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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 09.08.2006
Aktenzeichen: 3 U 92/06
Rechtsgebiete: ZVG, BGB


Vorschriften:

ZVG § 90 Abs. 1
BGB § 989
BGB § 990
Fällt das nach § 90 Abs. 1 ZVG erworbene Eigentum des Ersteigerers eines Grundstücks durch Aufhebung des Zuschlags rückwirkend wieder dem ursprünglichen Eigentümer zu, so kommen wegen zwischenzeitlicher Verschlechterungen des Grundstücks Schadensersatzansprüche der ursprünglichen Eigentümer gemäß §§ 989, 990 BGB analog ab dem Zeitpunkt in Betracht, ab dem dem Ersteigerer eine begründete Beschwerde gegen den Zuschlag bekannt geworden ist.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

3 U 92/06

Verkündet am 9. August 2006

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 26. Juli 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Landgericht ... für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 10. April 2006 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um 10 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

A.

Der Kläger nimmt den Beklagten im Rahmen einer positiven Feststellungsklage auf Schadensersatz aus einem Rechtsanwaltsvertrag in Anspruch.

Im Zwangsversteigerungsverfahren vor dem Amtsgericht Hildesheim (25 K 55/04) erhielt der Kläger am 1. April 2005 für einen Betrag von 81.000,00 EUR den Zuschlag für ein Hausgrundstück in A., das im Eigentum der Eheleute M. stand (Bl. 8 d. A.). Der Wert des Grundstücks war vom Amtsgericht Hildesheim nach Einholung eines Verkehrswertgutachtens zuvor auf 107.000,00 EUR festgesetzt worden.

Gegen den Zuschlagsbeschluss erhoben die Eheleute M. sofortige Beschwerde, die dem Kläger mit Schreiben des Amtsgerichts vom 27. April 2005 (Bl. 11 d. A.) zur Stellungnahme bis zum 9. Mai 2005 zugeleitet wurde. Der Kläger schaltete daraufhin den Beklagten ein, der mit Schreiben vom 2. Mai 2005 (Bl. 13 d. A.) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen. Mit Beschluss vom 12. Mai 2005 (Bl. 16 d. A.) wies der Rechtspfleger des Amtsgerichts die sofortige Beschwerde der Eigentümer "als unbegründet" zurück. Der Beklagte teilte dem Kläger dies mit Schreiben vom 17. Mai 2005 (Bl. 21 d. A.) mit und erklärte außerdem, dass der weiteren Renovierung und insbesondere dem Einzug ins Haus nichts mehr im Wege stehe.

Unstreitig hatte der Kläger bereits nach dem Zuschlag Renovierungsarbeiten in dem Haus durchgeführt. Der Umfang dieser Arbeiten ist zwischen den Parteien streitig. Ebenfalls ist streitig, ob und wenn ja, welche Arbeiten der Kläger nach Zugang des Schreibens des Beklagten vom 17. Mai 2005 in dem Haus durchführte.

Die Beschwerde der Eheleute M. gegen den Zuschlagsbeschluss wurde schließlich dem Landgericht Hildesheim zur Entscheidung vorgelegt. Mit Beschluss vom 7. Juni 2005 (5 T 169/05, Bl. 23 d. A.) hob das Landgericht den Zuschlagsbeschluss auf.

Wegen der vom Kläger vorgenommenen Arbeiten an dem Haus gab das Amtsgericht Hildesheim erneut ein Verkehrswertgutachten in Auftrag. Der Sachverständige B., auf dessen Feststellungen bereits die Festsetzung des ursprünglichen Verkehrswertes in Höhe von 107.000,00 EUR beruhte (s. Gutachten vom 25. Oktober 2004, Bl. 35 d. BA), kam nunmehr zu einem Verkehrswert von lediglich 72.000,00 EUR, weil sich das Haus weitgehend im Rohbauzustand befunden habe (s. S. 18 d. Gutachtens vom 26. Oktober 2005, Bl. 412 d. BA).

Mit Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Hildesheim vom 31. März 2006 wurde das Grundstück schließlich einer Frau M. P. für einen Betrag von nur 67.000,00 EUR zugeschlagen (Bl. 579 d. BA). Der Kläger hatte bei dem erneut durchgeführten Zwangsversteigerungsverfahren nicht mitgeboten.

