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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 08.09.2005
Aktenzeichen: 4 W 160/05
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 3
WEG § 7
WEG § 8
1. Der Amtsermittlungsgrundsatz im streitigen WEG-Verfahren besteht nur in den Grenzen der Mitwirkungs- und Verfahrensförderungspflicht der Parteien.

2. Lassen die für die Bestimmung des Grundbuchinhalts maßgeblichen Bestimmungen von Teilungserklärung und Aufteilungsplan (BGH NJW 1995, 2851, 2853) eine eindeutige Zuordnung des Spitzbodens zum Sondereigentum der darunter liegenden Dachgeschosswohnung nicht zu, gehört der Spitzboden zum Gemeinschaftseigentum; das gilt auch dann, wenn er nur von der betreffenden Wohnung aus zugänglich ist.

3. Die Kenntnis des Verwalters von einer der Teilungserklärung widersprechenden baulichen Herstellung müssen sich die anderen Wohnungseigentümer bei einem Rückbauverlangen auch unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung nicht zurechnen lassen.


4 W 160/05

Beschluss

In der Wohnungseigentumssache

betreffend die Wohnungseigentumsanlage B...,

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht H. sowie die Richterin am Oberlandesgericht W.S. und den Richter am Oberlandesgericht L. am 8. September 2005 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 1. Juni 2005 wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Verfahrens über die weitere Beschwerde trägt die Antragsgegnerin. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Wert des Verfahrens über die weitere Beschwerde: 1.500 EUR

Gründe:

I.

Die Parteien sind Mitglieder der Wohnungseigentumsanlage B. in W.. Die Antragsgegnerin ist Eigentümerin der Einheit Nr. 17/11 im Dachgeschoss, die sie schon vor Abschluss der Fertigstellung der Anlage erworben hat. Sie hat - wie auch einige andere Eigentümer von Dachgeschosswohnungen - im Zuge der Herstellung der Anlage den über ihrer Wohnung befindlichen Spitzboden, der nur von ihrer Wohnung aus zugänglich ist, zu Wohnzwecken ausgebaut. Sie ist der Auffassung, der Spitzboden sei Teil ihres Teileigentums. Demgegenüber zählen die Antragsteller den Spitzboden zum Gemeinschaftseigentum, halten den Ausbau zu Wohnzwecken für unzulässig und haben mit der Antragsschrift vollständigen Rückbau und die Herstellung eines Zustandes verlangt, wie er der Abgeschlossenheitsbescheinigung entspricht. Diesem Antrag hat das Amtsgericht stattgegeben.

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Landgericht vergeblich versucht, eine gütliche Einigung herbeizuführen: Sie scheiterte an der erforderlichen Einstimmigkeit, weshalb in einem anderen Verfahren das Amtsgericht Walsrode einen Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung (Vermietung der ausgebauten Räume im Spitzboden an die jeweiligen Eigentümer der Dachgeschosswohnungen als Abstellraum) auf den Anfechtungsantrag zweier Eigentümer für ungültig erklärt hat. In seiner Entscheidung hat das Landgericht zwar den Ausgangspunkt des Amtsgerichts geteilt, dass der Spitzboden zum Gemeinschaftseigentum gehöre und seine Nutzung zu Wohnzwecken unzulässig sei. Es hat jedoch die Forderung eines völligen Rückbaus und die Herstellung eines Zustands entsprechend der Abgeschlossenheitsbescheinigung für überzogen erachtet und unter teilweiser Änderung der Entscheidung des Amtsgerichts die Antragsgegnerin lediglich verpflichtet, die Versorgungsleitungen und die Heizung im Spitzboden zurückzubauen sowie den Spitzboden an die Gemeinschaft herauszugeben. Bereits in einem früheren Verfahren betreffend den Eigentümer L. sei rechtskräftig entschieden worden, dass die schriftliche Vereinbarung vom 16. Juni 1995 (Genehmigung des Ausbaus, Begründung von Sondernutzungsrechten und Kostenregelung) keine Rechtsgrundlage für die Nutzung zu Wohnzwecken abgebe, weil diese Vereinbarung nicht von allen Wohnungseigentümern unterzeichnet worden sei; bereits in jenem Verfahren habe die Beschwerdekammer des Landgerichts ihre Auffassung dargelegt, dass der Spitzboden zum Gemeinschaftseigentum gehöre. Das gelte auch für die Wohnung der Antragsgegnerin. Verwirkt sei der Anspruch der Antragsteller nicht; zu diesem Punkt bezieht sich das Landgericht auf die Entscheidungsgründe des Amtsgerichts, welches als gerichtsbekannt bezeichnet hat, dass es in der Eigentümergemeinschaft B. "bereits seit einer Vielzahl von Jahren umfangreiche Verfahren gerade wegen dieser Spitzböden gegeben" habe, sodass es an den Grundlagen für einen Vertrauenstatbestand fehle.

