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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 19.11.2009
Aktenzeichen: 8 U 24/09
Rechtsgebiete: VVG


Vorschriften:

VVG a. F. § 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

8 U 24/09

Verkündet am 19. November 2009

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 30. Oktober 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht G., den Richter am Oberlandesgericht Dr. D. und den Richter am Oberlandesgericht K. für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 21. Januar 2009 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 21. Januar 2009 verkündete Urteil des Landgerichts teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des insgesamt zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte als Versicherer aus einem Rahmenvertrag über Geldtransport und Geldbearbeitung in Anspruch.

Die Klägerin betreibt in Deutschland eine Drogeriekette mit ca. 700 Filialen und sonstigen Verkaufsstellen. Mit dem Transport der in den Filialen und Verkaufsstellen eingenommenen Bargeldbeträge beauftragte die Klägerin mit Rahmenvertrag vom 21. bzw. vom 29. Februar 1996 die H. T. GmbH und die N. Geldbearbeitungs GmbH als Mitglieder der H. Unternehmensgruppe (nachfolgend: H.). Darin bestimmten die Vertragsparteien, dass der Auftragnehmer für Verlust, Vernichtung oder Beschädigung der ihm zur Beförderung übergebenen Gegenstände im Rahmen der bestehenden Versicherung für die Zeit von der Übergabe an die Mitarbeiter des Auftragnehmers bis zur ordnungsgemäßen Übergabe an den Empfänger haftet. In dem als Anlage zum Vertragsgegenstand gewordenen Leistungsverzeichnis 'Geldbearbeitung' wird als von H. geschuldete Leistung unter Abschnitt 1 unter anderem aufgezählt:

'Einzahlung des gezählten und bearbeiteten Geldes bei einem Geldinstitut Ihrer Wahl.'

Weiter heißt es unter Abschnitt 4:

'Nach Beendigung des Zählvorganges werde die Geldnoten gemäß den Richtlinien der Deutschen Bundesbank aufbereitet. Das Gesamtvolumen des ausgezählten Geldes wird auf das Konto des Auftraggebers eingezahlt.'

In der Anlage 1 zum Rahmenvertrag werden als vom Auftragnehmer geschuldete Dienstleistungen unter anderem genannt:

'Einzahlung der Gelder bei der L. ... B. zugunsten der C. bank bzw. D. Bank ... .'

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den als Anlage K 1 zur Klageschrift überreichten Vertrag Bezug genommen.

Auf der Grundlage dieses Vertrags sammelten die Angestellten von H. die Tageseinnahmen der verschiedenen Filialen der Klägerin ein und verbrachen sie in sog. Cash-Center von H.. Dort wurde das Geld zur Einzahlung bei den Filialen der Bundesbank vorbereitet. Anschließend erfolgte die Einzahlung bei den jeweiligen Bundesbankfilialen.

Die H. Transport GmbH, die N. Geldbearbeitungs-GmbH und weitere Unternehmen von H. unterhielten bei einem Versicherungskonsortium eine sog. Transportversicherung. Diesem Konsortium trat die Beklagte zum 1. Januar 1991 als führender Mitversicherer mit einem Anteil von zunächst 30 % bei. Der Vertrag wurde unter der Policennummer ... geführt. Hinsichtlich der Einzelheiten des Vertrags wird auf Anlage B 14 Bezug genommen.

Im Jahr 2001 kam es zu Verhandlungen über die Neuordnung des Versicherungsschutzes durch die Beklagte und die von ihr vertretenen Versicherungen. Im Anschluss an Schriftverkehr zwischen der als Versicherungsmakler tätigen M. GmbH und der Beklagten im Oktober und November 2001 (vgl. Anlagen B 26, K 142) bestätigte die M. GmbH mit Schreiben vom 26. November 2001 H. die Inkraftsetzung eines Valoren-Versicherungsvertrages Nr. zum 1. Dezember 2001 (Anlage B 28). Auch im Rahmen dieses Vertrags (Anlage K 2, K 150) trat die Beklagte als führender Versicherer innerhalb des Konsortiums auf. Im Vertrag heißt es zum Gegenstand der Versicherung:

'Hartgeld, Banknoten, Schecks, Wertpapiere, Briefmarken, sämtliche Edelmetalle ..., Schmuck, handelsübliches Beleggut, Datenträger bzw. Belege und sonstige Wertgegenstände sowie Behältnisse wie Kassetten, Taschen usw. im Gewahrsam von H. sowie im Gewahrsam von H. eingesetzten Subunternehmen, einerlei, ob die Sache Eigentum des Versicherungsnehmers oder Dritter ist, während sämtlicher Transporte, Lagerungen, Bearbeitung und sonstiger vom Versicherungsnehmer vertraglich übernommenen Tätigkeiten."

Zum Umfang der Versicherung ist in Abschnitt 2 bestimmt:

'2.1 Versicherte Gefahren und Schäden.

2.1.1 Gedeckt sind, soweit unter Ziff. 2.2 nichts anderes bestimmt ist:

2.1.11 Jegliche Verluste und/oder Schäden, gleichviel aus welcher Ursache, einschließlich Veruntreuung und/oder Unterschlagung durch die Versicherungsnehmerin. Mitversichert sind Schäden, verursacht durch einen früheren Angestellten der Versicherungsnehmerin, der Güter abholt und übernimmt und sich hierbei als Angestellter der Versicherungsnehmerin ausgibt, soweit H. hierfür nach gesetzlichen oder vertraglichen Bestimmungen zu haften hat.

...

2.1.2 Die gesetzliche Haftung von H. gegenüber den Auftraggebern.

2.1.3 Die von H. übernommene darüber hinausgehende vertragliche Haftung nach vorheriger ausdrücklicher Genehmigung durch den führenden Versicherer.

...

2.2.4 Die Selbstbeteiligung beträgt EUR 18.000,00 pro Schadensereignis.

...

3.1 Die Versicherung beginnt mit Übergabe der versicherten Güter an die Versicherungsnehmerin.

3.2 Die Versicherung endet, wenn die versicherten Güter bei der vom Auftraggeber vorher bezeichneten Stelle einer autorisierten Person übergeben wurden.'

Weitere Vorschriften enthält der Vertrag in Abschnitt 4 zur Haftungshöchstsumme, Abschnitt 5 zur Prämie, Abschnitt 10 zur Gefahränderung, Abschnitt 11 für den Schadensfall, Abschnitt 12 zur Verschollenheit und Abschnitt 13 zu Obliegenheiten. Ziff. 13.4 bestimmt hierbei:

'Verstöße gegen Obliegenheiten, sonstige Rechtspflichten und Sicherheitsauflagen durch die Versicherungsnehmerin beeinträchtigen den Versicherungsschutz nicht. Diese Vereinbarung gilt ausschließlich zugunsten der jeweiligen Auftraggeber.'

Ferner bestimmt Ziff. 16.2, dass sämtliche Anzeigen, Erklärungen, Prämienzahlungen usw. dem Versicherer gegenüber erfüllt sind, soweit sie der M. GmbH zugegangen sind. Die M. GmbH ist berechtigt, im Auftrag der Versicherungsnehmerin einen Schadensfall dem Versicherer anzudienen.

Mit Schreiben vom 16. Juli 2003 übersandte die M. GmbH der Klägerin eine Versicherungsbestätigung. Darin heißt es zum Umfang der Versicherung:

'Gedeckt sind jegliche Verluste und/oder Schäden gleichviel aus welcher Ursache einschließlich Veruntreuung und/oder Unterschlagung ...

Der Versicherer wird zugunsten des jeweiligen Auftraggebers auch Schäden erstatten, welche vom Versicherer aufgrund eines Verstoßes gegen eine oder mehrere Bestimmungen/Obliegenheiten des Vertrags abgelehnt werden können.'

Hinsichtlich des weiteren Inhalts des Schreibens wird auf Anlage K 10 Bezug genommen.

Bereits vor Abschluss des Rahmenvertrags war es bei H. zu Liquiditätslücken und finanziellen Verlusten gekommen. Diese wurden durch die bei H. Verantwortlichen mittels eines Schneeballsystems über Jahre verheimlicht. Zu diesem Zweck wurden die Kundengelder zunehmend nicht unmittelbar an die Empfangsberechtigten weitergeleitet. Vielmehr wurden die eingesammelten Gelder spätestens ab 2001 zunächst einem zugunsten von H. bei der Bundesbank eingerichteten Eigenkonto gutgeschrieben und von dort entsprechend dem bestehenden Bedarf weitergeleitet. Die Kunden von H. erhielten die eingesammelten Beträge dementsprechend regelmäßig nicht am Tag der Abholung, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt ein einem oder wenigen größeren Gesamtbeträgen. Im Gegenzug zahlte H. an seine Kunden Verzugszinsen.

Am 17. Februar 2006 wurden in den Geschäftsräumen der H.-Gruppe Durchsuchungen vorgenommen und führende Mitarbeiter verhaftet, woraufhin das Schneeballsystem zusammenbrach. Die am 17. und 18. Februar 2006 von Mitarbeitern von H. bei den Filialen der Klägerin eingesammelten und zu 36 Cash-Centern verbrachten Bargeldbeträge wurden nicht mehr an die Klägerin weitergeleitet. Der Verbleib der Gelder hat sich nachträglich nicht mehr aufklären lassen.

Am 20. Februar 2006 wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt und später Rechtsanwalt S. zum Insolvenzverwalter bestellt. Das Insolvenzverfahren wurde am 28. April 2006 eröffnet. Die am 20. Februar 2006 auf dem Eigenkonto von H. vorhandenen Gelder wurden von der Bundesbank zunächst einbehalten und später an verschiedene Geschädigte ausgezahlt. Eine vollständige Befriedigung der Geschädigten konnte hierdurch jedoch nicht erreicht werden.

Mit Schreiben vom 10. Mai 2006 (Anlage K 7) teilte die M. GmbH der Klägerin mit, dass die Beklagte den H.-Kunden als Versicherer weiter zur Verfügung stehe und Versicherungsschutz gewähre.

Mit Schreiben vom 8. Januar 2007 (Anlage K 8) erklärte die Beklagte sowohl im eigenen Namen als auch im Namen der Mitversicherer gegenüber dem Insolvenzverwalter die Anfechtung des Versicherungsvertrages Nr. ... sowie aller damit verbundenen Erklärungen. Gleichzeitig erklärte die Beklagte ihren Rücktritt vom Versicherungsvertrag. Zur Begründung verwies die Beklagte auf das bei H. bereits vor 2001 existierende Schneeballsystem und die damit einher gehende Veruntreuung von Kundengeldern. Dies sei der Beklagten bei Abschluss des Versicherungsvertrags Nr. ... nicht offenbart worden. Unter demselben Datum informierte die Beklagte die Klägerin von diesem Schritt und erklärte darüber hinaus die Anfechtung der Versicherungsbestätigung (Anlage K 8).

Der Insolvenzverwalter wies die Anfechtungen zunächst zurück (Anlage K 162). Die Beklagte erklärte daraufhin gegenüber dem Insolvenzverwalter erneut mit Schreiben vom 29. Januar 2007 die Anfechtung (Anlage B 34).

Mit Schreiben vom 14. Februar 2007 erklärte der Insolvenzverwalter gegenüber der Klägerin seine Zustimmung zur Geltendmachung der Forderungen (Anlage K 3).

Die Klägerin behauptet, dass am 17. und 18. Februar 2006 aus ihren Filialen Bargeldbeträge in Höhe von insgesamt 1.989.374,20 € zu den verschiedenen Cash-Centern von H. verbracht, von dort aber nicht an die Klägerin weitergeleitet worden seien. Ihr sei deshalb jedenfalls zunächst ein Schaden in vorbenannter Höhe entstanden.

Sie meint, dass die Beklagte für diesen Schaden in Höhe ihres Versicherungsanteils einstandspflichtig sei. Ein Versicherungsfall liege vor, denn der Versicherungsvertrag erfasse auch Buchgeld, sodass es auf den Zeitpunkt des vertragswidrigen Verhaltens von H. nicht ankomme. Selbst wenn aber nur Bargeld versichert sei, liege ein Versicherungsfall vor. Dieser sei bereits in der Abholung der Gelder mangels Absicht einer korrekten Weiterleitung an die Klägerin zu sehen. Ein weiterer Versicherungsfall liege in der Vermischung der Gelder in den Cash-Centern mit anderen Kundengeldern. Möglicherweise sei auch nicht das gesamte Bargeld zu einer Filiale der Bundesbank verbracht worden. Schließlich sei ein Versicherungsfall in der Einzahlung der Gelder zugunsten des Eigenkontos von H. zu sehen, denn H. wäre aufgrund des Rahmenvertrags zu einer Einzahlung unmittelbar zugunsten der Klägerkonten verpflichtet gewesen.

Der Klägerin stehe darüber hinaus ein eigenständiger Anspruch aus der erteilten Versicherungsbestätigung vom 16. Juli 2003 zu. Diese sei wie ein Sicherungsschein zu behandeln.

Schließlich sei auch ein Schadensersatzanspruch gemäß § 280 BGB wegen unterlassener Prüfung der finanziellen Verhältnisse von H. durch die Beklagte gegeben.

Die von der Beklagten erklärte Anfechtung mit Schreiben vom 8. Januar 2007 sei unwirksam, denn die Beklagte habe der Anfechtungserklärung nicht sämtliche Vollmachten der Mitversicherer beigefügt. Die Anfechtung sei aber auch erst nach Ablauf der Anfechtungsfrist erfolgt. Die Beklagte habe bereits frühzeitig von Unregelmäßigkeiten bei H. und von dem praktizierten Schneeballsystem Kenntnis besessen. Insoweit sei H. auch nicht ungefragt zur Aufklärung verpflichtet gewesen.

Die Beklagte habe ihre Anfechtung auch nicht ausreichend begründet. Die Anfechtung sei der Klägerin gegenüber aufgrund der Bestimmungen des § 123 Abs. 2 Satz 2, § 334 BGB auch nicht wirksam. Sie sei auch vertraglich ausgeschlossen. Selbst wenn die Anfechtung aber wirksam sein sollte, würde sie lediglich den Abänderungsvertrag zur Police Nr. ... erfassen. In dem Fall würde der vorher bestehende und im Jahr 2001 abgeänderte Vertrag wieder aufleben mit der Folge, dass die Klägerin ihre Ansprüche dann aus jenem Vertrag ableiten könne.

Ursprünglich hat die Klägerin beantragt, die Verpflichtung der Klägerin zur Erstattung des der Klägerin entstandenen Schadens bis zu einem Betrag von 1.046.863,66 € festzustellen. Mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2007 hat sie sodann beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 1.060.709,31 € nebst Zinsen zu verurteilen. Mit Schriftsatz vom 4. Juli 2008 hat sie den Rechtsstreit in Höhe von 322.121,53 € für erledigt erklärt. Mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2008 hat sie ihre Klageforderung um einen Betrag in Höhe von 31.855,08 € zurückgenommen. Die Beklagte hat der Erledigungserklärung nicht zugestimmt.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte entsprechend ihrem Mitversicherungsanteil von 62,5 % zur Zahlung von 706.732,70 € zu verurteilen, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % p. a. für die Zeit vom 20. Februar 2006 bis zum 8. Januar 2007 jeweils auf einen Betrag von 1.046.863,66 €, Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger Ansprüche gegenüber dem Insolvenzverwalter der H.-Gruppe, Rechtsanwalt M. S., H., festzustellen, dass der Rechtsstreit in Höhe von 322.121,53 € in der Hauptsache erledigt ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie meint, dass bereits kein Versicherungsfall vorliege. Versichert sei lediglich Bargeld während der Dauer des Transports bis zur Abgabe an einen Bediensteten der Bundesbank. Für einen etwaigen Verlust von Bargeld habe die Klägerin aber keinen Beweis angeboten. Die Einzahlung der in den Cash-Centern gezählten Beträge auf ein bei der Bundesbank geführtes Eigenkonto von H. stelle hingegen keinen Versicherungsfall dar. Die Klägerin habe im Übrigen von dieser Praxis auch bereits frühzeitig gewusst und zumindest stillschweigend hingenommen, weil sie regelmäßig verspätet eintreffende Überweisungen geduldet habe. Dementsprechend liege eine einvernehmliche Vertragsänderung vor, denn die verspätet eingehenden Überweisungen hätten die Klägerin nicht zu einer Kündigung der Transportverträge, sondern lediglich zur Berechnung eines Zinsschadens veranlasst.

Die von der Beklagten erklärte Anfechtung sei wirksam. Sie führe auch nicht zu einer Ersetzung des zuvor bestehenden Versicherungsvertrags. Den mit der Vertragsänderung verbundenen Neuregelungen sei eine grundlegende Neukonzeption des Versicherungsverhältnisses vorausgegangen. Hintergrund sei unter anderem die zum 1. Januar 2002 anstehende Euroumstellung und die erheblich höheren Risiken im Zusammenhang mit dem damit einher gehenden höheren Transportvolumen gewesen. Darüber hinaus habe für einen Teil der H.-Kunden der Verlust des Versicherungsschutzes mit Ablauf des 31. Dezember 2001 gedroht, weil die Versicherungsverträge bei anderen Versicherern zu diesem Zeitpunkt endeten. Diese Kunden hätten in einen neuen Vertrag unter Führung der Beklagten integriert werden müssen. Weiter hätten an der Police ... beteiligte Versicherer angekündigt, ihre Anteile über das Jahr 2001 hinaus nicht fortführen zu wollen. Auch dies habe eine Neukonzeption erforderlich gemacht. Schließlich habe auch das Wachstum von H. und die beabsichtigte weitere Expansion in den süddeutschen Raum eine Neubewertung der Risiken erforderlich gemacht.

Die Anfechtung scheitere auch nicht an einer frühzeitigen Kenntnis der Beklagten von den internen Vorgängen bei H.. Eine solche Kenntnis habe nicht bestanden. Soweit einzelne Schadensmeldung an die M. GmbH gerichtet worden seien, habe die Klägerin hiervon keine Kenntnis erlangt. Außerdem müsse sie sich eine Kenntnis der M. GmbH auch nicht zurechnen lassen.

Mit Urteil vom 21. Januar 2009 hat das Landgericht Hannover der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von 332.585,79 € nebst Zinsen verurteilt. Darüber hinaus hat das Landgericht festgestellt, dass sich der Rechtsstreit in Höhe von 154.618,33 € erledigt hat. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass der Versicherungsfall eingetreten sei. Zwar erfasse der Versicherungsvertrag lediglich Bargeld, nicht auch Buchgeld. Allerdings sei es zu einem Verlust von Bargeld auch gekommen. Dieser Verlust sei in der abredewidrigen Einzahlung des ausgezählten Geldes auf ein bei der Bundesbank geführtes Eigenkonto von H. zu sehen. Eine in der Vergangenheit erfolgte stillschweigende Hinnahme dieser Überweisungspraxis durch die Klägerin sei nicht als einvernehmliche Vertragsanpassung zu sehen, denn Schweigen stelle grundsätzlich keine Willenserklärung dar. Ein Ausnahmefall liege nicht vor, weil H. nicht schutzbedürftig gewesen sei. Die Beklagt sei auch nicht leistungsfrei. Die Bestimmung des § 130 VVG a. F. sei im Versicherungsvertrag abbedungen. Auch § 131 VVG a. F. komme nicht zur Anwendung, weil die Klägerin den Bargeldverlust nicht schuldhaft verursacht habe. Soweit H. etwaige Obliegenheiten verletzt habe, besitze dies aufgrund der im Versicherungsvertrag unter Ziff. 13.4 getroffenen Vereinbarung keine Auswirkungen auf den Versicherungsschutz der Klägerin.

