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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 13.12.2002
Aktenzeichen: 4 W 209/02
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 44
WEG § 14 Nr. 1
WEG § 22
1. Im Beschwerdeverfahren des Wohnungseigentumsgesetzes kann im Einzelfall Verfahrensfehlerfrei von einer mündlichen Verhandlung - entgegen dem Grundsatz - abgesehen werden, wenn bereits die erste Instanz mündlich verhandelt hat, eine vergleichsweise Regelung vergeblich versucht wurde und der Sachverhalt erschöpfend aufgeklärt wurde.

2. Ein materiell-rechtlicher Beseitigungsanspruch aus § 1004 BGB erwächst nicht bereits allein durch einen formellen Verstoß gegen § 22 WEG - Nichtzustimmung der anderen Wohnungseigentümer- , sondern setzt deren über das unvermeidliche Maß hinausgehenden Nachteil voraus (§ 14 Nr. 1 WEG).


4 W 209/02

Beschluss

In der Wohnungseigentumssache

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ####### und die Richter am Oberlandesgericht ####### und ####### auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 11. Oktober 2002 am 13. Dezember 2002 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde trägt die Beteiligte

zu 1.; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: bis 9.000 EUR.

Gründe:

Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß den §§ 43, 45 Abs. 1 WEG, 27, 29 FGG zulässig. Die Überprüfung des angefochtenen Beschlusses hat indes Rechtsfehler zum Nachteil der weiteren Beschwerdeführer i. S. von §§ 27 FGG, 546 ZPO n. F. nicht ergeben. Vielmehr ist der in Bezug genommene angefochtene Beschluss (Bl. 215 f d. A) zutreffend.

I. Im Einzelnen:

1. Ein Verfahrensfehler, vorliegend nicht gemäß § 44 Abs. 1 WEG mündlich zu verhandeln, liegt nicht vor. Zwar gilt § 44 Abs.1 WEG auch im Beschwerdeverfahren und es kann im Einzelfall von der mündlichen Verhandlung nur abgesehen werden, wenn besondere Umstände sie entbehrlich machen. Dies ist aber der Fall, wenn es keiner weiteren Sachaufklärung mehr bedarf und keine Aussichten auf eine vergleichsweise Regelung bestehen, wobei auch besonders zu berücksichtigen ist, ob erstinstanzlich bereits mündlich verhandelt worden ist (vgl. BayObLG WE 1990, 181; NJW-RR 1988, 1151; NJW-RR 1995, 1166; Bärmann/Pick/Merle WEG, 8. Aufl., § 44 Rn. 24).

Vorliegend hat die Kammer mit Verfügung des Berichterstatters vom 7. Januar 2002 (Bl. 121 b d. A.) mitgeteilt, dass sie beabsichtige, im schriftlichen Verfahren zu entscheiden, ohne dass eine Partei dem entgegengetreten wäre. Mit dem Vergleichsvorschlag vom 18. Februar 2002 (Bl. 156 d. A.) ist diese Mitteilung wiederholt worden. Lediglich nach Einholung des Gutachtens des Sachverständigen hat die Beteiligte zu 1. mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2002 darum gebeten, eine Befragung des Sachverständigen zwecks Ergänzung und Vervollständigung des Gutachtens vorzunehmen. Da die Kammer in dem angefochtenen Beschluss auf die gegen das Gutachten vorgebrachten Einwendungen eingegangen ist, bedurfte es indes dieser Ergänzung und auch einer mündlichen Verhandlung deshalb nicht. Darüber hinaus hat das Landgericht eine gütliche Einigung zwischen den Parteien erfolglos versucht, hinreichend rechtliches Gehör eingeräumt und mit der Beweisaufnahme durch den Sachverständigen auch eine erschöpfende Sachaufklärung vorgenommen, sodass eine mündliche Verhandlung nicht zwingend geboten war, zumal das Amtsgericht bereits mündlich verhandelt hat (vgl. Bl. 107 d. A.). Ein Ermessensfehler liegt mithin in der Abstandnahme von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht.

