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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 02.08.2006
Aktenzeichen: 7 U 25/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 311
1. Erklärt ein Architekt, er werde persönlich die Bauüberwachung vornehmen, besagt dies - auch konkludent - noch nichts für die Entscheidung über die Frage, ob er als Vertragspartei bei Fehlern während der Bauüberwachung haftet, wenn der Architekt gleichzeitig Geschäftsführer einer GmbH ist und diese GmbH die Erbringung der Leistungsphasen 59 vertraglich übernommen hat.

2. Eine Haftung des Architekten als Geschäftsführer einer GmbH aus der Erklärung, er werde persönlich die Bauüberwachung wahrnehmen, wird nur begründet sein, wenn sich die Zusage als selbständiges Garantieversprechen darstellt.


Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

7 U 25/06

Verkündet am 2. August 2006

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juli 2006 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten zu 1 wird das Teilurteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bückeburg vom 8. Dezember 2005 abgeändert, soweit der Beklagte zu 1 durch dieses Teilurteil verurteilt worden ist:

Die Klage auf Verurteilung des Beklagten zu 1 - als Gesamtschuldner mit der G. GmbH - zur Zahlung von 41.760 EUR nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 3. Oktober 2003 wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten zu 1 durch Sicherheitsleistung von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, sofern nicht der Beklagte zu 1 vor der Vollstreckung Sicherheit von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschwer: für den Kläger über 20.000 EUR.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt - soweit in der Berufungsinstanz von Interesse - vom Beklagten zu 1 (im Folgenden: Beklagter) Schadensersatz wegen mangelhafter Architektenleistungen.

Der Kläger beauftragte den Beklagten mit Vertrag vom 22./26. Februar 2001 als Architekten mit der Erbringung der Leistungsphasen 1 - 4 für den Um und Anbau eines Altenheimes. Mit der Erbringung der Leistungsphasen 5 - 9 und als Werkunternehmer beauftragte der Kläger mit Vertrag vom 8. März 2001 die E. GmbH. Der Beklagte war Geschäftsführer und Gesellschafter der E. GmbH. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der E. GmbH ist wegen Masselosigkeit abgelehnt worden.

In dem selbständigen Beweisverfahren 2 OH 5/02 Landgericht Bückeburg kam der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass die von dem Beklagten geplanten Badezimmer - u. a. wegen eines Kontergefälles - mängelbehaftet sind. Dies sei u. a. auf Fehler in der Ausführungsplanung zurückzuführen. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Ausführungsplanung Bestandteil der Leistungsphase 5 ist.

Der Kläger vertritt die Ansicht, der Beklagte hafte für die Mängel der Badezimmer.

Er hat mit seinem Klagantrag zu 4. beantragt, den Beklagten - als Gesamtschuldner mit der G. GmbH - zu verurteilen, als Gesamtschuldner an ihn 41.760 EUR nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.09.2003 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Teilurteil u. a. der Klage auf den Klagantrag zu 4., auf einen geringen Teil der Zinsforderung stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Beklagte - in Gesamtschuldnerschaft mit der G. GmbH - aus § 635 BGB a. F. haftet. Wie sich aus dem selbständigen Beweisverfahren ergebe, seien die Badezimmer mangelhaft. Der Beklagte hafte persönlich, da er Ausführungsplanungsleistungen gemäß der Leistungsphase 5 des § 15 HOAI erbracht habe. Es sei somit davon auszugehen, dass sich der Kläger und der Beklagte zumindest konkludent auf entsprechende Leistungen des Beklagten verständigt hätten. Dessen Leistungen seien auch von der E. GmbH bei deren Bauausführungsleistungen zugrunde gelegt worden.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten. Er hält die Entscheidung durch ein Teilurteil für nicht erforderlich, da das Alten und Pflegeheim schon seit Jahren in Betrieb sei. Zudem sei er nicht passivlegitimiert. Mängel bei der Planung, die in den Leistungsphasen 1 - 4 zu erbringen sei, habe der Kläger nicht dargelegt. Die angeblichen Mängel beträfen die Leistungsphasen 5 - 9, für die die E. GmbH zuständig gewesen sei. Seine Haftung sei auch nicht aus seiner Geschäftsführertätigkeit der E. GmbH herzuleiten. Er nimmt eine Absprache zwischen den Parteien dahin, dass er persönlich unmittelbar gegenüber dem Kläger die Ausführungsplanung und Objektüberwachung übernehme, in Abrede. Im Übrigen träfe den Kläger ein eigenes Verschulden an den Mängeln.