Gegen diese Entscheidung des Landgerichts wendet sich die angesichts der Zustellung des angefochtenen Beschlusses am 6. Juli 2005 rechtzeitig am 19. Juli 2005 eingegangene sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin, die ihr Begehren auf vollständige Abweisung des Antrags weiter verfolgt. In ihrer rechtzeitig binnen der durch Verfügung des Vorsitzenden gesetzten verlängerten Frist bis zum 5. September 2005 eingegangenen Begründung durch Schriftsatz vom selben Tage macht die Antragsgegnerin geltend: In der Zeichnung zur Teilungserklärung, die sich bei den Grundakten befinde, seien die Gemeinschaftsflächen mit einem "G" gekennzeichnet, nicht jedoch die Spitzbodenfläche; in den Plänen sei die Decke zwischen Dachgeschosswohnung und Spitzboden eingezeichnet, obwohl sie noch nicht fertig gestellt gewesen sei; die Wohnung der Antragsgegnerin und der darüber befindliche Spitzboden seien in der tatsächlichen Gestaltung baurechtlich genehmigt. Dazu beruft sich die Antragsgegnerin auf Beiziehung der Grund und Bauakten sowie mit der Begründung der weiteren Beschwerde vorgelegte Anlagen. Daraus folge in rechtlicher Hinsicht, dass die Antragsgegnerin durch ihre Ausbaumaßnahme den streitigen Spitzboden erst geschaffen habe. Da der Spitzboden beim Erwerb der Wohnung noch nicht geschaffen war, habe die Antragsgegnerin eine bis unter das Dach nach oben offene Dachgeschosswohnung erworben, sodass der gesamte Luftraum über dem Boden zum Sondereigentum der Antragsgegnerin und somit nicht zum Gemeinschaftseigentum gehöre. Ferner sei der Spitzboden nur von der Wohnung der Antragsgegnerin aus erreichbar, sodass auch diese faktische Gestaltung für die Rechtsauffassung der Antragsgegnerin spreche. Im Übrigen habe das Landgericht verkannt, dass in einer Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (WE 1988, 199) in einem Fall, in dem nach den Plänen nicht eindeutig sei, ob der Spitzboden zum Gemeinschaftseigentum oder zum Sondereigentum der darunter befindlichen Wohnung gehöre, der Spitzboden der darunter befindlichen Wohnung zugeordnet worden sei; jener Fall sei mit dem vorliegenden Fall vergleichbar. Schließlich habe sich das Landgericht nicht hinreichend mit dem Einwand der Verwirkung auseinandergesetzt. Dieser greife durch, weil der Ausbau des Spitzbodens durch die Antragsgegnerin in Kenntnis und im Einvernehmen mit dem damaligen Hausverwalter L. geschehen sei. Der Streit um die Nutzung der Spitzböden habe sich anfänglich nicht daran entzündet, ob sie Sonder oder Gemeinschaftseigentum seien, sondern sei durch angebliche Ungerechtigkeiten beim Verteilungsschlüssel entstanden. In diesem Zusammenhang sei die Vereinbarung vom 16. Juni 1995 ungeachtet ihrer formalen Unwirksamkeit aber doch im Rahmen der Schaffung eines Vertrauenstatbestandes zu berücksichtigen. Und schließlich sei in der Präambel dieser Vereinbarung bezüglich der Einräumung von Sondernutzungsrechten festgestellt, dass es dabei um Räume gehe, die vom Gemeinschaftseigentum her nicht zugänglich seien und nur von den Sondernutzungsberechtigten genutzt werden könnten.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschlüsse des Amtsgerichts Walsrode vom 15.12.2003 bzw. des Landgerichts Verden vom 1.6.2005 aufzuheben und die Anträge der Antragstellerin zurückzuverweisen (sic!);

hilfsweise den Beschluss des Landgerichts Verden vom 1.6.2005 aufzuheben und die Angelegenheit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurück zu verweisen.

