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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 03.11.2004
Aktenzeichen: 4 W 201/04
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, AnfG


Vorschriften:

BGB § 1114
ZPO § 864 Abs. 2
AnfG § 7
Der Anfechtungsgläubiger kann auf Grund von Zahlungstiteln gegen den Schuldner, der seine Miteigentumshälfte durch eine anfechtbare Rechtshandlung auf die Anfechtungsgegnerin und nunmehrige Alleineigentümerin übertragen hat, diese nicht nur auf Duldung der Zwangsvollstreckung in die übertragene Grundstückshälfte in Anspruch nehmen, sondern auf Grund des Duldungstitels und der Zahlungstitel gegen den Schuldner im Wege der Zwangsvollstreckung auch die Eintragung einer Sicherungshypothek auf dem als fortbestehend fingierten Miteigentumsanteil des Schuldners beantragen.
4 W 201/04

Beschluss

In der Grundbuchsache betreffend das im Grundbuch von H. Blatt ... (Amtsgericht Hildesheim) eingetragene Grundstück eingetragene Eigentümerin: H. K., ...,

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht H. sowie die Richter am Oberlandesgericht R. und S. am 3. November 2004 beschlossen:

Tenor:

Auf die weitere Beschwerde der Antragstellerin vom 20. Oktober 2004 werden der Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts vom 5. Oktober 2004 und der Beschluss des Rechtspflegers des Amtsgerichts Hildesheim - Grundbuchamt - vom 7. September 2004 aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, auf den Antrag der Antragstellerin vom 26. August 2004, eingegangen am 30. August 2004, wegen der vollstreckbaren Forderung der Antragstellerin in Höhe von 5.764,12 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG - höchstens aber 10 % Zinsen - seit dem 16. Juni 2000 auf Grund des Versäumnisurteils des Landgerichts Hildesheim vom 2. November 2000 (4 O 442/00), aufrechterhalten durch Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 23. August 2001 (4 O 442/00), und wegen der vollstreckbaren Forderung der Antragstellerin in Höhe von 2.055, 40 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 14. September 2001 bis 30. September 2001 für einen Teilbetrag von 1.471,20 EUR sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz - höchstens aber 10 % Zinsen - und zwar für einen Teilbetrag von 1.471,20 EUR seit dem 1. Oktober 2001 und für einen Teilbetrag von weiteren 584, 20 EUR seit dem 16. August 2002 auf Grund des Kostenfestsetzungsbeschlusses des Landgerichts Hildesheim vom 16. September 2002 (4 O 442/00) eine Zwangshypothek, lastend auf 1/2 Anteil des im Grundbuch von H. Blatt ... in Abteilung I lfd. Nr. 3 (ehemals 1/2 Anteil Abteilung I lfd. Nr. 2a ehemaliger Eigentümer: M. K.) eingetragenen Grundstücks Gemarkung H. Flur ..., Flurstück ..., Gebäude und Freifläche, M. 1a , H., einzutragen.

Die Entscheidungen über die Beschwerde und die weitere Beschwerde ergehen gebührenfrei.

Geschäftswert für die Verfahren der Beschwerde und der weiteren Beschwerde: 10.045,23 EUR

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt mit ihrem am 30. August 2004 bei dem Grundbuchamt eingegangenen Antrag die Eintragung einer Zwangshypothek in das seit dem 17. August 1999 im Alleineigentum der H. K. stehende im Grundbuch von H. Blatt ... eingetragene Grundstück auf Grund vollstreckbarer Forderungen gegen den früheren Miteigentümer M. K. und zwar aus dem Versäumnisurteil des Landgerichts Hildesheim vom 2. November 2000 (4 O 422/00) und aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Hildesheim vom 16. September 2002. Das Landgericht hat sein Versäumnisurteil mit dem am 23. August 2001 verkündeten Urteil aufrechterhalten. Die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht Celle (7 U 186/91) durch Urteil vom 24. Juli 2002 zurückgewiesen. Wegen der vorbezeichneten vollstreckbaren Forderungen gegen M. K. hat die Antragstellerin das am 27. Juni 2003 im schriftlichen Verfahren ergangene und am 30. Juni 2003 zugestellte vorläufig vollstreckbare Urteil wegen Anfechtung nach dem Anfechtungsgesetz gegen die eingetragene Eigentümerin auf Duldung der Zwangsvollstreckung in den von M. K. durch notariellen Vertrag der Notarin A. vom 28. Januar 1999 (UR-Nr. 9/99) auf H. K. übertragenen 1/2 Miteigentumsanteil an dem o. a. Grundstück erwirkt. Am 6. November 2003 wurde im Grundbuch die Anordnung der Zwangsversteigerung eingetragen.

