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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 21.11.2001
Aktenzeichen: 7 W 72/01 (L)
Rechtsgebiete: GrdstVG, RSG, LwVG, VerwZustG


Vorschriften:

GrdstVG § 6
RSG § 4 ff
LwVG § 22
VerwZustG § 9
1. Das vorkaufsberechtigte Siedlungsunternehmen ist im Verfahren über die Genehmigung eines Grundstückskaufvertrages bezüglich landwirtschaftlicher Flächen beschwerdeberechtigt.

2. Der Bescheid, mit dem Käufer und/ oder Verkäufer landwirtschaftlicher Flächen über die Ausübung des Vorkaufsrechtes nach § 4 ff. RSG informiert werden, muss - auch bei Eheleuten - jedem einzelnen Vertragspartner gesondert zugestellt werden.


7 W 72/01 (L)

Beschluss

In der Grundstücksverkehrssache

betreffend die Genehmigung des notariellen Grundstückskaufvertrages vom ################## - UR Nr. ###### des Notars ######## ######, ###### -,

an der beteiligt sind:

pp.

hat der 7. Zivilsenat - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Celle unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Kleineke, der Richterin am Oberlandesgericht König und des Richters am Oberlandesgericht Kuwert als Berufsrichter sowie der Landwirtin Lippe und des Landwirts Heemke als ehrenamtliche Richter am 21. November 2001 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 5 und die Anschlussbeschwerde der Beteiligten zu 3 und 4 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Verden vom 20. August 2001 werden zurückgewiesen.

Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen. Die Beteiligte zu 5 hat jedoch den Beteiligten zu 1 - 4 deren außergerichtliche Kosten im Beschwerdeverfahren zu erstatten.

Geschäftswert: bis 40.000 DM

Gründe:

Die Beteiligten streiten um die Genehmigung eines Kaufvertrages über landwirtschaftliche Flächen zwischen den Beteiligten zu 1 und 2 als Verkäufer sowie den Beteiligten zu 3 und 4 als Käufer. Die Beteiligte zu 5 übte hinsichtlich der veräußerten Fläche zur Größe von 2.33.01 ha das gesetzliche Vorkaufsrecht gemäß § 4 f RSG im Hinblick auf ein dringendes Erwerbsinteresse des Landwirtes Müller aus.

Wegen des weiter gehenden Sachverhaltes wird auf den angefochtenen Beschluss des Landwirtschaftsgerichtes Bl. 64 ff d. A. sowie auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Das Landwirtschaftsgericht hat den angefochtenen Bescheid des Landkreises ###### aufgehoben und den Grundstückskaufvertrag vom 25. September 2000 genehmigt. Es hat die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 GrdstVG mangels ordnungsgemäßer Stellung an die Beteiligten zu 1 - 4 bejaht.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 5, die nach wie vor die Auffassung vertritt, die Zustellung des Bescheides der Genehmigungsbehörde über die Ausübung des Vorkaufsrechts sei rechtswirksam erfolgt. Die Zustellung an jeweils beide Eheleute gemeinsam reiche aus, zumal der jeweils andere Ehegatte von dem Bescheid Kenntnis erlangt habe.

Die Beteiligten zu 1 - 4 verteidigen die angegriffene Entscheidung. Sie halten die Beteiligte zu 5 zudem nicht für beschwerdebefugt.

Im Wege der Anschlussbeschwerde verfolgen die Beteiligten zu 3 und 4 zudem Befreiung von der Kostenlast des erstinstanzlichen Verfahrens zu Lasten der Genehmigungsbehörde.

Der Senat hat nochmals der Landwirtschaftskammer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Diese hat auf ihre erstinstanzlichen Äußerungen verwiesen.

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 5 hat keinen Erfolg. Auch die Anschlussbeschwerde der Beteiligten zu 3 und 4 ist unbegründet.

1. Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1 - 4 ist die Beteiligte zu 5 beschwerdebefugt. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, dass das vorkaufsberechtigte Siedlungsunternehmen im Verfahren über die Genehmigung eines Grundstückskaufvertrages bezüglich landwirtschaftlicher Flächen beschwerdeberechtigt ist, sofern sich die Entscheidung auf das gesetzliche Vorkaufsrecht auswirkt (BGHZ 41, 114 ff; NJW 1983, 41 f; Agrarrecht 1983, 245 f).

Die Beschwerdeschrift ist auch nicht nur durch den Mitarbeiter #### unterschrieben; außerdem befindet sich eine auf den Justitiar #### ausgestellte Vollmacht bei den Akten.

