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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 29.05.2008
Aktenzeichen: 8 U 239/07
Rechtsgebiete: BGB, BauGB


Vorschriften:

BGB § 812
BauGB § 11
1. Vereinbart eine Gemeinde in einem Grundstückskaufvertrag über ein erschlossenes unbebautes Grundstück mit dem ortsansässigen Käufer zur Förderung der Ansiedlung Einheimischer einen Kaufpreis, der unterhalb des Marktwertes liegt (sog. Einheimischenmodell), so ist sie nach § 11 Abs. 2 BauGB grundsätzlich berechtigt, vom Käufer den Mehrerlös zurückzufordern, der sich bei einer vorzeitigen Veräußerung des Grundstücks innerhalb einer bestimmten Frist (hier: 10 Jahre) ergibt. Dieser Mehrerlös kann entweder berechnet werden aus der Differenz zwischen dem An und dem späteren Verkaufspreis oder aus dem dem Käufer im Zeitpunkt des Ankaufs gewährten Preisnachlass, also der Differenz zwischen Verkehrswert und Ankaufspreis.

2. Unzulässig sind demgegenüber vertragliche Gestaltungen, bei denen die Gemeinde sich einen Mehrerlös versprechen lässt, der zuzüglich des bereits entrichteten Kaufpreises zu einer Zahlungsverpflichtung des Erwerbers führt, die oberhalb des Verkehrswertes sowohl zum Zeitpunkt des Ankaufs als auch des Verkaufs liegt. Das gilt insbesondere für Regelungen, die faktisch dazu führen, dass der Erwerber die Erschließungskosten doppelt bezahlen muss, weil der Mehrerlös aus der Differenz zwischen dem Wert des unbebauten erschlossenen Grundstücks im Zeitpunkt der Weiterveräußerung und dem lediglich anteiligen Preis für den unerschlossenen Grund und Boden im Zeitpunkt des Ankaufs besteht, der Erwerber aber beim Ankauf gleichwohl zusätzlich die Erschließungskosten zu bezahlen hat.


Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

8 U 239/07

Verkündet am 29. Mai 2008

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 23. Mai 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht G., den Richter am Oberlandesgericht Dr. K. und den Richter am Oberlandesgericht Dr. G. für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 26. September 2007 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Verden wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die Berufung ist unbegründet. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einem Rechtsfehler (§ 513 Abs. 1, 1. Alt., § 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zulegenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1, 2. Alt. ZPO). Den Klägern steht gem. § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB ein Anspruch auf Rückzahlung von 14.370,65 EUR zu, weil der Beklagte ihren diesbezüglichen Anspruch nicht auf die in § 7 Abs. 8 des Vertrages vom 19. August 1999 vereinbarte Mehrerlösabführungsklausel stützen kann.

1. Nach § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB können Gemeinden städtebauliche Verträge schließen. Gegenstände eines städtebaulichen Vertrages können insbesondere sein die Förderung und Sicherung der mit der Bauleitplanung verfolgten Ziele, insbesondere die Deckung des Wohnbedarfs der ortsansässigen Bevölkerung (§ 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGB). Nach § 11 Abs. 2 BauGB müssen die vereinbarten Leistungen den gesamten Umständen nach angemessen sein. Die Vereinbarung einer vom Vertragspartner zu erbringenden Leistung ist unzulässig, wenn er auch ohne sie einen Anspruch auf die Gegenleistung hätte.

In dem Kaufvertrag vom 19. August 1999 ist in § 7 Abs. 8 vereinbart worden, dass der Käufer sich verpflichtet, bei einem Verkauf des Wohngrundstücks innerhalb von 10 Jahren den Mehrerlös an den Beklagten abzuführen. Mehrerlös ist der Betrag, um den der Richtwert im Zeitpunkt des Verkaufs gegenüber dem ursprünglich gezahlten Kaufpreis für Grund und Boden (55, DM/qm) überschritten wird.