Zwar habe die Beklagte den Versicherungsvertrag wirksam angefochten. Insbesondere könne nicht von einer frühzeitigen Kenntnis der Beklagten von den finanziellen Verhältnissen bei H. bzw. vom Schneeballsystem ausgegangen werden. Die Anfechtung führe aber nicht zum vollständigen Wegfall der geltend gemachten Ansprüche. Die Anfechtung unter der Policennummer ... getroffenen Vereinbarung führe lediglich dazu, dass die unter der Policennummer ... getroffene Vereinbarung wieder auflebe. Insbesondere erfasse die Anfechtung auch die Aufhebungsvereinbarung, denn es liege nur eine Vertragsanpassung, nicht aber ein vollständig neuer Vertrag vor. Die von der Beklagten in diesem Zusammenhang vorgetragenen Gesichtspunkte würden die Annahme eines vollständig neuen Vertrags nicht rechtfertigen. Teilweise würde durch die Änderungen das Verhältnis der Prozessparteien nicht berührt. Im Übrigen sei das Gewicht der Änderungen nicht so erheblich, dass die Annahme eines neuen Vertragsverhältnisses gerechtfertigt sei.

Aus der übersandten Versicherungsbestätigung könne die Klägerin keine weitergehenden Rechte herleiten. Die Schaffung eines gesonderten Verpflichtungstatbestandes könne dem Text nicht entnommen werden.

Auch ein Anspruch wegen vertraglicher Pflichtverletzungen gemäß § 280 Abs. 1 BGB bestehe nicht. Die Beklagte habe keine gegenüber der Klägerin bestehenden Pflichten verletzt. Insbesondere habe die Beklagte aufgrund der ihr mitgeteilten Unregelmäßigkeiten keine Überprüfung im Interesse der Klägerin durchführen müssen.

Dementsprechend hafte die Beklagte mit einer Versicherungsquote von 30 % entsprechend ihrem Anteil im Versicherungskonsortium. Ein Mitverschulden der Klägerin mit der Folge einer Mithaftung sei nicht gegeben. Die Beklagte könne sich auch nicht auf die vertraglich vereinbarten Haftungshöchstbeträge berufen, weil für den streitgegenständlichen Versicherungsfall ein solcher Höchstbetrag nicht vereinbart worden sei.

Hinsichtlich des weiteren Inhalts wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen (Bl. 1291 - 1317 d. A.).

Gegen das Urteil wenden sich sowohl die Klägerin als auch die Beklagte, die beide ihren erstinstanzlichen Vortrag wiederholen und vertiefen. Die Klägerin macht darüber hinaus weitergehende Zinsansprüche geltend, begehrt eine Verzinsung der eingezahlten Gerichtskosten und eine Erstattung der vorgerichtlich angefallenen Geschäftsgebühr.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte unter Abänderung des am 21. Januar 2009 verkündeten Urteils des Landgerichts Hannover (Az. 6 O 198/07) über den bereits zugesprochenen Betrag in Höhe von 332.585,79 € (nebst Zinsen) hinaus zu verurteilen, weitere 360.301,26 € (somit insgesamt 692.887,05 €

nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent

auf einen Betrag von 1.243.358,88 € für den Zeitraum zwischen dem 23. März 2006 und dem 24. März 2006,

in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

auf einen Betrag von 1.243.358,88 für den Zeitraum zwischen dem 25. März 2006 und dem 22. September 2006,

auf einen Betrag von 1.126.030,75 € für den Zeitraum zwischen dem 23. September 2006 und dem 30. Oktober 2006,

auf einen Betrag von 1.094.164,42 € für den Zeitraum zwischen dem 31. Oktober 2006 und dem 7. November 2006,

auf einen Betrag von 1.067.138,94 € für den Zeitraum zwischen dem 8. November 2006 und dem 28. Dezember 2006,

auf einen Betrag von 1.016.512,52 € für den Zeitraum zwischen dem 29. Dezember 2006 und dem 25. Januar 2007,

auf einen Betrag von 1.014.997,32 € für den Zeitraum zwischen dem 26. Januar 2007 und dem 17. Dezember 2007,

und in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

auf einen Betrag von 1.014.997,32 € für den Zeitraum zwischen dem 18. Dezember 2007 und dem 2. Mai 2008,

auf einen Betrag von 1.011.590,51 € für den Zeitraum zwischen dem 3. Mai 2008 und dem 5. Mai 2008,

auf einen Betrag von 971.182,90 € für einen Zeitraum zwischen dem 6. Mai 2008 und dem 7. Mai 2008,

auf einen Betrag von 895.659,84 € für einen Zeitraum zwischen dem 8. Mai 2008 und dem 9. Mai 2008,

auf einen Betrag von 890.727,72 € für einen Zeitraum zwischen dem 10. Mai 2008 und dem 16. Mai 2008,

auf einen Betrag von 736.054,89 € für einen Zeitraum zwischen dem 17. Mai 2008 und dem 22. Mai 2008,

auf einen Betrag von 712.598,65 € für einen Zeitraum zwischen dem 23. Mai 2008 und dem 23. Juni 2008

und Zinsen auf einen Betrag von 692.887,05 € in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für die Seit ab dem 24. Juni 2008

sowie weitere Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den geleisteten Gerichtskostenvorschuss von 12.018,00 € seit dem 12. Juni 2007 (Einzahlungszeitpunkt) und 2.250,00 € seit dem 19. Dezember 2007 (Einzahlungszeitpunkt) bis zur Beantragung der Kostenfestsetzung

und vorgerichtliche Kosten in Höhe von 13.845,65 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. festzustellen, dass der Rechtsstreit betreffend eines zunächst mit der Klage geltend gemachten weiteren Betrags in Höhe von 322.121,53 € in der Hauptsache erledigt ist.

Die Beklagte beantragt,

1. das Urteil des Landgerichts Hannover vom 21. Januar 2009 teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen,

2. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Übrigen und im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Der Senat hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 30. Oktober 2009 das Strafurteil der 6. Großen Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Hildesheim vom 23. Mai 2007 - Az. 25 KLs 5413 Js 18030/06 - beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

II.

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet, die der Beklagten begründet. Insoweit beruht das angefochtene Urteil auf einem Rechtsfehler im Sinne von §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO. Ferner rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen die angefochtene Entscheidung nicht, § 513 Abs. 1, 2. Alt. ZPO. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von 706.732,70 € zzgl. Zinsen §§ 1 Abs. 1 S. 1, 49, 75, 129 VVG a. F. in Verbindung mit Ziff. 2.1.11 der Valorenversicherung zur Police Nr. ... zu.

1.

Die Klägerin ist allerdings aktivlegitimiert. Bei dem streitgegenständlichen Versicherungsvertrag zur Policennummer ... handelte sich um eine Versicherung für fremde Rechnung gemäß § 74 Abs. 1 VVG a. F. Dies folgt bereits aus Ziff. 11.3.1 der Vereinbarung. Danach können Schadenszahlungen mit befreiender Wirkung nur direkt an die Auftraggeber der Versicherungsnehmerin für die vom Schaden betroffenen Transporte erfolgen können. Zwar kann der Versicherte gemäß § 75 Abs. 2 VVG a. F. ohne Zustimmung des Versicherungsnehmers über seine Rechte nur verfügen und diese gerichtlich geltend machen, wenn er im Besitz eines Versicherungsscheins ist. Eine solches Einverständnis liegt aber auch vor, denn der Insolvenzverwalter erklärte in seinem Schreiben vom 14. Februar 2007 die erforderliche Zustimmung nach § 75 Abs. 2 VVG a. F. (Anlage K 229).

2.

Ein Anspruch der Klägerin aus dem streitgegenständlichen Versicherungsvertrag besteht bereits deshalb nicht, weil kein Versicherungsfall vorliegt. Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass unter den Versicherungsschutz lediglich der Verlust von Bargeld fällt. Dass es zu einem vom Versicherungsumfang erfassten unberechtigten Zugriff auf Bargeld kam, hat die Klägerin aber nicht ausreichend dargelegt. Insbesondere kann ein solcher Zugriff nicht in der Einzahlung eingesammelter Gelder zugunsten eines Eigenkontos von H. gesehen werden. Im Einzelnen:

2.1.

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Police Nr. ... lediglich Verluste von Bargeld abdeckt. Eine Versicherung von Buch bzw. Giralgeld wurde demgegenüber nicht vereinbart (vgl. die beiden Urteile des Senats vom 19. September 2008 zum Az. 8 U 11/08 und zum Az. 8 U 63/08, sowie vom 29. Januar 2009 zum Az. 8 U 41/08, ferner für ähnliche vertragliche Regelungen Urteile des OLG Düsseldorf vom 5. November 2008, Az. 18 U 188/07, des OLG Köln vom 22. April 2008, RuS 2008, 435 und des LG Köln vom 22. Oktober 2008, Az. 20 O 204/07, recherchiert in juris). Die Klägerin konnte hier nach Wortlaut, Systematik und erkennbarem Sinnzusammenhang der Police Nr. ... nicht davon ausgehen, dass von dieser auch Buchgeld umfasst wird. Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhanges verstehen muss (vgl. BGH VersR 1993, 957). Hierbei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse an. Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Versicherungsschutz auch auf Buchgeld erstreckt:

Bereits aus dem auf Seite 2 der Police genannten Gegenstand der Versicherung ergibt sich eindeutig, dass lediglich Sachen, nicht dagegen Forderungen versichert werden sollen. Dort werden als Gegenstand der Versicherung Hartgeld, Banknoten, Schecks, Wertpapiere, Briefmarken, sämtliche Edelmetalle, Schmuck, handelsübliches Beleggut, Datenträger bzw. belege und sonstige Wertgegenstände sowie Behältnisse wie Kassetten und Taschen erwähnt. Diese müssen sich im Gewahrsam von H. befinden. Das kommt mithin nur für Bargeld während des eigentlichen Transportes in Betracht, nicht dagegen für bereits auf ein Konto eingezahltes Buchgeld. Dieses stellt lediglich eine Forderung gegen das jeweilige Geldinstitut dar, welche sich auch nicht in Gewahrsam von H. befinden kann.

Bei dieser Art der Valorenversicherung handelt es sich um eine Sachversicherung von Gütern, nicht dagegen um eine Geld oder Geldwertversicherung (vgl. BGH VersR 2008, 395). Soweit es in der Bestimmung zum Gegenstand der Versicherung weiter heißt, dass Versicherungsschutz während sämtlicher Transporte, Lagerungen, Bearbeitung und sonstiger vom Versicherungsnehmer vertraglich übernommener Tätigkeiten besteht, geht es hierbei lediglich um die Art und Weise der von H. übernommenen Tätigkeiten. In jedem Fall muss es sich aber wegen der Beschreibung des Gegenstandes der Versicherung um einen stofflichen Zugriff auf die versicherte Sache handeln. Ein derartiger stofflicher Zugriff kommt bei vertragswidriger Verfügung über auf Konten befindliches Buchgeld dagegen von vornherein nicht in Betracht (vgl. BGH, a. a. O.). Diese Beschränkung auf Bargeld kommt auch noch einmal deutlich in den Versicherungsbestätigung vom 16. Juli 2003 (Anlage K 10) zum Ausdruck, wo es zum versicherten Interessen heißt, erfasst würden Transporte und Lagerungen von Hartgeld und/oder Banknoten und/oder Wertpapieren und/oder handelsüblichem Beleggut und/oder Datenträgern bzw. belegen sowie Behältnissen wie Kassetten, Taschen usw. im Gewahrsam von H.. Gerade diese Beschränkung auf Transporte und Lagerungen zeigt, dass hiermit lediglich die Transportstrecke von der Abholung des Geldes beim Kunden bis zur Einzahlung bei der zuständigen Bundesbankfiliale gedeckt ist. Abredewidrige Verfügungen über ein Konto stellen weder einen Transport noch eine Lagerung dar.

Hierfür spricht auch die Regelung über die Dauer der Versicherung in Ziffer 3 der Police. Hiernach beginnt sie mit der Übergabe der versicherten Güter an die Versicherungsnehmerin und endet, wenn die versicherten Güter bei der vom Auftraggeber vorher bezeichneten Stelle einer autorisierten Person übergeben wurden. Sowohl die Begriffe 'Übergabe' als auch 'Versicherte Güter' passen von vornherein nur auf Sachen, nicht dagegen auf Forderungen. Lediglich Bargeld kann an einer vom Auftraggeber bezeichneten Stelle einer autorisierten Person übergeben werden, nicht dagegen Forderungen. Bei einem hiervon abweichenden Willen der Vertragsparteien hätte nichts nähergelegen, als dies ausdrücklich vertraglich beim Gegenstand und Umfang der Versicherung zu regeln. Hier hätte ausdrücklich bestimmt werden können, dass auch Buchgeld in Form von Forderungen von H. gegenüber Kreditinstituten vom Versicherungsschutz bis zur Gutschrift zugunsten eines der Klägerkonten erfasst ist. Eine derartige Erweiterung des Versicherungsschutzes wurde nach dem Wortlaut der Versicherungspolice aber nicht vorgenommen.

In Ziffer 4 der Police werden ferner verschiedene Haftungshöchstsummen festgelegt. Keiner der aufgezählten Fälle spricht aber für die Mitversicherung von Buchgeld. Vielmehr werden zunächst verschiedene Haftungshöchstsummen für Transporte in gepanzerten und ungepanzerten Fahrzeugen genannt. Ferner beschreibt Ziffer 4.1.7 das sog. Bürgersteigrisiko. Dieses beginnt in dem Augenblick, in dem die versicherten Gegenstände aus dem geschützten Bereich des Fahrzeuges herausgenommen worden sind, um über die freie, ungeschützte Straße und/oder den Hof in das Gebäude gebracht zu werden. Dieses Bürgersteigrisiko endet in dem Augenblick, in dem die Tür des betreffenden Gebäudes hinter dem mit der Beförderung beauftragten Besatzungsmitglied geschlossen wird. Diese Regelung spricht mithin ebenfalls dafür, dass die Versicherung zu dem Zeitpunkt endet, in dem das Bargeld dem zuständigen Mitarbeiter der Bundesbank zur Einzahlung übergeben wird. Weitere Regelungen finden sich dann für das Risiko des Einbruchs sowie der Lagerung und/oder Bearbeitung bei Gewahrsam der Versicherungsnehmerin. Auch dies kommt lediglich für Bar, nicht dagegen für Buchgeld in Betracht.

Weiter enthält Ziffer 5 der Police Regelungen zur Prämie (Anlage B 30), die ebenfalls ausschließlich für die Fälle der Versicherung von Bargeld infrage kommen können. So werden unterschiedliche Prämien vorgesehen für Papiergeldtransporte, Papiergeldlagerung und -bearbeitung, Hartgeldlagerung, Bearbeitung und Transport sowie Belegguttransporte und Kurierdienste. An keiner Stelle ist demgegenüber von gesondert ausgewiesenen Prämien für den Fall die Rede, dass eingesammelte Gelder bereits auf Konten eingezahlt und dann an die jeweiligen Auftragnehmer weitergeleitet wurden. Eine derart gesonderte Prämie für die Bearbeitung von Buchgeld wäre aber zu erwarten gewesen, wenn dieses auch hätte versichert werden sollen.

Weiter enthält Ziffer 12 der Police Regelungen über die Verschollenheit, die ebenfalls nur auf Bargeld Anwendung finden können. Danach leistet der Versicherer Ersatz wie im Falle eines Totalverlustes, wenn Güter verschollen sind oder die Güter durch Entziehung oder sonstige Eingriffe von hoher Hand angehalten oder zurückgehalten werden. Die Güter sind verschollen, wenn zum Zeitpunkt ihrer geplanten Ankunft 30 Tage verstrichen sind und keine Nachricht über ihren Verbleib bei der Versicherungsnehmerin eingegangen ist. Eine derartige Verschollenheit mit einer fehlenden Nachricht über den Verbleib von Gütern kann indessen nur bei Sachen, nicht dagegen bei Forderungen wie Buchgeld in Betracht kommen.

Für die Versicherung von Buchgeld spricht hingegen nicht die Regelung in Ziffer 2 der Police über den Umfang der Versicherung. Hier ist zwar bestimmt, dass jegliche Verluste und/oder Schäden gleichviel aus welcher Ursache einschließlich Veruntreuung und/oder Unterschlagung durch die Versicherungsnehmerin versichert sind. Ferner wird ausdrücklich die gesetzliche Haftung von H. gegenüber den Auftraggebern mitversichert. Diese Regelung bezieht sich indessen nur auf den Umfang der Versicherung und regelt eine Allgefahrendeckung, die eine Deckung für jede Art des Eintritts des Versicherungsfalles vorsieht. Hierbei wird ausdrücklich über eine reine Transportversicherung hinaus auch ein Haftpflichtrisiko abgedeckt, soweit der Verlust des Geldes auf Veruntreuungen oder Unterschlagungen durch die Versicherungsnehmerin beruht.

Diese Vorschrift regelt dagegen nicht den Gegenstand und die Dauer der Versicherung, für die die Police gesonderte Bestimmungen enthält. Insoweit ergibt sich aus den Vereinbarungen, dass gerade nur Bargeld versichert sein soll. Lediglich dieses ist dann gegen jede Art der eingetretenen Gefahr versichert. Demgegenüber kann die Allgefahrendeckung nicht dahin ausgelegt werden, dass sie insgesamt eine Geldversicherung oder Geldwertversicherung darstellt, wodurch die Klägerin gegen jedes auch von H. verwirkte Haftpflichtrisiko abgesichert werden sollte. Vielmehr handelt es sich vorliegend um eine Valorenversicherung. Gegenstand einer solchen Versicherung sind ausschließlich die einzelnen Valoren, d. h. die Sachen während des Transportes durch das befördernde Unternehmen (vgl. BGH VersR 2008, 395. BGH VersR 2003, 1171). Kennzeichen der danach versicherten Transportgefahr ist, dass die Sache während ihrer Beförderung fremder und wechselnder Obhut überlassen werden muss und dadurch einer erhöhten Gefahr des Sachzugriffs ausgesetzt wird. Eine derartige Gefahr besteht bei Buchgeld nicht bzw. nur in geringerem Maße. Soll dieses mitversichert werden, bedürfte es einer speziellen Regelung, die sich aus dem Versicherungsschein nicht ergibt.

Auch der Inhalt des Rahmenvertrags zwischen der Klägerin und H. spricht nicht zwingend dafür, dass hier Buchgeld mitversichert werden sollte. Insoweit ist bereits zweifelhaft, ob und inwieweit die Beklagte sich überhaupt den Inhalt der Verträge im Rahmen der Auslegung des Versicherungsvertrages entgegenhalten lassen muss. Zwar wird im Versicherungsvertrag beim Gegenstand der Versicherung erwähnt, versichert seien Hartgeld etc. 'in Gewahrsam von H. sowie von eingesetzten Subunternehmern, einerlei, ob die Sache Eigentum des Versicherungsnehmers oder Dritter ist, während sämtlicher Transporte, Lagerungen, Bearbeitung und sonstiger vom Versicherungsnehmer vertraglich übernommener Tätigkeiten.' Ferner wird in Ziff. 2.1.3 des Versicherungsvertrags die von H. übernommene vertragliche Haftung erwähnt. Insoweit bestimmt allerdings bereits Ziff. 2.1.3, dass Versicherungsschutz für eine über die gesetzliche Haftung von H. gegenüber den Auftraggebern hinausgehende vertragliche Haftung nur nach vorheriger ausdrücklicher Genehmigung durch den führenden Versicherer in Betracht kommt, die hier nicht erteilt wurde. Ferner wird jedenfalls nicht ausdrücklich auf die von H. mit den Kunden abgeschlossenen Verträge Bezug genommen, insbesondere werden diese nicht unter Ziffer 1 bei den Grundlagen der Versicherung genannt.