II.

Die zulässige weitere Beschwerde ist bereits auf der Grundlage der eigenen Ausführungen der Antragsgegnerin nicht begründet, sodass der Senat sogleich entschieden hat, ohne zuvor den Antragstellern Gelegenheit zu einer Erwiderung zu geben.

1.

Die nach § 45 WEG erforderliche Mindestbeschwer von mehr als 750 EUR ist erreicht. Zwar könnte man daran zweifeln, weil das Landgericht in dem angefochtenen Beschluss den Beschwerdewert auf bis zu 1.500 EUR festgesetzt und im Tenor wegen des teilweisen Erfolgs der sofortigen Beschwerde die Gerichtskosten den Parteien jeweils zur Hälfte auferlegt hat. Wäre also der Wert des Beschwerdeverfahrens vor dem Landgericht mit 1.500 EUR zu bewerten, so würde daraus angesichts des nur hälftigen Unterliegens der Antragsgegnerin folgen, dass ihre Beschwer nur "bis zu 750 EUR" betrüge. Indessen versteht der Senat die Festsetzung des Beschwerdewerts im Tenor der Landgerichts dahin, dass es von dem Regelgeschäftswert von 3.000 EUR (§ 30 Abs. 2 Satz 1 KostO) ausgehend bei jeweils hälftigem Obsiegen bzw. Unterliegen der Parteien die Beschwer für jede Partei mit jeweils 1.500 EUR bemessen wollte. Hätte dagegen das Landgericht beabsichtigt, den Wert des gesamten Antrages der Antragsteller auf 1.500 EUR festzusetzen, wäre angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung, die dem Streit um den Spitzboden zukommt, eine Festsetzung des Werts auf einen unter dem Regelstreitwert liegenden Betrag nach Auffassung des Senats unangemessen niedrig; er wäre auch an die Bemessung der Beschwer durch das Landgericht nicht gebunden (BGH NJWRR 1988, 837). Da bei einem Wert von 3.000 EUR für den gesamten Antrag angesichts der hälftigen Erfolgs der Antragsgegnerin bereits beim Landgericht ihre Beschwer durch den angefochtenen Beschluss mit 1.500 EUR anzunehmen ist, ist dies zugleich der Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde.

Andererseits legt der Senat den "unglücklich formulierten" Antrag der weiteren Beschwerde im Schriftsatz vom 5. September 2005, der bei strenger Bindung an den Wortlaut eine völlige Aufhebung der Beschlüsse des "Amtsgerichts bzw. des Landgerichts" erstrebt und somit von vornherein mangels Beschwer unzulässig wäre, soweit die Antragsgegnerin bereits mit der sofortigen Beschwerde beim Landgericht (hälftigen) Erfolg hatte, dahin aus, dass die Antragsgegnerin lediglich beantragen wollte, unter teilweiser Änderung des angefochtenen Beschlusses des Landgerichts den Beschluss des Amtsgerichts in vollem Umfang aufzuheben und den Antrag der Antragsteller auch insoweit abzuweisen, als er nicht schon vom Landgericht abgewiesen worden ist. Mit diesem sinnvollerweise anzunehmenden Ziel ist der Antrag der weiteren Beschwerde zulässig.

2.

