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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 17.12.2004
Aktenzeichen: 6 W 136/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 648
Auch bei Eheleuten kommt eine Durchbrechung der in § 648 BGB als Voraussetzung für die Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek vorgeschriebenen Identität zwischen Besteller und Grundstückseigentümer nur beim Vorliegen besonderer Umstände in Betracht. Allein die Kenntnis des Ehegatten, dem das Grundstück gehört, von dem vom anderen Ehegatten abgeschlossenen Bauvertrag und dessen Billigung genügt dazu ebensowenig wie der Umstand der späteren Mitnutzung des Bauwerkes.
6 W 136/04

Beschluss

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die als sofortige Beschwerde aufzufassende Beschwerde der Antragstellerin vom 7. Dezember 2004 gegen den ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückweisenden Beschluss des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim vom 1. Dezember 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #######, den Richter am Oberlandesgericht ####### und die Richterin am Oberlandesgericht ####### am

17. Dezember 2004 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Beschwerdewert: 3.800 EUR.

Die Festsetzung des Streitwerts erster Instanz wird geändert. Der Streitwert wird auf 3.800 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht den Antrag auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des der Antragstellerin von dem Elektromeister ####### abgetretenen Anspruchs auf Einräumung einer Bauhandwerkersicherungshypothek am Grundstück der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung wegen fehlender Identität von Besteller und Grundstückseigentümerin zurückgewiesen.

1.

Nach dem Vorbringen der Antragstellerin in dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung vom 1. Dezember 2004 war Besteller der streitgegenständlichen Elektroarbeiten an dem auf dem Grundstück ####### in ####### zu errichtenden Einfamilienhaus lediglich der Ehemann der Antragsgegnerin, #######. Die vom Elektromeister ####### auf Anforderung ####### abgegebenen Angebote vom 9., 23. und 27. Januar 2004 sind jeweils an ####### adressiert, der nach dem Vortrag in der Antragsschrift auch jeweils die zugehörigen Aufträge erteilt sowie. Änderungsvereinbarungen getroffen hat. Dementsprechend sind auch die Rechnungen vom 29. Januar , 31. März, 4. Mai, 31. Mai, 30. Juni und 20. Juli 2004 jeweils an ####### allein gerichtet. Lediglich die beiden Rechnungen vom 29. September 2004 führen - neben ####### - auch die Antragsgegnerin als Rechnungsempfängerin auf. Hierzu wird in der Antragsschrift jedoch erläutert, dies sei "büroseitig .... automatisch" erfolgt, "weil bis dahin sämtliche Zahlungen ohnehin bereits über die Ehefrau direkt gelaufen .... waren". Auf der Grundlage des Sachvortrags der Antragstellerin kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass auch die Antragsgegnerin Vertragspartnerin des von ihrem Ehemann abgeschlossenen Werkvertrags geworden ist. Soweit in der dem Schriftsatz vom 7. Dezember 2004 beigefügten eidesstattlichen Versicherung des Elektromeisters S###### von diesem nunmehr erklärt wird, die Auftragsvergabe sei von beiden Eheleuten gemeinsam erfolgt, steht dies im Widerspruch zu dem eigenen Vortrag der Antragstellerin und den vorgelegten Urkunden und ist deshalb nicht geeignet, einen Vertagschluss mit der Antragsgegnerin glaubhaft zu machen. Allein der Umstand, dass die Antragsgegnerin entsprechend einer dahingehenden zuvor zwischen dem Elektromeister ####### und ####### getroffenen Absprache, in der zudem bereits die Stückzahlen festgelegt worden waren, anschließend die Farben und Modelle einzubauender Einzelbestückungen (Schalter u.ä.) ausgewählt hat, rechtfertigt noch nicht die Schlussfolgerung, deshalb sei die Antragsgegnerin auch Vertragspartnerin geworden.

Da das zu bebauende Grundstück der Antragsgegnerin allein gehört, wie nunmehr durch die eidesstattliche Versicherung der Anwalts und Notariatssekretärin ####### glaubhaft gemacht ist, fehlt es mithin an der nach dem Gesetzeswortlaut von § 648 BGB erforderlichen rechtlichen Identität (vgl. BGHZ 102, 95 ff.) zwischen Besteller der erbrachten Werkleistung und Eigentümer des Grundstücks, an dem die Vergütungsforderung aus dem Werkvertrag gesichert werden soll.

2.

