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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 11.05.2006
Aktenzeichen: 4 W 87/06
Rechtsgebiete: ZPO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 7
GKG § 48 Abs. 1 Satz 1
Der Streitwert für die Klage aus einem Grundstückskaufvertrag auf Beseitigung einer Grunddienstbarkeit, die ein Wegerecht sichert, bemisst sich weder nach einem Bruchteil des Kaufpreises noch nach dem Bodenwert der Fläche, für die das Wegerecht in Anspruch genommen wird; vielmehr wird der Gegenstandswert nach §§ 7 ZPO, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG bestimmt.
4 W 87/06

Beschluss

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Richter am Oberlandesgericht R. auf die Beschwerde des Beklagten vom 10. Oktober 2005 gegen den durch den Nichtabhilfebeschluss vom 31. Oktober 2005 bestätigten Streitwertbeschluss des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 23. Mai 2005 am 11. Mai 2006 beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren wird auf 2.500 EUR festgesetzt.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2005 nicht nur Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 29.September 2005, sondern auch gegen die Streitwertfestsetzung des Landgerichts durch Beschluss von 23. Mai 2005 eingelegt, nachdem das Verfahren in der Hauptsache mit Ablauf der Beschwerdefrist gegen den Kostenbeschluss gemäß § 91 a ZPO vom 26. August 2005 rechtskräftig beendet worden ist. Der Beklagte hält den vom Landgericht auf 10.000 EUR festgesetzten Wert für weit überhöht und meint, dass ein Gegenstandswert von maximal 100 EUR, höchstens aber 600 EUR angemessen sei.

Die Beschwerde ist gemäß § 68 Abs. 1 GKG zulässig.

Zwar handelte es sich bei dem ohne Anhörung der Parteien vor Zustellung der Klage ergangenen Streitwertbeschluss vom 23. Mai 2005 nur um eine vorläufige Wertfestsetzung gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG, die dazu diente, für die Zahlung des Gerichtskostenvorschusses durch den Kläger eine Grundlage zu schaffen. Derartige Beschlüsse sind nur unter den hier nicht vorliegenden Voraussetzungen des § 63 Abs. 1 Satz 2 GKG inzidenter im Verfahren über die Beschwerde gegen einen Beschluss zu überprüfen, durch den die Tätigkeit des Gerichts von einer Vorschusszahlung abhängig gemacht wird. Nachdem das Landgericht jedoch nach dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens in der Hauptsache mit seinem Nichtabhilfebeschluss vom 31. Oktober 2005 die Streitwertfestsetzung bestätigt hat, ist allerdings davon auszugehen, dass insoweit eine endgültige Wertfestsetzung gemäß § 63 Abs. 2 GKG vorliegt, die gemäß § 68 Abs. 1 GKG mit der Beschwerde angefochten werden kann. Der Beklagte hat auch nach der Nichtabhilfeentscheidung des Landgerichts sein Rechtsmittel ausdrücklich weiterverfolgt. Die Beschwerde ist rechtzeitig innerhalb der Frist der §§ 63 Abs. 3 Satz 2, 66 Abs. 1 Satz 3 GKG und formgerecht gemäß §§ 66 Abs.5, 68 Abs. 1 Satz 4 GKG eingelegt worden. Der Beschwerdewert gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG ist erreicht.

In der Sache ist die Beschwerde, die dem Senat erst am 10. Mai 2006 vorgelegt worden ist und zu der Kläger bereits mit den Schriftsätzen vom 17. Oktober und 23. November 2005 Stellung genommen hat, zum überwiegenden Teil begründet.