2. Zu Recht hat das Landgericht einen Beseitigungsanspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß § 1004 BGB hinsichtlich der von dem Antragsgegner vorgenommenen Dachsanierung verneint, weil der Antragstellerin durch die vorgenommenen Arbeiten kein über das unvermeidliche Maß hinausgehender Nachteil erwachsen ist (§ 14 Nr. 1 WEG). Zutreffend hat die Kammer insoweit darauf hingewiesen, dass aus einem lediglich formellen Verstoß durch die Nichteinholung der Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer zu einer baulichen Maßnahme gemäß § 22 WEG allein noch kein Beseitigungsanspruch folgt (vgl. BGHZ 146, 241 f).

Die entscheidende Frage, ob den Eigentümern der Nachbarreihenhäuser durch die veränderte Dachneigung des Hauses des Antragsgegners ein Nachteil erwächst, hat die Kammer zu Recht mit den in Bezug genommenen Ausführungen des Sachverständigen ####### in seinem Gutachten vom 31. August 2002 (Bl. 176 ff d. A.) und den Ausführungen des Privatsachverständigen ####### in dem Gutachten vom 17. August 2000 (Bl. 78 ff d. A.) verneint. Daher zusammenfassend nur Folgendes:

Der Antragsgegner musste bereits vor der Sanierung die Nachbardachflächen für den Regenabfluss in Anspruch nehmen, weil auf diesen sich die Ableitungen und die Regenfallrohre befinden. Ein veränderter, insbesondere verstärkter Zufluss ist mit der Dachsanierung mithin nicht verbunden.

Soweit mit der weiteren Beschwerde geltend gemacht wird, dass der Sachverständige die Wannenkonstruktion des Daches nicht berücksichtigt habe, der Antragsgegner insoweit aber durch die Dachsanierung eine Veränderung vorgenommen habe, trifft auch dieser Einwand nicht zu. Bereits der Privatsachverständige ####### hat in seinem Gutachten das Dach im Einzelnen beschrieben, (insbesondere Seiten 6 - 8, Bl. 83 - 85 d. A.), wonach - für den Senat überzeugend und nachvollziehbar - ein sog. 'Nassdach' (Wasserdach) mit einer 0 % Dachneigung heutigen Flachdachrichtlinien nicht mehr entspricht und inzwischen als mangelhaft angesehen wird. Auch der gerichtliche Sachverständige ####### hat in seinem Gutachten vom 31. August 2002 die Flachdachkonstruktion als Kaltdach gewürdigt und dargelegt, dass verbleibendes Wasser auf der Dachabdichtung unvermeidbar ist, mithin die Pfützenbildung in Absenkungen konstruktiv bedingt ist und nicht auf den Sanierungsmaßnahmen des Antragsgegners beruht.

Der Senat legt Wert auf die Feststellung, dass mit der vorliegenden Entscheidung die Frage, wie eine etwaige Gesamtsanierung der Dächer aller 7 verbundenen Reihenhäuser, zu dem auch das Haus des Antragsgegners gehört, zu erfolgen hätte, nicht entschieden ist, insbesondere nicht etwa eine Festlegung, dass alle Eigentümer dieselben oder mit der Sanierung des Antragsgegners harmonisierende Maßnahmen ergreifen müssen, mag dies auch vielleicht wirtschaftlich und/oder auch technisch sinnvoll sein.

II.

Der Beschluss des Landgerichts ist mithin nicht rechtsfehlerhaft, sodass die sofortige Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 47 WEG zurückzuweisen war. Für eine Abweichung von der Regel, dass außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden, sah der Senat vorliegend keinen Anlass.

Die Festsetzung des Geschäftswertes orientiert sich an der zutreffenden Festsetzung in dem angefochtenen Beschluss auf der Basis des Wertes der Sanierungsarbeiten.

Ende der Entscheidung

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