Die Eheleute M. haben gegenüber dem Kläger zunächst die Kosten für die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes des Grundstücks geltend gemacht und diese mit Schreiben vom 7. Dezember 2005 auf mindestens 57.796,10 EUR beziffert (s. Schreiben des Rechtsanwalts L. vom 7. Dezember 2005, Bl. 33 d. A.), inzwischen jedoch den Minderwert des Grundstücks sowie Rechtsanwaltskosten als Schaden geltend gemacht (s. Schreiben des Rechtsanwalts L. vom 16. Mai 2006, Bl. 156 d. A.).

Der Kläger hat behauptet, er habe nach dem Zuschlag lediglich mit Tapetenabrissarbeiten begonnen, diese nach der Beschwerde der Eigentümer jedoch sofort gestoppt. Nachdem der Beklagte ihm mit Schreiben vom 17. Mai 2005 mitgeteilt habe, dass der weiteren Renovierung nichts im Wege stehe, habe er dann eine Kernsanierung des Hauses vorgenommen (wegen der Einzelheiten: s. S. 5 der Klagschrift). Im Übrigen habe er auch erst nach diesem Zeitpunkt die Darlehensverträge für die Finanzierung unterschrieben, die nunmehr rückabgewickelt werden müssten. Da letztlich noch nicht feststehe, welche Ansprüche den Eheleuten M. im Einzelnen zustünden und auch die Rückabwicklungskosten für die Darlehensverträge bisher nicht ersichtlich seien, sei die Feststellungsklage zulässig.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtlichen Schaden zu ersetzen, der dem Kläger aufgrund der anwaltlichen Beratung vom 18. Mai 2005 bis 9. Juni 2005 im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens beim Amtsgericht Hildesheim zu Aktenzeichen 25 K 55/04, betreffend das Grundbuch von A., Blatt x, eingetragene Eigentümer: F. M. und H. M., entstanden ist und entstehen wird.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, dass die Feststellungsklage unzulässig sei. Im Übrigen liege eine Pflichtverletzung des Beklagten nicht vor. Auch eine Kausalität der Pflichtverletzung für einen Schaden sei nicht ersichtlich. Denn den Eheleuten M. stehe gegenüber dem Kläger kein Schadensersatzanspruch zu. Dies ergäbe sich letztlich daraus, dass der Kläger im Zeitpunkt etwaiger Renovierungsarbeiten rechtmäßiger Eigentümer des Grundstücks gewesen sei.

Im Übrigen hat der Beklagte die vom Kläger behaupteten Renovierungsarbeiten im Einzelnen bestritten und behauptet, dass die Darlehensverträge bereits am 2. Mai 2005 unterzeichnet worden seien.

Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Der Feststellungsantrag des Klägers sei zulässig, da im Zeitpunkt der Urteilsverkündung nicht absehbar sei, in welcher Höhe dem Kläger ein Schaden entstanden sei bzw. entstehen werde. Der Beklagte habe den Anwaltsvertrag schuldhaft verletzt, weil er dem Kläger nicht erläutert habe, dass die Akten nach dem Beschluss des Rechtspflegers vom 12. Mai 2005 noch dem Landgericht Hildesheim vorgelegt werden mussten. Diese Pflichtverletzung des Beklagten habe zu einem Schaden des Klägers geführt, weil den Eheleuten M. dem Grunde nach Ansprüche gegen den Kläger zustehen dürften. Anhaltspunkte dafür, dass die in dem Verkehrswertgutachten aufgeführten Arbeiten nicht vom Kläger durchgeführt wurden, seien nicht ersichtlich. Im Rahmen der Feststellungsklage sei im Übrigen nicht erheblich, ob und welche Arbeiten dem Kläger in dem Zeitraum vom 18. Mai bis zum 9. Juni 2005 in dem ersteigerten Objekt durchgeführt habe.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, der weiterhin der Ansicht ist, dass die Feststellungsklage unzulässig sei und ein kausaler Schaden des Klägers nicht vorliege, weil schon den Eheleuten M. keine Schadensersatzansprüche gegenüber dem Kläger zustünden. Im Übrigen habe das Landgericht Hannover auch nicht offen lassen dürfen, ob den Eheleuten M. dem Grunde nach Ansprüche gegenüber dem Kläger zustünden. Ebenso hätte das Landgericht über einen etwaigen Schadensersatzanspruch, der sich aus der Rückabwicklung der Darlehen ergebe, entscheiden müssen.