Unabhängig hiervon ergibt sich aber auch aus dem Rahmenvertrag nicht, dass auch Buchgeld erfasst werden sollte. Unter Ziff. 1 wird vielmehr darauf hingewiesen, dass der Auftragnehmer dem Auftraggeber für den Verlust der ihm übergebenen Gegenstände haftet. Der Begriff des Gegenstandes setzt aber stets eine Körperlichkeit voraus, die dem Buchgeld fehlt. Darüber hinaus wird soll die Haftung lediglich im Rahmen der bestehenden Versicherung bestehen. Maßstab für die Haftung auf der Grundlage des Rahmenvertrags sollte dementsprechend der Umfang des Versicherungsschutzes sein und nicht umgekehrt. Weiter wird in Ziff. 2 darauf hingewiesen, dass die Haftung mit der Übergabe der Gegenstände beginnt und mit der ordnungsgemäßen Übergabe der Gegenstände endet. Auch insoweit bestehen keine Anhaltspunkte für eine Ausdehnung der Haftung auf Buchgeld.

Auch der Anlage 1 zum Rahmenvertrag kann eine Haftung für Buchgeld nicht entnommen werden. Dort werden als Dienstleistungen lediglich Tätigkeiten aufgezählt, die im Zusammenhang mit dem Transport und der Bearbeitung von Bargeld stehen, wie etwa die Geldver- und Entsorgung, die Zählung vorsortierter Noten und die Einzahlung der Gelder bei der LZB.

2.2.

Auf der Grundlage einer reinen Versicherung für Bargeld ist die Klägerin für den Eintritt des Versicherungsfalles darlegungs- und beweispflichtig (2.2.1.). Hier hat sie nicht schlüssig vorgetragen und Beweis dafür angetreten, dass das Geld bereits auf der Transportstrecke bis zur Ablieferung bei der Bundesbank verlorengegangen ist (2.2.2.). Ebenso wenig kommt ein Versicherungsfall durch Unterschlagung des Bargeldes in Betracht, soweit H. die bei den Bundesbankfilialen abgelieferten Bargelder nicht zugunsten eines Kontos der Klägerin einzahlte (2.2.3.).

2.2.1.

Bei dem zwischen H. und der Beklagten vereinbarten Versicherungsvertrag muss die Klägerin darlegen und beweisen, dass der geltend gemachte Schaden in den vertraglich abgesteckten Schutzbereich der Versicherung fällt (vgl. BGH VersR 2008, 395). Die Klägerin muss somit beweisen, dass es zu einem körperlichen Zugriff auf eine gegenständliche und zudem für einen Transport vorgesehene Sache kam. Ohne Bedeutung ist insoweit, dass H. und die Beklagte eine sog. Allgefahrenversicherung vereinbarten, die gemäß Ziff. 2.1.1 des Vertrages jegliche Verluste unabhängig von der Ursache ersetzt. Diese Regelung betrifft lediglich den Versicherungsumfang bei Verlust von Bargeld. Sie enthebt die Klägerin aber nicht der Notwendigkeit, den Verlust von Bargeld (und nicht von Buchgeld) innerhalb der zeitlichen Grenzen der Versicherung zu beweisen.

2.2.2.

Dass es bereits vor Ablieferung bei den Zweigstellen der Bundesbank zu einem Verlust von Bargeld kam, steht nicht fest.

Es gibt keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass H. die am 17. und 18. Februar 2006 bei den Filialen der Klägerin eingesammelte Gelder nicht bei der Bundesbank ablieferte, sondern für andere Zwecke verwendete. Insbesondere hat die Klägerin nicht konkret unter Beweisantritt vorgetragen, wann, in welchem Cash-Center von H. und in welcher Art und Weise ein eingesammelter Bargeldbetrag nicht in einer der Filialen der Bundesbank abgeliefert, sondern zweckwidrig anderweitig verwendet wurde.

Der Verlust von Bargeld kann auch nicht bereits in der Übergabe an die Mitarbeiter von H. gesehen werden. Eine Versicherung bestand während des Transports lediglich gegen Verluste und/oder Schäden in Form eines stofflichen Zugriffs auf das Bargeld (s. o. unter 2.1.). Während der Transporte kam es zu einem solchen Zugriff aber nicht.

Hieran würde es auch dann fehlen, wenn die Verantwortlichen bei H. von Anfang an die Absicht einer vertragswidrigen Verwendung der Gelder besessen haben sollte. Diese Absicht trat während des Transports nicht nach außen in Erscheinung. Es kommt deshalb auch nicht entscheidend darauf an, ob die Mitarbeiter von H. sich mit der Entgegennahme der Gelder bereits eines Betruges, einer Untreue oder einer Unterschlagung schuldig machten. Versicherungsschutz besteht nur für Vermögensdelikte, die aufgrund eines objektiv erkennbaren unberechtigten Zugriffs unmittelbar zu Verlusten und/oder Schäden der versicherten Sache führen. Die bloße Vermögensgefährdung in Form der Entgegennahme führt hingegen mangels erkennbaren stofflichen Zugriffs noch nicht zu einem solchen Verlust, auch wenn durch sie bereits ein strafrechtliches Tatbestandsmerkmal verwirklicht werden sollte.

Auch die Vermischung in den Cash-Centern mit dem Geld anderer Kunden stellt keinen Verlust und/oder Schaden dar. Wie bereits dargelegt, bezieht sich der Versicherungsschutz nur auf Gefahren, die sich in einem stofflichen Zugriff realisieren. Ein derartiger körperlicher Zugriff erfolgte aber nicht bereits durch die Vermischung mit anderen Kundengeldern. Das Bargeld als solches blieb ohnehin erhalten, ohne dass es bis zu diesem Zeitpunkt zu einer etwaigen Zueignungshandlung gekommen wäre. Bereits dies schließt die Annahme eines Versicherungsfalles aus. Unabhängig hiervon blieben aber auch die Eigentumsrechte der Klägerin erhalten, weil sich ihr Eigentum an den eingesammelten Geldern an der in den Cash-Centern vorhandenen und in eine etwaige Vermischung geratenen Gesamtsumme fortsetzte, §§ 947, 948 BGB. Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen steht auch nicht fest, dass es zu einer solchen Vermischung überhaupt kam.

Die Klägerin hat auch nicht bewiesen, dass es während des Transports oder während der Auszählung in den Cash-Centern zu einem stofflichen Zugriff durch einen oder mehrere Mitarbeiter von H. kam. Die Klägerin beschränkt sich insoweit auf Mutmaßungen. So sei unsicher, ob und in welchem Umfang es zu Einzahlungen bei Filialen der Deutschen Bundesbank gekommen sei (Bl. 736 d. A.). Es sei nicht mehr nachvollziehbar, was mit den Geldern der Klägerin geschehen sei (Bl. 745 d. A.). Ob sich unter dem abgegebenen Geld auch solches der Klägerin befunden habe, sei wahrscheinlich, aber nicht vollständig gesichert (Bl. 746 d. A.).

Die Klägerin kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht auf die Feststellungen der vom Insolvenzverwalter eingeschalteten Wirtschaftsprüfer E. ... beziehen. Aus deren Ermittlungen ergibt sich, dass die in den Cash-Centern am 17. und 18. Februar 2006 eingegangenen Gelder fast vollständig bei den einzelnen Filialen der Deutschen Bundesbank eingezahlt wurden. Ausweislich der Aufstellung Anlage K 115 liegt die Einzahlungsquote ganz überwiegend bei 97 % bis über 99 %. Größere Abweichungen wurden lediglich in den Cash-Centern G. (91 % am 17. Februar und 87 % am 18. Februar) und I. mit 27% ermittelt. Die Klägerin hat allerdings nicht vorgetragen, dass ihre Gelder in I. gezählt wurden. Aber auch unabhängig hiervon steht nicht fest, dass es sich bei den nicht weitergeleiteten Beträgen um Gelder der Klägerin handelt. Die von den Wirtschaftsprüfern ermittelten und an die Deutsche Bundesbank weitergeleiteten Beträge liegen bei jedem Cash-Center über den der Klägerin zuzurechnenden Gesamtbeträgen. Es ist aber nicht ersichtlich, dass gerade Gelder der Klägerin in den Fehlbeträgen enthalten sind und nicht bei der Bundesbank eingezahlt wurden. Zwar ist der Verlust von Bargeld hierdurch auch nicht ausgeschlossen. Ein entsprechender Nachweis lässt sich durch die vorgelegten Unterlagen aber nicht führen. Die Klägerin kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht auf eine vollständige Vermengung ihrer Gelder mit den Geldern anderer Kunden in einem Cash-Center stützen. Zwar würde sich der Miteigentumsanteil der Klägerin in dem Fall auch auf die nicht zu den Filialen der Deutschen Bundesbank verbrachten und damit zweckwidrig für andere Kunden verwendeten Fehlbeträge beziehen. Allerdings ist unklar, ob sich die Fehlbeträge aus bereits vermischten Geldern zusammensetzen, ob die der Kläger zuzurechnenden Beträge bei Entstehung der Fehlbeträge bereits vermischt waren und ob es sich bei den zweckwidrig verwendeten Beträge um bislang nicht vermischte Gelder anderer Kunden handelt.

Es liegt auch kein Fall der Verschollenheit nach Ziffer 12 der Police vor. Verschollenheit ist nur dann gegeben, wenn zum Zeitpunkt der geplanten Ankunft der Güter 30 Tage verstrichen sind und keine Nachricht über ihren Verbleib bei der Versicherungsnehmerin eingegangen ist. Hiermit sind aber lediglich die Fälle gemeint, in denen durch den Versicherungsnehmer als Transporteur Güter abgesandt werden, diese aus tatsächlich nicht mehr für ihn aufklärbaren Gründen aber nicht am Bestimmungsort ankommen. Hier ist demgegenüber kein Bargeld verschollen. Vielmehr hatte H. als Versicherungsnehmerin selbst immer Kenntnis über den Verbleib des transportierten Geldes und leitete dieses lediglich im Ergebnis bestimmungswidrig nicht an die Klägerin als Auftraggeberin weiter.

2.2.3.

Ein stofflicher Zugriff erfolgte auch nicht durch die Einzahlung der eingesammelten Gelder zugunsten eines bei der Bundesbank geführten Eigenkontos von H.. Das wäre lediglich dann der Fall, wenn sich H. hierbei nicht an die im Rahmenvertrag vereinbarte Vorgehensweise gehalten und durch das Abweichen von der getroffenen Vereinbarung der Zueignungswille zutage getreten wäre. Dass eine Einzahlung auf ein Eigenkonto auf der Grundlage des Rahmenvertrags aber ausgeschlossen sein sollte, kann dem Vertrag nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnommen werden (2.2.3.1.). Unabhängig hiervon wäre die Klägerin auch gemäß § 242 BGB daran gehindert, sich auf den Eintritt eines Versicherungsfalls zu berufen (2.2.3.2.). Schließlich sprechen gewichtige Gründe für eine einvernehmliche Vertragsänderung dahingehend, dass sich die Klägerin und H. auf die Bündelung von Geldern auf einem bei der Bundesbank geführten Eigenkonto von H. einigten (2.2.3.3.).

2.2.3.1.

Dem Rahmenvertrag zwischen der Klägerin und der H. T. GmbH kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit die Vereinbarung des NiKo-Verfahrens entnommen werden. Für die Auffassung der Klägerin spricht lediglich die im Leistungsverzeichnis als Anlage zum Vertrag getroffene folgende Regelung:

'Einzahlung der Gelder bei der L...B zugunsten der C. ...bank bzw. D. Bank ... .'

Bei der Auslegung dieser Formulierung ist zunächst zu berücksichtigen, die Bundesbank im fraglichen Zeitraum zwei verschiedene Einzahlungsmodelle bei der Bargeldentsorgung durch Wertdienstleister anbot (vgl. deren Leitfaden Anlage K 123). Beim NiKo-Verfahren wurde das eingezahlte Bargeld unmittelbar auf ein Konto des Begünstigten unter Zwischenschaltung eines bankinternen Asservatenkontos eingezahlt. Außerdem bestand die Möglichkeit, dass der Wertdienstleister Gelder von Kunden zunächst auf ein Eigenkonto bei der Bundesbank einzahlt, von wo aus er dann weiter über sie per Überweisung verfügen konnte.

Ein stofflicher Zugriff wäre damit nur anzunehmen, wenn die Klägerin und H. das NiKo-Verfahren vereinbart, H. aber unter Verstoß gegen diese Vereinbarung auf ein Eigenkonto eingezahlt haben sollte. Zwar könnte die Verwendung des Begriffes 'Einzahlung' im Leistungsverzeichnis für die Annahme sprechen, dass das bei der Bundesbank einzuzahlende Bargeld im Wege des NiKo-Verfahrens unmittelbar auf ein Konto der Klägerin eingezahlt werden sollte. Andererseits kann aber der Begriff der Einzahlung durchaus auch dahin verstanden werden, dass er nicht wörtlich die Einzahlung des Bargeldes über das Asservatenkonto der Bundesbank auf das Hausbankkonto der Klägerin meint, sondern es der Klägerin alleine darauf ankam, dass das Geld tatsächlich auf ihrem Konto einging. Das kann bei ordnungsgemäßer Abwicklung sowohl im Wege des NiKo-Verfahrens als auch durch das kontogebundene Verfahren mit einem Eigenkonto des Wertdienstleisters und einer Überweisung durch diesen auf das Konto der Hausbank der jeweiligen Vertriebsgesellschaft erfolgen.

Darüber hinaus heißt es im Leistungsverzeichnis Geldbearbeitung unter Ziff. 4 weiter:

'Nach Beendigung des Zählvorganges werden die Geldnoten gemäß den Richtlinien der Deutschen Bundesbank aufbereitet. Das Gesamtvolumen (Anmerkung: Hervorhebung durch den Senat) des ausgezählten Geldes wird auf das Konto des Auftraggebers eingezahlt'.

Dieser Bestimmung spricht eher für die Annahme, dass vor der Einzahlung die Bündelung der Gelder auf einem Eigenkonto von H. erfolgen sollte. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach eigenen Angaben über ca. 700 Filialen im gesamten Bundesgebiet verfügt. Eine Zusammenfassung der in 700 Filialen eingesammelten Gelder zu einem Gesamtvolumen ist ohne Einschaltung eines Zwischenkontos aber nur theoretisch möglich. Nicht praktikabel ist die Möglichkeit, die eingesammelten Gelder in einem Cash-Center zu bündeln und von dort in einer großen Lieferung zu der nächstgelegenen Bundesbankfiliale zu bringen. Von einer solchen Möglichkeit konnte aber auch die Klägerin nicht ausgehen, denn dies hätte bei 700 bundesweit verstreuten Filialen bedeutet, dass die Gelder teilweise durch ganz Deutschland hätten transportiert werden müssen, um dann in einem Cash-Center gesammelt und anschließend in einem aufwändigen Transport zur nächsten Bundesbankfiliale verbracht zu werden. Diese Vorgehensweise ist aber nicht nur mit erheblichen Risiken verbunden, weil jede Verlängerung der Transportstrecke die Gefahr eines Abhandenkommens der Gelder vergrößert. Sie ist auch wirtschaftlich unsinnig, weil weder für die Klägerin noch für H. hiermit erkennbare Vorteile verbunden wären. Im Gegenteil hätte diese Vorgehensweise für H. erhebliche Mehrkosten aufgrund des erhöhten Einsatzes von sachlichen und personellen Mitteln bedeutet.

Die Möglichkeit einer Bündelung sämtlicher Direkteinzahlungen auf einem Asservatenkonto der Bundesbank mit anschließender Überweisung des Gesamtvolumens auf ein Konto der Klägerin bestand hingegen nicht. Ausweislich des von der Bundesbank herausgegebenen Leitfadens (Anlage K 123) sind der Einzahlungsvorgang und die Weiterleitung der Gegenwert miteinander verknüpft. Selbst wenn aber eine Einzahlung getrennt von einer sofortigen Weiterleitung hätte erfolgen können, hätte die Bündelung der Gelder auf einem Asservatenkonto der Bundesbank nur eine theoretische Möglichkeit dargestellt. Eine solche Vorgehensweise würde eine Kenntnis der Bundesbank vom Umfang der zu bündelnden Gelder voraussetzen und damit einen ganz erheblichen logistischen Aufwand. Sie wäre auch mit erheblichen praktischen Problemen verbunden gewesen, weil es gerade bei Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Transport der Gelder von einem Cash-Center zur jeweiligen Filiale der Bundesbank zu einer unnötigen Verzögerung bei der Weiterleitung der Gelder hätte kommen können. Im Extremfall hätte der Ausfall nur eines Transportfahrzeugs etwa aufgrund eines Motorschadens zur vorübergehenden Lähmung des gesamten Geldflusses im Übrigen geführt. Das wäre aber keinesfalls interessengerecht gewesen.

Unabhängig vom Wortlaut ist bei der Auslegung einer Vereinbarung aber auch die Interessenlage der Vertragsschließenden zu berücksichtigen. Auch diese spricht aber gegen die Vereinbarung des NiKo-Verfahrens. Wie bereits dargelegt, verfügt die Klägerin nach eigenen Angaben über eine Drogeriekette mit ca. 700 Filialen. Bei einer engen, allein am Wortlaut der von der Klägerin herangezogenen Vertragsbestimmung orientierten Auslegung hätte das bedeutet, dass bei der Klägerin täglich mehrere hundert Einzahlungsvorgänge zu verbuchen gewesen wären. Diese mit den jeweiligen Meldungen einer jeden Filiale abzugleichen hätte für die Klägerin einen immensen und vor allem völlig unwirtschaftlichen Aufwand zur Folge gehabt.

Aber selbst wenn man bei einer großzügigeren Auslegung eine Bündelung der Filialgelder in jedem Cash-Center zulassen wollte, hätte dies einen erheblichen logistischen Aufwand bedingt. Das bei den Filialen der Klägerin eingesammelte Bargeld wurde jedenfalls am 17. und 18. Februar 2006 in 32 Cash-Centern ausgezählt (Bl. 108 d. A.). Unter Berücksichtigung der von der Klägerin im Rechtsstreit vertretenen Auslegung des Rahmenvertrags hätte die Klägerin deshalb nahezu täglich mindestens 32 verschiedene Einzahlungen erhalten müssen. Dass nicht für jedes Cash-Center nur eine einzige Filiale der Deutschen Bundesbank zuständig war, ist insoweit ohne Bedeutung. Auch wenn die Gelder von mehreren Cash-Centern zu nur einer einzigen Bundesbankfiliale verbracht worden wären, hätten die Eingänge entsprechend den in jedem Cash-Center vorbereiteten Einzahlungsbelegen in einer der Zahl der Cash-Center entsprechenden Stückelung bei der Klägerin eingehen müssen. Das folgt aus der als Anlage K 123 vorgelegten Auskunft der Deutschen Bundesbank über die Verfahrensweise im NiKo-Verfahren. Danach würden noch im Cash-Center zu jedem Geldbehälter Sammeleinzahlungsbelege bzw. Zahlscheine erstellt und zusammen mit dem Geldbehälter einem Mitarbeiter der Bundesbank übergeben. Nach Abgleich der Daten auf der Behälterkarte mit den Einzahlungsbelegen würden Letztere zur weiteren Bearbeitung weitergegeben. In der Folge würden die Einzahlungsgegenwerte unter Zwischenschaltung eines bankinternen Asservatenkontos auf das in dem Zahlschein angegebene Konto des Begünstigten weitergeleitet. Hieraus folgt, dass ein Zahlschein einer Überweisung entspricht.