Die Antragstellerin hat auch keine besonderen Umstände glaubhaft gemacht, die es nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) erlauben, vom Erfordernis der rechtlichen Identität zwischen Grundstückseigentümer und Besteller abzuweichen. Zwar wird in der Rechtsprechung teilweise die Auffassung vertreten, bei Eheleuten müsse sich, weil beiden Ehegatten die bei der Errichtung eines gemeinsamen Familienwohnhauses erbrachten Werkleistungen aus dem nur von einem Ehegatten geschlossenen Vertrag in gleicher Weise zugute kämen, der andere Ehegatte im Rahmen einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise im Bereich der dinglichen Haftung wie ein Besteller behandeln lassen (vgl. OLG Frankfurt, BauR 2001, 129; LG Traunstein, Urteil v. 24. Februar 1982 - 3 S 3687/81 , zitiert nach Juris). Dieser Auffassung folgt der Senat so pauschal jedoch nicht (ebenso Erman-Schwenker, BGB, 11. Aufl., § 648 Rn. 8; Locher, Das private Baurecht, 5. Aufl., Rn. 433; Groß, Die Bauhandwerkersicherungshypothek, S. 61). Eine wirtschaftliche Identität allein vermag es, wie der Bundesgerichtshof in der bereits genannten Entscheidung überzeugend ausgeführt hat, noch nicht zu rechtfertigen, vom Erfordernis der formellen Identität abzuweichen. Denn eine generalisierende wirtschaftliche Betrachtungsweise würde zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen. Im Übrigen hätte diese Betrachtungsweise, wenn es um den Bau einer gemeinsam bewohnten Familienwohnung geht, bei Eheleuten letztlich zur Konsequenz, dass es hier auf eine Übereinstimmung zwischen Grundstückseigentum und persönlicher Haftung aus dem Werkvertrag im Ergebnis generell nicht mehr ankäme. Für eine derartige Ausweitung der Bestimmung des § 648 BGB besteht kein Anlass, denn ein entsprechendes Schutzbedürfnis des Bauhandwerkers besteht beispielsweise nicht, wenn er etwa bei Vertragsschluss wusste, dass sein Auftraggeber nicht (Allein) Eigentümer des zu bebauenden Grundstücks ist oder wenn dieser über ausreichendes anderes Vermögen zur Befriedigung der Werklohnforderung verfügt und der Ehegatte, dem das zu bebauende Grundstück gehört, nicht über eigenes laufendes Einkommen oder andere Geldmittel verfügt, aus denen er die Werklohnforderung begleichen könnte.

Deshalb kommt eine Durchbrechung des im Gesetz vorgesehenen Identitätserfordernisses unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben nur beim Vorliegen besonderer Umstände in Betracht, in denen bei bloß formaljuristischer Betrachtung untragbare, den Bauhandwerker unerträglich benachteiligende Ergebnisse erzielt würden (vgl. BGH, a.a.O.; OLG Frankfurt, MDR 2001, 1405). Solche Umstände sind hier indessen nicht dargelegt. Allein der Umstand, dass die Antragsgegnerin den von ihrem Ehemann abgeschlossenen Vertrag kannte und billigte, ist dafür nicht ausreichend (vgl. BGH und OLG Frankfurt, jeweils a.a.O.), weil dies bei Eheleuten, wenn es um den Bau eines Familienwohnheimes geht, zwangsläufige Folge der gemeinsamen Haushaltsführung ist. Es verhält sich auch nicht so, dass im wesentlichen nur die Antragsgegnerin die tatsächlichen Vorteile aus den erbrachten Bauleistungen ziehen wird. Diese kommen ihr vielmehr nur in gleicher Weise wie dem vertragschließenden Ehegatten selbst zugute. Auch dass durch die Arbeiten des Bauhandwerkers das im Eigentum des anderen Ehegatten stehende Grundstück eine Wertsteigerung erfährt, welche dem Eigentümer zugute kommt, ist in allen Fällen der Verschiedenheit von Grundstückseigentümer und Besteller gegeben und vermag allein einen Verzicht auf das Erfordernis der formellen Identität nicht zu rechtfertigen (OLG Frankfurt, a.a.O.). Im Übrigen ist im vorliegenden Fall, wie die Antragstellerin selbst vorgetragen hat, ohnehin zweifelhaft, ob sich bei einem möglichen Verkauf des Grundstücks überhaupt ein messbarer Mehrerlös allein wegen der noch nicht bezahlten Teile der ausgeführten Elektroarbeiten ergeben würde, da sich die restliche Vergütungsforderung zu einem großen Teil auf Mehrkosten wegen der Auswahl farbiger Schalterelemente bezieht.