Der Beklagte beantragt,

das am 10. April 2006 verkündete Urteil des Landgerichts Hannover (20 O 407/05) aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Er hält die Feststellungsklage weiterhin für zulässig und wiederholt bzw. vertieft im Übrigen seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf den Inhalt der in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Die Zwangsversteigerungsakten 25 K 55/04 Amtsgericht Hildesheim lagen dem Senat vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

B.

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht der Klage stattgegeben.

I.

Die Feststellungsklage ist zulässig, weil sich der anspruchsbegründende Sachverhalt - zumindest hinsichtlich der von den Eheleuten M. geltend gemachten Schäden - im Zeitpunkt der Klagerhebung teilweise noch fortentwickelte. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Rechtsanwalt der Eheleute M. mit Schreiben vom 7. Dezember 2005 zwar einen Gesamtbetrag von 57.796,10 EUR genannt, gleichzeitig aber darauf hingewiesen hatte, dass es sich hierbei um den vorläufigen Schaden handelte, der noch zu erweitern sein würde, je nach dem, wie hoch der Zwangsversteigerungserlös ausfallen werde. Selbst wenn es sich bei dem Betrag von 57.796,10 EUR um einen bereits feststehenden und damit bezifferbaren Teil des Schadens handelte (wovon im Hinblick auf das nunmehr vorliegende Schreiben des Rechtsanwalts L. vom 16. Mai 2006 aber nicht ausgegangen werden kann), so war der Kläger nicht verpflichtet, insoweit Leistungsklage zu erheben, sondern konnte sich insgesamt auf die Feststellungsklage stützen (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 25. Auflage, § 256, Rn. 7a).

II.

Die Feststellungsklage ist auch begründet.

Dem Kläger steht gegenüber dem Beklagten ein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB zu, weil der Beklagte eine Pflichtverletzung begangen hat und diese Pflichtverletzung kausal für einen Schaden des Klägers geworden ist.

1. Das Landgericht hat zu Recht eine Pflichtverletzung des Beklagten angenommen. Als Pflichtverletzung stellt sich die Auskunft des Beklagten im Schreiben vom 17. Mai 2005 dar. Denn die vormaligen Eigentümer des Grundstücks, die Eheleute M., hatten gegen den Zuschlagsbeschluss des Rechtspflegers Beschwerde eingelegt, sodass dessen Bestand noch nicht feststand. Gemäß § 96 ZVG finden auf die Beschwerde gegen die Entscheidung über den Zuschlag grundsätzlich die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Beschwerde (§§ 567 ff. ZPO) Anwendung. Gemäß § 572 Abs. 1 ZPO war daher das Gericht, dessen Entscheidung angefochten wurde, gehalten, zunächst über eine Abhilfe der Beschwerde zu entscheiden. Auch wenn der Rechtspfleger des Amtsgerichts, der den ursprünglichen Zuschlagsbeschluss erlassen hatte, in seinem Beschluss vom 12. Mai 2005 der Beschwerde nicht ausdrücklich "nicht abgeholfen" hatte, sondern diese - missverständlich - als "unbegründet" zurückgewiesen hatte, so musste dem Beklagten bekannt sein, dass sich der Beschluss vom 12. Mai 2005 nicht etwa als endgültiger Beschluss, sondern lediglich als Nichtabhilfebeschluss des Amtsgerichts darstellte und die Beschwerde daher zwingend noch dem Landgericht als Beschwerdegericht vorzulegen war.