2.2.3.2.

Selbst wenn aber auf der Grundlage des Rahmenvertrags eine Bündelung der Gelder auf einem Eigenkonto von H. ausgeschlossen sein sollte, könnte sich die Klägerin wegen des Verbots widersprüchlichen Verhaltens gemäß § 242 BGB (venire contra factum proprium) nicht auf die unzulässige Handhabung durch H. und damit auf einen Versicherungsfall berufen.

Die Klägerin wusste bereits frühzeitig von der vom Rahmenvertrag abweichenden Überweisungspraxis und duldete diese. Unstreitig führte H. das Poolingverfahren spätestens in den Jahren 2000 bzw. 2001 flächendeckend ein. Diese Umstellung ergab sich für die Klägerin hinreichend deutlich bereits aus der Anzahl der Zahlungseingänge. Wie bereits dargelegt, hätte die Klägerin unter Berücksichtigung der von ihr im Rechtsstreit vertretenen Auffassung nahezu täglich mindestens 32 verschiedene Einzahlungen erhalten müssen. Das war aber nicht der Fall. Vielmehr erhielt die Klägerin jedenfalls nach Einführung des Poolingverfahrens täglich nur noch zwei Überweisungen. Die Änderung der bisherigen Einzahlungspraxis kann der Klägerin deshalb nicht verborgen geblieben sein.

Die Kenntnis der Klägerin von einer Bündelung der Gelder auf einem Eigenkonto von H. ergibt sich auch aus den der Klägerin von H. übersandten Mitteilungen im Zusammenhang mit den gelegentlich auftretenden Zahlungsverzögerungen. So heißt es beispielsweise in einer an die Klägerin mit Schreiben vom 16. September 2003 übersandten Stellungnahme der N. GmbH (Anlage K 13):

'Es kommt leider immer wieder zu Problemen in der Datenkonsolidierung (Gesamtsummen zusammenfassen). des Kunden I. P. und D.. Gründe sind hier in der überlasteten Datenleitung unseres Filialnetzes zu suchen.'

Eine in der Datenverarbeitung bei H. liegende Zahlungsverzögerung setzt aber einen entsprechenden Zusammenhang zwischen dem Datennetz und der Transaktion des Geldes voraus. Ein solcher liegt nur vor, wenn die Gutschrift der eingesammelten Beträge nicht allein von der Einzahlung bei einer Filiale der Deutschen Bundesbank abhängig ist, denn in dem Fall wären weitere Maßnahmen von H. nicht erforderlich. Die Mitteilung der N. GmbH ergibt vielmehr nur dann Sinn, wenn die Gutschrift auf der Basis einer von H. noch zu veranlassenden Überweisung abhängig ist.

Eine Kenntnis der Klägerin ergibt sich auch aus dem weiteren als Anlage K 14 vorgelegten Schreiben der Klägerin an H. vom 2. Februar 2005. Darin heißt es unter anderem:

'Auf telefonische Nachfrage hin in Ihrem Hause wurde mir von Frau L. mitgeteilt, dass die Überweisungen per heute überwiesen werden.'

Dementsprechend war der Klägerin auch unabhängig von der Anzahl der täglichen Geldeingänge bekannt, dass die Gutschriften im Wege der Überweisung und nicht im Wege der Direkteinzahlung erfolgen.

Diese ab dem Jahr 2000 bzw. 2001 geübte Praxis duldete die Klägerin. Insbesondere kann dem Vortrag der Klägerin nicht entnommen werden, dass sie bis zum Eintritt des streitgegenständlichen Schadensfalles die Überweisung von einem Konto von H. nach erfolgter Zusammenführung der eingesammelten Gelder gerügt hätte. Diese Duldung stellt ein vertrauenbegründendes Verhalten dar (vgl. Heinrichs in: Palandt, BGB, 68. Aufl., § 242, Rn. 56), wodurch es ihr verwehrt ist, sich nunmehr auf die Vertragswidrigkeit der von H. über viele Jahre geübten Praxis zu berufen (vgl. BGH NJW 2003, 2448). Dem von Amts wegen zu beachtenden Einwand des § 242 BGB steht ein arglistiges Verhalten von H. nicht entgegen. Zwar kann die Rechtsausübung unzulässig sein, wenn der Berechtigte (hier: H.) gleichzeitig gegen eigene Pflichten verstößt. Ein allgemeiner Rechtsgrundsatz kann hieraus aber nicht abgeleitet werden (vgl. Heinrichs a. a. O., Rn. 46). Unabhängig hiervon bezog sich das arglistige Verhalten der Verantwortlichen bei H. auch nicht auf die Bündelung der eingesammelten Gelder auf einem Konto der Deutschen Bundesbank. Dies war vielmehr sofort erkennbar und wurde von H. auf Nachfrage auch entsprechend bestätigt. Ein arglistiges Verhalten erfolgte vielmehr erst im Anschluss durch die unterbliebene Weiterleitung der gebündelten Beträge an die Berechtigten. So wie die Klägerin aber aufgrund ihres eigenen Verhaltens gegen H. keine Ansprüche wegen eines vertragswidrigen Poolings, sondern nur wegen der anschließenden Unterschlagung geltend machen könnte, kann sie sich auch gegenüber der Klägerin nicht auf das Vorliegen eines Versicherungsfalles aufgrund Poolings auf einem Eigenkonto von H. berufen.

2.2.3.3.

Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen sprechen auch gewichtige Argumente für das Zustandekommen einer einvernehmlichen stillschweigenden Vertragsänderung.

Dem Landgericht ist in diesem Zusammenhang zuzustimmen, dass Schweigen allein in der Regel keine Willenserklärung darstellt. Vielmehr müssen zusätzliche Anhaltspunkte hinzutreten. Das Schweigen des Erklärungsempfängers muss in Verbindung mit den gesamten Umständen als Zustimmung zu verstehen sein. Der Erklärende muss nach Treu und Glauben annehmen dürfen, dass der andere Vertragsteil seinen abweichenden Willen äußern und der Vertragsänderung widersprechen würde, wenn er ihr nicht zustimmen wollte (vgl. BAG DB 1986, 647).

Im vorliegenden Fall duldete die Klägerin die Bündelung der eingesammelten Gelder auf einem Eigenkonto von H. spätestens seit dem Jahr 2001. Darüber hinaus wurde ihren Mitarbeitern mehrfach bestätigt, dass die Gelder im Wege der Überweisung und nicht im Wege der Direkteinzahlung an die Klägerin weitergeleitet würden (s. o.). Gleichwohl widersprach die Klägern dieser Praxis nicht. Hierin ist eine stillschweigende Zustimmung zur Vertragsänderung zu sehen, denn H. hätte bei einem entgegen stehenden Willen der Klägerin eine entsprechende Äußerung erwarten dürfen. Das ergibt sich bereits aus den von der Klägerin selbst aufgezeigten Gesichtspunkten. So trägt die Klägerin vor, dass die ausgezählten Bargeldbeträge bei einer Bündelung auf einem gesonderten und zugunsten von H. bestehenden Konto nicht mehr versichert gewesen wären (Bl. 345 d. A.). Hinzu kommt, dass sich durch diese Vorgehensweise auch das Insolvenzrisiko erhöhte. Soweit die Klägerin dieser Auffassung entgegen tritt und auf ihr in dem Fall bestehendes Aussonderungsrecht verweist (Bl. 343 d. A.), setzt die erfolgreiche Geltendmachung dieses Rechts das Vorhandensein der Vermögenswerte auch nach dem Insolvenzfall voraus. Sind die Beträge hingegen nicht mehr vorhanden, kommt auch eine Aussonderung durch den Insolvenzverwalter grundsätzlich nicht mehr in Betracht. Dementsprechend hat das bestehende Aussonderungsrecht der Klägerin auch im vorliegenden Fall lediglich zu einer Befriedigung ihrer Ansprüche durch den Insolvenzverwalter in Höhe von ca. 30 % verholfen.

Für einen entsprechenden Erklärungswillen der Klägerin spricht weiter, dass die geänderte Überweisungspraxis für die Klägerin mit Vorteilen verbunden war. So gingen mit der gebündelten Überweisung eine Vereinfachung des Verfahrens und eine erhöhte Übersichtlichkeit einher. Darüber hinaus gestand H. der Klägerin bei Verzögerungen im Überweisungsverfahren einen überdurchschnittlich hohen Verzugszins zu. So wurden die Entschädigungszahlungen auf der Basis eines Zinssatzes von 12 % errechnet. Dies ging teilweise nicht unerheblich über den seit 2002 geltenden gesetzlichen Zinssatz gemäß § 288 Abs. 1, 2 BGB hinaus. So lag der gesetzliche Zinssatz gemäß § 288 Abs. 1 BGB zwischen Januar 2002 und Juni 2009 zwischen 6,13 % und 8,32 %. Der Zinssatz gemäß § 288 Abs. 2 BGB lag in diesem Zeitraum zwischen 9,13 % und 11,32 %.

Die Hinnahme der Überweisungspraxis in Verbindung mit den vorstehenden Erwägungen rechtfertigt es daher, aus der Sicht von H. von einer stillschweigenden Zustimmung zum Überweisungsverfahren ausgehen zu können.

Im Hinblick auf den von der Klägerin in der Berufungserwiderung erörterten Mangel der Vertretungsmacht (Bl. 1525 d. A.) ist zu differenzieren. Soweit in dem Verhalten von H. insbesondere in der Beschränkungen auf zwei Überweisungen täglich eine Willenserklärung zu sehen ist, gelten die mit dem Zahlungseingang befassten Mitarbeiter der Klägerin auch als zur Entgegennahme von Erklärungen ermächtigt (vgl. Heinrichs in: Palandt, BGB, 68. Aufl., § 172, Rn. 19). Nachdem das (stillschweigende) Angebot von H. somit in den Empfangsbereich der Klägerin gelangt war, durfte bereits in der weiteren Duldung dieser Überweisungspraxis aufseiten von H. eine Bestätigung durch die Klägerin gesehen werden, ohne dass es insoweit auf die konkrete für die Klägerin handelnde Person ankäme. Ein weitergehender Vortrag ist der Beklagten naturgemäß nicht möglich, weil diese mit den internen Verfahrensabläufen bei der Klägerin ebenso wenig wie H. vertraut ist.

Der Vertragsänderung steht die in Ziff. 6 des Rahmenvertrags vereinbarte Schriftformklausel nicht entgegen, weil die Parteien entsprechend den vorstehenden Ausführungen die Geltung des mündlich Vereinbarten wollten (vgl. BGH NJW-RR 2006, 154. BGH NJW 2006, 138). Grundsätzlich ist dabei auch unerheblich, ob sich die Parteien bei Abschluss der formlos getroffenen Vereinbarung der Schriftformklausel bewusst waren. Ein bewusstes Abweichen von einer Schriftformklausel wird nur bei einer qualifizierten, d. h. individuell vereinbarten Schriftformklausel verlangt. In solchen Fällen muss die qualifizierte Schriftformklausel erst abgeändert werden (vgl. BGH BGHZ 66, 378). Dass die Parteien aber im Hinblick auf die Schriftformklausel eine solche Individualabsprache trafen, wird nicht vorgetragen und ist auch im Übrigen nicht ersichtlich.

Die Anfechtung der stillschweigend vereinbarten Vertragsänderung durch die Klägerin steht der Wirksamkeit der Vereinbarung nicht entgegen. Wie bereits dargelegt, irrte sich die Klägerin nicht über die von H. seit 2000 bzw. 2001 praktizierte Verfahrensweise. Im Gegenteil hatte sie hiervon Kenntnis und billigte sie auch. Selbst wenn der Klägerin allerdings das Erklärungsbewusstsein gefehlt haben sollte, käme eine Anfechtung nicht in Betracht. Diese erfolgte nicht unverzüglich im Sinne von § 121 BGB. Die Klägerin erklärte die Anfechtung erstmals mit Schreiben vom 18. Dezember 2007 (Anlage K 17). Anfang 2006 erlangte sie aber ebenso wie die Beklagte Kenntnis von der jahrelangen Zweckentfremdung von Kundengeldern durch H.. Weil sie bzw. ihre insoweit involvierten Mitarbeiter zu diesem Zeitpunkt aber auch Kenntnis von allen Umständen besaß, die auf ein zumindest stillschweigendes Einverständnis ihrerseits mit der Bündelung der Gelder auf Eigenkonten schließen lassen musste, hätte sie die Anfechtung spätestens zu diesem Zeitpunkt erklären müssen. Insoweit ist die volle Überzeugung vom Bestehen eines Anfechtungsrechts nicht erforderlich. Ausreichend ist vielmehr die Erkenntnis der Klägerin, dass in ihrem Verhalten möglicherweise eine Erklärung liegt, die nicht von einem entsprechenden Erklärungswillen getragen wird (vgl. BGH NJW 1979, 765).

Selbst wenn man davon ausgeht, dass sich für die Klägerin erstmals aus dem Schriftsatz der Beklagten vom 18. September 2007 Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Willenserklärung ergaben (Bl. 103 ff. d. A.), wäre die Anfechtung verspätet erfolgt. Die Obergrenze für eine unverzügliche Anfechtung liegt bei zwei Wochen (vgl. Ellenberger in: Palandt, BGB, 68. Aufl., § 121, Rn. 3). Diese Frist hat die Klägerin überschritten.

Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, durch H. im Zusammenhang mit der Vertragsänderung arglistig getäuscht worden zu sein mit der Folge einer Anfechtungsfrist von einem Jahr gemäß § 124 BGB (Bl. 1526 d. A.). Dieses Anfechtungsrecht ist gleichfalls präkludiert. Selbst wenn H. die Klägerin zum Zeitpunkt ihrer stillschweigenden Willenserklärung über das betriebene Schneeballsystem hätte aufklären müssen, wäre die Anfechtung nicht mehr rechtzeitig erfolgt. Die Klägerin besaß ausweislich der von ihr selbst vorgelegten Presseberichte (Anlage K 12) und auch ausweislich ihres eigenen Vortrags (Bl. 371 d. A.) bereits seit Anfang 2006 Kenntnis vom Schneeballsystem und von der seit den 90er Jahren erfolgten zweckwidrigen Verwendung von Kundengeldern durch H.. Damit hätte eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung aber spätestens Anfang 2007 erfolgen müssen. Tatsächlich wurde die Anfechtung erst Ende 2007 erklärt. Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, von einer Willenserklärung ihrerseits erst zu einem späteren Zeitpunkt erfahren zu haben, sodass die Anfechtungsfrist eingehalten wurde. Insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen.

3.

Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen scheidet ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte aber auch deshalb aus, weil die von ihr erklärte Anfechtung des Versicherungsvertrags wegen arglistiger Täuschung gem. § 123 BGB, § 22 VVG a. F. wirksam ist.

3.1.

Für die Beklagte bestand ein Anfechtungsgrund, da H. ihr gefahrerhebliche Umstände verschwiegen hatte.

Gefahrerheblich sind die Umstände, bei deren Kenntnis der Versicherer den Vertrag gar nicht oder jedenfalls nicht mit dem später vereinbarten Inhalt abgeschlossen hätte. Dazu zählen alle objektiven und subjektiven Umstände, die für die Risikobeurteilung von Bedeutung sein können (vgl. BGH VersR 1994, 711). Für den Senat steht fest, dass H. seit Jahren in erheblichem Umfang ein Schneeballsystem praktizierte, gravierende Fehlbeträge entstanden waren und sie sich praktisch im Zustand der Insolvenzreife befand. So ergibt sich aus dem Strafurteil des Landgerichts Hildesheim vom 16. August 2007, dass H. bereits seit Mitte der 90er Jahre permanent das Schneeballsystem betrieb, indem ausstehende Verbindlichkeiten durch neu eingenommene Gelder ausgeglichen wurden (Seite 11 LGU). Gleichwohl konnten hierdurch die erheblichen Fehlbeträge nicht ausgeglichen werden, was dazu führte, dass 2000 und 2001 die ungedeckten Fehlbeträge bereits einen dreistelligen Millionenbetrag in DM erreicht hatten (Seite 14, 49 LGU).

Ferner steht auf der Grundlage des Strafurteils fest, dass in den Jahren 2001 und 2002 umfangreiche Überweisungen von eingenommenen Kundengeldern für andere Zwecke erfolgten (Seite 23 - 25 LGU). Hierbei handelt es sich jeweils um Beträge in Höhe von mehreren Millionen Euro. Der Geschäftsführer W. der H. Gruppe räumte in dem Strafverfahren ausdrücklich ein, ihm seien die schlechte finanzielle Lage seines Unternehmens und seine Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags bereits seit Anfang der 90er Jahre bekannt und bewusst gewesen (Seite 75 f. LGU). Wie sich aus dem Strafurteil ergibt, ist die andauernde Verletzung der Insolvenzantragspflicht aufgrund der von der H. T. GmbH erwirtschafteten erheblichen jährlichen Fehlbeträge jedenfalls bereits seit 1998 feststellbar. Angesichts dieser detaillierten Feststellungen des Landgerichts kann die Klägerin auch nicht mit ihrem allgemeinen Vortrag gehört werden, dass sie Liquiditätslücke bei Abschluss des Vertrags zur Policennummer ... mit Nichtwissen bestreite (Bl. 361 d. A.).

Bei der besonders sensiblen Versicherung von Werttransporten liegt es auf der Hand, dass massive wirtschaftliche Schwierigkeiten des Transportunternehmens sowie bereits in der Vergangenheit erfolgte zweckwidrige Verwendungen von Geldern in der Form eines Schneeballsystems mit der Folge sich zunehmend aufhäufender Deckungslücken einen für die Übernahme der Gefahr seitens des Versicherers wesentlichen Umstand darstellen (vgl. auch OLG Düsseldorf VersR 2006, 785 zur Vorlage gefälschter Bilanzen. Urteil des LG Köln vom 22. Oktober 2008, Az. 20 O 204/07, recherchiert in juris).

In diesem Zusammenhang kann zunächst offenbleiben, ob es sich bei der Police ... gegenüber dem geltenden Vertrag mit der Policennummer ... um den Abschluss eines neuen Vertrages oder lediglich um den eines Änderungsvertrages handelte. Die §§ 16 ff. VVG a. F. sind auch bei einem Änderungsvertrag anwendbar, wenn die bisherige Leistungspflicht des Versicherers inhaltlich oder zeitlich erweitert wird (vgl. BGH VersR 1994, 39). Das ist schon deshalb der Fall, weil der Vertrag über den Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland hinaus erstreckt wurde, in Ziffer 2.12 auch teilweise die vertragliche Haftung von H. gegenüber den Auftragnehmern übernommen, der Anteil der Beklagten als Mitversicherer von 30 % auf 40 % und die Deckungssumme für die Lagerung je Betriebsstätte deutlich erhöht wurde. Insoweit handelt es sich mithin nicht lediglich um rein interne Umstellungen im Bereich des Maklers, sondern jedenfalls um eine mit einer entsprechenden Willenserklärung der Beklagten verbundene Abänderung bzw. Neuordnung des bisherigen Vertrages.

3.2.

H. war auch verpflichtet, dieses praktizierte Schneeballsystem sowie die tatsächlich schon bestehende Überschuldung der Beklagten bei Abschluss des Vertrags zur Policennummer ... anzuzeigen.