Die weitere Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Die Prüfungskompetenz des Gerichts der weiteren Beschwerde ist nach § 45 WEG, § 27 Abs. 1 FGG, § 559 Abs. 2 ZPO auf Rechtsfehler beschränkt; neuer Sachvortrag im Verfahren der weiteren Beschwerde ist nicht zulässig (Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 45, Rdnr. 85). Die Begründung der weiteren Beschwerde begegnet daher schon von vornherein Bedenken insofern, als die Antragsgegnerin unter 1. sich zur Bestimmung der Abgrenzung von Gemeinschafts und Sondereigentum auf beizuziehende Grund und Bauakten sowie dem Schriftsatz beigefügte Anlagen bezieht. Denn diesen Vortrag hatte die Antragsgegnerin in den Vorinstanzen nicht gehalten (sondern sich insoweit lediglich auf das Zeugnis des früheren Verwalters L. bezogen). Die Begründung der weiteren Beschwerde führt auch nicht im Sinne einer Verfahrensrüge aus, dass die Vorinstanzen im Rahmen der im WEG-Verfahren geltenden Pflicht zur Amtsermittlung von sich aus die Grund und Bauakten hätten beiziehen müssen. Eine dahin gehende Rüge wäre auch nicht etwa ohne besondere Ausführung offensichtlich begründet, denn die Amtsermittlungspflicht des Gerichts im WEG-Verfahren - sofern es wie hier um das sog. "echte Streitverfahren" geht - besteht nur in den Grenzen der Mitwirkungs- und Verfahrensförderungspflicht der Parteien, also nur insoweit, als das Vorbringen der Parteien zu Ermittlungen Anlass gibt (BGHZ 146, 241 = NJW 2001, 1212 = NZM 2001, 196; vgl. ferner Bärmann/Pick/Merle, a. a. O., § 44, Rdnr. 4). Da nun aber die Teilungserklärung vom 24. November 1993 sowie die Abgeschlossenheitsbescheinigung vom 23. Juli 1993 nebst Zeichnungen des den Antrag stellenden Architekten R. zu den Akten gereicht waren (Bl. 7 bis 40) und ferner Amts und Landgericht davon ausgehen konnten, dass die Parteien über den Inhalt der sie betreffenden Grund und Bauakten Kenntnis haben konnten und von sich aus vortragen würden, falls sich daraus für ihren jeweiligen Standpunkt über die vorgelegten Unterlagen hinaus für die Entscheidung erhebliche Erkenntnisse ergäben, ist es nicht zu beanstanden, dass Amts und Landgericht jedenfalls nicht von Amts wegen Grund und Bauakten beigezogen haben.

Letztlich kann das aber dahin stehen. Denn auch unter Berücksichtigung dessen, was unter 1. der Begründung der weiteren Beschwerde über den angeblichen Inhalt von Grund und Bauakten vorgetragen ist und was sich aus den von der Antragsgegnerin beigefügten Anlagen ergibt, begegnet der übereinstimmende Ausgangspunkt von Amts und Landgericht keinen Bedenken, dass der Spitzboden über der Wohnung der Antragsgegnerin zum Gemeinschaftseigentum gehört. Auch im Übrigen (zur Frage der Verwirkung) hält die rechtliche Prüfung der Entscheidung des Landgerichts den Angriffen der weiteren Beschwerde Stand.