2. Diese Pflichtverletzung des Beklagten ist zum überwiegenden Teil auch kausal für die bisher lediglich dem Grunde nach geltend gemachten Schäden des Klägers geworden. Entgegen den Darlegungen des Landgerichts konnte dabei allerdings nicht offen bleiben, ob dem Kläger überhaupt ein Schaden entstanden ist bzw. entstehen kann. Denn die Feststellungsklage wäre unbegründet, wenn ein auf der Pflichtverletzung des Beklagten beruhender Schaden des Klägers von vornherein ausgeschlossen wäre. Im Rahmen der Feststellungsklage ist es allerdings unerheblich, in welcher Höhe dem Kläger ein Schaden entstanden ist. Denn die Feststellungsklage will es dem Rechtsuchenden ja gerade ermöglichen, Klage zu erheben, bevor der eintretende Schaden auch zur Höhe endgültig feststeht.

Aufgrund der Pflichtverletzung des Beklagten ist dem Kläger ein Schaden entstanden, weil den Eheleuten M. Schadensersatzansprüche gegenüber dem Kläger wegen der Sanierungsarbeiten am Grundstück zustehen und der Kläger von den Eheleuten M. deshalb auch bereits in Anspruch genommen wird (a). Demgegenüber ist ein Schaden des Klägers wegen etwaiger Kosten einer Darlehensrückabwicklung zu verneinen (b).

a) Entgegen der Ansicht des Beklagten stehen den Eheleuten M. dem Grunde nach Schadensersatzansprüche gegen den Kläger zu. Zwar ergeben sich diese weder aus einer direkten Anwendung der §§ 989, 990 BGB noch aus §§ 687 Abs. 2, 812 ff. oder § 823 BGB. Die Eheleute M. können aber aufgrund einer im vorliegenden Fall gebotenen Analogie zu §§ 989, 990 BGB Schadensersatzansprüche gegenüber dem Kläger geltend machen.

aa) Die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches gemäß § 989 BGB (Schadensersatz nach Rechtshängigkeit) liegen nicht vor, eine direkte Anwendung der Vorschrift kommt daher nicht in Betracht.

Durch den Zuschlag ist der Kläger zwar Eigentümer des Grundstücks geworden, § 90 Abs. 1 ZVG, wohingegen das Eigentum der Eheleute M. untergegangen ist. Durch die rechtskräftige Aufhebung des Zuschlags ist aber das Eigentum des Klägers ex tunc - also rückwirkend - entfallen und das der Eheleute M. wieder aufgelebt (vgl. Böttcher, ZVG, 2. Auflage, § 90, Rn. 5; Steiner, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 9. Auflage, Bd. I, § 90, Rn. 23). Der Kläger ist damit so zu behandeln, als ob der Zuschlag nie erteilt worden wäre (vgl. Stöber, ZVG, 18. Auflage, § 90, Rn. 6.3). Infolge dessen kann sich der Kläger gegenüber den Eheleuten M. nicht darauf berufen, dass er die Arbeiten am Grundstück als rechtmäßiger Eigentümer vorgenommen hat. Vielmehr ist er durch die extunc Wirkung des Aufhebungsbeschlusses als anfänglich nichtberechtigter Eigenbesitzer anzusehen, auf den die §§ 987 - 993 BGB grundsätzlich Anwendung finden, weil ein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis vorliegt (vgl. Palandt-Bassenge, BGB, 65. Auflage, Vorb. vor § 987 BGB, Rn. 8; MüKoMedicus, Bd. 6, Sachenrecht, 4. Auflage, vor §§ 987 - 1003 BGB, Rn. 18).

Weitere Voraussetzung - neben dem bestehenden Eigentümer-Besitzer-Verhältnis - ist eine Verschlechterung der Sache infolge eines Verschuldens des unberechtigten Besitzers. Auch diese Voraussetzung ist erfüllt, weil sich aus einem Vergleich der beiden Verkehrswertgutachten ohne weiteres ergibt, dass das Grundstück durch die Sanierungsarbeiten an Wert verloren hat. Zwar hat der Beklagte bestritten, dass die einzelnen Arbeiten durch den Kläger vorgenommen wurden. Dieses Bestreiten ist aber im Hinblick auf den Inhalt der Gutachten und das Schreiben des Rechtsanwalts L. vom 7. Dezember 2005, aus dem sich ergibt, dass der Kläger auf Schadensersatz wegen notwendiger Arbeiten in Anspruch genommen wird, nicht ausreichend. Denn die einzige andere Möglichkeit wäre, dass die zum Wertverlust führenden Arbeiten von den Eheleuten M. selbst durchgeführt wurden, was der Beklagte selbst nicht behauptet und wofür es auch keine Anhaltspunkte gibt.