Auch ansonsten sind von der Antragsgegnerin keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorgetragen, aus denen auf einen das Identitätsprinzip durchbrechenden Missbrauchsfall geschlossen werden könnte. Dabei ist, worauf bereits das Landgericht hingewiesen hat, zu berücksichtigen, dass mit § 648a BGB eine zusätzliche Sicherungsmöglichkeit für den Auftragnehmer besteht, die diesem auch bei Auseinanderfallen von Eigentum am Baugrundstück und Bestellereigenschaft grundsätzlich einen hinreichenden Schutz bietet und deren Existenz bei der Beurteilung eines missbräuchlichen Verhaltens des Auftraggebers zu berücksichtigen ist mit der Folge, dass eine die erweiternde Anwendung von § 648 BGB rechtfertigende Missbrauchssituation nur unter engen Voraussetzungen bejaht werden kann (Ingenstau/Korbion-Joussen, VOB, 15. Aufl., Anhang 2 Rn. 30). Das wäre etwa zu bejahen, wenn festgestellt werden kann, dass der Grundstückseigentümer unter Ausnutzung der rechtlichen Verschiedenheit mit einem von ihm gesteuerten Auftraggeber oder jedenfalls in kollusivem Zusammenwirken mit diesem versucht hat, sich in missbräuchlicher Weise im Hinblick auf § 648 BGB einen Vorteil zu verschaffen. Dafür sind hier indessen keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte vorgetragen. Die Antragstellerin macht nicht geltend, die Antragsgegnerin und ihr Ehemann hätten bei den Gesprächen im Vorfeld der Auftragserteilung oder danach durch ihr eigenes Verhalten aktiv zu dem Irrtum des Elektromeisters ####### über die Eigentumsverhältnisse am Grundstück beigetragen. Der Ehemann der Antragsgegnerin hat sich demnach weder als Grundstückseigentümer ausgegeben noch sonst den Eindruck erweckt, ihm gehöre das Baugrundstück. Eine Pflicht, die Eigentumsverhältnisse von sich aus zu offenbaren, kann nicht ohne weiteres angenommen werden. Das wäre nur dann anders, wenn der vertragschließende Ehegatte, dem das Grundstück nicht gehört, auch ansonsten über keine eigenen finanziellen Mittel verfügt, um seinen vertraglichen Zahlungspflichten nachkommen zu können, und gleichwohl (oder sogar gerade deshalb) als Auftraggeber vorgeschoben wird (vgl. Ingenstau/Korbion-Joussen, a.a.O., Rn. 34; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 1. Aufl., 10. Teil, S. 573 Rn. 21a). Die Antragstellerin hat indessen nicht dargetan, dass der Ehemann der Antragsgegnerin vermögenslos ist, oder zumindest Anhaltspunkte hierfür vorgetragen, wie beispielsweise eine vorangegangene Insolvenz oder die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung. Die Nichtzahlung der offenen Restforderung unter Berufung auf - nach Darstellung der Antragstellerin unbegründete - Mängel allein lässt dagegen noch keinen eindeutigen Rückschluss darauf zu, dass der Ehemann der Antragsgegnerin nicht mehr über ausreichende Geldmittel zur Zahlung verfügt. Solche Verhaltensweisen lassen sich vielmehr auch bei anderen Bestellern, die zugleich Eigentümer des Baugrundstücks sind, beobachten.

Dass der Werkvertrag letztlich nur mit dem Ehemann der Antragsgegnerin geschlossen worden ist, beruht nach dem Vorbringen der Antragstellerin auch nicht etwa auf einem entsprechenden ausdrücklich geäußerten Wunsch der Eheleute, sondern darauf, dass der Ehemann der Antragsgegnerin über die größeren technischen Kenntnisse verfügte und deshalb die Verhandlungsführung übernommen hatte, weshalb der Elektromeister ####### sodann sein Angebot an diesen richtete und auch die weiteren Vertragsgespräche mit dem Ehemann führte. Zudem hat die Antragsgegnerin bei Vertragschluss nicht den Eindruck erweckt, sie sei die eigentliche Auftraggeberin oder zumindest Mitverpflichtete des Werkvertrags. Allein die spätere Zahlung von Abschlagsrechnungen genügt dafür noch nicht, ebensowenig der Umstand, dass sie während der Durchführung der Arbeiten bei der konkreten Auswahl einzubauender Einzelstücke beteiligt war.

Hinzu kommt, dass hier auch ein besonderes Schutzbedürfnis des Bauunternehmers (vgl. zu diesem Erfordernis Ingenstau/Korbion-Joussen, a.a.O., Rn. 35) nicht ersichtlich ist. Der Auftragnehmer wusste im vorliegenden Fall, dass das Bauvorhaben der Schaffung eines neuen Wohnsitzes für Eheleute dienen sollte. Er konnte deshalb ohne nähere Anhaltspunkte jedenfalls nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass das Baugrundstück allein seinem Vertragspartner, dem Ehemann der Antragsgegnerin, gehören würde. Denn zumindest mit einem Miteigentum der Antragsgegnerin hätte er rechnen müssen, da solche Konstellationen üblich sind. Bei dieser Sachlage ist es dem Bauunternehmer, auch wenn man eine Einsichtnahme in das Grundbuch vor Vertragsschluss nicht für geboten hält (Ingenstau/Korbion-Joussen, a.a.O., Rn. 35; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 9. Aufl., Rn. 256; a. A. etwa OLG Hamm, BauR 1982, 285), jedenfalls zuzumuten, durch Nachfrage bei den Vertragsverhandlungen eine Klarstellung der Verhältnisse herbeizuführen, wenn er den Werkvertrag nur mit einem der Ehegatten schließt. Unterlässt er dies, so kann er deshalb das dadurch in Kauf genommene Risiko nicht durch die Inanspruchnahme einer Sicherungshypothek an dem Eigentum des anderen, mit ihm nicht vertraglich verbundenen Ehegatten auffangen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Wert bemisst sich nach einem Drittel des Wertes des Rechts (Hypothek), das die Vormerkung sichern soll, mithin einem Drittel der zu sichernden Forderung (vgl. Baumbach-Hartmann, ZPO, 63. Aufl., Anm. § 3 Rdnr. 26).

Ende der Entscheidung

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