Das Grundbuchamt hat den Eintragungsantrag durch Beschluss vom 7. September 2003 mit der Begründung abgelehnt, dass die Eintragung einer Sicherungshypothek an einem nur fingierten, tatsächlich aber nicht mehr bestehenden Miteigentumsanteil nicht zulässig sei. Die dagegen gerichtete Beschwerde, die sich insbesondere auf die höchstrichterliche Rechtsprechung stützt, hat das Landgericht unter Bezugnahme auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses und des Nichtabhilfebeschlusses zurückgewiesen. Gegen diesen am 12. Oktober 2004 zugestellten Beschluss richtet sich die bei dem Landgericht am 21.Oktober 2004 eingegangene weitere Beschwerde vom 20. Oktober 2004, mit der die Antragstellerin eine mangelhafte Begründung der angefochtenen Entscheidung und eine Rechtsverletzung rügt.

II.

Die gemäß § 78 GBO zulässige weitere Beschwerde , welche die Antragstellerin formgerecht bei dem Landgericht eingereicht hat (§ 80 GBO), und über die der Senat gemäß §§ 79, 81 GBO zu entscheiden hat, ist begründet.

Die Entscheidung des Landgerichts beruht auf einer Rechtsverletzung gemäß §§ 78 Satz 2 GBO, 546, 551 Nr. 7 ZPO.

Zu Recht rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung der Verpflichtung des Landgerichts gemäß § 77 GBO, seine Entscheidung mit Gründen zu versehen. Die pauschale Bezugnahme auf die Gründe der Entscheidung des Grundbuchamtes über den Eintragungsantrag und die Nichtabhilfe reicht jedenfalls im vorliegenden Fall nicht aus. Das Landgericht war verpflichtet, sich mit dem Beschwerdevorbringen der Antragstellerin auseinanderzusetzen und insbesondere näher darzulegen, weshalb es die in der Beschwerdebegründung enthaltenen substantiierten Hinweise auf die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht für einschlägig hält. Außerdem hat das Landgericht die notwendige Angabe des Sachverhalts in der Begründung seiner Entscheidung unterlassen (vgl. Demharter, GBO, 24. Aufl. 2002, § 77 Rdnr. 38). Die tatsächlichen Feststellungen sind für das Gericht der weiteren Beschwerde bindend und müssen für dieses also erkennbar gemacht werden (vgl. OLG Zweibrücken NJWRR 1999, 1174). Der Senat hat im vorliegenden Fall trotz der Verletzung der Verfahrensvorschrift des § 77 GBO nur deshalb von einer Zurückverweisung der Sache an das Landgericht abgesehen, weil die Entscheidung über die Erstbeschwerde lediglich von einer Rechtsfrage abhängig ist und weil sich der von dem Landgericht zugrunde gelegte Sachverhalt aus den Akten zweifelsfrei entnehmen lässt (vgl. OLG Zweibrücken a. a. O.) .

Die danach dem Senat obliegende Entscheidung über die Erstbeschwerde führt zur Aufhebung der den Eintragungsantrag der Antragstellerin zurückweisenden Entscheidung des Grundbuchamtes. Zugleich war das Grundbuchamt anzuweisen, die begehrte Eintragung vorzunehmen, weil der Eintragung keine Hindernisse entgegenstehen. Einer Anhörung der eingetragenen Eigentümerin bedurfte es vor der Entscheidung nicht, weil die Eintragung auf Grund der durch den Duldungstitel ersetzten Bewilligung der Eigentümerin erfolgt.

Insbesondere hat die Antragstellerin die zur Eintragung erforderlichen Voraussetzungen durch öffentliche Urkunden, also in der Form des § 29 GBO, nachgewiesen. Die von dem Senat in seinem Beschluss vom 24. November 2003 (4 W 194/03) gegen einen früheren Eintragungsantrag der Antragstellerin erhobenen Bedenken sind ausgeräumt. Die Antragstellerin hat nicht nur den Duldungstitel gegen die eingetragene Eigentümerin und Anfechtungsgegnerin, sondern auch die erforderlichen Zahlungstitel gegen den Schuldner vorgelegt.

Aus dem Eingang des Anerkenntnisurteils über die Zwangsvollstreckung ergibt sich zugleich, dass dieses Urteil wegen Anfechtung nach dem Anfechtungsgesetz gegen die eingetragene Eigentümerin als Anfechtungsgegnerin ergangen ist.