Allerdings liegen die weiteren Voraussetzungen des § 989 BGB nicht vor. Danach müsste ein Eigentumsherausgabeanspruch der Eheleute M. im Zeitpunkt der Vornahme der zur Verschlechterung der Sache führenden Arbeiten des Klägers bereits rechtshängig gewesen sein (vgl. Staudinger-Gursky, BGB, Buch 3, Sachenrecht, Neubearbeitung 2006, § 989, Rn. 4). An einer solchen Herausgabeklage der Eheleute M. fehlt es vorliegend schon deshalb, weil lediglich eine Beschwerde gegen den Zuschlagsbeschluss eingereicht wurde, die einer formellen Rechtshängigkeit im Sinne der §§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 und 2 ZPO nicht zugänglich ist.

bb) Auch ein sich direkt aus § 990 BGB (Haftung des Besitzers bei Kenntnis) ergebender Schadensersatzanspruch kommt nicht in Betracht. Da § 990 BGB inhaltlich lediglich eine zeitliche Vorverlegung der Ansprüche aus § 989 BGB darstellt (vgl. Staudinger-Gursky, a. a. O., § 990, Rn. 3), unterscheiden sich seine Voraussetzungen von denen des § 989 BGB nur dadurch, dass die Unredlichkeit des Besitzers an die Stelle der Rechtshängigkeit des Herausgabeanspruchs tritt. Hierbei kann die zum Schadensersatz führende Unredlichkeit entweder in einer Bösgläubigkeit beim Besitzerwerb liegen (Satz 1) oder aber in der nachträglichen Kenntnis der fehlenden Besitzberechtigung (Satz 2).

Die Voraussetzungen des § 990 Satz 1 BGB liegen nicht vor, weil der Kläger beim Erwerb des Besitzes am Grundstück weder Kenntnis noch grobfahrlässige Unkenntnis vom Fehlen seines Besitzrechts hatte. Denn der zunächst wirksame Zuschlag wurde erst nachträglich wieder aufgehoben. Dies führte zwar ex tunc zur Unwirksamkeit des Zuschlages, kann aber eine anfängliche Bösgläubigkeit des Klägers im Sinne von § 990 Satz 1 BGB nicht begründen.

Auch § 990 Satz 2 BGB führt nicht zu einem Schadensersatzanspruch der Eheleute M. gegen den Kläger. Zwar hat der Kläger durch den Beschluss des Landgerichts Hildesheim vom 7. Juni 2005, mit dem der ihm erteilte Zuschlag wieder aufgehoben wurde, positive Kenntnis davon erhalten, dass er nicht (mehr) zum Besitz berechtigt war (vgl. MüKoMedicus, a. a. O., § 990, Rn. 9; Jauernig, BGB, 10. Auflage, § 990, Rn. 2). Unstreitig hat der Kläger aber, nachdem er - bzw. der Beklagte als sein damaliger Bevollmächtigter - am 9. Juni 2005 Kenntnis von dem Beschluss erhalten hatte, keine Arbeiten mehr an dem Grundstück vorgenommen. Eine frühere positive Kenntnis des Klägers, die im Rahmen des § 990 Satz 2 BGB notwendig wäre, kommt nicht in Betracht, weil sich die Nichtberechtigung des Klägers überhaupt erst aufgrund des Beschlusses des Landgerichts Hildesheim ergab.

cc) Die Eheleute M. können etwaige Ansprüche gegen den Kläger auch nicht auf eine unechte Geschäftsführung ohne Auftrag stützen. Zwar kann § 687 Abs. 2 BGB neben den §§ 987 ff. BGB stehen (vgl. Jauernig, a. a. O., § 987, Rn. 15). Die Voraussetzungen der dort geregelten Ansprüche sind aber nicht erfüllt. Denn der Kläger war - ebenso wie im Rahmen des § 990 BGB - nicht bösgläubig, d. h. er hatte im Zeitpunkt der durchgeführten Arbeiten gerade keine positive Kenntnis davon, dass er unberechtigterweise ein fremdes Geschäft als eigenes behandelte.