Der Beklagte stellt den Antrag,

unter Abänderung des Teilurteils vom 8. Dezember 2005 die Klage abzuweisen, soweit er durch dieses Teilurteil verurteilt worden ist.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil. Er meint, dass die vom Landgericht getroffene Tatsachenfeststellung, die der Annahme des Landgerichts zugrunde liegt, der Kläger und der Beklagte hätten sich zumindest konkludent auf entsprechende Leistungen verständigt, in der Berufungsinstanz bindend sei. Fehler habe der Beklagte nicht aufgezeigt. Er ist der Ansicht, dass ein Architekt für fehlerhafte Höheneintragungen in einem Lageplan auch dann haftbar sei, wenn er lediglich die Genehmigungsplanung übernommen hätte und die Ermittlung der Höhen an sich Sache des Generalunternehmers gewesen wäre. Der Kläger nimmt ein Mitverschulden in Abrede. Ferner weist er zur Haftung des Beklagten darauf hin, dass die von diesem zur Ausführungsplanung erstellten Zeichnungen das Datum 20.01.2001 tragen und damit vor dem schriftlichen Architektenvertrag vom 22.02.2001 datieren.

Wegen des weitergehenden Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils und die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet.

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Schadensersatz gegen den Beklagten zu. Der Beklagte ist nicht passivlegitimiert.

1. Gegen die Zulässigkeit des Teilurteils bestehen keine Bedenken. Soweit der Beklagte einwendet, das Teilurteil sei nicht erforderlich gewesen, betrifft dies u. a. dessen Zweckmäßigkeit und das Problem, dass sich der Verurteilte eher einer (Zwangs)Vollstreckung ausgesetzt sieht. Dies ist aber im Sinne des Gesetzgebers gewesen (vgl. a. Zöller-Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 301 Rn. 1 a).

2. Eine - ausdrücklich vereinbarte - vertragliche Haftung des Klägers besteht nicht.

Hierfür wäre erforderlich, dass er das planerische Ausführungsstadium, für das die mangelhaften Planungsleistungen erbracht worden sind, also hier die Ausführungsplanung im Maßstab 1 : 25 (s. a. S. 9 GA v. 7. März 2003, 2 OH 5/02 LG Bückeburg) - die in die Leistungsphase 5 des § 15 HOAI fällt (s. a. S. 5 f. GA v. 21. Dezember 2004, 2 OH 5/02 LG Bückeburg) - vertraglich übernommen hat. Dies ist nach dem Vortrag der Parteien nicht der Fall. Der Kläger trägt selbst vor, dass er die Erbringung der Leistungsphasen 5 - 9 der E. GmbH übertragen hat, weil der Beklagte die Übernahme dieser Leistungen in ein unmittelbares Vertragsverhältnis zwischen den Parteien abgelehnt habe (S. 2 des Schriftsatzes vom 13. Januar 2004, Bl. 167 d. A.).

3. Der Beklagte hat sich entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht konkludent selbst verpflichtet.

a) Eine eigenständige Beauftragung und Verpflichtung des Beklagten in haftungsbegründender Weise ist dem Vortrag des Klägers nicht zu entnehmen. Es mag zwar sein, dass der Beklagte persönlich die Bauüberwachung ausführen wollte. Dies kann jedoch dahinstehen. Selbst wenn eine persönliche Ausführung seitens des Architekten geschuldet wird, besagt dies noch nichts über die Frage, wer Vertragspartei ist bzw. wer aus dem Vertrag verpflichtet sein soll. Im Übrigen war die Tätigkeit des Beklagten fast selbstverständlich, da die E. GmbH über keine Angestellte verfügte. Zudem hat der Beklagte nach dem eigenen Vortrag des Klägers darauf bestanden, dass nicht er als Architekt einen weiteren Vertrag über die Leistungsphasen 5 bis 9 abschließe, sondern diese Leistungsphasen in den Bauvertrag mit der E. GmbH integriert werden sollten (Bl. 167 I d. A.). Es kommt dabei nicht darauf an, ob der Beklagte dies aus steuerlichen Gründen - so der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - wollte.

