen, da insoweit eine Verrechnung mit den Verlusten aus der Anwaltstätigkeit zur Verminderung seiner Steuerlast führte. Von Bedeutung ist weiterhin, dass der Kläger über die steuerlichen Folgen einer Betriebsaufgabe zuvor durch die Beklagten beraten worden war. Der Umstand, dass die Beklagten die Aufgabeerklärung im Widerspruch zu ihrem Schreiben vom 8. November 1998 ohne Rücksprache mit dem Kläger und damit pflichtwidrig gegenüber dem Finanzamt abgegeben haben, ändert nichts daran, dass der Kläger zuvor mit den Beklagten mehrere Gespräche wegen einer Betriebsaufgabe geführt und sodann auf das Schreiben der Beklagten vom 8. November 1998 und deren Hinweis auf den Wegfall der steuerlichen Vergünstigungen nach § 34 EStG von sich aus die Aufgabeerklärung unterzeichnet und den Beklagten übersandt hat. Dies lässt jedenfalls den Schluss zu, dass er nach seinem damaligen Kenntnisstand durchaus zu einer Betriebsaufgabe gewillt war.

c) Etwas anderes wäre im Hinblick auf die vom Kläger nachzuweisende Kausalität zwischen Pflichtverletzung der Beklagten und behauptetem Schaden nur dann anzunehmen, wenn der Kläger, wie er vorträgt, die Möglichkeit gehabt hätte, auch ohne Betriebsaufgabe anderes Privatvermögen in der Größenordnung zu veräußern, wie er es tatsächlich nach der Betriebsaufgabe getan hat und wie es offensichtlich erforderlich war, um aufgelaufene Verluste aus seiner Anwaltstätigkeit auszugleichen.

Der Vortrag des Klägers erschöpft sich jedoch insoweit in dem Hinweis, dass er zu einem Viertel an einer ungeteilten Erbengemeinschaft, die über erheblichen Grundbesitz verfüge, beteiligt sei. Er sei daher in der Lage gewesen, auf diesen Bestandteil seines Vermögens zuzugreifen; auch habe er die Möglichkeit gehabt, durch Belastung der Grundstücke die erforderliche Liquidität zu schaffen.

Letzteres Vorbringen des Klägers überzeugt schon deshalb nicht, weil, wie aus den vorgelegten Unterlagen ersichtlich, die ihm kreditgewährenden Banken schon Bedenken hatten, bestehende Darlehen des Klägers zu prolongieren, da den Banken nicht einmal die Zahlung der monatlich geschuldeten Raten gesichert erschien. Das (wohl aus dem Jahr 2002 stammende) Schreiben des Klägers an seine Ehefrau (Bl. 141 der Akten) zeigt, dass sich der Kläger in durchaus schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen befand, jedenfalls seine Liquiditätssituation deutlich angespannt war. Der Umstand, dass sich der Kläger mit Hilfe seiner - von ihm getrennt lebenden - Ehefrau um ein weiteres Darlehen bemühte, steht der Annahme entgegen, er hätte ohne weiteres seinen 1/4Anteil an der ungeteilten Erbengemeinschaft veräußern können. Den Hinweis der Beklagten darauf, dass an den der Erbengemeinschaft gehörenden Grundstücken ein Nießbrauch für die Mutter des Klägers bestellt war, hat der Kläger bestätigt. Dieser Nießbrauch hindert zwar, worauf er zutreffend hinweist, nicht notwendig die rechtliche Verwertung des Miteigentumsanteils, entwertet diesen jedoch in erheblicher Weise.

d) Bei Gesamtbetrachtung aller Umstände spricht damit keine Vermutung für die vom Kläger zu beweisende Behauptung, er hätte bei sachgerechter Aufklärung durch die Beklagten von einer Betriebsaufgabeerklärung abgesehen. Ob die Beklagten den Kläger, wie von ihnen behauptet und unter Beweis gestellt, über die zu erwartende Höhe der steuerlichen Belastung infolge der Betriebsaufgabeerklärung aufgeklärt haben, kommt es mithin nicht an.

3. Ebenfalls unbegründet ist das auf Feststellung gerichtete Begehren des Klägers, die Beklagten seien zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der ihm aus dem Verkauf zweier forstwirtschaftlicher Grundstücke in der Größe von ca. 10 ha an die Stadt H. im Jahr 2002 entstanden ist.

a) Insoweit ist bereits zweifelhaft, ob überhaupt eine Falschberatung der Beklagten vorliegt. Der Kläger behauptet hierzu lediglich, durch die Beklagten sei ihm der Eindruck vermittelt worden, sämtliches Vermögen befinde sich infolge der Betriebsaufgabe in seinem Privatvermögen. Dafür, dass die Beklagten tatsächlich - irrtümlicherweise - dieser Auffassung waren, spricht die Einspruchsbegründung der Beklagten vom 22. September 2004 gegenüber dem Finanzamt. Andererseits hat zwischen den Parteien vor dem Verkauf der Flächen keine weitere Besprechung stattgefunden. Darüber hinaus ergab sich bereits aus dem Schätzungsbescheid des Finanzamtes vom 22. Oktober 2002 konkret, welche Flächen durch Betriebsaufgabe betroffen waren.