Der Käufer soll mithin, auch wenn bereits die sprachliche Formulierung missglückt ist, verpflichtet sein, den Differenzwert zwischen dem Richtwert im Zeitpunkt des Verkaufs und dem im Zeitpunkt des Kaufs gezahlten Kaufpreis von Grund und Boden von 55, DM/qm an den Beklagten abzuführen. Die Klausel wurde aufgenommen im Rahmen des Verkaufs mehrerer Grundstücke durch den Beklagten in einem Baugebiet im Rahmen des sog. Einheimischenmodells (vgl. auch die Verkaufsbedingungen des Beklagten). Durch dieses Einheimischenmodell soll es ortsansässigen Bürgern ermöglicht werden, Grundstücke unterhalb des Verkehrspreises zu erwerben, um Einheimische im Ort zu halten und ihnen gegenüber zahlungskräftigeren auswärtigen Interessenten den Erwerb von Bauland zu erschwinglichen Bedingungen zu ermöglichen. Insoweit ist zwischen den Parteien sowohl dieser Hintergrund der vertraglichen Vereinbarung als auch der Umstand, dass das Grundstück 1999 unter Verkehrswert veräußert wurde, unstreitig. Es handelt sich vorliegend mithin um einen privatrechtlichen Vertrag, der dem Anwendungsbereich des § 11 BauGB unterfällt, weil er der Deckung des Wohnbedarfs der ortsansässigen Bevölkerung dient (vgl. für ähnliche Fälle des Einheimischenmodells BGH NJW 2003, 888. NJWRR 2007, 962).

Prüfungsmaßstab für die Zulässigkeit der Mehrerlösabführungsklausel ist daher in jedem Fall § 11 Abs. 2 BauGB. Ob daneben noch auf die §§ 305 ff BGB zurückgegriffen werden kann, ist noch nicht abschließend geklärt. Diese wären vom Grunde her anwendbar, da es sich bei den Verkaufsbedingungen des Beklagten um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, die der Beklagte auch in seinem Schreiben vom 10. März 1999 ausdrücklich als nicht verhandelbar bezeichnet hat. Der BGH hat § 11 Abs. 2 BauGB, der zum 1. Januar 1998 in Kraft getreten ist und der daher auf den hier erst am 19. August 1999 geschlossenen Vertrag Anwendung findet, grundsätzlich als Spezialregelung gegenüber den §§ 305 ff. BGB angesehen (NJW 2003, 888). Er hat dies aber ausdrücklich offen gelassen für die Fälle, in denen der Vertrag - wie hier - erst nach Ablauf der Frist zur Umsetzung der Richtlinie 93/13EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. EG Nr. L 95 S. 29) zum 31. Dezember 1994 geschlossen wurde (a. a. O. und zuletzt NJWRR 2007, 962). Diese Richtlinie ist jetzt insbesondere in § 310 Abs. 3 BGB umgesetzt worden. Gleichwohl kann auch hier das Verhältnis von § 11 Abs. 2 BauGB zu §§ 305 ff BGB offen bleiben, weil die vertragliche Regelung in § 7 Abs. 8 jedenfalls in der vom Beklagten vorgenommenen Auslegung gegen § 11 Abs. 2 BauGB verstößt.

2. Dem Gebot angemessener Vertragsgestaltung nach § 11 Abs. 2 BauGB ist genügt, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtung des Gesamtvorgangs die Gegenleistung nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung und dem Wert der von der Behörde erbrachten oder zu erbringenden Leistung steht und die vertragliche Übernahme von Pflichten auch ansonsten zu keiner unzumutbaren Belastung für den Vertragspartner der Behörde führt (BGH NJW 2003, 888). Hierbei ermöglicht § 11 Abs. 2 BauGB auch eine Überprüfung einzelner Klauseln eines Vertrages, wobei die Wertungen der §§ 307 - 309 BGB herangezogen werden können. Allerdings führt die Inhaltskontrolle einzelner Vertragsbestimmungen nach Maßgabe des Angemessenheitsgebots nicht stets zu denselben Ergebnissen wie eine Überprüfung anhand der §§ 307 ff BGB. Für die Frage der angemessenen Vertragsgestaltung ist nämlich maßgebend, ob bei wirtschaftlicher Betrachtung des Gesamtvorganges die gegenseitigen Rechte und Pflichten ausgewogen gestaltet werden. Das ermöglicht in Abweichung zu einer Prüfung anhand der §§ 307 ff. BGB insbesondere eine weitgehende Kompensation von Vertragsklauseln, die für sich genommen unangemessen sind, durch vorteilhafte Bestimmungen im übrigen Vertrag (BGH, a. a. O.).