b) Hieran ändert nichts, dass die vom Beklagten erstellten Zeichnungen ein früheres Datum (20. Januar 2001) aufweisen als die schriftlichen Verträge mit dem Beklagten und der E. GmbH. Aus diesem Umstand lässt sich weder eine Auftragserteilung an den Beklagten noch eine persönliche Haftungsübernahme ableiten. Es ist nicht ungewöhnlich, dass der Architekt bereits vor der schriftlichen Beauftragung tätig wird, und sei es nur, um einen weitergehenden Auftrag erhalten zu können. Die - bereits entfaltete - Tätigkeit geschah für die E. GmbH, wie sich aus dem später geschlossenen Vertrag ergibt. Es tritt hinzu, dass am 20. Januar 2001 noch keine Beauftragung des Beklagten und der E. GmbH vorlag.

c) Ferner spricht gegen die Haftung des Beklagten und für die alleinige Beauftragung der E. GmbH die überarbeitete Ausstattungsbeschreibung vom 6. April 2001 (Bl. 121 II d. A.). Diese hat zwar der Beklagte gefertigt. In der Kopfzeile ist die Beschreibung jedoch ausdrücklich mit dem Zusatz "zum Werkvertrag über die Lieferung von Sanitärzellen" versehen. Den Werkvertrag hat nicht der Beklagte, sondern die E. GmbH geschlossen.

d) Es bedarf deshalb keinen Ausführungen dazu, ob die Auffassung des Klägers, die Tatsachenfeststellung des Landgerichts sei bindend, in dieser Allgemeinheit richtig ist.

4. Eine Haftung des Beklagten aus § 311 Abs. 3 BGB ist nicht gegeben.

a) Das allgemeine Interesse des Geschäftsführers oder Gesellschafters am wirtschaftlichen Erfolg seiner GmbH begründet wegen des Wertungswiderspruchs zu § 13 Abs. 2 GmbH-Gesetz grundsätzlich keine Eigenhaftung (BGH NJW 1995, 1544; Palandt-Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 311 Rn. 65 m. w. N.).

b) Eine Ausnahme wird nur dann zu sehen sein, wenn sich die Zusage der Geschäftsführers als selbständiges Garantieversprechen darstellt. Dieses ist dadurch gekennzeichnet, dass sich der Garant verpflichtet, für den Eintritt eines bestimmten Erfolgs einzustehen und die Gefahr eines künftigen Schadens zu übernehmen (BGH Urteil vom 18. Juni 2001, Az: II ZR 248/99 unter II 1 der Entscheidungsgründe - aus juris). Hierfür sind vorliegend keine ausreichenden Anhaltspunkte gegeben.

Der Kläger hat vorgetragen, der Beklagte habe erklärt, er - der Beklagte - überwache in seiner Eigenschaft als Architekt die gesamte Bauausführung, da die E. GmbH seine Firma sei (Bl. 167 I d. A.). Der Beklagte habe aber auf einem Vertrag mit der E. GmbH für die Leistungsphasen 5 bis 9 bestanden (s. a. II 3 a). Hieraus kann nach Auffassung des Senats nicht die Zusage des Beklagten entnommen werden, er habe für den Fall eines Schadenseintritts - ggfls. im Fall der Leistungsunfähigkeit der E. GmbH - die persönliche Haftung übernehmen wollen; vielmehr ist ausdrücklich die Stellung der E. GmbH als Vertragspartei durch den Beklagten hervorgehoben worden.

5. Die Auffassung des Klägers, der Beklagte würde wegen eines in den Leistungsphasen 1 - 4 bewirkten Mangels haften, ist unzutreffend. Ein Mangel in diesen Leistungsphasen ist nicht ersichtlich.

Der Hinweis des Klägers auf das Urteil BGH NZBau 2001, 332 ist unbehelflich. Anders als in dem dort zur Entscheidung anstehenden Sachverhalt ist vorliegend gerade keine vertragliche Verpflichtung des Beklagten erfolgt, Höhenmaße für die Badezimmer bereits in der Genehmigungsplanung einzuzeichnen. Der Beklagte hat auch in diesem Stadium keine - fehlerhaften - Höhenmaße eingezeichnet, obwohl er dazu nicht verpflichtet gewesen wäre und für deren Richtigkeit er dann einzustehen hätte. Jedenfalls trägt der Kläger hierzu nichts vor.

6. Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Dabei ist anzumerken, dass über die Kosten in der Rechtsmittelentscheidung auch dann zu entscheiden ist, wenn das erfolglose Rechtsmittel gegen ein Teilurteil eingelegt war (Stein/Jonas-Bork, ZPO, 22. Aufl., § 97 Rn. 3). Die Regelung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO lagen in diesem Einzelfall nicht vor.

Ende der Entscheidung

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