dd) Schadensersatzansprüche der Eheleute M. gegen den Kläger ergeben sich auch nicht aus § 823 BGB. Denn die grundsätzliche Anwendbarkeit der §§ 987 ff. BGB schließt die Anwendbarkeit deliktischer Vorschriften aus (vgl. Palandt-Bassenge, a. a. O., Vorb. vor § 987, Rn. 23 und § 993, Rn. 5).

ee) Auch Ansprüche nach §§ 812 ff. BGB bestehen nicht. Unabhängig davon, dass bereicherungsrechtliche Ansprüche ausnahmsweise auch neben den §§ 987 ff. BGB zur Anwendung kommen können (vgl. Jauernig, a. a. O., Vorbem. vor § 987, Rn. 14), liegt jedenfalls eine Bereicherung des Klägers nicht vor.

ff) Schadensersatzansprüche der Eheleute M. ergeben sich aber aus einer analogen Anwendung der §§ 989, 990 BGB, die der Senat im vorliegenden Fall zur Ausfüllung einer gesetzlichen Lücke wegen der Vergleichbarkeit des vorliegenden Falles mit den in §§ 989, 990 BGB geregelten Fallgestaltungen für geboten hält.

Im Hinblick auf § 989 BGB war dabei zunächst zu berücksichtigen, dass die von den Eheleuten M. eingelegte Beschwerde gegen den Zuschlagsbeschluss im Ergebnis auf dasselbe Ziel gerichtet ist wie eine Herausgabeklage des Eigentümers im Sinne von § 985 BGB. Zwar waren die Eheleute M. im Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde nicht Eigentümer des Grundstücks. Durch die Aufhebung des Zuschlages ist ihnen das Eigentum aber wieder zugefallen, so dass der Kläger ohne weiteres verpflichtet war, das Grundstück an sie herauszugeben. Wenn er - obwohl er Kenntnis von der Beschwerde hatte, die erkennbar zum Wegfall seines Eigentums führen konnte - weitere Arbeiten vornahm, so ist diese Situation mit der eines unberechtigten Eigenbesitzers, der auf Herausgabe verklagt wird, vergleichbar. Denn zum einen bestehen in beiden Fällen Unklarheiten im Hinblick auf die Berechtigung am Grundstück. Zum anderen erfüllt der Zugang der Beschwerde beim Kläger ebenso wie die Zustellung einer Herausgabeklage eine Warnfunktion, aufgrund derer der jeweils Nichtberechtigte mit der Möglichkeit eines für ihn ungünstigen Ausgangs des Verfahrens rechnen muss (vgl. Staudinger-Gursky, a. a. O., § 987, Rn. 1; MüKo-Medicus, a. a. O., § 987, Rn. 6). Vorliegend wurden dem Kläger die Beschwerde der Eheleute M. vom 18. April 2005, eine ausführliche Begründung der Beschwerde vom 24. April 2005 sowie Fotos eines verdrahteten Briefkastens mit Schreiben des Amtsgerichts Hildesheim vom 27. April 2005 übermittelt. Mit Zugang dieses Schreibens spätestens am 29. April 2005 hat sich die Warnfunktion, auf die § 989 BGB einen Schadensersatzanspruch gründet, daher erfüllt.