Auf dieser Grundlage hat der BGH zunächst eine Klausel für zulässig erachtet, mit der sich der Erwerber im Falle einer Veräußerung des Grundstücks innerhalb von 10 Jahren verpflichtet hat, die Differenz zwischen dem erzielten Verkaufspreis und dem Ankaufspreis abzuführen, wobei im Fall einer zwischenzeitlich erfolgten Bebauung der Gutachterausschuss den Bodenwert bestimmen sollte (NJW 2003, 888). Maßstab für die Berechnung war der qmPreis ohne Erschließungskosten. Die grundsätzliche Berechtigung der Gemeinde zur Abschöpfung dieses erzielten Mehrerlöses ergibt sich daraus, dass eine Veräußerung unter dem Verkehrswert Gemeinden aus haushaltsrechtlichen Gründen wegen des Gebots der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel nur dann gestattet ist, wenn dies der Erfüllung legitimer öffentlicher Aufgaben dient wie etwa der Sicherung des Wohnungsbaus Einheimischer. Insoweit ist eine Gemeinde nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, für eine vertragliche Absicherung des Ziels der Einheimischenförderung zu sorgen, die den verbilligten Grundstücksverkauf erst rechtfertigt. Hierbei ist durch die zu verwendende Klausel sicherzustellen, dass der Erwerber nicht auf Kosten der Allgemeinheit Spekulationsgewinne erzielt, indem er verbilligtes Bauland zum Verkehrswert weiterveräußert. Entsprechend hat der BGH eine Dauer der Klausel von 10 Jahren als unbedenklich angesehen. Zulässig ist es ferner, die Abführung des Mehrerlöses nicht auf den unmittelbaren Subventionsvorteil bei Ankauf des Grundstücks zu beschränken, sondern auch eine nachfolgende Steigerung des Bodenwertes bis zur Weiterveräußerung des Grundstücks abzuschöpfen (BGH, a. a. O.). Hierdurch wird im Falle einer vorzeitigen Weiterveräußerung eine Bereicherung auf Kosten der Allgemeinheit verhindert. Die durch eine erhöhte Gegenleistung auszugleichende Beeinträchtigung öffentlicher Interessen besteht nämlich nicht nur in den Verlusten wegen des verbilligten Grundstücksverkaufs, sondern auch in der Verfehlung des von der Gemeinde verfolgten Zwecks einer Förderung ortsansässiger Bürger. Der Erwerber hat die mit der Abführungsklausel verbundenen Nachteile dagegen grundsätzlich hinzunehmen, da die Finanzierung des Grunderwerbs und des Hausbaus in seinen Risikobereich fällt. Erweist sich die vorgesehene Umsetzung der ursprünglichen Lebensplanung aus Gründen wie Arbeitslosigkeit, Scheidung oder Tod eines Ehegatten als undurchführbar, verwirklicht sich lediglich ein allgemeines Lebensrisiko des Erwerbers.

Ebenfalls als zulässig angesehen hat der BGH eine Klausel, durch die der Erwerber verpflichtet wird, bei Veräußerung des Grundstücks vor Ablauf der zehnjährigen Bindungsfrist den bei Vertragsschluss gewährten Preisnachlass zu erstatten, also die Differenz zwischen dem Verkehrswert des Grundstücks im Zeitpunkt des Verkaufs durch die Gemeinde an den Erwerber sowie dem tatsächlich vereinbarten Kaufpreis (NJWRR 2007, 306). Da sich der Umfang der Nachforderung auf den vertraglich ursprünglich ausdrücklich vereinbarten Preisnachlass beschränkt, ist das Gebot angemessener Vertragsgestaltung gewahrt. Ferner hat der BGH auch eine Vereinbarkeit der Klausel mit §§ 305 ff BGB angenommen, falls diese neben § 11 Abs. 2 BauGB anwendbar sein sollten. Hierbei kommt es insbesondere nicht darauf an, zu welchem Preis das Grundstück später verkauft wird, da dem Erwerber einerseits ein Veräußerungsgewinn verbleibt, er aber umgekehrt auch einen etwaigen Veräußerungsverlust zu tragen hat.

