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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 20.09.2001
Aktenzeichen: 4 W 209/01
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 21 IV
WEG § 21 V
Ein Verstoß gegen die Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwaltung i.S.v. § 21 Abs. 4 u. 5 WEG kann auch die endgültige Ablehnung der Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen sein, wenn eine gutachterlich vorgeschlagene Sanierungsmaßnahme zur erstmaligen ordnungsgemäßen Herstellung geboten ist.
4 W 209/01

Beschluss

In der Wohnungseigentumssache

betreffend die Wohnungseigentumsanlage ######

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ##### und die Richter am Oberlandesgericht ##### und ##### am 20. September 2001 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller vom 17. Juli 2001 wird der Beschluss der 17. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 22. Juni 2001 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Verfahrens über die weitere Beschwerde - an das Landgericht zurückverwiesen.

Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 25.620 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft ##### in #####. Die Antragsteller haben durch notariellen Vertrag vom 18. Juli 1994 (BA 9 H 24/98 AG Wennigsen Bl. 7 ff) von der Antragsgegnerin zu 1. die Eigentumswohnung Nr. 2 des Aufteilungsplanes erworben, für die nach § 6 des Vertrages eine 5-jährige Gewährleistungsfrist für Mängel besteht. Auf Antrag der Antragsteller wurde im Rahmen eines selbstständigen Beweisverfahrens zu 9 H 24/98 AG Wennigsen ein schriftliches Gutachten des Sachverständigen Prof. ##### vom 14. Dezember 1998 (BA Bl. 54 ff.) sowie auf weitere Veranlassung eine schriftliche Ergänzung vom 11. April 1999 (BA Bl. 108 ff.) eingeholt. Der Sachverständige stellte im Treppenhaus einen mangelhaften Trittschallschutz fest, der sich wegen unverhältnismäßigen Aufwandes nicht grundlegend sanieren lasse. Im Ursprungsgutachten schlug er eine Minderung des Mangels durch weichfedernde Beläge auf Läufen und Podesten vor, was Kosten in Höhe von ca. 1.250 DM verursachen würde (Bl. 65 f BA). In der schriftlichen Ergänzung machte der Sachverständige einen weiteren Vorschlag, nämlich eine weit gehende Verbesserung des Trittschallschutzes könne durch Aufbringen einer Trittschalldämmung nach Aufnehmen der Kunststeinbeläge der Treppenpodeste bzw. der Tritte und Setzstufen vorgenommen werden, wodurch Kosten in Höhe von ca. 25.500 DM entstünden (vgl. BA Bl. 111 f).

Im vorliegenden Verfahren fand auf Veranlassung der Antragsteller am 9. September 1999 eine Wohnungseigentümerversammlung zur Frage der Sanierung des Treppenhauses bezogen auf den baulichen Schallschutz statt, in der mehrheitlich beide Vorschläge des Sachverständigen, der ursprüngliche zu TOP 1 und der ergänzende zu TOP 2 abgelehnt wurden (vgl. Protokoll vom 13. September 1999, Bl. 7 d. A.).

Hiergegen wenden sich die Antragsteller mit ihrem Antrag vom 7. Oktober 1999 teilweise, nämlich festzustellen, dass der Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 9. September 1999 zu TOP 2 ungültig sei, hilfsweise die Antragsgegner zu verurteilen, der Sanierung des Treppenhauses gemäß Vorschlag des Sachverständigen in der ergänzenden Stellungnahme zuzustimmen.

Während das Amtsgericht mit Beschluss vom 26. Oktober 2000 auf den Hauptantrag der Antragsteller die entsprechende Feststellung getroffen und den Beschluss zu TOP 2 für ungültig erklärt hat, worauf Bezug genommen wird (Bl. 87 ff. GA), hat das Landgericht auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner mit Beschluss vom 22. Juni 2001 (Bl. 136 ff. d. A.) den Beschluss des Amtsgerichts abgeändert und den Antrag der Antragsteller insgesamt zurückgewiesen, weil der Beschluss vom 9. September 1999 nur ein sogenannter Negativbeschluss sei, der i. d. R. nicht anfechtbar sei und eine Ausnahme nicht vorläge. Im Übrigen könnten die Antragsteller einen Nachbesserungs- oder Mängelbeseitigungsanspruch vorliegend auch selbst verfolgen.

Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller, die primär die Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts und Wiederherstellung des Beschlusses des Amtsgerichts begehren, hilfsweise auch die Aufhebung und Zurückverweisung an das Landgericht verfolgen.

Demgegenüber beantragen die Antragsgegner,

die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller zurückzuweisen.

Sie verteidigen die Entscheidung des Landgerichts, wiederholen ihren bisherigen Vortrag und teilen mit, dass die Antragsteller am 28. März 2001 die Antragsgegnerin zu 1. auf Nachbesserung verklagt haben.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist statthaft, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, §§ 43, 45 Abs. 1 WEG, 27, 29, 22 FGG. Sie ist auch insofern begründet, als der Beschluss des Landgerichts Hannover aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen ist, da die Entscheidung des Landgerichts nicht frei von Rechtsfehlern ist.

Zwar ist es grundsätzlich zutreffend, dass ein sogenannter 'Negativbeschluss' regelmäßig nicht anfechtbar ist, weil die gerichtliche Ungültigkeitserklärung nicht zu einer positiven Entscheidung führen kann (vgl. Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Auflage, § 23 Rz. 140). Dies betrifft indes nur den Hauptantrag der Antragsteller, mit dem sie die Feststellung der Ungültigkeit des Beschlusses der Wohnungseigentümerversammlung vom 9. Oktober 1999 zu TOP 2, mit dem die Sanierung entsprechend des Vorschlages des Sachverständigen Prof. ##### in seiner ergänzenden Stellungnahme von der Eigentümerversammlung abgelehnt wurde, begehrt haben.

Wie die Kammer zutreffend erkennt, ist hiervon indes eine Ausnahme zu machen, wenn den Antragstellern ein klagbarer Anspruch auf eine positive Beschlussfassung zusteht (vgl. Bärmann a. a. O.). Dieser Anspruch wird von den Antragstellern jedenfalls mit dem Hilfsantrag im Schriftsatz vom 5. April 2000 (Bl. 25 d. A.), auch hinsichtlich des Sanierungsvorschlages des Sachverständigen in seiner ergänzenden Stellungnahme, geltend gemacht. Zu Recht rügen die Antragsteller mit der sofortigen weiteren Beschwerde, dass das Landgericht keine hinreichenden Feststellungen dazu getroffen hat, ob ihnen ein Anspruch auf Durchführung der von dem Sachverständigen in der ergänzenden Stellungnahme vom 11. April 1999 vorgeschlagenen Sanierung zusteht. Sie weisen zutreffend darauf hin, dass es sich bei dieser, wie auch bei der Sanierung aufgrund des ursprünglichen Gutachtens, jeweils um Nachbesserung i. S. d. § 633 Abs. 2 BGB, und damit um Mängelgewährleistungsansprüche handelt. Der Sachverständige hat auch hinreichend Veranlassung zu der Auffassung gegeben, dass der Trittschallschutz nicht ausreichend und damit nicht vertragsgemäß ist, was das Landgericht in seinem Beschluss auch nicht in Zweifel gezogen hat, jedenfalls fehlen Ausführungen hierzu. Grundsätzlich besteht daher ein Anspruch der Antragsteller bzw. seitens der Wohnungseigentümergemeinschaft auf Nachbesserung gegenüber der Antragsgegnerin zu 1 als Verkäuferin, wobei es - noch - um die Durchsetzung des Anspruchs zur ordnungsgemäßen erstmaligen Herstellung und damit zur ordnungsgemäßen Verwaltung i. S. d. § 21 Abs. 4, 5 WEG geht und daher grundsätzlich auch ein Anspruch auf Durchsetzung dieser Maßnahmen besteht (vgl. BayObLG NJW-RR 1986, 954, m. w. N.).

Nicht im Streit ist, dass eine vollkommene Sanierung nach dem Gutachten des Sachverständigen Prof. ##### wegen unverhältnismäßiger Kosten unzumutbar ist.