Im Hinblick auf § 990 BGB war die Vorschrift des § 142 Abs. 2 BGB zu berücksichtigen, wonach derjenige, der die Anfechtbarkeit eines Rechtsgeschäfts kannte oder kennen musste, so behandelt wird, als wenn er die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts gekannt hätte oder hätte kennen müssen. Kommt es nach der Anfechtung eines Rechtsgeschäfts zur Anwendung der §§ 987 ff. BGB, so beurteilt sich die Redlichkeit des Besitzers im Sinne von § 990 BGB auch über § 142 Abs. 2 BGB (vgl. MüKoMedicus, vor §§ 987 - 1003, Rn. 18). Es kommt also nicht nur auf die Kenntnis bzw. die grob fahrlässige Unkenntnis von der Nichtberechtigung, sondern auch auf die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis der die Nichtberechtigung begründenden Umstände an. Die Aufhebung eines Zuschlagsbeschlusses führt ebenso wie die Anfechtung eines besitzvermittelnden Vertrages ex tunc, d. h. rückwirkend, zum Wegfall des jeweiligen Besitzrechts. Der vorliegende Fall ist daher mit dem Fall der Anfechtung eines Rechtsgeschäftes im Wesentlichen vergleichbar, so dass es gerechtfertigt erscheint, die Regelung des § 142 Abs. 2 BGB auf den vorliegenden Fall zu übertragen. Dies führt dazu, eine Kenntnis des Klägers von den Umständen, die seine Nichtberechtigung begründeten, ab dem Zugang der Beschwerdebegründung anzunehmen. Denn die Beschwerdebegründung der Eheleute M. vom 24. April 2005 enthielt bereits sämtliche Angaben, aus denen sich die fehlerhafte Zustellung des Versteigerungstermins ergab und aufgrund derer das Landgericht Hildesheim den Zuschlagsbeschluss schließlich aufhob. Eine Kenntnis des Klägers von diesen Umständen ist auch nicht deshalb abzulehnen, weil der Rechtspfleger die Beschwerde zunächst als unbegründet zurückgewiesen hatte. Denn entscheidend ist nicht die Kenntnis der rechtlichen Bewertung, sondern die Kenntnis der der rechtlichen Bewertung zugrunde liegenden Tatsachen.

Letztlich führt daher sowohl eine entsprechende Anwendung des § 989 BGB als auch des § 990 BGB dazu, eine Haftung des Klägers gegenüber den Eheleuten ab Zugang der Beschwerdebegründung, d. h. ab dem 29. April 2005 anzunehmen.

Für eine analoge Anwendung der §§ 989, 990 BGB sprechen im Übrigen auch die folgenden Erwägungen: Der Zuschlagsbeschluss war im Zeitpunkt der vom Kläger durchgeführten Arbeiten noch nicht rechtskräftig, weil den Eheleuten M. die Möglichkeit der sofortigen Beschwerde offenstand. Werden aufgrund einer nicht rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung bereits kostenauslösende Maßnahmen vorgenommen, so erscheint es - ebenso wie im Falle von Vollstreckungsmaßnahmen aufgrund eines nur vorläufig vollstreckbaren Urteils - gerechtfertigt, das sich aus der fehlenden Rechtskraft ergebende Risiko demjenigen aufzuerlegen, der in Ansehung dieses Risikos handelt. Insoweit kann der Kläger auch nicht damit gehört werden, er sei aufgrund des Schreibens des Beklagten vom 17. Mai 2005 davon ausgegangen, dass es weitere Rechtsmittel nicht gebe und der Zuschlag damit rechtskräftig sei. Denn der Kläger muss sich im Verhältnis zu den Eheleuten M. das Wissen seines Rechtsanwaltes zurechnen lassen. Dieser hätte aber aufgrund der gesetzlichen Beschwerderegelungen wissen müssen, dass die Entscheidung des Rechtspflegers vom 12. Mai 2005 eine bloße Nichtabhilfeentscheidung war und daher noch das Landgericht als Beschwerdegericht entscheiden musste. Im Ergebnis hat der Kläger daher die vor einer rechtskräftigen Entscheidung über den Zuschlag vorgenommenen Sanierungsarbeiten auf eigenes Risiko vorgenommen.