a) Zutreffend ist der - im Interesse der anerkennenswerten Bemühungen um eine gütliche Einigung bereits durch den Hinweis des Berichterstatters vom 31. März 2004 (Bl. 119) auf die einschlägige Rechtsprechung zur "Spitzbodenproblematik" sorgfältig vorbereitete - rechtliche Ausgangspunkt des Landgerichts. Danach ist zum Einen ein Beschluss über einen Rückbau nicht zu beanstanden, wenn ein Sondereigentümer den nur aus seinem Sondereigentum heraus betretbaren Spitzboden, der weder in der Teilungserklärung bei seinem Eigentum erwähnt noch im Aufteilungsplan gesondert ausgewiesen oder gekennzeichnet ist, ohne die Zustimmung aller Wohnungseigentümer dergestalt ausbaut, dass Wohnnutzung möglich ist (BGH NJWRR 2001, 1016); der von der Antragsgegnerin zur Unterstützung ihres Standpunktes angezogene tatsächliche Gesichtspunkt, dass der Spitzboden nur von ihrer Wohnung her zu erreichen ist, trägt insofern nicht. Entscheidend ist allemal, wie nach den für die Abgrenzung zwischen Sonder und Gemeinschaftseigentum maßgeblichen Bestimmungen der Teilungserklärung und des Aufteilungsplans (zur Maßgeblichkeit dieser Urkunden bei der Bestimmung des dinglichen Inhalts der Grundbucheintragung: BGH NJW 1995, 2851, 2853) der Spitzboden zuzuordnen und dessen zulässige Nutzung zu beurteilen ist. Zum Andern und vor Allem aber hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass immer dann, wenn Teilungserklärung und Aufteilungsplan eine eindeutige Bestimmung der Zuordnung des Spitzbodens nicht zulassen, etwa bei einer abweichenden tatsächlichen Bauausführung, an den betreffenden Räumen kein Sondereigentum, sondern Gemeinschaftseigentum entsteht (BGH NJW 2004, 1798 = DNotZ 2004, 371 = ZMR 2004, 206 - anknüpfend an die in diesem Sinne schon lange herrschende obergerichtliche Rechtsprechung und überwiegende Literatur, vgl. die Zitate a. a. O. NJW 2004, 1800 linke Spalte). Auch der erkennende Senat vertritt in schon seit langem feststehender Rechtsprechung die Auffassung, dass bei - auch bei gebotener Auslegung unter objektiven Kriterien nicht zu beseitigender - Unklarheit, etwa bei widersprüchlichen Angaben zwischen Teilungserklärung und Aufteilungsplan - kein Sondereigentum entsteht (OLGR Celle 1997, 87 - entschieden ebenfalls für einen "Spitzbodenfall"). Es wäre ja auch schwer zu begründen, dass ein Sondereigentümer durch die tatsächliche Art der Bauausführung rechtlich für sich Verhältnisse schaffen könnte, die von der für die Bestimmung seines Eigentums maßgeblichen Grundbuchlage abweichen. Deshalb kann umgekehrt bei einer planwidrigen Bauausführung bei der Herstellung einer Anlage einem Eigentümer, der eine Herstellung entsprechend den Ursprungsplänen verlangt, auch nicht entgegen gehalten werden, dass er eine bauliche Änderung im Sinne von § 22 WEG begehre (Bärmann/Pick/Merle, a. a. O., § 22, Rdnrn. 19 - 21 m. w. N.).

b) Nicht zu beanstanden ist das Auslegungsergebnis der Vorinstanzen, dass nach den Bestimmungen der Teilungserklärung und der - nach dem Sachvortrag in den Vorinstanzen mit dem Aufteilungsplan identischen - Abgeschlossenheitsbescheinigung mit anliegenden Plänen Sondereigentum an dem Spitzboden über der Wohnung der Antragsgegnerin nicht begründet werden konnte. In der Teilungserklärung selbst ist der Miteigentumsanteil der Antragsgegnerin mit der Nr. 17/11 lediglich als "Wohnung ... , gelegen im Dachgeschoss rechts" (Bl. 9) beschrieben. Dass diese Wohnung zwei Etagen haben sollte, also über der eigentlichen Wohnung noch einen zu Wohnzwecken ausgebauten Spitzboden, lässt sich dem nicht entnehmen. Auch die verbale Beschreibung der Dachgeschosswohnung mit Wohnflächenangaben in den Plänen des Architekten R. vom 13. Mai 1993, wie sie Bestandteil der Abgeschlossenheitsbescheinigung sind (Bl. 24), steht der Annahme entgegen, dass ein zu Wohnzwecken ausgebauter Spitzboden als Sondereigentum zu der Wohnung gehöre: Die Wohnung der Antragsgegnerin ist dort mit einer Gesamtfläche von 40,52 qm beschrieben, bestehend aus "Wohnen 6,15 x 4,80 = 29,52, Kochen 2,00 x 3,600,60 = 6,00 qm, Duschen 2,00 x 2,50 = 5,00 qm". Das beschreibt in aller Eindeutigkeit eine Wohnung, bestehend aus einem einzigen Wohnraum mit einer Grundfläche von 29,52 qm nebst Küche und Bad. Der Ausbau des Spitzbodens und die damit verbundene Schaffung eines weiteren Wohnraumes mit zusätzlicher Fläche stünde dazu in Widerspruch. Dass - wie die Antragsgegnerin behauptet - die Grundfläche ihrer Dachgeschosswohnung (ohne Spitzboden) in der tatsächlichen Ausführung die planerische Gesamtfläche von 40,52 qm nicht ganz erreicht und lediglich 38 qm beträgt, ist kein Indiz dafür, dass die planerische Größe von 40,52 qm einen Ausbau des Spitzbodens vorausgesetzt habe. Im Gegenteil würde dessen Hinzurechnung angesichts der Größendimension gegenüber der Unterschreitung der Wohnfläche um 2 qm eine völlig anders zugeschnittene Wohnung bedeuten.