Letztlich kann dies dahinstehen, da das Finanzamt der Stadt H. bereits mit Schreiben vom 24. April 2001 explizit darauf hingewiesen hatte, dass eine Aufgabe von forstwirtschaftlichen Betriebsteilen nicht möglich sei (Anlage zum geänderten Bescheid über Einkommensteuer 1998 des Finanzamtes H. vom 15. Juni 2001 - Anlage K 3). Dem Kläger war damit positiv bekannt, dass sich die forstwirtschaftlichen Flächen noch im Betriebsvermögen befanden. Als Rechtsanwalt wusste er zudem, was dies in steuerrechtlicher Hinsicht bedeutete. Wenn er dennoch jene Flächen verkauft hat, beruhte dies auf einem in Kenntnis der Sachlage gefassten, eigenen Beschluss, für dessen Folgen eine Einstandspflicht der Beklagten ausscheidet.

4. Der auf Ersatz des durch die unterlassene Geltendmachung von Veräußerungsverlusten im Jahr 2000 entstandenen Schadens gerichtete Anspruch ist gleichfalls nicht begründet. Der Kläger vertritt insoweit die Auffassung, dass der Verlust aus der Veräußerung des von ihm zunächst im Wege der Zwangsversteigerung erworbenen Hausgrundstücks R., welches er später mit Verlust verkauft hat, mit Gewinnen aus dem Verkauf betrieblicher Flächen hätte verrechnet werden müssen. Die steuerlichen Grundlagen hierfür sind jedoch nicht dargetan und auch nicht gegeben. Die Beklagten haben schon in erster Instanz zutreffend darauf hingewiesen, dass das Einfamilienhaus R. vom Kläger selbst privat genutzt worden ist. Gemäß § 23 EStG ist damit ein Veräußerungsverlust nicht anzusetzen. Selbst bei Vermietung des Grundstücks wäre der Verlust aus dem privaten Verkauf nur mit privaten Veräußerungsgewinnen verrechenbar. Solche, so die Beklagten, hätten jedoch nicht vorgelegen.

5. Ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 8.967,80 EUR, den der Kläger mit der Begründung geltend macht, der hälftige Steuererstattungsanspruch für das Steuerjahr 1996 hätte nach der mit seiner Ehefrau getroffenen Scheidungsfolgenvereinbarung nicht an diese, sondern gemäß Nr. 11 b der Vereinbarung vom 22. Oktober 2001 an ihn selbst ausgezahlt werden müssen, besteht nicht. Richtig ist zwar, dass es in Nr. 11 b der Scheidungsfolgenvereinbarung insoweit heißt, dass etwaige Steuernachzahlungen, die ihre Ursache in vom Ehemann während der Dauer der gemeinschaftlichen Veranlagung veranlassten Grundstücksveräußerungen haben, für Steuernachzahlungen verwendet werden müssen. Ob allerdings diese Voraussetzungen überhaupt vorlagen, insbesondere Steuernachzahlungsverpflichtungen infolge von Grundstücksveräußerungen bestanden, ist im Einzelnen nicht vorgetragen. Auch dies kann letztlich dahinstehen. Das zur Begründung des Anspruchs vorgelegte Schreiben der Beklagten an die geschiedene Ehefrau des Klägers (Anlage K 32) stellt sich als reines Informationsschreiben dar, welches keine ausreichende Grundlage für die Auszahlung des Erstattungsanspruchs an die Ehefrau des Klägers gewesen ist. Die für die Auszahlung maßgebliche Ursache hat vielmehr der Kläger selbst gesetzt. Die Beklagten haben hierzu vorgetragen und durch Vorlage von Kopien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch belegt, dass die Auszahlung der Steuererstattung an die geschiedene Ehefrau des Klägers letztlich darauf beruhte, dass der Kläger selbst das entsprechende Formblatt ausgefüllt und gegenüber dem Finanzamt erklärt hat, dass das Guthaben auf das Konto seiner geschiedenen Ehefrau auszuzahlen sei.

IV.

Über die Hilfsanträge der Beklagten war, da der vom Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch insgesamt nicht begründet ist, nicht zu befinden. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen die Revision zuzulassen ist (§ 543 Abs. 2 ZPO), sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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