3. Ist somit von der grundsätzlichen Zulässigkeit derartiger Mehrerlösabführungsklauseln auszugehen, so verstößt die vorliegende Vertragsgestaltung gleichwohl gegen § 11 Abs. 2 BauBG, weil es sich nicht mehr um eine angemessene Vertragsgestaltung handelt. Die Kläger werden vielmehr durch eine übermäßige Zahlungsverpflichtung, die nicht mehr von den berechtigten Interessen an einer derartigen Klausel gedeckt sind, unangemessen benachteiligt. Sie haben für das unbebaute erschlossene Grundstück 1990 einen qmPreis von 90, DM bezahlt, der sich nach § 4 des Vertrages aus 55, DM/qm für Grund und Boden, 5, DM/qm Kanalbaubeitrag und 30, DM/qm Erschließungsbeitrag zusammensetzt. Das entspricht bei einer Grundstücksgröße von 803 qm einem Preis von 72.270, DM (= 36.951,06 EUR), wovon 44.165, DM (= 22.581,21 EUR) auf den reinen Grund und Boden ohne Erschließungskosten entfallen. Der Richtwert für unbebaute erschlossene Grundstücke, den der Beklagte seiner Abrechnung für das Jahr des Weiterverkaufs 2004 zugrunde legte, liegt bei 60, EUR. Hieraus ergibt sich ein Vergleichswert von 48.180, EUR.

Auf der Grundlage der beiden vom BGH für zulässig erachteten Klauseln hätte für den Beklagten folgende Abrechnungsmöglichkeit bestanden:

Entweder hätten die Kläger verpflichtet werden können, die Differenz des Wertes zwischen dem unbebauten erschlossenen Grundstück 2004 und dem unbebauten erschlossenen Grundstück 1999 zu erstatten. Hierbei handelt es sich lediglich um einen Betrag von 11.228,94 EUR, der dem Beklagten längst zugeflossen ist, weil die Kläger von den insgesamt gezahlten 25.599,64 EUR einen Teilbetrag von 11.228,99 EUR gar nicht zurückfordern. Oder der Beklagte hätte den 1999 gewährten Preisnachlass abschöpfen können, also die Differenz zwischen dem seinerzeitigen Verkehrswert und dem vereinbarten Kaufpreis. Die Kläger behaupten einen Verkehrswert für 1999 von 100, DM/qm, so dass sich für das Grundstück bei einem Verkehrswert von 80.300, DM (= 41.056,74 EUR) und einem tatsächlichen Kaufpreis von 72.270, DM (= 36.951,06 EUR) lediglich eine Nachzahlung von 8.030, DM (= 4.105,68 EUR) ergäbe. Dieser Betrag ist durch die Kläger jedenfalls geleistet. Sollte der Verkehrswert 1999 dagegen bereits bei 120, DM gelegen haben, wie der Beklagte behauptet, so hätte der Verkehrswert des Grundstücks bei 96.360, DM (= 49.268,09 EUR) gelegen und die Nachzahlungsverpflichtung der Kläger beliefe sich auf 24.090, DM (= 12.317,03 EUR). Das läge nur um etwa 1.000, EUR höher als die von den Klägern bereits abgeführten und nicht zurückgeforderten 11.228,99 EUR.

Keine dieser Berechnungsweisen hat der Beklagte indessen gewählt, sondern bei der Berechnung den Richtwert für ein unbebautes erschlossenes Grundstück 2004 von 60, EUR/qm mit dem für ein unbebautes unerschlossenes Grundstück 1999 von 55, DM (28,12 EUR)/qm verglichen. Das führt zum einen, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, in der Sache zu einer doppelten Abrechnung der Erschließungskosten gegenüber den Klägern. Sie mussten diese zum einen tatsächlich bereits 1999 entrichten, weil von ihnen zusätzlich zu dem Preis für Grund und Boden von 55, DM/qm noch weitere 35, DM/qm für Erschließungskosten verlangt wurden, so dass der Grundstückspreis sich auf 90, DM/qm beläuft, wie das zutreffend zunächst auch in den Verkaufsbedingungen des Beklagten vorgesehen war. Faktisch ein zweites Mal müssen die Kläger die Erschließungskosten tragen, weil diese bei dem als Vergleichswert für 2004 enthaltenen Richtwert von 60, EUR mit enthalten sind. Zu einer derartigen Doppelberechnung der Erschließungskosten ist der Beklagte aber auch im Rahmen einer Mehrerlösabführungsklausel nicht berechtigt. Hierfür spricht auch die Regelung in § 11 Abs. 2 S. 2 BauGB, wonach die Vereinbarung einer vom Vertragspartner zu erbringenden Leistung unzulässig ist, wenn er auch ohne sie einen Anspruch auf die Gegenleistung hätte. Der Beklagte kann mithin nicht die Bezahlung von Erschließungskosten verlangen, die die Kläger längst entrichtet haben.