gg) Da eine Schadensersatzpflicht des Klägers gegenüber den Eheleuten M. erst mit Zugang der Beschwerdebegründung bzw. deren Kenntnisnahme durch den Kläger entstanden ist, können die Eheleute M. nur Schadensersatz für solche Verschlechterungen ihres Grundstücks verlangen, die durch Arbeiten des Klägers nach dem 29. April 2005 entstanden sind. Allerdings haftet der Beklagte nicht für sämtliche Schaden, die die Eheleute M. gegenüber dem Kläger geltend machen können. Eine Haftung des Beklagten ergibt sich vielmehr nur im Hinblick auf solche Schäden, die auf der anwaltlichen Falschberatung beruhen. Dies sind nur diejenigen Schäden, die durch Arbeiten des Klägers in der Zeit vom 18. Mai 2005 (Zugang des Schreibens vom 17. Mai 2005 beim Kläger) bis zum 9. Juni 2005 (Kenntnis des Klägers von der Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses) entstanden sind bzw. noch entstehen werden. Dass der Kläger in dieser Zeit auch tatsächlich Arbeiten vorgenommen hat, ergibt sich aus seinem eigenen Vorbringen, dass insoweit im Einklang mit dem Schreiben des Beklagten vom 17. Mai 2005 steht, wonach der weiteren Renovierung nichts mehr im Wege stehe. Auf die Frage, welche Arbeiten der Kläger im Einzelnen in der Zeit nach dem 18. Mai 2005 ausführte, kommt es im Rahmen der hiesigen Feststellungsklage nicht an.

Soweit der Kläger - was streitig ist, hier aber ebenfalls nicht aufgeklärt werden musste - bereits in der Zeit vom 29. April 2005 bis zum 17. Mai 2005 schadensverursachende Arbeiten durchführte, sind diese dem Beklagten nicht zuzurechnen. Denn es ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte dem Kläger gegenüber bereits vor dem Schreiben vom 17. Mai 2005 zu verstehen gegeben hatte, dass die Durchführung von Renovierungsarbeiten unbedenklich sei. Etwaige Arbeiten zuvor hat der Kläger daher auf eigenes Risiko vorgenommen.

hh) Der Beklagte kann sich auch nicht auf ein Mitverschulden des Klägers berufen, weil dieser nicht versuchte, das Grundstück erneut zu ersteigern. Zwar hätte der Kläger das Grundstück aufgrund des eingetretenen Wertverlustes im zweiten Termin für ein deutlich geringeres Gebot ersteigern können, wodurch der von ihm an die Eheleute M. zu zahlende Schadensersatz kompensiert worden wäre. Letztlich war dem Kläger die erneute Ersteigerung des Grundstücks aber aufgrund der zwischen den Versteigerungsterminen liegenden Zeitspanne nicht zumutbar. Die erste Versteigerung erfolgte am 1. April 2005, die Aufhebung des Zuschlags durch das Landgericht am 7. Juni 2005. Die zweite Versteigerung fand erst am 31. März 2006, also mehr als ein dreiviertel Jahr später statt, weil ein neues Verkehrswertgutachten eingeholt werden musste. Da der Kläger offenbar vorhatte, das Hausgrundstück selbst zu bewohnen, durfte er sich nach der Aufhebung des Zuschlags anderweitig orientieren und musste nicht auf die erneute Zwangsversteigerung warten, zumal weder vorhersehbar war, wann diese stattfinden würde noch ob die ursprünglichen Eigentümer zwischenzeitlich an finanzielle Mittel gelangt wären und eine Zwangsversteigerung insgesamt nicht mehr stattfinden würde.

b) Auf Schadensersatzansprüche wegen etwaiger Darlehensrückabwicklungskosten kann der Kläger seine Feststellungsklage demgegenüber nicht stützen. Die Darlehensverträge datieren vom 2. Mai 2005, so dass zunächst davon auszugehen ist, dass auch die Unterzeichnung durch den Kläger zeitnah erfolgte. Selbst wenn aber der Kläger seine Unterschrift erst nach dem 17. Mai 2005 leistete, ist eine Kausalität der Pflichtverletzung des Beklagten für den behaupteten Schaden nicht ersichtlich. Denn hierfür wäre Voraussetzung, dass der Kläger die Darlehensverträge ohne die fehlerhafte Beratung gar nicht unterzeichnet hätte, wofür keine Anhaltspunkte vorliegen. Dies erscheint auch schon deshalb wenig nachvollziehbar, weil der Kläger sich bereits durch sein Gebot, auf das ihm am 1. April 2005 der Zuschlag erteilt wurde, zur Zahlung von 81.000,00 EUR verpflichtet hatte und diese Zahlungspflicht (zunächst) nicht von dem Beschwerdeverfahren der Eheleute M. berührt wurde.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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