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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 03.04.2006
Aktenzeichen: 4 W 51/06
Rechtsgebiete: FGG, WEG


Vorschriften:

FGG § 20 a
WEG § 47
Im WEG-Verfahren kann eine unselbständige Kostenentscheidung ausnahmsweise entgegen § 20 a Abs. 1 Satz 1 FGG nicht schon dann isoliert angefochten werden, wenn sie in hohem Maße fehlerhaft ist, sondern nur dann, wenn die Entscheidung inhaltlich dem Gesetz fremd ist.
4 W 51/06

Beschluss

In der Wohnungseigentumssache

betreffend die Wohnungseigentümergemeinschaft ...

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht H. sowie die Richter am Oberlandesgericht R. und S. am 3. April 2006 beschlossen:

Tenor:

Die am 23. März 2006 eingegangene sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner vom 22. März 2006 gegen den am 10. März 2006 zugestellten Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 8. März 2006 wird als unzulässig verworfen.

Die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren sofortigen Beschwerde werden den Antragsgegnern auferlegt, die auch die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers im Verfahren der weiteren sofortigen Beschwerde zu tragen haben.

Wert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde: bis zu 2.700 EUR.

Gründe:

I.

Die Beteiligten bilden die im Tenor näher bezeichnete Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Antragsteller verlangt von den Antragsgegnern die Zahlung von 3.318,94 EUR anteilige Aufwendungen für die 1993 und 1994 verauslagten Kosten zur Sanierung der zu seiner Wohnung gehörenden Dachterrasse. Einen Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 7. Juni 2004 über die Ablehnung der Kostenübernahme hat der Antragsteller im Verfahren 71 II 354/04 erfolgreich angefochten. Die Antragsgegner haben die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Amtsgericht Hannover hat den Antrag durch Beschluss vom 16. August 2005 als unbegründet abgewiesen und angeordnet, dass der Antragsteller auch die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegner zu tragen habe, weil der Antrag wegen Verjährung von vornherein offensichtlich unbegründet gewesen sei.

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 13. September 2005 gegen diesen am 30. August 2005 zugestellten Beschluss hat das Landgericht mit seinem Beschluss vom 8. März 2006 als unbegründet zurückgewiesen und zugleich angeordnet, dass außergerichtliche Kosten in beiden Instanzen nicht erstattet würden. Es verbleibe bei dem Grundsatz, dass jede Partei ihre Kosten selbst trage, weil die Rechtsfrage, ob die Verjährung der Forderung aus ungerechtfertigter Bereicherung durch die Anfechtung des die Kostenübernahme ablehnenden Negativbeschlusses gehemmt sei, höchstrichterlich noch ungeklärt sei. Gegen diese am 10. März zugestellte Entscheidung richtet sich die weitere sofortige Beschwerde der Antragsgegner vom 22. März 2006 mit dem Antrag, die Kostenentscheidung des Landgerichts aufzuheben und dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Antragsgegner aufzuerlegen.

Die Antragsgegner sind der Ansicht, die isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung sei zulässig, weil eine in hohem Maße fehlerhafte Entscheidung ergangen sei.

II.

Die weitere sofortige Beschwerde war als unzulässig zu verwerfen, so dass vor der Entscheidung des Senats die Anhörung des Antragstellers zu dem Beschwerdevorbringen entbehrlich war.

Das Rechtsmittel der Antragsgegner richtet sich allein gegen die neben der Hauptsacheentscheidung über die Erstbeschwerde ergangene Kostenentscheidung, soweit das Landgericht erkannt hat, dass außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind. Auch in Verfahren nach dem WEG kann jedoch gemäß §§ 20 a Abs. 1 Satz 1, 27 Abs. 1, 29 Abs. 4 FGG die Kostenentscheidung grundsätzlich nicht selbständig, sondern nur als Nebenentscheidung zusammen mit der Hauptsache angefochten werden, soweit die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen vorliegen.