Unerheblich ist insoweit, ob die Beklagte hiernach ausdrücklich fragte. Bei dem Abschluss von Versicherungen dieser Art und Größe ist die Verwendung standardisierter Fragebögen unüblich. Darüber hinaus handelt es sich um individuell konzipierte Verträge nach entsprechenden Vertragsverhandlungen, bei denen die Verneinung einer schriftlich gestellten Frage nicht Anfechtungsvoraussetzung ist. Vielmehr kommt bei Arglist auch das Verschweigen von Umständen in Betracht, nach denen sich der Versicherer nicht ausdrücklich erkundigt. Dies ergibt sich bereits aus § 18 VVG a. F. im Zusammenhang mit dem dort geregelten Rücktrittsrecht.

Eine Anzeigepflicht von H. entfiel auch nicht deshalb, weil das Unternehmen hierdurch eigene Straftaten eingeräumt hätte (vgl. LG Köln a. a. O.). Der Nemotenetur-Grundsatz kann nicht ohne Weiteres auf den Abschluss eines Versicherungsvertrags übertragen werden. Entsprechend hat auch bereits das Bundesverfassungsgericht entschieden, die Verfassung garantiere nicht, dass ein Tatverdächtiger sich einerseits der Gefahr einer Bestrafung entziehe, andererseits aber zugleich private Rechte gegen einen Versicherer voll durchsetzen könne (NZV 1996, 203). Der Versicherer hat vielmehr bei Abschluss eines Vertrages ein legitimes Interesse daran zu erfahren, ob und in welchem Umfang durch frühere Handlungen des Versicherungsnehmers die Gefahr des Eintritts von Versicherungsfällen erhöht wird. Dem steht auch nicht die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 24. September 1986 (VersR 1986, 1089) entgegen. Zwar hat der Bundesgerichtshof eine Verpflichtung des Versicherungsnehmers abgelehnt, sich bei Abschluss eines Versicherungsvertrags unaufgefordert der Begehung strafbarer bislang unentdeckter Handlungen zu bezichtigen und sich so überhaupt erst der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung auszusetzen. Der vom Bundesgerichtshof zu bewertende Sachverhalt ist mit der vorliegenden Konstellation aber nicht vergleichbar. Gegenstand der bundesgerichtlichen Entscheidung war ein bereits abgeschlossener Sachverhalt, bei dem der Versicherungsnehmer einen früheren und mit dem aktuellen Versicherungsverhältnis in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehenden Brandschaden nicht offenbart hatte. Vorliegend handelt es sich bei dem praktizierten Schneeballsystem und der Überschuldung demgegenüber gerade nicht um einen abgeschlossenen Sachverhalt, sondern um ein von H. seit den 90er Jahren praktiziertes Verhalten, welches sich ständig fortsetzte und auch für die weitere Übernahme des Risikos von entscheidender Bedeutung war.

Auch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 24. September 1986 (VersR 1988, 173) ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Der zitierten Entscheidung zufolge ist der Versicherungsnehmer bei Vertragsschluss nicht verpflichtet, von sich aus seine sehr angespannte finanzielle Lage zu offenbaren, weil es bei Abschluss des streitgegenständlichen Vertrages nur um die Brand und Betrugsgefahr und nicht um die Prämiengefahr geht. Im vorliegenden Fall erhöhte demgegenüber die desolate wirtschaftliche Lage der H.-Gruppe gerade die Gefahr, dass es zu unerlaubten Entnahmen von Kundengeldern und damit zum Eintritt eines Versicherungsfalles kommen würde.

Für eine Aufklärungspflicht und gegen die Übertragbarkeit des Nemotenetur-Grundsatzes sprechen schließlich auch die Bestimmungen in §§ 64, 84 GmbHG. Danach ist der Geschäftsführer einer GmbH bei Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit verpflichtet, einen Insolvenzantrag zu stellen. Hiervon ist er auch dann nicht befreit, wenn er durch eigene Taten zu dieser wirtschaftlichen Lage beigetragen hat.

Bei Abschluss der Police ... handelte H. auch arglistig. Dem Geschäftsführer W. der H.-Gruppe waren das von ihm praktizierte Schneeballsystem sowie die schlechte wirtschaftliche Lage seiner Unternehmensgruppe bekannt (vgl. Seite 11, 75 LGU). Er hatte gerade das Schneeballsystem entwickelt, um hierdurch über die schlechte wirtschaftliche Lage seines Unternehmens hinwegzutäuschen und einen Konkurs bzw. Insolvenzantrag zu verhindern. Angesichts der bestehenden erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten von H. kann das Verschweigen dieser Umstände auch nur dem Ziel gedient haben, die Beklagte zum Abschluss des Vertrages zu bewegen. Es liegt auf der Hand, dass die Beklagte bei Kenntnis der kriminellen Machenschaften und der massiven Deckungslücke keinen weiteren Versicherungsschutz gewährt hätte. Unzutreffend ist die insoweit geäußerte Auffassung der Klägerin, die Beklagte hätte bereits aufgrund der ihr anderenfalls drohenden Zahlungsausfälle auch in Kenntnis des Schneeballsystems weiterhin Versicherungsschutz gewährt (Bl. 888 d. A.). Die Risiken, die für die Beklagte mit einer Fortführung des Schneeballsystems und einem sich permanent vergrößernden Schaden verbunden waren, waren weitaus höher als das Risiko, bei einer Beendigung der Vertragsbeziehung von H.-Kunden noch wegen bereits eingetretener Schäden aus der Police ... in Anspruch genommen zu werden. Gleiches gilt für die der Beklagten im Fall einer Kündigung drohenden Prämienverluste. Die Höhe der zukünftig zu erwartenden Prämienzahlungen stand in keinem Verhältnis zu dem potenziellen und später tatsächlich eingetretenen Schaden.

3.3.

Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass der Beklagten bei Abschluss des Vertrags zur Police Nr. ... das Schneeballsystem und die Liquiditätslücke bei H. bekannt waren und es damit an einer Täuschung fehlt. Eine positive Kenntnis der Beklagten steht nicht fest. Fahrlässige Unkenntnis oder bloßes Mitverschulden schließen dagegen die Arglistanfechtung nicht aus (vgl. Ellenberger in: Palandt, BGB, 68. Aufl., § 123, Rn. 24).

Zwar hat die Klägerin vorgetragen, die Beklagte habe bereits seit 1990 Kenntnis von immer wiederkehrenden Schadensfällen bei H. und den dortigen Verhältnissen gehabt. Dies habe sich bereits aus den Prämienrückständen von H. in den Jahren 1998 bis 2000 sowie im Jahr 2003, verschiedenen Schadensmeldungen von Unternehmen und dem persönlichen Verhältnis mit finanziellen Zuwendungen zwischen dem Mitarbeiter S. der Beklagten und dem Geschäftsführer Weis von H. ergeben. Die von der Klägerin im Schriftsatz vom 1. April 2008 dargestellten Anhaltspunkte (Bl. 695 ff. d. A.) genügen allerdings nicht, um von einer sicheren Kenntnis der Beklagten vom Schneeballsystem auszugehen.

Die Klägerin bezieht sich zunächst auf einen im Juli 1990 festgestellten Kassenfehlbestand in Höhe von 265.820,00 € (Bl. 696 d. A.). Insoweit ist aber auch unter Berücksichtigung der im Schriftsatz wiedergegebenen Aussage des Zeugen H. nicht ersichtlich, ob dieser Kassenfehlbestand mit dem Schneeballsystem in Verbindung steht oder ob es insoweit zu einer Straftat durch einen einzelnen Mitarbeiter ohne einen Bezug zur bestehenden Liquiditätslücke kam. Letzteres gilt jedenfalls für die im Vernehmungsprotokoll ebenfalls angesprochene Unterschlagung durch Herrn L. Dass die beiden nachfolgend dargestellten Schadensfälle der Beklagten angezeigt wurden, ist nicht ersichtlich. Soweit für den 15. Mai 1992 zwischen Vertretern der ... und ...bank und der Beklagten ein Gespräch über nicht regulierte Schadensfälle vereinbart war (Bl. 703 d. A., Anlage K 45) ist nicht ersichtlich, ob dieses Gespräch stattfand, welchen Inhalt es hatte und ob sich aus dem Gespräch für die Beklagte die Kenntnis auf ein bestehendes Schneeballsystem ergab.

Auch die in den Jahren 1991 und 1992 aufgetretenen Probleme bei der Prämienzahlung erlauben keine Rückschlüsse auf illegale Aktivitäten bei H. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte wegen der Prämienrückstände bereits bei Abschluss des Änderungsvertrags Kenntnis von einer Insolvenzreife besaß. In diesem Zusammenhang muss auch berücksichtigt werden, dass H. ein über die Jahre und Jahrzehnte ständig wachsendes Unternehmen war, das sich Marktanteile durch besonders günstige Preise eroberte. Dass dies mitunter zu Liquiditätsproblemen führen konnte, lag jedenfalls nicht fern und musste kein Grund zu besonderer Besorgnis bei der Beklagten sein. Von Insolvenzreife wegen Zahlungsunfähigkeit im Sinne von § 17 Abs. 2 InsO musste die Beklagte nicht allein wegen der verzögerten Prämienzahlung ausgehen. An einer Einstellung der Zahlungen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO fehlte es im Übrigen bis zum Zusammenbruch der H.-Gruppe.

Ob die von der Klägerin angesprochene im Jahr 1992 angeblich bestehende Risikolage (Bl. 705 d. A.) in einem Zusammenhang mit dem Schneeballsystem stand, ist nicht ersichtlich.

Die im März 1993 vorsorglich ausgesprochene Kündigung des Versicherungsvertrags durch die Beklagte wurde wieder zurückgenommen und stand in keinem Zusammenhang mit der Unterschlagung von Kundengeldern durch H. Der Kündigung lagen vielmehr die Entwendung eines Panzerwagens und die in diesem Zusammenhang zutage getretenen Sicherheitslücken zugrunde (Bl. 706 d. A.). Dasselbe gilt im Hinblick auf den im Oktober 1996 eingetretenen Schadensfall (Bl. 712 d. A.), den Unterschlagungsverdacht im Juli 1997 (Bl. 713 d. A.). Die im März 2001 erfolgte Veruntreuung von Kundengeldern erfolgte bei der Z. ... und nicht bei H. (Bl. 717 d. A.). Auch die Klägerin räumt insoweit ein, dass eine Beteiligung von H. nicht nachgewiesen worden sei (Bl. 718 d. A.).

Selbst wenn die Beklagte Kenntnis von einzelnen Unregelmäßigkeiten bei H. seit den 90er Jahren und danach gehabt haben sollte, folgt hieraus nicht, dass ihr positiv das von H. sowie ihrem Geschäftsführer W. betriebene Schneeballsystem bekannt war oder sie positives Wissen über die erheblichen Fehlbeträge und die Insolvenzreife der H.-Firmengruppe im Jahr 2000/2001 oder auch später hatte. Bloße Verdachtsmomente genügen für eine derartige Kenntnis gerade nicht. Das gilt selbst dann, wenn der Beklagten diese Umstände aufgrund einfacher oder grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben sein sollten. Hierbei muss zunächst berücksichtigt werden, dass es sich im Verhältnis zur immensen Anzahl der Transportvorgänge, der großen Zahl von Kunden (H. war deutschlandweit Marktführer) sowie dem Umfang des transportierten Geldes nicht um derart häufige und inhaltlich schwerwiegende Vorfälle handelte, dass sie auch für die Beklagte ohne Weiteres und offensichtlich auf der Hand liegend nur mit einer massiven Liquiditätslücke sowie einem dauerhaft betriebenen Schneeballsystem zu erklären gewesen wären.

Entscheidend kommt hinzu, dass trotz möglicherweise zunächst aufgetretener Probleme diese tatsächlich von H. immer wieder beseitigt wurden und es weitgehend gerade nicht zur Notwendigkeit der Abwicklung von Versicherungsfällen kam. So heißt es auch im Strafurteil des Landgerichts Hildesheim ausdrücklich, Beschwerden der vom Schneeballsystem betroffenen Kunden habe es bis Anfang 2004 kaum gegeben (Seite 41 LGU). Die den Kunden von Mitarbeitern der H.-Gruppe gegebenen Ausreden wie Computerprobleme, liegengebliebene Transportfahrzeuge, Personalprobleme, die Wetterlage u. a. hätten diese vielfach überzeugt. Einige größere Kunden hätten H. auch vereinbarungsgemäß Verzugszinsen in Rechnung gestellt und sich mit deren anstandsloser und prompter Bezahlung zufriedengegeben. So habe die H.-Gruppe alleine zwischen 2001 und Februar 2006 etwa 20 Mio. Euro Verzugszinsen gezahlt. Gab es aber gerade keine wesentlichen Kundenbeschwerden, die jedenfalls zu einer Eintrittspflicht der Beklagten führten, so musste diese auch keine positive Kenntnis von der desolaten wirtschaftlichen Lage von H. sowie dem dort praktizierten Schneeballsystem haben.

Darüber hinaus funktionierte das Schneeballsystem jedenfalls noch bis weit in das Jahr 2005 hinein weitgehend reibungslos. Es ist auch aus diesem Grund nicht ersichtlich, warum dann die Beklagte ihrerseits bereits 2001 Kenntnis von der Insolvenzreife und dem Schneeballsystem gehabt haben soll.

Auch aus dem Umstand der Freundschaft zwischen dem Geschäftsführer W. von H. und dem Mitarbeiter S. der Beklagten kann nicht geschlossen werden, dass die Beklagte konkret in das Schneeballsystem von H. eingeweiht worden wäre und Kenntnis von der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage der H.-Gruppe besaß. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass dem Mitarbeiter S. von H. Geschenke gemacht worden sein sollen. Auch wenn diese erfolgt sind, folgt hieraus keine positive Kenntnis des Mitarbeiters von den tatsächlichen Verhältnissen bei H. Die Verantwortlichen bei H. hatten auch keine Veranlassung, Dritte vom Schneeballsystem wissen zu lassen. Gegen eine positive Kenntnis sprechen auch die Angaben des Geschäftsführers Weis von H. anlässlich seiner polizeilichen Vernehmung vom 2. März 2006 (Anlage B 37). Dort heißt es u. a.:

'Ich nehme an, dass die Versicherungen bis 2004 nicht wussten, dass wir nicht taggleich und fristgerecht einzahlten. Danach hat es Kunden gegeben, die dem Versicherer ein Fax schickten, dass sie nicht taggleich von uns Geld erhielten. Der Makler fragte dann bei uns nach und bekam die Quittung der Abendeinzahlung, so dass der Betrag für die Versicherung als eingezahlt nachgewiesen war. Auch hier nutzten wir wieder unsere üblichen Ausreden, mit denen wir die nicht taggleiche Einzahlung begründeten.

Meines Wissens setzten sich nur die Kunden 'No.' und/oder 'N.' mit der Versicherung in Verbindung. Andere Kunden, die sich nicht beschwerten, wurden geschoben, d. h. die Rückzahlung um weitere Tage verzögert, weil ja das Geld bereits für die Beschwerdeführer verbraucht war. Ich erinnere mich noch an ein Gespräch aus Januar 2006, an dem ich mit H. und S. im I. in H. zusammen saß. Herr S. trug massiv vor, dass H. Kundengelder nicht taggleich einzahle. Er wollte wissen, ob das zutreffe und welche Gründe hierfür vorliegen. Ich nutzte die übliche Standardantwort. Nach meinem Eindruck stellte ihn das nicht restlos zufrieden. Ich bin der Meinung, dass er weitere Gespräche mit mir verlangte. Das weiß ich aber nicht genau. Er hatte zuvor erfahren, dass L. uns gekündigt hatte und war misstrauisch geworden. Herr S. hat sich auf mein Wort verlassen. Wir arbeiten seit ca. 15 Jahren zusammen. Es war schäbig von mir, ihn angelogen zu haben.'

Wenn aber dem Geschäftsführer von H. tatsächlich von dem Mitarbeiter der Beklagten im Januar 2006 Vorhalte gemacht und der Geschäftsführer nach dem Grund der verspäteten Zahlungen gefragt wurde, kann gerade nicht von einer sicheren Kenntnis dieses Mitarbeiters vom Grund der verspäteten Zahlungen ausgegangen werden.

Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte sich treuwidrig einer eigenen Kenntnis verschlossen hätte und sich aus diesem Grund gemäß § 242 BGB oder in entsprechender Anwendung von § 162 BGB so behandeln lassen müsste, als hätte sie diese Kenntnisse besessen. Insbesondere eine entsprechende Anwendung von § 162 BGB kommt nicht schon dann in Betracht, wenn der Getäuschte den maßgeblichen Umstand fahrlässig nicht erkannt hat. Es geht vielmehr nur um solche Fälle, in denen der Geschädigte es versäumt, eine gleichsam auf der Hand liegende, durch einfache Nachfrage zu realisierende Erkenntnismöglichkeit wahrzunehmen und das Berufen auf Unkenntnis als Förmelei erscheint, weil jeder andere in der Lage des Geschädigten die Kenntnis gehabt hätte (vgl. BGH NJW 1998, 3192). Das ist hier nicht der Fall, weil die der Beklagten vorliegenden Informationen viel zu vage waren, um auf einen konkreten Schadensfall schließen zu können.

3.4.

Die mit Schreiben vom 8. Januar 2008 ausgesprochene Anfechtung des Versicherungsvertrags zur Versicherungspolice Nr. ... war auch wirksam.

3.4.1.

Hierbei kommt es zunächst nicht darauf an, dass die Beklagte nicht sämtliche Anfechtungsgründe im Einzelnen in diesem Schreiben darlegte. Ausreichend ist es vielmehr, wenn für den Anfechtungsgegner erkennbar ist, auf welchen tatsächlichen Grund die Anfechtung gestützt werden soll (vgl. Ellenberger in: Palandt, BGB, 68. Aufl., § 143 Rn. 3). Dies war hier bereits deshalb hinreichend deutlich, weil die Beklagte in dem Anfechtungsschreiben auf das bereits vor dem Jahr 2001 verwendete Schneeballsystem bei H. und die hiermit verbundene Zweckentfremdung von Kundengeldern sowie die bestehende erhebliche Liquiditätslücke verwies. Zusätzliche erklärende Angaben waren in diesem Schreiben nicht nötig.

Ferner wird aus dem Inhalt des Schreibens auch klar, auf welche Gesellschaften der H.-Gruppe sich die Anfechtungserklärung bezog. Hierbei handelt es sich auch nicht um jeweils selbständige Versicherungsverträge, sondern um den einheitlichen Vertrag zur Versicherungspolice Nr. .... Infolgedessen ist es unerheblich, wenn im weiteren Verlauf des Schreibens nur von H. bzw. der H.-Gruppe gesprochen wird.

3.4.2.

Die Anfechtungserklärung der Beklagten ist auch nicht nach § 174 BGB unwirksam. Hierbei kommt es auf die Frage der ordnungsgemäßen Beifügung von Vollmachten der Mitversicherer nicht an. Im vorliegenden Fall war eine offene Mitversicherung gegeben. In diesen Fällen schließt der Versicherungsnehmer rechtlich selbständige Verträge mit den einzelnen Versicherungsunternehmen, mögen diese auch formal in einem Vertragstext gebündelt sein (vgl. Kollhosser in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., vor § 58 Rn. 3). Da die Klägerin die Beklagte ohnehin nur auf deren Anteil von 62,5 % in Anspruch nimmt und jedenfalls deren Erklärung formal wirksam angefochten wurde, ist das Schicksal der Anfechtung hinsichtlich der übrigen Mitversicherer unerheblich.

3.4.3.