Damit steht aber entgegen der Auffassung der Antragsteller noch nicht fest, dass - nur - die Sanierungsmaßnahme entsprechend des ergänzenden Gutachtens des Sachverständigen in Betracht kommt. Denkbar ist genau so, dass als Sanierung die ursprünglich von dem Sachverständigen vorgeschlagene Sanierungsmaßnahme von der Wohnungseigentümergemeinschaft gewählt wird. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die von der Gemeinschaft mit dem Beschlusss vom 9. September 1999 zu TOP 1 und 2 beschlossene Nichtsanierung, in dem beide vom Sachverständigen gewählten Nachbesserungsvarianten abgelehnt wurden, treuwidrig, da hiermit die Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen insgesamt vereitelt werden.

Zwar weist das Landgericht grundsätzlich zutreffend darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur die Wahl zwischen Minderung oder Schadensersatz den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zusteht, während der Nachbesserungs- oder Mängelbeseitigungsanspruch auch bezüglich etwaiger Mängel des Gemeinschaftseigentums, wie vorliegend, als Erfüllungsanspruch den einzelnen Erwerbern zusteht und von jedem von ihnen selbst verfolgbar ist (vgl. Bärmann a. a. O., § 1 Rn. 154, m. w. N.). Dieses Recht wird aber durch eine gemeinschaftliche Beschlussfassung über die Wahl von Schadensersatz- oder Minderungsansprüchen anstelle von Nachbesserung hinfällig, da natürlich nicht beides nebeneinander möglich ist. Zwar ist es zutreffend, dass ein solcher Beschluss von der Gemeinschaft vorliegend nicht gefasst worden ist. Vielmehr ist mit dem Beschluss von der Eigentümerversammlung vom 9. September 1999 - wie ausgeführt - hinsichtlich des Schallschutzes insgesamt eine Sanierung des Treppenhauses abgelehnt worden. Gegen diesen ausdrücklich erklärten Willen der Gemeinschaft erscheint die einseitige Verfolgung von Mängelgewährleistungsansprüchen wenig sinnvoll, - mögen die Antragsteller nunmehr auch allein gegen die Verkäuferin vorgehen, wie von den Antragsgegnern zuletzt vorgetragen -, da die Umsetzung etwaig durchgesetzter Nachbesserungsansprüche von der Zustimmung / Duldung der Wohnungseigentümergemeinschaft abhängt. Es kommt mithin darauf an, ob die von dem Sachverständigen Prof. ##### vorgeschlagene Sanierung eine gebotene Maßnahme zur ordnungsgemäßen erstmaligen Herstellung darstellt und damit zur ordnungsgemäßen Verwaltung i. S. d. § 21 Abs. 4 und 5 WEG gehört, und in diesem Zusammenhang, ob die ursprünglich vorgeschlagene Sanierungsmaßnahme aus dem ursprünglichen Gutachten des Sachverständigen insoweit ausreichend ist oder ob zwingend die Sanierungsmaßnahme aus dem ergänzenden Gutachten als einzige Maßnahme in Betracht kommt, wie mit dem Hilfsantrag von den Antragstellerin indes verlangt wird.

Hinreichende Feststellungen hat das Landgericht hierzu nicht getroffen. Die vollständige Ablehnung einer Sanierung, wie von der Eigentümerversammlung am 9. September 1999 beschlossen, entspricht keiner ordnungsgemäßen Verwaltung. Eine isolierte Aufhebung des Beschlusses nur bezogen auf den Tagesordnungspunkt Ziffer 2, wie von den Antragstellern verlangt, kommt jedenfalls solange nicht in Betracht, wie keine Feststellungen darüber vorliegen, ob nicht die Sanierungsmaßnahme aus dem ursprünglichen Gutachten des Sachverständigen, die zu TOP 1 von der Eigentümerversammlung abgelehnt worden ist, nicht auch ausreichend wäre.

Da dem Senat im Rechtsbeschwerdeverfahren eine eigene Sachentscheidung verwehrt ist, war auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.

Die Höhe des Geschäftswertes ergibt sich aus dem Kostenumfang der von den Antragstellern mit dem Hilfsantrag verfolgten Sanierungsmaßnahme aus dem ergänzenden Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Berg.

Ende der Entscheidung

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