Ohne Erfolg beruft sich die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung BayObLG WE 1988, 199. Diese Entscheidung ist entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin mit dem vorliegenden Fall nicht nur nicht vergleichbar, sondern führt sogar im Gegenteil in der Anwendung auf den vorliegenden Fall zur Bestätigung des von Amts und Landgericht vertretenen Ergebnisses. Denn eine dem obigen Zitat aus der Teilungserklärung und den Plänen entsprechende Beschreibung der Dachgeschosswohnung mit genauen Angaben der Größe einzelner Räume und der Gesamtwohnfläche gab es in den Bestimmungen der vom Bayerischen Obersten Landesgericht zu beurteilenden und in seiner Entscheidung zitierten Teilungserklärung überhaupt nicht. In jener Sache ging es nicht um die Errichtung einer neuen Wohnanlage, sondern um den nachträglichen Ausbau von "Dachräumen zu Wohnräumen" und das Auslegungsproblem, ob damit das Dachgeschoss bis zur Dachinnenhaut unter Einschluss des Spitzbodens gemeint war. Ausdrücklich stellt das Bayerische Oberste Landesgericht auf den sprachlichen Unterschied zwischen den Begriffen "Dachgeschosswohnung" oder "Wohnung im Dachgeschoss" und dem in "seinem" Fall zu interpretierenden Begriff "Dachraum" ab und betont gerade, dass mit dem Begriff "Dachgeschosswohnung" in der Regel "nur ein horizontal abgetrennter Teil des Dachraumes gemeint ist, der darüber noch einen Spitzboden übrig lässt; doch ist dies bei 'Dachraum' oder 'Dachräumen' nicht der Fall" (BayObLG a. a. O., Seite 199 äußerst rechte Spalte). In der im vorliegenden Fall zu beurteilenden Teilungserklärung ist für die Beschreibung der Wohnung der Antragsgegnerin indessen gerade der Begriff "Dachgeschoss" - und eben nicht der Begriff "Dachraum" - verwendet, der auch aus der Sicht des Bayerischen Obersten Landesgerichts den Spitzboden nicht einschließt. Insofern weicht der Senat mit seiner Billigung der Auslegung durch die Vorinstanzen nicht von einer Entscheidung eines anderen Obergerichts in einer zur Vorlage beim Bundesgerichtshof zwingenden Weise ab, sondern ganz im Gegenteil bestätigt diese von der Antragsgegnerin angezogene Entscheidung das Auslegungsergebnis von Amts und Landgericht.

c) Auch das neue Vorbringen der weiteren Beschwerde mit dem Hinweis auf die von vornherein beabsichtigte Herstellung einer Zwischendecke zwischen Dachgeschosswohnung und Spitzboden (zeichnerische Darstellung obwohl tatsächlich noch nicht vorhanden) und das Fehlen des auf Gemeinschaftseigentum hindeutende "G" in den Spitzbodenflächen rechtfertigt nicht die Annahme, dass der gesamte Raum über der Grundfläche der Dachgeschosswohnung Nr. 17/11 bis unter die Dachinnenhaut unter Einschluss des Spitzbodens zum Sondereigentum der Antragsgegnerin gehören sollte. Dem stünde schon der oben gegebene Hinweis auf die verbale Beschreibung der Wohnung und die dazu gegebenen Angaben von Zahl und Größe der einzelnen Räume entgegen. Allenfalls mag man wegen des Fehlens des "G" in den zeichnerisch dargestellten Flächen des Spitzbodens von einer gewissen Unvollkommenheit oder mangelnden Vollständigkeit der Darstellung sprechen. Umgekehrt ist nicht ersichtlich und wird auch von der Antragsgegnerin nicht geltend gemacht, dass die Spitzbodenflächen zeichnerisch nun explizit als zum Sondereigentum der jeweils darunter befindlichen Dachgeschosswohnung gekennzeichnet wären. Das - wenn es erheblich wäre, aus den obigen Gründen im Verfahren der Rechtsbeschwerde ohnehin unzulässige - neue Vorbringen der Antragsgegnerin vermag also allenfalls eine gewisse Unklarheit der Flächenbezeichnungen zu belegen - bei Unklarheit der Zuweisung von Spitzbodenflächen gilt aber der eingangs ausgeführte Grundsatz, das solche Flächen dann zum Gemeinschaftseigentum gehören.