Die Wertfestsetzung auf 10.000 EUR ist deutlich überhöht. Allerdings ist auch die von dem Beklagten erstrebte Festsetzung eines noch niedrigeren Wertes nicht gerechtfertigt.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts bemisst sich der Streitwert für die Klage auf Pfandfreigabe durch die Bewilligung der Löschung der streitbefangenen Grunddienstbarkeit nicht gemäß § 3 ZPO, 48 GKG nach einem Bruchteil des Grundstückskaufpreises (hier: 1/6). Auch trifft die von dem Kläger unter Hinweis auf die Rechtsprechung des OLG Frankfurt (JurBüro 1970, 473) vertretene Auffassung nicht zu, dass sich das Interesse der klagenden Partei im wesentlichen der Bodenwert der Fläche bemisst, die für das durch die Grunddienstbarkeit gesicherten Wegerecht in Anspruch genommen wird. Deshalb kann dahin stehen, dass selbst unter Berücksichtigung des im notariellen Kaufvertrag vom 3. April 2004 vereinbarten Kaufpreises von 92,50 EUR je Quadratmeter und der nicht bestrittenen Angabe der vom Wegerecht betroffenen Fläche mit ca. 90 m² im Schriftsatz des Beklagten vom 18. November 2005 eine Streitwertfestsetzung auf 10.000 EUR nicht nachzuvollziehen wäre (90 x 92,50 EUR = 8.325 EUR). Die Entscheidung des OLG Frankfurt ist nicht einschlägig, weil sie zu der Regelung in § 9 ZPO a.F. ergangen ist und weil auch nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH MDR 2004, 296) für die Bewertung der Verurteilung zur Bestellung einer Dienstbarkeit nicht auf die vereinbarte Gegenleistung (dort: Erbbauzins) für die Ausübungsfläche abgestellt werden kann. Maßgeblich ist vielmehr nicht nur für Klagen auf Bestellung einer Grunddienstbarkeit, sondern auch für Klagen auf deren Beseitigung die Regelung in §§ 7 ZPO, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG (vgl. Stein/Jonas ZPO, 22. Auf. 2003, § 7 Rdnr. 7; Hartmann, GKG, 35. Aufl,. Anh. I zu § 48 Rdnr 3 zu § 7 ZPO). Nach dieser Vorschrift wird der Gegenstandswert durch den Wert bestimmt, den die Grunddienstbarkeit für das herrschende Grundstück hat, und wenn der Betrag, um den sich der Wert des dienenden Grundstücks durch die Dienstbarkeit mindert, größer ist, durch diesen Betrag bestimmt. Auch wenn sich die Wertberechnung im Einzelfall als schwierig erweist, darf sie nicht etwa durch eine bestimmte Relation zum Grundstückspreis schematisiert werden (vgl. Stein/Jonas a.a.O. Rdnr. 10; Schneider MDR 1976, 193). Deshalb kann entgegen der Erwägungen der Parteien in den Schriftsätzen vom 18. und 23. November 2003 und abweichend von der zitierten Rechtsprechung des OLG Frankfurt nicht auf den Bodenwert der in Anspruch genommenen Grundstücksfläche abgestellt werden (vgl. Stein/Jonas a.a.O.).

Der Senat geht vor diesem Hintergrund von einem Gegenstandswert von 2.500 EUR aus, ohne dass hierzu weitere Ermittlungen anzustellen sind. Nach dem nicht bestrittenen Vortrag des Beklagten im Schriftsatz vom 18. November 2005 hat der Notar, der die zwischenzeitlich erteilten Löschungsbewilligungen für die Grunddienstbarkeit beglaubigt hat, für seine Tätigkeit einen entsprechenden Wert in Ansatz gebracht. Die für den Wert der notariellen Tätigkeit maßgebliche Vorschrift des § 22 KostO entspricht der in § 7 ZPO enthaltenen Regelung.

Der Beklagte hat die Bewertung nach § 22 KostO als zutreffend bezeichnet.

Auch der Kläger hat nicht behauptet, dass die Werterhöhung für das herrschende Grundstück und/oder der Wertverlust für das dienende Grundstück anders zu bewerten seien. Da die gleichen Parameter wie für Die Wertfestsetzung hinsichtlich der notariellen Tätigkeit gemäß §§ 7 ZPO, 48 Abs. 1 GKG auch für die Festsetzung des Kostenstreitwertes für das vorliegende Verfahren maßgebend sind, war der Streitwert ebenfalls auf den Betrag von 2.500 EUR festzusetzen. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob im allgemeinen eine Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwertes durch das Landgericht nicht zu einer Wertfestsetzung auf einen Betrag führen kann, der 5.000 EUR nicht übersteigt und damit unterhalb der Wertgrenze für die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts liegt. Im vorliegenden Fall hat der Beklagte zwar die Rüge der sachlichen Zuständigkeit des Landgerichts erhoben. Gleichwohl ist das Verfahren durch einen Kostenbeschluss nach § 91 a ZPO vom 26. August 2005 zu Lasten des Beklagten beendet worden, den der Beklagte nicht angefochten hat. Mit Rücksicht auf den rechtskräftigen Abschluss der Hauptsache begegnet es jedenfalls keinen Bedenken, die Überprüfung der Wertfestsetzung allein an den maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften für die Bemessung des Streitwertes zu orientieren.

Die im Schriftsatz vom 10. Oktober 2005 weiter enthaltene Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 29. September 2005 ist bei dem Oberlandesgericht bisher nicht angefallen und dürfte sich wegen der infolge der Änderung des Streitwertes erforderlichen Neufestsetzung auch erledigt haben, zumal dieses Rechtsmittel auch nur mit dem Hinweis auf einen überhöhten Gegenstandswert begründet worden ist.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 68 Abs. 3 GKG.

Ende der Entscheidung

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