2. Die sofortige Beschwerde hat aber in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landwirtschaftsgericht die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 GrdstVG bejaht. Auf die diesbezüglichen Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss wird verwiesen.

Ein anderes Resultat ergibt sich auch nicht aus der von der Beteiligten zu 5 herangezogenen Entscheidung des OLG Stuttgart Agrarrecht 1974, 291. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat zwar in seinem Leitsatz ausgesprochen, es genüge, wenn die Erteilung des Zwischenbescheides oder die Zustellung des Bescheides in der Hauptsache an Eheleute, die in häuslicher Gemeinschaft leben, in nur einem Exemplar erfolgt, das an beide adressiert sei. Inhaltlich beschäftigt sich die Entscheidung jedoch lediglich mit der Zustellung eines Zwischenbescheides gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 GrdstVG. Ob dies für die Zustellung des Zwischenbescheides zutrifft, da insoweit eine förmliche Zustellung nicht vorgeschrieben ist, kann dahinstehen.

Ebenso wie im gerichtlichen Verfahren z. B. bei Zustellung eines Mahnbescheides oder einer Klage ist jedoch nach den maßgeblichen Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes bei der förmlichen Zustellung an mehrer Beteiligte, auch im Falle von Ehegatten, jedem einzelnen die Entscheidung zuzustellen (VGH Mannheim, NVwZ 1989, 593 ff.;). Nur so kann der Zweck der förmlichen Zustellung erreicht werden, dem Adressaten Gelegenheit zur Kenntnisnahme des Schriftstückes zu geben und ihm zu ermöglichen, anhand des Bescheides die notwendigen Überlegungen anzustellen, ob und inwieweit er ihn ggf. angreifen will. Die für die Zustellung notwendige Übergabe eines Schriftstückes kann nicht durch die Aushändigung nur einer Bescheidausfertigung an einen von beiden Eheleuten erfolgen, da dann keiner der beiden die rechtliche Möglichkeit erlangt, das Schriftstück in alleiniger Zuständigkeit zu behalten (BVerwG DÖV 1958, 715; VGH Mannheim a. a. O.).

Dieser Zustellungsmangel ist nicht geheilt. Gemäß § 9 VerwZustG tritt eine Heilung nicht ein, wenn durch die Zustellung z.B. eine Frist für die Erhebung der Klage beginnt. Im vorliegenden Fall wurde durch die Zustellung die Frist zur Stellung des Antrages auf gerichtliche Entscheidung gemäß §§ 21, 22 Abs.1 GrdstVG in Gang gesetzt.

3. Die mit der Anschlussbeschwerde der Beteiligten zu 3 und 4 begehrte Überbürdung der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens auf die Genehmigungsbehörde ist hinsichtlich der Gerichtskosten nicht zulässig. Die Genehmigungsbehörde hat im erstinstanzlichen Verfahren nicht die Stellung einer Beteiligten im Sinne des LwVG (Barnstedt/ Steffen, LwVG, 6. Aufl. 2001, § 32 Rn. 21 und § 44 Rn. 21). Ihr können deshalb weder gerichtliche noch außergerichtliche Kosten auferlegt werden (Barnstedt/Steffen a. a. O. § 44 Rn. 22 und § 45 Rn. 22). Besondere Gründe i. S. d. § 42 Abs. 1 LwVG, die es rechtfertigen, von der Ergebung von Gerichtskosten in erster Instanz abzusehen, liegen nicht vor und werden von den Beteiligten zu 3 und 4 auch nicht vorgebracht.

Die erstinstanzliche Kostenentscheidung entspricht dem vom Gesetzgeber vorgesehenen Regelfall für Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit

4. Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 42 Abs. 1 und 2, 44, 45 LwVG. Der Senat hat für die Gerichtskosten des Rechtsmittelverfahrens im Hinblick auf die verwaltungsverfahrensrechtlichen Besonderheiten, die zu der Unbegründetheit der sofortigen Beschwerde der Beteiligten zu 5 führen, die Voraussetzungen des § 42 Abs. 1 LwVG bejaht. Durch die ebenfalls unbegründete Anschlussbeschwerde sind eigene Kosten nicht entstanden (Argument aus § 92 Abs. 2 ZPO). Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten hat der Gesetzgeber keine Kostenbefreiung der Genehmigungsbehörde oder des Siedlungsunternehmens vorgesehen.

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf §§ 34 Abs. 2, 36, 37 LwVG, 39 Abs. 2, 20, 19 KostO.

Ende der Entscheidung

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