Der Hinweis auf die unwirksame Vereinbarung vom 16. Juni 1995 ist in der Begründung der weiteren Beschwerde wohl nicht im Sinne einer objektiven Grundlage eines Rechts der Antragsgegnerin nach dem Inhalt der Teilungserklärung gemeint, sondern nur als Element im Rahmen eines denkbaren Vertrauenstatbestandes unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung (dazu s. u.). Sollte dagegen die Antragsgegnerin meinen, diese Vereinbarung sei geeignet, für sie Sondereigentum oder auch nur ein Sondernutzungsrecht am Spitzboden zu begründen, wäre das unzutreffend. Die fragliche Vereinbarung ist schon früher vom Amtsgericht für unwirksam erachtet worden. Erst recht gilt das im Lichte der - nun auch schon nicht mehr neuen - Rechtsprechung des 5. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 20. September 2000 zum "Aus für den Zitterbeschluss" (BGH NJW 2000, 3500): Danach können Sondernutzungsrechte - erst recht gilt dies für die Begründung von Teileigentum - nicht durch Mehrheitsbeschlüsse begründet werden, sondern nur durch Vereinbarungen im Sinne von §§ 10, 15 WEG, die aber die Beteiligung und Zustimmung aller Miteigentümer voraussetzen. Eine solche Vereinbarung unter Zustimmung aller Miteigentümer ist aber nun einmal nie erreicht worden. Auch die - ohnehin für die Abgrenzung zwischen Sonder und Gemeinschaftseigentum sowie Sondernutzungsrechten wenig Aussage kräftige - Präambel jener Vereinbarung vermag deshalb die maßgeblichen Rechtsverhältnisse nicht zu bestimmen.

d) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge, die Vorinstanzen hätten sich nicht ausreichend mit dem Einwand der Verwirkung auseinander gesetzt. Weder Amts noch Landgericht haben im Ausgangspunkt verkannt, dass auch das Rückbauverlangen wegen eines der Teilungserklärung widersprechenden Ausbaus dem Einwand der Verwirkung ausgesetzt sein kann (vgl. dazu BayObLG WuM 1993, 558; OLGR Köln 1997, 125 = WuM 1997, 705; vgl. allgemein Bärmann/Pick/Merle, a. a. O., § 15, Rdnr. 32 m. w. N.). Danach steht im WEG-Recht nicht anders als sonst nach § 242 BGB selbst einem erst nach längerer Zeit geltend gemachten Anspruch auf Unterlassung einer der Teilungserklärung widersprechenden Nutzung oder einem Rückbauverlangen nur dann der Einwand der Verwirkung entgegen, wenn weitere Umstände hinzutreten, die die verzögerte Geltendmachung des Rechts als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Hier hat schon das Amtsgericht darauf abgestellt, dass weder das Zeitmoment noch das Umstandsmoment der Verwirkung erfüllt sei, weil gerichtsbekannt sei, dass seit langem in einer Vielzahl von Verfahren um die Berechtigung zur Nutzung der Spitzböden durch die Eigentümer der Dachgeschosswohnungen gestritten werde. Dem hat die Antragsgegnerin nichts von Belang entgegen gesetzt. Es ist unerheblich, dass der Streit sich an den Problemen der Kostenverteilung entzündet haben mag, denn auch dieser Streit macht deutlich, dass sich andere Teileigentümer mit der Nutzung so nicht abfinden wollen. Dass andererseits bei der Kostenverteilung der tatsächlichen Nutzung der Spitzböden zu Wohnzwecken Rechnung getragen worden ist, enthält keinen Vertrauenstatbestand des Inhalts, dass damit die Wohnungseigentümergemeinschaft zum Ausdruck brächte, sie wolle die Wohnnutzung billigen. Denn auch wenn der Spitzboden zu Unrecht genutzt wird, wäre es plausibel, wenn, solange diese tatsächliche Nutzung andauert, dem auch in der Abrechnung der Kosten Rechnung getragen wird. Andernfalls würden die Nutzer der Spitzböden aus dem ungerechtfertigten Vorteil der Nutzung der Spitzböden noch zusätzliche Vorteile bei der Kostenumlage ziehen. Im Übrigen ist bei einer 1993 noch nicht einmal fertig gestellten Wohnanlage schon das Zeitmoment nicht erfüllt, wenn es bereits im Jahre 1995 zu Streit gekommen ist, der auch durch die wegen des Fehlens der erforderlichen Zustimmung aller Miteigentümer unwirksame Vereinbarung vom 16. Juni 1995 nicht beigelegt werden konnte. Dass immerhin die Mehrheit der Eigentümer dieser Vereinbarung zugestimmt haben mag, konnte schon deshalb keinen Vertrauenstatbestand schaffen, weil für die Bestimmung von Teileigentum und Sondernutzungsrechten nun einmal die Zustimmung aller Miteigentümer erforderlich wäre. Es geht nicht an, dieses Einstimmigkeitserfordernis durch das Rechtsinstitut der Verwirkung zu umgehen, indem man Vertrauen auf unwirksame Vereinbarungen oder Beschlüsse einer Mehrheit unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung gleichwohl schützen würde. Denn es steht seit langem fest, dass es unter den Miteigentümern zumindest einige gibt, die die Nutzung der Spitzböden bekämpfen.