Dem Tenor dieses Urteils ist zu entnehmen, dass als das anfechtbare Rechtsgeschäft die Übertragung des hälftigen Grundeigentums von dem in den Zahlungstiteln als Schuldner bezeichneten M. K. auf die derzeitige eingetragene Alleineigentümerin anzusehen ist. Dem grundbuchrechtlichen Bestimmtheitsgebot hat die Antragstellerin durch die Angabe von Höchstzinssätzen in ihrem Antrag genüge getan. Die geringfügige Abweichung von dem Antragswortlaut in der Entscheidung des Senats dient der Präzisierung der begehrten Eintragung und wird von der Begründung des Antrages gedeckt.

Die in dem vorbezeichneten Beschluss des Senats noch offen gelassene Frage, ob der von der Antragstellerin erwirkte Duldungstitel mit Rücksicht auf den zwischenzeitlichen Untergang des darin bezeichneten Bruchteilseigentums als ausreichend anzusehen ist, ist zu bejahen, weil nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGHZ 90, 217 = NJW 1984, 1968; BGH WM 1972, 363, 364; WM 1982, 1259) § 7 AnfG den Antrag auf Duldung der Zwangsvollstreckung in die von dem Anfechtungsgegner erworbene Grundstückshälfte zulässt, obwohl Bruchteilseigentum nach der Eintragung des Anfechtungsgegners als Alleineigentümer nicht mehr besteht. Zwar kann gemäß § 1114 BGB ein Bruchteil eines Grundstücks außer in den in § 3 Abs. 6 GBO bezeichneten Fällen mit einer Hypothek nur belastet werden, wenn er in dem Anteil eines Miteigentümers besteht. Dieser Grundsatz erfährt allerdings Einschränkungen, wenn der gesondert belastete Bruchteil eine gewisse rechtliche Selbständigkeit hat (vgl. Palandt-Bassenge, BGB, 63. Aufl. § 1114 Rdnr. 2; OLG Frankfurt NJWRR 1988, 463). Entgegen der von dem Landgericht offenbar geteilten Ansicht des Grundbuchamtes hat der BGH in der von der Antragstellerin zitierten Entscheidung (BGH NJW 1984, 1968) nicht nur ausgeführt, dass es für einen Anfechtungsgläubiger möglich sei, den Anspruch des früheren Miteigentümers auf Aufhebung der Gemeinschaft zu pfänden und auf eine Teilungsversteigerung mit dem Ziel der Beteiligung am Erlös hinzuwirken, sofern er auch Klage auf Duldung der Zwangsversteigerung erhebt (vgl. BGH NJW 1984, 1968, 1970). Vielmehr hat der BGH in dieser Entscheidung ausdrücklich klargestellt, dass bei einer erfolgreichen Klage des Anfechtungsgläubigers auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das von dem Anfechtungsgegner erworbene Bruchteilseigentum für die dann von dem beklagten Anfechtungsgegner zu duldenden Vollstreckungsmaßnahmen fingiert werde, dass der Miteigentumsanteil noch fortbestehe (vgl. BGH a. a. O.). Das hat gerade auch für die hier in Rede stehende Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen Bedeutung, auch wenn § 864 Abs. 2 ZPO die Zwangsvollstreckung in den Bruchteil eines Grundstücks grundsätzlich nur zulässt, wenn der Bruchteil eines Miteigentümers besteht. Das auf Grund der erfolgreichen Klage der Antragstellerin als Anfechtungsgläubigerin auf Duldung der Zwangsvollstreckung in den hälftigen Grundstücksanteil nach der o.a. höchstrichterlichen Rechtsprechung fingierte Fortbestehen des Miteigentumsanteils des Schuldners M. K. hat nämlich nach der von dem Senat geteilten ausdrücklichen Auffassung des BGH (a. a. O.,) zur Folge, dass in entsprechender Anwendung von § 864 Abs. 2 ZPO die Zwangsvollstreckung in diesen Bruchteil insbesondere auch durch Eintragung einer Zwangshypothek für die Forderungen der Antragstellerin zulässig ist (vgl. auch Zöller-Stöber, ZPO, 24. Aufl. § 864 Rdnr. 6; BayObLG NJW 1968, 1431, 1432; Palandt-Bassenge a.a.O, § 1114 BGB Rdnr. 2 b; KG HRR 312, 1709).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 131 Abs. 1 Satz 2 KostO.

Der Geschäftswert ist gemäß §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO für die anwaltlichen Gebühren unter Berücksichtigung der Forderungsaufstellung der Antragstellerin festgesetzt worden, wobei für die Beschwerdeführerin im Hinblick auf den Bestand der im Grundbuch bereits eingetragenen Belastungen gute Aussichten bestehen, ihre Gesamtforderung im Wege der Zwangsvollstreckung aus der einzutragenden Sicherungshypothek voll durchzusetzen.

Ende der Entscheidung

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