Die Anfechtung erfolgte auch innerhalb der Jahresfrist des § 124 BGB. Die Frist beginnt im Falle der arglistigen Täuschung mit dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt. Erforderlich hierfür ist, dass der Anfechtungsberechtigte positive Kenntnis von den die Anfechtung begründenden Umständen erlangt hat. Zwar ist es hierfür nicht erforderlich, dass der Anfechtungsberechtigte alle Einzelheiten der Täuschung kennt, so dass es entscheidend auf den Gesamteindruck ankommt. Allerdings genügt ein bloßer Verdacht oder das Kennenmüssen nicht (vgl. BGH WM 1973, 751. Ellenberger in: Palandt, BGB, 68. Aufl., § 124 Rn. 2).

Eine derart sichere Kenntnis der Beklagten vor dem 8. Januar 2007 lässt sich indessen nicht feststellen. Auch hier kommt es nicht darauf an, ob der Beklagten selbst oder über den Versicherungsmakler M. GmbH in den Jahren 2001 bis 2006 einzelne Schadensfälle gemeldet wurden. Entscheidend ist vielmehr, ob die Beklagte Kenntnis von den Anfechtungsgründen besaß und dementsprechend von dem von H. praktizierten Schneeballsystem sowie der bei dem Unternehmen bereits bestehenden erheblichen Liquiditätslücke wusste. Hierfür ist nichts ersichtlich. Tatsächlich erfolgten in dem Zeitraum vor dem Zusammenbruch des Schneeballsystems mit der Durchsuchung am 17. Februar 2006 und dem Stellen des Insolvenzantrages am 20. Februar 2006 weiterhin regelmäßig Zahlungen durch H. an seine Kunden, wenngleich teilweise mit gewisser Verspätung. Entsprechend wird auch im Strafurteil des Landgerichts Hildesheim festgestellt, dass ab September 2005 zwar mehrere Großkunden wie R. und E. bei verzögerten Geldauszahlungen durch zügige Schadensanzeige die Beklagte informierten. Da sie ihr Geld aber dann noch erhielten, nahmen sie diese Anzeigen jeweils wieder zurück (Seite 43 LGU). Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte bereits vor dem 8. Januar 2006 sichere Kenntnis von den im Zeitpunkt des Neuabschlusses des Vertrages zum 1. Dezember 2001 bestehenden gravierenden Liquiditätsschwierigkeiten der H.-Gruppe erlangt hatte oder ihr das von H. betriebene Schneeballsystem bekannt gewesen wäre.

Soweit es die bis zum Jahr 2001 bestehenden Verdachtsmomente betrifft, wird auf die obigen Ausführungen unter 3.3. Bezug genommen. Aber auch die später gemeldeten Schadensfälle oder sonstigen Verdachtsmomente erlauben keine hinreichend sicheren Rückschlüsse auf ein bereits vor dem Abschluss des Versicherungsvertrags zur Police Nr. ... bestehendes Schneeballsystem. Einerseits handelte es sich hierbei um Einzelfälle, die keine Rückschlüsse auf eine grundlegende Liquiditätslücke erlaubten. Selbst wenn man dies anders sehen will, kann aber von der Existenz einer Liquiditätslücke nicht automatisch auf die Dauer dieser Situation geschlossen werden. Selbst wenn sich dementsprechend auf der Grundlage des Klägervortrags die Hinweise auf ein von H. systematisch betriebenes Schneeballsystem verdichtet haben sollten, kann hieraus nicht auch gleichzeitig gefolgert werden, dass dieses System bereits vor Abschluss des neuen Versicherungsvertrags existierte. Insoweit erübrigt sich auch eine weitergehende Auseinandersetzung mit jedem einzelnen von der Klägerin aufgeführten Verdachtsfall.

3.5.

Das Anfechtungsrecht der Beklagten ist auch nicht ausgeschlossen.

3.5.1.

Der Versicherungspolice Nr. ... kann kein Ausschluss des Anfechtungsrechts entnommen werden. Zwar bestimmt Ziffer 13.4, dass Verstöße gegen Obliegenheiten, sonstige Rechtspflichten und Sicherheitsauflagen durch die Versicherungsnehmerin den Versicherungsschutz nicht beeinträchtigen. Diese Vorschrift bezieht sich aber lediglich auf Obliegenheitsverletzungen von H. während der laufenden Vertragszeit. Hiervon werden etwa Verstöße gegen Anzeigeobliegenheiten, Mitwirkungspflichten und Regelungen zur Sicherheit der Transporte umfasst. Zu der streitgegenständlichen Täuschung kam es hingegen vor Vertragsschluss. Mit einer Obliegenheit, sonstigen Rechtspflicht oder Sicherheitsauflagen während des laufenden Vertrages hat dies nichts zu tun.

Die Klausel kann auch aus der Sicht von H. als verständiger Versicherungsnehmerin oder auch aus der Sicht der Klägerin als Versicherter nicht dahin ausgelegt werden, dass die Beklagte sich gegenüber der Klägerin nicht auf die Anfechtung berufen darf. Die Klägerin konnte diese Bestimmung vernünftigerweise nicht dahin verstehen, dass die Beklagte sich für den Fall einer überhaupt erst zum Vertragsschluss führenden arglistigen Täuschung durch H. des Rechts begeben wollte, dieses treuwidrige Verhalten von H. als Vertragspartnerin auch ihr als Versicherte entgegenzuhalten (vgl. für einen ähnlichen Fall auch OLG Düsseldorf VersR 2006, 785. Urteil des LG Köln vom 22. Oktober 2008, Az. 20 O 204/07, recherchiert in juris). Anderenfalls wären Unredlichkeiten auf Seiten des zukünftigen Versicherungsnehmers jedenfalls im Verhältnis zum Versicherten sanktionslos Tür und Tor geöffnet, was ersichtlich nicht der erkennbaren Interessenlage der Beklagten entsprach. Diese besaß keine Veranlassung, sich ihres Anfechtungsrechts wegen arglistiger Täuschung zu begeben. Entsprechendes musste sich auch der Klägerin als vernünftiger objektiver Dritter aufdrängen. Sie kann nicht redlicherweise davon ausgehen, Versicherungsschutz aus einem wegen arglistiger Täuschung von Anfang an nichtigen Vertrag zu erhalten. Aus diesen Gründen vermag auch die insoweit entgegenstehende Entscheidung des LG Hamburg vom 20. September 2007 (409 O 53/06) nicht zu überzeugen.

Soweit das OLG Düsseldorf demgegenüber in seinem Urteil vom 5. November 2008 (Az. I 18 U 188/07, recherchiert in juris) das Anfechtungsrecht im Fall einer Werttransportversicherung für ausgeschlossen erachtet hat, lagen dieser Entscheidung andere Versicherungsbedingungen zugrunde. Dort war in Ziff. 9.3.3 der dem Senat aus anderen Verfahren bekannten Bedingungen bestimmt, dass den Entschädigungsansprüchen der Aufraggeber Einwendungen aus dem Deckungsverhältnis nicht entgegengehalten werden können. Das gelte insbesondere für die Berufung auf Leistungsfreiheit, auf mangelnde Haftung des Versicherungsnehmers und Nichtzahlung der Prämie. Diese Regelung geht damit deutlich weiter als die hier verwendete Bestimmung, die lediglich davon spricht, dass Verstöße gegen Obliegenheiten, sonstige Rechtspflichten oder Sicherheitsauflagen durch die Versicherungsnehmerin den Versicherungsschutz nicht beeinträchtigen. Eine weitergehende Erstreckung auf Einwendungen jedweder Art aus dem Deckungsverhältnis wurde hingegen nicht vereinbart. Infolgedessen kann auch offen bleiben, ob eine derartige Klausel in Ermangelung eines bestehenden Deckungsverhältnisses nach erfolgter Anfechtung überhaupt auf die Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung erstreckt (so die Ansicht des LG Köln im Urteil vom 22. Oktober 2008, Az. 20 O 204/07.

Zwar ist der Versicherungsschutz in solchen Konstellationen nur unvollkommen, weil sich der Versicherer von seiner Leistungspflicht durch eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung befreien kann. Umgekehrt hätte ein Ausschluss des Anfechtungsrechts aber zur Folge, dass die Beklagte als Versicherer schutzlos jeder Art von arglistigen Täuschungen des Versicherungsnehmers bei Vertragsschluss ausgeliefert wäre. Ein derartig weitgehender Ausschluss des Anfechtungsrechts wegen arglistiger Täuschung würde eine ausdrückliche Regelung im Vertrag voraussetzen, an der es gerade fehlt. Infolgedessen stellt Ziffer 13.4 der Bedingungen hier keine Ausnahme von § 334 BGB für die arglistige Täuschung bei Vertragsschluss dar. Ebenso wenig kann diese Regelung oder der weitere Inhalt des Versicherungsvertrages dahin verstanden werden, die Beklagte wolle die Klägerin und andere Versicherte in der Sache so stellen als seien diese selbst die Versicherungsnehmer. Eine derartige vertragliche Regelung wurde gerade nicht getroffen. Hätte die Klägerin einen derart weitgehenden Versicherungsschutz gewünscht, hätte sie als eigenständige Versicherungsnehmerin selbst einen Versicherungsvertrag über die Transportrisiken schließen müssen. Wenn sie hierauf aus Kostengründen und/oder zur Verwaltungsvereinfachung verzichtet, fällt das alleine in ihren Risikobereich.

Auch aus weiteren Bestimmungen des Vertrages lässt sich ein Ausschluss des Anfechtungsrechts nicht herleiten. Ziffer 6.1 der Bedingungen bestimmt zwar, dass die bei Abschluss dieser Police zu erfüllende Anzeigepflicht erfüllt ist. Hierbei geht es jedoch, wie sich aus der Abschnittsüberschrift 'Deklarationspflicht' und den weiteren Regelungen in Ziffer 6.2 - 6.4 ergibt, nicht um jedwede Anzeige gefahrerheblicher Umstände nach §§ 16 ff. VVG a. F. Vielmehr geht es nur um bestimmte vom Versicherungsnehmer geschuldete Mitteilungen, die für die Prämienberechnung der Beklagten von Bedeutung sind. Hierunter fallen die Mitteilung über das für die Transporte erzielte Entgelt in Ziffer 6.2 oder die Mitteilung über aus Tresoren durchzuführende Entnahmen in Ziffer 6.3. Demgegenüber kann gerade auch mit Rücksicht auf den nur eingeschränkten Anwendungsbereich von Ziffer 13.4 die Klausel nicht dahin verstanden werden, dass die Beklagte H. damit einen 'Blankoscheck' des Inhalts erteilt hätte, sämtliche gefahrerheblichen Umstände nach §§ 16 ff. VVG a. F. angezeigt zu haben. Das würde einen Verzicht der Beklagten auf die Ausübung des Anfechtungsrechts selbst im Verhältnis zu H. bedeuten. Da ein derart weitgehender Verzicht der Beklagten gänzlich ungewöhnlich wäre, hätte hierfür in jedem Fall eine eindeutige Regelung getroffen werden müssen. Daran fehlt es allerdings.

Soweit Ziffer 10 der Bedingungen der Versicherungsnehmerin unter bestimmten Voraussetzungen eine Gefahrerhöhung gestattet, bezieht sich die Vorschrift wie auch die §§ 23 ff. VVG a. F. nur auf Gefahrerhöhungen nach Vertragsschluss. Bereits bei Vertragsschluss verschwiegene Umstände stellen demgegenüber keine Gefahrerhöhung dar (vgl. BGH VersR 1979, 73. OLG Köln RuS 2006, 379. OLG Karlsruhe VersR 2004, 374). Ein Ausschluss des Anfechtungsrechts lässt sich hieraus mithin nicht herleiten.

Ziffer 14.4 betrifft nur die vorzeitige Aufhebung des Vertrages aus wichtigem Grund bei vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verstößen gegen Obliegenheiten, und verknüpft die Ausübung dieses Rechts mit einer Frist von 3 Monaten. Ein Ausschluss des Rechts zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung lässt sich hieraus nicht entnehmen.

Ziffer 15.3 enthält schließlich lediglich Regelungen zur Mitversicherung und zur Führungsklausel, ist hier mithin für die Anfechtung der Beklagten unbeachtlich.

3.5.2.

Auch ein gesetzlicher Ausschluss des Anfechtungsrechts kommt nicht in Betracht. Zunächst folgt dies nicht aus einer Verletzung der Nachfrageobliegenheit seitens der Beklagten. Insoweit hat der Bundesgerichtshof seine frühere Rechtsprechung aufgegeben, wonach der Versicherungsnehmer sich bei arglistiger Verletzung der Anzeigeobliegenheit auf eine Verletzung einer Nachfrageobliegenheit seitens des Versicherers berufen kann (vgl. BGH VersR 2007, 96).

Die Anfechtung ist auch nicht gemäß § 123 Abs. 2 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin die von H. begangene Täuschung kannte oder kennen musste. Die Vorschrift des § 123 Abs. 2 Satz 2 BGB findet nämlich zugunsten des Versicherten bei einer Versicherung für fremde Rechnung keine Anwendung (vgl. OLG Düsseldorf VersR 2006, 785. Urteil des Landgerichts Köln vom 2. Oktober 2008, Az. 20 O 204/07, recherchiert in juris). Dritter ist nämlich nur der am Geschäft Unbeteiligte. Hierunter fällt aber nicht, wer auf der Seite des Erklärungsempfängers steht. Davon ist bei dem Versicherten im Verhältnis zum Versicherungsnehmer aber auszugehen, wie sich auch aus der Wertung des § 79 Abs. 1 VVG a. F. ergibt (vgl. BGH VersR 1991, 1404). Ihr ist zu entnehmen, dass der Versicherte bei der Fremdversicherung dem Versicherungsnehmer grundsätzlich gleichgestellt ist (vgl. Prölss in: Prölss/Martin, § 79 Rn. 1). Entsprechend kann der Versicherer dem Versicherten gem. § 334 BGB grundsätzlich alle Einwendungen entgegensetzen, die aus seinem Vertragsverhältnis zum Versicherungsnehmer resultieren (vgl. BGH VersR 1967, 343). Hierzu zählt auch das Recht zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Dieses Ergebnis ergibt sich ferner aus einem Umkehrschluss zu § 158 i VVG a. F. Dort ist für den Bereich der PflichtHaftpflichtversicherung geregelt, dass die Leistungspflicht des Versicherers gegenüber dem Versicherten auch bei Leistungsfreiheit gegenüber dem Versicherungsnehmer bestehen bleibt, es sei denn, dass dem Versicherten die zugrunde liegenden Umstände bekannt oder grob fahrlässig nicht bekannt waren. Im Bereich der Feuerversicherung bestimmt § 102 Abs. 1 Satz 2 VVG a. F. darüber hinaus sogar in jedem Fall ein Fortbestehen der Leistungspflicht des Versicherers gegenüber dem Realgläubiger auch für den Fall der Anfechtung des Vertrages. Für die übrigen Fälle der Fremdversicherung bleibt es demgegenüber dabei, dass der Versicherer seine Leistungsfreiheit gegenüber dem Versicherungsnehmer ohne Weiteres auch dem Versicherer entgegenhalten kann.

3.6.

Die Beklagte bestätigte den Fortbestand des Versicherungsvertrages auch nicht gemäß § 144 BGB. Erforderlich hierfür ist ein Verhalten, aus dem aus Sicht eines objektiven Beobachters auf den Willen des Erklärenden geschlossen werden kann, trotz der Anfechtbarkeit an dem Rechtsgeschäft festzuhalten (vgl. Ellenberger in: Palandt, BGB, 68. Aufl., § 144 Rn. 2). Jede andere den Umständen nach mögliche Deutung muss ausgeschlossen sein. Eine Bestätigung setzt daher in der Regel voraus, dass der Bestätigende die Anfechtbarkeit kennt oder mit ihr rechnet (vgl. BGHZ 129, 377). Eine derartige Kenntnis der Beklagten ist hier nicht ersichtlich. Auch wenn diese in den Jahren 2001 bis 2006 Kenntnis von einzelnen Unregelmäßigkeiten durch H. gehabt hat, bedeutet dies nicht, dass sie zugleich Kenntnis von dem generell praktizierten Schneeballsystem, der erheblichen Liquiditätslücke sowie der Insolvenzreife von H. bereits bei Vertragsschluss zum 1. Dezember 2001 gehabt hätte. Keine Bestätigung liegt aus diesem Grund ferner in der Versicherungsbestätigung vom 10. Mai 2006 (Anlage K 7). Es ist nicht erkennbar, dass die Beklagte zu diesem Zeitpunkt positive Kenntnis von dem Schneeballsystem und den Liquiditätsschwierigkeiten von H. bereits Ende 2001 hatte und gleichwohl auf ihr Anfechtungsrecht verzichten wollte.

3.7.

Rechtsfolge der wirksamen Anfechtung der Police Nr. ... ist gem. § 142 Abs. 1 BGB, dass diese von Anfang an nichtig ist. Aus ihr kann die Klägerin mithin keine Ansprüche herleiten.

Dabei ist vom Abschluss eines Neuvertrages zur Police Nr. ... auszugehen, der an die Stelle des bisherigen Vertrages ... getreten ist, sodass die Anfechtung des Vertrages Nr. ... zur Unwirksamkeit dieses gesamten Vertrages von Anfang an führt. Demgegenüber kam es nicht lediglich zur Unwirksamkeit der Änderungsbestimmungen mit der Folge, dass der frühere Vertrag zur Police Nr. ... weiterhin Bestand hätte.

Treffen Parteien eines Versicherungsvertrages von diesem abweichende Vereinbarungen, so kann es sich entweder um eine bloße Abänderung des bestehenden Vertrages oder um dessen Aufhebung und den Abschluss eines neuen Vertrages handeln (vgl. OLG Saarbrücken, VersR 2007, 1681. OLG Köln, VersR 2002, 1225). Maßgebend ist der anhand der §§ 133, 157 BGB unter Berücksichtigung des objektiven Empfängerhorizonts zu ermittelnde Parteiwille. Der Ausstellung eines neuen Versicherungsscheins anstelle eines Nachtrags kommt dabei nur geringe Bedeutung zu. Maßgebend sind nicht derartige formale Umstände, sondern es ist darauf abzustellen, welcher Art die angestrebten Veränderungen der vertraglichen Beziehungen sind. Für einen vollständig neuen Versicherungsvertrag kann sprechen, wenn in der Gesamtheit erhebliche Neuregelungen des versicherten Risikos, der Versicherungssumme, der Prämienhöhe, der Versicherungsdauer und des Inhalts der vereinbarten AVB erfolgt sind (vgl. OLG Saarbrücken, a. a. O.). Wegen der weitreichenden Folgen der Ersetzung des bisherigen Versicherungsschutzes durch einen neuen Versicherungsvertrag muss ein dahingehender Vertragswille deutlich zum Ausdruck kommen.

Auch unter Zugrundelegung dieser strengen Anforderungen ist vorliegend aber vom Abschluss eines vollständig neuen Vertrages und nicht nur von der Abänderung des alten Vertrages auszugehen. Insoweit ist an der bisherigen Rechtsprechung des Senats in den Urteilen vom 19. September 2008 (8 U 11/08 und 8 U 63/08) und vom 29. Januar 2009 (8 U 41/08, 8 U 93/08 und 8 U 94/08) festzuhalten.

Zunächst wurde die bisherige Transportversicherung zur Police Nr. ... in eine sog. Valorenversicherung zur Police Nr. ... umgestaltet. Dass es sich hierbei auch nach dem Willen der Vertragspartner nicht bloß um eine geringfügige Anpassung des bisherigen Vertrages handeln sollte, belegt bereits das Schreiben der M. GmbH an H. vom 26. November 2001. Darin verwies sie darauf, auftragsgemäß diese Deckung per 1. Dezember 2001, 0:00 Uhr, in Kraft gesetzt zu haben. Die übersandten Auflagen und Sicherheitsvorschriften seien Bestandteil des neu abgeschlossenen Vertrages und ersetzten alle bisherigen Vereinbarungen (Anlage B 15).