Der Hinweis der Antragsgegnerin auf die von Anfang an vorhandene Kenntnis und das Einvernehmen des früheren Verwalters L. ist unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung rechtlich unerheblich. Die etwaige Zustimmung des Verwalters zu einer der Teilungserklärung widersprechenden Nutzung müssen sich die Wohnungseigentümer nicht zurechnen lassen, denn die Befugnis des Verwalters nach §§ 26, 27 WEG umfasst nicht die Wahrnehmung von eigenen Rechten der jeweiligen Teileigentümer (BayObLG WuM 1993, 558, 559 rechte Spalte). Ein Vertrauenstatbestand zugunsten der Antragsgegnerin hätte also - da nur sie rechtlich dazu befugt gewesen wären und deshalb auch nur insoweit Vertrauen für die Antragsgegnerin hätte geschaffen werden können - einen allen und jedem einzelnen Wohnungseigentümer zuzurechnenden Sachverhalt zur Voraussetzung gehabt. Davon kann aber keine Rede sein. Was L., der ja auch persönlich von der "Spitzbodenproblematik" in seiner Eigenschaft als Teileigentümer betroffen ist und seinerseits ebenfalls in einem anderen Verfahren unterlegen ist, im Übrigen in seiner anderen Eigenschaft als aufteilender Ursprungseigentümer und Veräußerer der Eigentumswohnungen kaufvertraglich erklärt haben mag, berührt nur schuldrechtliche Haftungsfragen für die jeweiligen Kaufverträge, nicht jedoch den Inhalt von Sonder und Teileigentum im dinglichen Sinne und die daraus für das Verhältnis der Wohnungseigentümer resultierenden Rechte und Pflichten.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Angesichts der nicht ganz einfachen Probleme um die Bestimmung der Grenzen zwischen Sonder und Gemeinschaftseigentum und angesichts des Umstands, dass schon Amts und Landgericht hinsichtlich des Umfangs der Rückbaupflicht unterschiedliche Ergebnisse vertreten haben, hält der Senat im Rahmen seines Ermessens nicht für angemessen, von der Regel abzuweichen, dass jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Andererseits hat er sogleich ohne vorherige Anhörung der Antragsteller entschieden, um jedenfalls nicht von Gerichts wegen Anlass zu geben, dass die Antragsteller Kosten für eine Beteiligung am Verfahren über die weitere Beschwerde aufwänden müssten.

Ende der Entscheidung

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