Zum anderen hat die Berechnungsweise des Beklagten zur Folge, dass die Kläger einen Preis für das Grundstück zu zahlen hätten, der den Verkehrswert zu jedem maßgeblichen Vergleichszeitpunkt überschreitet. Tatsächlich gezahlt haben die Kläger 1999 insgesamt 72.270, DM (= 36.951,06 EUR). Zusätzlich fordert der Beklagte von ihnen die Differenz zwischen dem Richtwert 2004 von 60, EUR/qm x 803 qm = 48.180, EUR und dem Kaufpreis für Grund und Boden 1999 von 55, DM/qm x 803 qm = 22.580,36 EUR, mithin einen Betrag von 25.599,64 EUR. Der insgesamt von den Klägern zu leistende Betrag beliefe sich mithin auf 62.550,70 EUR, was einem qmPreis von 77,90 EUR entspricht. Einen derartigen Preis war das Grundstück indessen zu keinem Zeitpunkt wert. 2004 lag der qmPreis bei 60, EUR, so dass sich eine Überschreitung des tatsächlich zu zahlenden Preises um 30 % ergibt. 1999 lag der qmPreis nach der Behauptung der Kläger bei 100, DM (51,13 EUR), so dass sich eine Überschreitung von 52 % ergibt, und nach der Behauptung des Beklagten bei 120, DM (= 61,36 EUR), was ebenfalls noch eine Überschreitung um 27 % bedeutet.

Es ist indessen kein Grund ersichtlich, warum der Beklagte berechtigt sein sollte, bei Veräußerung des Grundstücks innerhalb der 10Jahresfrist einen Gesamtgrundstückspreis zu fordern, der unabhängig vom Anknüpfungszeitpunkt zwischen 27 % und 52 % über dem tatsächlichen Verkehrswert liegt. Insoweit geht es dann nämlich nicht mehr darum, entweder den Subventionsvorteil bei Vertragsschluss oder spätere Veräußerungsgewinne beim Verkauf verbilligten Baulands abzuschöpfen. Die Klausel führt in ihrer vom Beklagten vorgenommenen Handhabung vielmehr zu einer zusätzlichen Gewinnerzielung des Beklagten, die mit dem Gebot angemessener Vertragsgestaltung nicht zu vereinbaren ist. In der Sache handelt es sich mithin um eine unzulässige Schadenspauschalierung nach § 309 Nr. 5 BGB bzw. Vertragsstrafe nach § 309 Nr. 6 BGB. Diese Wertung kann auch im Rahmen von § 11 Abs. 2 BauGB herangezogen werden. Im Ergebnis werden die Kläger als Einheimische mithin durch die Regelung schlechter gestellt als auswärtige Erwerber. Diese hätten weder 1999 noch 2004 einen qmPreis von 77,90 EUR zu entrichten gehabt. Ziel einer Mehrerlösabführungsklausel kann es aber immer nur sein, Einheimische im Falle eines vorzeitigen Verkaufs mit auswärtigen Erwerbern gleichzustellen bzw. einen tatsächlich erzielten Veräußerungsgewinn abzuschöpfen. Wegen des auch bei der Vereinbarung von Regelungen im Rahmen des Einheimischenmodells für die Verwaltung geltenden Übermaßverbotes (BGH NJWRR 2007, 962) darf sie über dieses Ziel aber nicht hinausgehen und Einheimischen, nur um auf sie Druck zur Unterlassung des Grundstücksverkaufs auszuüben, Grundstückspreise abverlangen, die ein anderer Erwerber nie zu zahlen gehabt hätte (vgl. auch OLG Celle NJWRR 2005, 1332, wonach der Erwerber verpflichtet werden sollte, im Fall des Weiterverkaufs des Grundstücks innerhalb einer bestimmten Frist 300 % des ursprünglichen Kaufpreises an die Gemeinde zu zahlen).

Tatsächlich hatte der Beklagte auch in den Verkaufsbedingungen zunächst noch eine zulässige Regelung vorgesehen, da dort der Kaufpreis einheitlich mit 90, DM/qm beschrieben und lediglich aufgeführt wird, dass hierin insgesamt 35, DM/qm für Kanalbau und Erschließungsbeitrag enthalten ist. Der abzuführende Mehrerlös sollte dann die Differenz des Kaufpreis zum späteren Richtwert bei Verkauf des Grundstücks sein. Damit wäre eine zulässige Vertragsgestaltung erzielt worden, wie sie etwa der Entscheidung BGH NJW 2003, 888 zugrunde lag. Im notariellen Vertrag ist dagegen als Vergleichsmaßstab nur noch der Kaufpreisanteil von 55, DM/qm für Grund und Boden vorgesehen, was zu den o. g. unzulässigen Ergebnissen führt. Wieso es zu dieser einseitigen Regelung gekommen ist, ist nicht ersichtlich.