Ferner sprachen sowohl die Beklagte als auch die M. GmbH in verschiedenen Mitteilungen während der laufenden Vertragsverhandlungen jeweils von einer 'Neuordnung der Verträge'. Diese Formulierungen finden sich beispielsweise in Schreiben der Beklagten vom 22. Oktober 2001 (Anlage K 141) und 25. Oktober 2001 (Anlage K 144) sowie der M. GmbH vom 23. Oktober 2001 (Anlage K 142). Ferner wurde H. durch die M. GmbH mit Schreiben vom 5. Dezember 2001 die '1. Rate' für die Prämie zur Police ... in Rechnung gestellt (Anlage K 149) und unter dem 23. Juli 2002 die "Endabrechnung 1. Januar 2001 bis 30. November 2001" für die Police ... erteilt (Anlage K 151). Unerheblich ist demgegenüber, dass die Beklagte für die interne Abwicklung die einheitliche Ordnungsnummer ... führte. Das betrifft lediglich die interne Handhabung der Geschäftsbeziehung der Beklagten mit H. Es bedeutet aber nicht, dass es sich bei sämtlichen Vorgängen unter dieser Nummer immer um denselben Vertrag handeln würde. So bestand beispielsweise für die H. Geld und W. GmbH ein eigenständiger Vertrag. Gleichwohl wurde auch dieser Vertrag von der Beklagten unter der internen Nummer ... geführt (Bl. 1068 d. A., Anlage B 22).

Aber auch in der Sache liegen wesentliche Änderungen im Versicherungsschutz vor. Das ergibt sich nicht nur aus einem unmittelbaren Vergleich der vorliegenden Policen ... (Anlage B 14) und ... (Anlage K 2, gültig ab 1. Dezember 2004), sondern auch aus den sonstigen Unterlagen, die den Regelungszustand zum 1. Dezember 2001 ausweisen. Zwar gibt es keine genau auf diesen Stichtag bezogene Police. Allerdings lässt sich aus dem Schriftverkehr zwischen der Beklagten und der M. GmbH bis zum Abschluss der Police ... zum 1. Dezember 2001 deren Inhalt ermitteln (vgl. Anlagen B 23 - 25, K 141 - 144). Insbesondere wird der Stand zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Police durch die Deckungsnote vom 30. November 2001 mit einem Vermerk eines Sachbearbeiters der Beklagten dokumentiert (Anlage B 24).

Zunächst war die Neuordnung zum 1. Dezember 2001 mit einer Erhöhung der Beteiligung der Beklagten von 30 % (vgl. Zeichnungslisten Anlagen K 33 - 38, B 19, 20) auf 40 % (Anlagen K 145, B 24) und dann später ab dem 1. Dezember 2002 noch einmal auf 62,5 % (Anlage K 10) verbunden. Dieses neue Beteiligungsverhältnis der Beklagten stellte für sie die Übernahme eines gegenüber dem bisherigen Vertrag deutlich erhöhten Risikos dar. Die Erhöhung der Beteiligungsquote von 30 % auf 40 % ist auch erst mit der Police ... und noch nicht unter der Geltung des früheren Vertrages zur Police ... erfolgt. So wurde etwa die Prämienberechnung für das anteilige Versicherungsjahr vom 1. Januar 2001 bis 30. November 2001 auf der Basis des bisherigen Anteils der Beklagten von 30% vorgenommen. Die Klägerin hat auch keine Zeichnungsliste vorlegen können, aus der sich eine Beteiligung der Beklagten von 40 % bereits zur Police ... ergibt. Der weitere Schriftverkehr im Jahr 2001 vor Abschluss des neuen Vertrages zur Police Nr. ... belegt ebenfalls nicht, dass es bereits unabhängig von der Neugestaltung des Vertrags bereits unter der Police ... zu einer Erhöhung der Beteiligungsquote kommen sollte. Insbesondere ergibt sich aus dem Schreiben der M. GmbH vom 12. Juni 2007 (Anlage K 21) keine Beteiligung von 40 % unter der Police ... Im Gegenteil bestätigte die GmbH eine Beteiligung der Beklagten von 40 % erst ab dem 1. Dezember 2001 und von 62,5 % ab dem 1. Dezember 2002. Dass die Beteiligung von 40 % bereits unter der Police Nr. ... betrug, kann der Auskunft hingegen nicht entnommen werden.

Eine weitere wesentliche Änderung lag darin, dass bei der Police ... noch insgesamt acht namhafte Kunden von H. ausdrücklich vom Versicherungsschutz ausgenommen wurden, u. a. C. S., T ... , S., W. und A. (Anlage B 14), während dies bei der Police ... nur noch ein Kunde war. Auch das war mit einer deutlichen Risikoerhöhung für die Beklagte verbunden, weil das Volumen des versicherten Geldes insbesondere durch die Einbeziehung der Lebensmittelketten deutlich erhöht wurde.

Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Police ... mit der Umstellung von DM auf Euro zusammenfiel, so dass eine gänzliche Neuordnung des versicherten Risikos wegen des in dieser Übergangsphase drastisch erhöhten Transportvolumens erforderlich war. So heißt es in einem Schreiben der M. GmbH vom 25. Januar 2007 (Anlage B 16):

'... war tragender Grund für die Neuordnung des Versicherungsvertrages die EuroEinführung. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass der Großteil der damals beteiligten Versicherer noch vor der EuroUmstellung das Geschäft im Bereich Geldtransportversicherung aufgegeben haben. Dies führte dazu, dass zum damaligen Zeitpunkt gewisse Kapazitätsengpässe bestanden, um die für H. notwendigen Summenerhöhungen (maximal) zu realisieren. Auch die M. Vers. AG konnte die erforderlichen Maxima damals nicht darstellen, mit der Folge, dass M. damals in Abstimmung mit H. eine Lösung über den Londoner Markt realisierte (Exzess-Deckung). Aus diesem Grund wurde seit dem materiellen Versicherungsbild der Valorenversicherung Nr. ... eine Struktur der Grunddeckung und Exzessdeckung installiert.'

Diese Währungsumstellung von DM auf Euro machte eine Neuordnung des Versicherungskonzeptes gerade auch für die Beklagte erforderlich, weil andere Mitversicherer gar nicht oder jedenfalls zunächst nicht mehr bereit waren, sich an der Versicherung über den 31. Dezember 2001 hinaus zu beteiligen. Gerade dieser angekündigte bzw. erfolgte Ausstieg anderer Versicherer erforderte eine Änderung im Versichererkonsortium und damit eine Erhöhung des Anteils der Beklagten in der besonders kritischen Zeit der Währungsumstellung. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass über die M. GmbH für H. noch Exzedentenversicherungen über den Londoner Versicherungsmarkt abgeschlossen wurden (Anlage K 22).

Zunächst handelt es sich bei der Exzedentenversicherung nur um eine zusätzliche Versicherung, die auch lediglich für die beiden Cash-Center in H. und V. galt. Die weitere Police vom 10. September 2001 bezieht sich nur auf EuroMünzen und EuroBanknoten (Anlage K 156), deckt also gerade nicht das erhöhte Risiko durch das massiv gesteigerte Transportvolumen bei der alten Währung.

Außerdem wurde die Deckungssumme für einzelne bisher schon erfasste Betriebsstätten erhöht, etwa für G., H., H., V. und H.

Ferner wurde der örtliche Geltungsbereich der Versicherung erweitert, da die Police ... sich nur auf die Bundesrepublik Deutschland bezog, die Police ... dagegen zusätzlich auch auf D. (sowie später noch einmal erweiternd auch auf Ö., die S. und die N.). Diese erstmalige Erstreckung des Versicherungsschutzes über das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland hinaus stellte für die Beklagte eine deutliche Risikoausweitung dar, da hier dann jeweils noch die besonderen örtlichen Verhältnisse im Ausland in Rechnung zu stellen waren.

Außerdem wurde H. in Ziff. 2.2.5 der Einsatz von Subunternehmern und deren Mitversicherung unter bestimmten dort genannten Voraussetzungen gestattet, was bei der Police ... noch nicht der Fall war.

Aus einem Vergleich der Policen ... und ... ergeben sich weitere Unterschiede. Dies bezieht sich zunächst auf die Personen der Versicherungsnehmer in der H.-Gruppe. Die Police ... enthält Versicherungsnehmer, die in der Police ... überhaupt nicht aufgeführt waren, nämlich die H. W. ... GmbH, die S. ... W., die F. D. ... GmbH, die H.... GmbH, die H. ... - und W. GmbH sowie die H.S. ... BV. Umgekehrt werden andere in der Police ... bisher genannte Firmen der H.-Gruppe in der neuen Police nicht mehr aufgeführt. Der Umstand, dass dann später im bereits laufenden Vertrag ... ausweislich des Anfechtungsschreibens vom 8. Januar 2007 weitere Versicherungsnehmer aufgenommen wurden, steht der Annahme einer wesentlichen Änderung in der Person der Versicherungsnehmer beim Wechsel von der Transportversicherung ... zur Valorenversicherung ... nicht entgegen. Insoweit blieb es den Parteien im Wege der Vertragsfreiheit unbenommen, weitere Änderungen in der Person der Versicherungsnehmer später auch ohne Abschluss eines neuen Vertrages nur durch eine Vertragsänderung zur fortlaufenden Police Nr. ... vorzunehmen.

Eine wesentliche inhaltliche Änderung ist ferner darin zu sehen, dass in der Police ... neben der gesetzlichen Haftung von H. gegenüber den Auftraggebern insbesondere auch die von H. übernommene darüber hinausgehende vertragliche Haftung nach vorheriger ausdrücklicher Genehmigung durch den führenden Versicherer in den Versicherungsschutz aufgenommen wurde. Dies war bei der Vorgängerversicherung Nr. ... nicht der Fall. Diese enthielt lediglich wie die Police ... zu Ziff. 2.1.1.1 die pauschale Regelung über die Allgefahrenversicherung.

Unerheblich ist es demgegenüber, dass es im Laufe des Jahres 2002 weitere Änderungen gab, die eine Erhöhung des Anteils der Beklagten auf 62,5 % mit sich brachten und ihr im Anschluss an die Ereignisse vom 11. September 2001 ein Sonderkündigungsrecht für Terrorismus einräumten. Das betrifft lediglich weitere Abänderungen des bereits zum 1. Dezember 2001 neu geschlossenen Vertrages. Keine Rolle spielt es insofern, dass es auch sonst sowohl unter der Police ... als auch unter der Police ... immer wieder einzelne Vertragsänderungen gab. H. und der Beklagten blieb es hier im Wege der Privatautonomie unbenommen, Vertragsänderungen auch innerhalb eines laufenden Versicherungsverhältnisses vorzunehmen. Wenn es aber - wie im vorliegenden Fall - zum 1. Dezember 2001 wesentliche Änderungen im Versicherungskonzept gab und daraufhin ausdrücklich die Transportversicherung ... durch die Valorenversicherung ... abgelöst wurde, sprechen diese Umstände einzeln und in ihrer Gesamtheit deutlich für den Abschluss einer Neuversicherung. Hierbei kommt dann auch dem bereits erwähnten Umstand Bedeutung zu, dass die M. GmbH die Änderungen als so gravierend ansah, dass sie eine neue Policen-Nummer verwandte. Demgegenüber waren sonstige Änderungen des Vertrages vor und nach dem 1. Dezember 2001 zu keinem Zeitpunkt Anlass für eine Abänderung der Policennummern.

Wie bereits dargelegt, kommt rein formalen Umständen wie der Tatsache, dass die Beklagte für die Police ... keine Erstprämienanforderung entsprechend § 38 VVG a. F. vornahm (vgl. Schreiben der M. GmbH vom 5. Dezember 2001 an H. mit Fälligstellung der Prämie zum 1. Dezember 2001, Anlage K 149), keine entscheidende Bedeutung zu. Bei dem hier versicherten Großrisiko ist ohnehin nicht ersichtlich, dass es hier zu einer zeitlichen Lücke im Versicherungsschutz kommen sollte. Ebenso unerheblich ist weiter, dass in der Mitte 2001 ausgestellten Deckungsnote (Anlage K 143) noch auf die ergänzenden Bestimmungen der Police ... verwiesen wurde. Dieser Verweis ist in der Police ... nicht mehr enthalten und erklärt sich nur daraus, dass die Deckungsnoten ohnehin nur eine zusammenfassende Regelung des Versicherungsinhaltes darstellen und wesentlich kürzer sind als die eigentliche Police mit ihren detaillierten Vertragsbestimmungen. Diese Bezugnahme kann dagegen nicht so verstanden werden, dass der alte Vertrag ... ganz oder teilweise fortgelten sollte. Insoweit ist es auch unerheblich, dass zahlreiche weitere vertragliche Regelungen inhaltlich weitgehend übernommen wurden.

Auch das weitere Schreiben der M. GmbH vom 25. November 2002 an die Firma S. (Anlage K 146) spricht nicht gegen den Neuabschluss eines Vertrages zum 1. Dezember 2001. Dort ist in Ziff. 4 ausdrücklich von einer Neuordnung des Versicherungskonzeptes zum 1. Dezember 2001 die Rede und davon, dass die Police ... als solche nicht mehr existiere, weil sie in dem neuen Konzept aufgegangen sei. Der weitere Hinweis darauf, dass die Bedingungen der Police ... nach wie vor Bestandteil des neu geordneten Versicherungskonzeptes sind, erklärt sich ohne Weiteres daraus, dass die Transportversicherung ... und die Valorenversicherung ... ähnliche Risiken des Geschäftes der H.-Gruppe abdeckten und sich in einer Anzahl von Einzelbestimmungen der Verträge deshalb inhaltlich deckten. Das spricht indessen nicht gegen den Abschluss eines neuen Vertrages anlässlich der Umstellung zum 1. Dezember 2001. In diesem Lichte ist auch die handschriftliche Anmerkung des Sachbearbeiters der Beklagten auf dem Deckblatt der als Anlage K 144 vorgelegten Deckungsnote zu sehen. Die Deckungsnote erfasste gerade nicht den vollständigen Vertragsinhalt. Insoweit war es folgerichtig, ergänzend auf die zumindest inhaltlich identischen Bestimmungen der ursprünglichen Police Nr. ... Bezug zu nehmen.

3.8.

Ist mithin vom Abschluss eines Neuvertrages zur Police Nr. ... auszugehen, der an die Stelle des bisherigen Vertrages Nr. ... getreten ist, so führt die Anfechtung des Vertrages Nr. ... zur Unwirksamkeit dieses gesamten Vertrages von Anfang an, nicht dagegen lediglich zur Unwirksamkeit der in ihm enthaltenen Änderungsbestimmungen mit der Folge, dass der frühere Vertrag ... fortgelten würde. Dem steht auch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14. Juli 1993 (VersR 1993, 1089) nicht entgegen. Soweit das Gericht dort im Falle der Nichtanzeige eines Herzanfalles anlässlich des Antrages für eine geänderte Versicherung angenommen hatte, eine mögliche arglistige Täuschung beziehe sich nur auf den geänderten Vertrag und nicht auf die bereits zuvor zustande gekommene Vereinbarung, lassen sich diese Erwägungen auf den vorliegenden Fall nicht übertragen. Die Nichtoffenbarung des Schneeballsystems, der erheblichen Liquiditätslücke von H. sowie der tatsächlich bestehenden Insolvenzreife wirkten sich nämlich nicht nur auf die in der Police Nr. ... erfolgten Vertragsänderungen aus, sondern insgesamt auf den gesamten Vertrag. Wäre nicht der neue Vertrag zur Police Nr. ... geschlossen, sondern auch über das Jahr 2001 hinaus der bisherige Vertrag zur Police Nr. ... fortgeführt worden, so hätte die Beklagte auch diesen bei Kenntnis von dem Schneeballsystem und der defizitären Entwicklung in der H.-Gruppe aus wichtigem Grund oder ordentlich kündigen können. Hinzu kommt, dass auch bei der bloßen Annahme eines Änderungsvertrags wegen der inhaltlichen Erweiterung des Versicherungsschutzes in jedem Fall eine Anzeigepflicht nach §§ 16 ff VVG a. F. bestand (vgl. BGH VersR 1994, 39).

Die wirksame Anfechtung des neuen Vertrages zur Police Nr. ... führt auch nicht deshalb zu einem Fortbestand des Vertrags zur Police Nr. ..., weil dieser nicht ordentlich gekündigt wurde. Zwar war hinsichtlich der Dauer des Vertrags zur Police Nr. ... vereinbart worden, dass er sich mangels einer Kündigung spätestens drei Monate vor Ablauf des Versicherungsjahres jeweils um ein Jahr verlängerte. Auf eine derartige Kündigungserklärung kam es hier allerdings deshalb nicht an, weil davon auszugehen ist, dass die Parteien diesen alten Vertrag Nr. ... konkludent durch den Abschluss des neuen Vertrages Nr. ... aufheben wollten. Ein Nebeneinander beider Verträge mit sich teilweise überdeckendem, teilweise aber auch inhaltlich voneinander abweichendem Versicherungsschutz war von den Vertragsparteien ersichtlich nicht gewollt.

Es bestehen ferner keine Anhaltspunkte dafür, dass die wirksame Anfechtung des neuen Vertrages zur Police Nr. ... nach dem Willen der Vertragsparteien gleichzeitig dazu führen sollte, dass auch der konkludent geschlossene Aufhebungsvertrag zur Police Nr. ... seinerseits aufgehoben wird, so dass der Vertrag Nr. ... erneut Wirkung entfalten würde. Maßgebend hierfür ist, ob die beiden an sich selbstständigen Vereinbarungen durch den erklärten Willen der Vertragsparteien derart zu einem einheitlichen Geschäft miteinander verbunden sind, dass die Gültigkeit des einen Rechtsgeschäfts von der des anderen abhängen soll (vgl. OLG Saarbrücken VersR 2007, 1681). Entscheidend ist der unter Berücksichtigung der Verkehrssitte zu ermittelnde Einheitlichkeitswille der Beteiligten zur Zeit des Vertragsschlusses. Von einem derartigen Einheitlichkeitswillen ist vorliegend nicht auszugehen. Es kann nicht angenommen werden, dass es dem erkennbaren Willen der Vertragsparteien entsprochen hätte, dass im Falle einer erfolgreichen Anfechtung des Vertrages Nr. ... wegen arglistiger Täuschung zugleich der konkludent geschlossene Aufhebungsvertrag zum Vertrag Nr. ... wegfallen würde, sodass der alte Vertrag weiterhin Geltung beanspruchen könnte. Dem steht schon entgegen, dass die verschwiegenen Umstände des Schneeballsystems, der Liquiditätslücke bei H. sowie der Insolvenzreife sich gleichermaßen gefahrerheblich auf die Verträge ... und ... auswirkten. Bei Kenntnis dieser Umstände hätte die Beklagte auch den Vertrag Nr. ... jederzeit fristlos bzw. ordentlich kündigen können, was auch für H. als Vertragspartner offensichtlich war.

3.9.