Zwar ist im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit als Rechtsgrundsatz anerkannt, dass eine nicht anfechtbare Entscheidung dann anfechtbar sein muss, wenn jede gesetzliche Grundlage für sie fehlt und wenn sie inhaltlich dem Gesetz fremd ist, insbesondere wenn eine Entscheidung dieser Art oder dieses Inhalts oder dieses Gerichts oder aufgrund eines derartigen Verfahrens im Gesetz überhaupt nicht vorgesehen ist (vgl. BayObLG WE 1990, 137; WE 1987, 22; BGH NJWRR 1986, 1263, 1264; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl. § 47 Rdnr. 55). Für die Annahme einer solchen "greifbaren Gesetzwidrigkeit" genügt aber nicht bereits jeder eindeutige Verstoß des Gerichts gegen die bei der Entscheidung anzuwendenden Rechtsvorschriften, um für eine an sich unanfechtbare Entscheidung eine neue Instanz zu eröffnen. Vielmehr muss die Möglichkeit, die an sich unanfechtbare Entscheidung gleichwohl mit einem Rechtsmittel angreifen zu können, auf wirkliche Ausnahmefälle beschränkt bleiben (vgl. BayObLG a.a.O.). Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. auch Bumiller/Winkler FGG 7. Aufl. § 20 a Rdnr. 4) ist eine derartige Ausnahme zu bejahen, wenn geltend gemacht wird, die Kostenentscheidung sei grundsätzlich unzulässig (vgl. OLG Frankfurt FamRZ 1994, 177), wenn ein Unbeteiligter geltend macht, er sei zu Unrecht in das Verfahren hineingezogen und mit Kosten belastet worden (vgl. BayObLG 1994, 8f.; OLG Frankfurt OLGZ 80, 279 f.) oder wenn zweifelhaft ist, ob ein Beteiligter, dem die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt wurden, überhaupt ein Rechtsmittel eingelegt hatte (vgl. BayObLG 76, 256 f.).

Nach der von dem Antragsgegner zitierten Auffassung in der Kommentarliteratur (vgl. Weitnauer/Mansel, WEG 9. Aufl., § 47 Rdnr. 3) ist nach der ZPO-Reform eine isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung wegen greifbarer Gesetzeswidrigkeit auch bei in so hohem Maße fehlerhaften Entscheidungen, dass sie nicht hätten ergehen dürfen, gar nicht mehr statthaft.

Im vorliegenden Fall greifen die Antragsgegner ohnehin lediglich die im einzelnen begründete Ermessensentscheidung des Landgerichts als fehlerhaft an, es für beide Rechtszüge bei dem Grundsatz zu belassen, dass jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Dabei handelt es sich jedoch offensichtlich nicht um eine Entscheidung, die gesetzlich unzulässig war und nicht hätte ergehen dürfen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 Satz 1 und 2 WEG. Die Antragsgegner haben die Gerichtskosten und auch die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers für das Verfahren der weiteren Beschwerde zu tragen, weil sie ein offensichtlich unzulässiges Rechtsmittel eingelegt haben.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes gemäß § 48 Abs. 3 WEG beruht auf einer Schätzung der in den ersten beiden Rechtszügen angefallenen außergerichtlichen Kosten, ausgehend von dem festgesetzten Wert der Hauptsache (3.318,49 EUR). Dabei ist berücksichtigt worden, dass auf Seiten der Antragsgegner die Mehrvertretungsgebühr (VV Nr. 1008 zu § 13 RVG) anfällt, weil in dem vorliegenden Verfahren nicht von der Wohnungseigentümergemeinschaft Zahlung verlangt wird, sondern die übrigen Wohnungseigentümer von dem Antragsteller in Anspruch genommen werden (vgl. BGH NJW 2005, 2061). Die Terminsgebühren der Anwälte sind auch im ersten Rechtszug gemäß Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV zu § 13 RVG entstanden, weil im Einverständnis mit den Parteien im schriftlichen Verfahren entschieden worden ist.

Ende der Entscheidung

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