Hinzu kommt, dass die vom Beklagten vorgenommene Abrechnung selbst auf der Grundlage der vertraglichen Vereinbarung zweifelhaft ist. Wenn im Vertrag vom Richtwert im Verhältnis zum ursprünglich gezahlten Preis für Grund und Boden von 55, DM/qm gesprochen wird, liegt es bei einer Auslegung dieser vom Beklagten gestellten Bedingung nach dem objektiven Empfängerhorizont bzw. der Unklarheitenregelung des § 305 c Abs. 2 BGB nicht fern, den Begriff "Richtwert" auch nur dahin zu verstehen, dass er den Wert für ein unbebautes unerschlossenes Grundstück meint, da auch der Vergleichswert sich auf ein unbebautes unerschlossenes Grundstück bezieht.

Ohne Erfolg macht der Beklagte demgegenüber geltend, es fehle an einer unangemessenen Vertragsgestaltung, weil der Wert des Grundstücks sich nicht deckungsgleich mit den Erschließungskosten erhöhe. Durch die Erschließungsarbeiten sei nur eine minimale Werterhöhung des Grundstücks eingetreten, die keinesfalls 35, DM/qm betrage. Ob diese Behauptung zutrifft, kann offen bleiben, da der Beklagte jedenfalls keine Vertragsklausel gewählt hat, die dem Rechnung trüge. Wenn sich tatsächlich der Wert eines Grundstücks nicht um den qmPreis für die Erschließungskosten erhöht, sondern nur zu einer minimalen Werterhöhung führt, fragt sich, warum der Beklagte das dann auch nicht so vereinbart hat. Es hätte dann nahe gelegen, den Kaufpreis für das erschlossene Grundstück 1999 einheitlich auf 90, DM/qm festzulegen und hiervon nur einen pauschalen Abschlag vorzunehmen, der für ein unbebautes Grundstück zugrunde zulegen wäre. Dann hätte sich ein entsprechend höherer Wert für das unerschlossene Grundstück ergeben, z. B. von 80, DM/qm. Das hätte dann aber auch bei der Berechnung des Mehrerlöses berücksichtigt werden müssen, indem sich die Differenz zwischen An und Verkaufspreis entsprechend vermindert hätte. Wenn der Beklagter aber selbst den einheitlichen Kaufpreis von 90, DM/qm aufspaltet und nur 55, DM/qm für das unerschlossene Grundstück zugrunde legt, muss er sich daran auch festhalten lassen. Ebenso wenig kommt es darauf an, welchen Wert 2004 ein unerschlossenes Grundstück hatte. Tatsache ist, dass der Beklagte mit den 60, EUR/qm den Wert für ein erschlossenes Grundstück als Vergleichsmaßstab herangezogen hat. Anderenfalls hätte im Vertrag konkret festgelegt werden müssen, dass bei dem anzustellenden Vergleich jeweils die Werte unerschlossener Grundstücke heranzuziehen sind. Hinzu kommt, dass der Beklagte auch für 2004 überhaupt nicht dargelegt hat, wie hoch der Wert eines unerschlossenen Grundstücks sein soll. Für einen Erwerber auch im Jahre 2004 macht das ohnehin keinen Unterschied, weil er in jedem Fall die Erschließungskosten leisten muss und für ihn nur maßgebend ist, was er insgesamt zu leisten hat.

Durch den Vertrag findet auch i. ü. keine hinreichende Kompensation der unangemessenen Regelung in § 7 Abs. 8 statt. Zwar erfolgte der Verkauf des Grundstücks unter Verkehrswert, weshalb auch eine Mehrerlösabführungsklausel vereinbart werden durfte. Diese konnte indessen nicht jeden beliebigen Inhalt haben, sondern musste sich im Rahmen einer angemessenen Vertragsgestaltung bewegen, was aber gerade nicht der Fall ist. Die Bindungsfrist von 10 Jahren ist ferner zwar zulässig, bewegt sich aber nur im allgemein üblichen Rahmen und stellt keinen besonderen Ausgleich für den Käufer dar, was etwa bei einer deutlich kürzeren Frist von 5 Jahren in Frage käme. Auch werden die Käufer zusätzlich durch § 7 zu einer Bebauung des Grundstücks mit einem Wohnhaus innerhalb von 3 Jahren verpflichtet. Dieses dürfen sie nur selbst oder mit in Hausgemeinschaft lebenden Personen bewohnen. Selbst von der Größe als untergeordnet beschriebene Einliegerwohnungen dürfen nur von Angehörigen bewohnt werden.