Die Anfechtung erfasst das Versicherungsverhältnis in seiner Gesamtheit, sodass auch etwaige von der W., S. und W.T. GmbH (nachfolgend: W.-GmbH) verursachte und ebenfalls bei der Beklagten versicherte Schäden nicht geltend gemacht werden können. Unzutreffend wirft die Klägerin dem Landgericht in ihrer Berufungsbegründung insoweit vor, diesen Aspekt im angefochtenen Urteil nicht behandelt zu haben. Die Klägerin hat zu diesem Gesichtspunkt erstinstanzlich nichts vorgetragen. Ausführungen zur W.-GmbH finden sich lediglich in den Schriftsätzen der Klägerin vom 4. Juli 2008 (Seite 11 f., Bl. 861 f. d. A.) und vom 28. Oktober 2008 (Seite 15, Bl. 1243). Allerdings beschäftigt sich die Klägerin dort lediglich mit der von der Beklagten im Zusammenhang mit der Erstreckung des Versicherungsschutzes auch auf die GmbH durchgeführten Unternehmensprüfung und das hierbei zum Tragen gekommene Risikoprofil. Erstmals in der Berufungsbegründung trägt die Klägerin vor, dass ein Großteil der Schäden in einem von der W.-GmbH belieferten Cash-Center entstanden sei und dass die Klägerin im Fall einer Anfechtung zumindest aus dem zwischen der W.-GmbH und der Beklagten abgeschlossenen Versicherungsvertrag Ansprüche herleiten könne. Hiermit kann die Klägerin allerdings nicht durchdringen.

Ansprüche aus einem etwaigen separaten Versicherungsvertrag zwischen der W.-GmbH und der Beklagten kann die Klägerin bereits deshalb nicht geltend machen, weil sie nicht Vertragspartnerin der W.-GmbH war und deshalb auch nicht Versicherte des zwischen der GmbH und der Beklagten abgeschlossenen Vertrags.

Unabhängig hiervon wurde aber auch der zwischen der W.-GmbH und der Beklagten geschlossene Versicherungsvertrag durch die Anfechtung beseitigt. Wie dem Senat aus einem zurzeit anhängigen Parallelverfahren zum Aktenzeichen 8 U 54/09 bekannt ist, wurde die Gesellschaftsanteile der W.-GmbH im Jahr 2003 von der H. Transport GmbH übernommen. Geschäftsführer wurde anschließend Herr Weis. In der Folge wurde die W.-GmbH in die H.-Gruppe integriert und unter der Policen-Nr. ... mitversichert.

Anders als die Klägerin meint, kam zwischen der W.-GmbH und der Beklagten damit kein eigenständiger Versicherungsvertrag zustande. Vielmehr wurde die WSW-GmbH in den Schutzbereich des bereits bestehenden Vertrags mit H. einbezogen. Hierbei handelt es sich auch nicht um jeweils selbständige Versicherungsverträge, sondern um den einheitlichen Vertrag zur Policen-Nr. ..., der auch in dem den Kunden der W.-GmbH übersandten Versicherungsschein zur Valorenversicherung unter Nennung sämtlicher Versicherungsnehmer der 'H.-Gruppe' zusammengefasst wurde. Ob ein Anfechtungsgrund im Verhältnis zu jeder der dort genannten Gesellschaften bestand, ist für den vorliegenden Fall unerheblich. Wegen des durch den Geschäftsführer W. systematisch betriebenen Schneeballsystems, kommt es ohnehin nicht im Einzelnen darauf an, ob bei jeder der in der Anfechtungserklärung genannten Gesellschaften jeweils isoliert die Deckungslücken vorhanden waren, das Schneeballsystem betrieben wurde und Insolvenzreife bestand. Es handelt sich um ein einheitlich durch den Geschäftsführer W. gesteuertes Konglomerat von Unternehmen, die alle dem Zweck der Durchführung des Unternehmenszwecks Geldtransport und -bearbeitung dienten. Die einzelnen Gesellschaften wirkten hierbei arbeitsteilig zusammen und das Schneeballsystem mit den aufgehäuften Verlusten ist ihnen angesichts der Identität der handelnden Personen einheitlich zuzurechnen.

3.10.

Die Beklagte ist auch nicht durch die der Klägerin übersandte Versicherungsbestätigung vom 16. Juli 2003 (Anlage K 10) gehindert, sich gegenüber der Klägerin auf die Folgen der Anfechtung und die Nichtigkeit des Versicherungsvertrags zu berufen.

Grundsätzlich kann der Versicherer der versicherten Person bei einer Versicherung für fremde Rechnung entsprechend § 334 BGB alle Einwendungen aus dem Verhalten des Versicherungsnehmers entgegenhalten, soweit er auf diese nicht in der Versicherungsbestätigung bzw. im Versicherungsschein verzichtet hat oder dies dem erkennbaren Sinn und Zweck einer Versicherungsbestätigung widersprechen würde (vgl. vgl. BGH VersR 1967, 343. OLG Köln NVersZ 2001, 27. Prölss in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 75 Rn. 2). Die Klägerin konnte dem Versicherungsschein allerdings an keiner Stelle entnehmen, dass die Beklagte im Verhältnis zu ihr etwa darauf verzichten wolle, Rechte aus § 123 BGB geltend zu machen, wenn sie den eigentlichen Versicherungsvertrag gegenüber H. wegen arglistiger Täuschung anfechten konnte. Hinsichtlich des Umfangs der Versicherung ist in der Versicherungsbestätigung lediglich vereinbart, dass der Versicherer zugunsten des jeweiligen Auftraggebers auch Schäden ersetzen wird, welche vom Versicherer aufgrund eines Verstoßes gegen eine oder mehrere Bestimmungen/Obliegenheit des Vertrages abgelehnt werden können. Auch hier geht es indessen wie schon in Ziffer 13.4 der Police Nr. ... lediglich um Verstöße des Versicherungsnehmers während eines bereits laufenden Vertrages, nicht dagegen um den Verstoß gegen Anzeigepflichten, der den Bestand des Vertrages als solchen berührt. Die Klägerin konnte auch nach dem objektiven Empfängerhorizont nicht davon ausgehen, dass die Beklagte sich ihr gegenüber mit der Versicherungsbestätigung vom 15. Oktober 2002 zu Leistungen selbst für den Fall verpflichten wollte, dass sie durch den Versicherungsnehmer arglistig getäuscht wurde und den Vertrag deshalb anfechten konnte. Ein derart weitgehender Verzicht des Versicherers auf seine Rechte liegt fern und hätte einer ausdrücklichen Regelung in der Versicherungsbestätigung bedurft, an der es indessen gerade fehlt.

Entsprechend war die Beklagte auch nicht etwa nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB verpflichtet, in der Versicherungsbestätigung noch einmal ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass aus dieser keine Haftung hergeleitet werden kann, wenn der Versicherungsvertrag und damit auch die Versicherungsbestätigung wegen arglistiger Täuschung durch den Versicherungsnehmer angefochten werden können. Aufzunehmen sind gerade nur Abweichungen von der grundsätzlichen gesetzlichen oder vertraglichen Regelung, wie das etwa bei den Obliegenheiten erfolgt ist. Es handelt sich hier auch nicht um einen mit der Regelung für die Feuerversicherung vergleichbaren Fall, für die § 103 Abs. 3 VVG a. F. bestimmte, dass die Nichtigkeit des Versicherungsvertrags gegenüber einem Hypothekengläubiger nicht geltend gemacht werden kann. Von einer hiermit vergleichbaren Fallgestaltung konnte auch die Klägerin als am Wirtschaftsleben teilnehmendes Großunternehmen berechtigterweise nicht ausgehen.

4.

Der Klägerin steht auch kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte gemäß § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB zu. Geht man wie oben dargestellt von einer Anfechtung des Vertrages und der Versicherungsbestätigung (Anlage K 10) aus, kommt ein derartiger Anspruch bereits wegen Fehlens eines Schuldverhältnisses nicht in Betracht. Aber auch im Übrigen scheidet ein Anspruch aus.

4.1.

Ein Schadensersatzanspruch unmittelbar aus dem Versicherungsvertrag kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil die Beklagte als Versicherer von vornherein keine drittschützende Nebenpflicht zur Kontrolle des wirtschaftlichen Verhaltens der Versicherungsnehmerin gegenüber der versicherten Person trifft (vgl. Urteil des Landgerichts Köln vom 22. Oktober 2008, Az. 20 O 204/07, recherchiert in juris). Die Rechte und Pflichten der Parteien eines Versicherungsvertrags ergeben sich aus den vertraglichen Bestimmungen, Allgemeinen Versicherungsbedingungen sowie gesetzlichen Regelungen. Auf dieser Grundlage besteht keine Verpflichtung des Versicherers, den Versicherungsnehmer gewissermaßen ununterbrochen daraufhin zu kontrollieren, ob dieser sich gegenüber seinen Vertragspartnern ordnungsgemäß verhält oder diese schädigt und damit einen Versicherungsfall herbeiführt. Eine derartige umfassende Verpflichtung des Versicherers im Sinne eines 'Rundum-Sorglos-Paketes' zur Verhinderung von Schäden bzw. eines Versicherungsfalles zugunsten Dritter besteht auch dann nicht, wenn diese als Versicherte in den Vertrag einbezogen sind. Die Rechte des Versicherten ergeben sich aus §§ 74 ff. VVG a. F. Ihm stehen gem. § 75 Abs. 1 S. 1 VVG a. F. die Rechte aus dem Versicherungsvertrag zu. Hierzu zählen der Anspruch auf die Versicherungsleistung und alle Rechte, die mit der Entschädigung zusammenhängen (vgl. Prölss in Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 75 Rn. 3). Ein Recht auf wirtschaftliche Kontrolle des Verhaltens des Versicherungsnehmers gegenüber geschädigten Dritten gibt es demgegenüber nicht. Hinzu kommt, dass eine Kenntnis der Beklagten von dem bei H. praktizierten Schneeballsystem bzw. der bestehenden Liquiditätslücke auch nicht festgestellt werden kann. Schadensmeldungen einzelner Kunden wurden in der Regel kurzfristig wieder zurückgezogen, weil H. das fehlende Geld anderweitig beschaffte.

4.2.

Der Klägerin steht auch kein eigenständiger Schadensersatzanspruch gemäß § 280 BGB in Verbindung mit der Versicherungsbestätigung vom 16. Juli 2003 (Anlage K 10) zu.

Die Versicherungsbestätigung begründet zunächst schon keine eigene vertragliche Anspruchsgrundlage gegen die Beklagte, weil es sich im Kern nur um ein Informationsschreiben über den Inhalt der Versicherungspolice handelt (vgl. LG Köln, a. a. O.). Einen eigenständigen Anspruch könnte die Versicherungsbestätigung nur begründen, wenn sie den Charakter eines Sicherungsscheins oder einer Sicherungsbestätigung hätte. Durch die Ausstellung eines Sicherungsscheins soll in der Regel ein Kreditgeber davor bewahrt werden, dass er seine Absicherung etwa in Form einer Hypothek ersatzlos verliert (vgl. BGH VersR 2001, 235. Prölss in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 75, Rn. 2). Durch die Ausstellung und Hingabe eines Sicherungsscheins werden zwischen dem Versicherer und dem Kreditgeber Rechtsbeziehungen begründet, die über den in §§ 74 ff. VVG a. F. geregelten Rahmen hinausgehen. Mit einer solchen Bestätigung erteilt der Versicherer eine Auskunft über das Versicherungsverhältnis und übernimmt regelmäßig bestimmte Pflichten, die die Auszahlung der Versicherungsleistung und die drohende Beendigung des Versicherungsvertrages betreffen. Die vom Kreditgeber gewünschte Auskunft hat den Zweck, ihm eine Grundlage für seine Entscheidung zu geben, ob er die Versicherung als ausreichende Sicherheit ansehen will. Solle die Auskunft als Grundlage für eine Vermögensdisposition dienen, muss sie deshalb wie auch außerhalb des Versicherungsrechts richtig und vollständig sein.

Kennzeichen eines Sicherungsscheins ist in der Regel, dass der Versicherte abweichend von § 75 Abs. 2 sowie § 76 Abs. 1 und 2 VVG a. F. alleine berechtigt ist, die Rechte aus dem Versicherungsvertrag geltend zu machen, selbst wenn er nicht im Besitz des Versicherungsscheins ist (OLG Köln, VersR 2001, 2). Ferner ist der Versicherer im Falle der Ausstellung eines Sicherungsscheins in der Regel verpflichtet, den Sicherungsgeber über mögliche Prämienrückstände des Versicherungsnehmers vor einer Kündigung zu informieren, um ihm die Möglichkeit zu eröffnen, die Kündigung des Vertrages durch Zahlung der Prämien zu verhindern (Prämieneintrittsrecht).

Auf dieser Grundlage ist vorliegend die Versicherungsbestätigung nicht wie ein Sicherungsschein anzusehen mit der Folge, dass die Klägerin aus ihr auch keine vertraglichen Ansprüche gegen die Beklagte ableiten könnte. Derartiges ergibt sich bereits nicht aus dem Wortlaut der Bestätigung. Dort wird lediglich der Abschluss einer Versicherung zwischen der Beklagten und verschiedenen Unternehmen der H.-Gruppe bestätigt und sodann der Inhalt dieses Versicherungsvertrages zusammengefasst. Es handelt sich mithin um ein rein deklaratorisches Informationsschreiben.

Durch die Versicherungsbestätigung wurde der Klägerin auch nicht das Recht eingeräumt, unter Ausschluss von H. als Versicherungsnehmerin die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag im eigenen Namen prozessual geltend zu machen. Vielmehr ist in der Versicherungsbestätigung lediglich geregelt, dass Schadenszahlungen mit befreiender Wirkung nur direkt an die Auftraggeber von H. erfolgen können. Das entspricht ohnehin der Regelung, wie sie sich bereits aus § 75 Abs. 1 S. 1 VVG a. F. und Ziffer 11.3.1 der Versicherungspolice ... ergibt.

Weiter ist in der Versicherungsbestätigung an keiner Stelle vorgesehen, dass der Klägerin für den Fall eines Verzuges von H. ein Prämieneintrittsrecht zusteht.

Schließlich ist die Rechtsstellung der Klägerin auch nicht mit der eines Kreditgebers vergleichbar, für den in der Regel ein Sicherungsschein ausgestellt wird. Der Kreditgeber soll davor geschützt werden, dass er seine Ansprüche nicht realisieren kann, weil das ihm als Sicherheit zur Verfügung stehende Gut untergegangen ist und hierfür kein Ersatzanspruch in Form einer Versicherungsleistung besteht. Hier geht es demgegenüber nicht um einen von der Klägerin gewährten Kredit, der in einer bestimmten Art und Weise abgesichert werden soll. Gegenstand des Rahmenvertrags ist vielmehr der Transport und die Einzahlung von im Eigentum der Klägerin stehendem Bargeld. Hätte auch für diesen Fall ein eigenständiger vertraglicher Anspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten begründet werden sollen, so hätte es hierzu einer unmissverständlichen vertraglichen Regelung bedurft, die sich aus der Versicherungsbestätigung vom 16. Juli 2003 gerade nicht ergibt. Diese beschränkt sich vielmehr im Kern auf die Wiederholung sich bereits aus dem Versicherungsschein ergebender Bestimmungen.

Selbst wenn die Versicherungsbestätigung vom 16. Juli 2003 wie ein Sicherungsschein zu behandeln wäre, würde hieraus kein Schadensersatzanspruch der Klägerin folgen. Es bestünde dann zwar eine unmittelbare vertragliche Beziehung der Parteien, die indessen ebenfalls nicht die Verpflichtung der Beklagten beinhaltet, die H.-Gruppe als Versicherungsnehmerin auf mögliche Unregelmäßigkeiten und kriminelle Machenschaften zu kontrollieren und hiervon die Klägerin zu unterrichten. Aus der Ausstellung eines Sicherungsscheins folgt nämlich außer dem hier nicht vereinbarten - vertraglichen Zahlungsanspruch und dem Prämieneintrittsrecht lediglich die Verpflichtung des Versicherers, in den Sicherungsschein nur zutreffende und vollständige Angaben aufzunehmen (vgl. BGH VersR 2001, 235. OLG Hamburg VersR 1990, 1351). Insoweit darf sich der Berechtigte eines Sicherungsscheins darauf verlassen, dass die dort enthaltenen Angaben richtig sind, nicht im Widerspruch zu weiteren Regelungen des Versicherungsscheins stehen und auch keine mündlichen Zusatzabreden getroffen wurden. Insoweit trifft den Versicherer auch die Verpflichtung, dem Kreditgeber Umstände mitzuteilen, die für die Werthaltigkeit des Versicherungsanspruchs von wesentlicher Bedeutung sind (vgl. BGH VersR 2001, 235). So hat der Versicherer im Hinblick auf die Möglichkeit einer Aufrechnung mit Prämienrückständen den Kreditgeber darüber zu informieren, dass die versicherte Sache zu einer versicherten Sachgesamtheit gehört (BGH, a. a. O.).

Vorliegend weicht der Inhalt der Versicherungsbestätigung hinsichtlich der wesentlichen Regelungen bezüglich der versicherten Interessen, des Umfangs der Versicherung, der Dauer und des Schadensfalles nicht von dem Versicherungsschein zur Police Nr. ... ab. Die in der Versicherungsbestätigung enthaltenen Angaben sind richtig und vollständig. Gegenteiliges ist nicht dargelegt.

Es entspricht der Rechtsprechung des Senats, dass aus der Versicherungsbestätigung ein unmittelbarer vertraglicher Anspruch nicht mit der Begründung hergeleitet werden kann, die Beklagte habe nicht über die wirtschaftliche Situation bei H. und die dort aufgetretenen Unregelmäßigkeiten unterrichtet. Eine solche Verpflichtung ergibt sich aus der Erteilung eines Sicherungsscheins ebenso wenig wie unmittelbar aus dem Versicherungsvertrag.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Von der Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO hat der Senat abgesehen. Zwar sind derzeit in verschiedenen Instanzen weitere Verfahren im Zusammenhang mit der Insolvenz von H. rechtshängig. Gegenstand der insoweit maßgeblichen Fragen ist allerdings die Auslegung nicht standardisierter Versicherungsbedingungen in einer Valorenversicherung. Die Rechtssache hat deshalb weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. BVerfG NJW 2009, 572. BGH BGHZ 151, 221. Heßler in: Zöller, ZPO, 27. Aufl., § 543 Rn. 11). Die Frage, ob der zwischen den H.-Gesellschaften und der Beklagten geschlossene Versicherungsvertrag den Bar bzw. Buchgeldverlust der Klägerin erfasst, ist keine solche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Sie betrifft lediglich die Auslegung eines konkreten, individuell ausgehandelten Versicherungsvertrages und ist nur für die Ansprüche einer begrenzten und abschließend bezifferbaren Anzahl geschädigter H.-Kunden von Belang.

Eine Entscheidung des Senats ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Hinblick auf die Urteile des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 5. November 2008 unter dem Az. I 18 U 188/07 und des Landgerichts Hamburg vom 20. September 2007 unter dem Az. 409 O 53/06 geboten. Das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf betrifft einen inhaltlich abweichenden Versicherungsvertrag, der von einem anderen Geldtransportunternehmen abgeschlossen wurde. Insoweit weicht der Senat - wie oben im Einzelnen ausgeführt - auch weder bei der Frage des Eintritts des Versicherungsfalles noch bei der Problematik der Anfechtung von tragenden und vergleichbaren Feststellungen im Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf ab. Das von der Entscheidung des Senats abweichende Urteil des Landgerichts Hamburg führt nicht zu einer Divergenz im Sinne von § 543 ZPO. Das ist nur dann der Fall, wenn dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet wird als die Entscheidung eines höherrangigen oder eines anderen gleichgeordneten Gerichts oder eines anderen Spruchkörpers desselben Gerichts (vgl. BGH NJW 2002, 2473).

Die Ausführungen der Klägerin in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 17. November 2009 bieten dem Senat keine Veranlassung zu einem Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung.

Ende der Entscheidung

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