4. Rechtsfolge der nach § 11 Abs. 2 BauGB unangemessenen Mehrerlösabführungsklausel ist zunächst die Unzulässigkeit des vom Beklagten begehrten Mehrerlöses von insgesamt 25.599,64 EUR auf der Grundlage seiner Berechnungsweise, nämlich der Differenz zwischen den 60, EUR/qm 2004 und den 55, DM (= 28,12 EUR)/qm 1999. Diese Unzulässigkeit der vom Beklagten vorgenommenen Berechnung hat zur Folge, dass die Kläger jedenfalls den von Betrag von 14.370,65 EUR nach § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB herausverlangen können. Demgegenüber ist entgegen der Ansicht des Beklagten nicht von einer Unwirksamkeit des gesamten Vertrages auszugehen mit der Folge, dass eine Abwicklung nach der Saldotheorie stattzufinden hätte.

Zwar bestimmt § 59 Abs. 2 Ziff. 4 VwVfG, dass ein Vertrag, wenn die Nichtigkeit nur einen Teil betrifft, im Ganzen nichtig ist, wenn nicht anzunehmen ist, dass er auch ohne den nichtigen Teil geschlossen worden wäre. Insoweit ist jedoch schon fraglich, ob überhaupt die Klausel in § 7 Abs. 8 des Vertrages unwirksam ist oder nur ihre Anwendung durch den Beklagten. Wie oben dargelegt, kann der Vertrag nach dem objektiven Empfängerhorizont der Kläger, auf den es ankommt, weil die Klausel vom Beklagten gestellt wurde, auch dahin verstanden werden, dass unter dem Begriff Richtwert im Zeitpunkt des Verkaufs nur der Wert für ein unerschlossenes Grundstück gemeint ist, weil auch bei dem Vergleichswert der 55, DM/qm Kaufpreis für Grund und Boden nur auf das unerschlossene Grundstück abgestellt wurde.

Selbst wenn man hier aber von einer Unwirksamkeit der Klausel ausginge, ist nicht anzunehmen, dass die Parteien ihn dann ohne diese Klausel gar nicht geschlossen hätten. Vielmehr ist anzunehmen, dass sie dann entweder eine wirksame Klausel auf der Grundlage der beiden oben geschilderten Möglichkeiten geschlossen oder ganz auf eine Preisreduzierung nach dem Einheimischenmodell verzichtet hätten. Dann wäre dem Beklagten ebenfalls ein höherer Kaufpreis als ursprünglich vereinbart zugeflossen. Diesen Verkehrswert haben die Kläger aber auch bezahlt. Sie haben nämlich eine Teilnachforderung des Beklagten über 11.228,99 EUR nicht angegriffen, die sich aus der Differenz zwischen dem Bodenrichtwert für das erschlossene Grundstück 2004 von 60, EUR/qm und für ein erschlossenes Grundstück 1999 von 90, DM (= 46,02 EUR) ergibt. Die Kläger sind und waren mithin bereit, den ihnen durch den vorzeitigen Verkauf des Grundstücks zugeflossenen Veräußerungsgewinn an den Beklagten abzuführen, der mithin im Ergebnis 48.180, EUR, d. h. genau die 60, EUR/qm erhalten hat, die dem Richtwert für 2004 entsprechen. Dieser Wert von 60, EUR (= 117,35 DM) bewegt sich ferner in der Spanne zwischen 100, DM und 120, DM, von denen die Parteien bezüglich des Grundstückswerts 1999 ausgehen. Eine Gesamtnichtigkeit entspräche mithin nicht den Interessen der Parteien.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die grundlegenden Rechtsfragen sind durch die Urteile BGH NJW 2003, 888 und NJWRR 2007, 306 geklärt, die auch dem hier zu entscheidenden Fall zugrunde gelegt wurden.

Ende der Entscheidung

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