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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 31.08.2004
Aktenzeichen: 8 W 271/04
Rechtsgebiete: ZPO, BRAGO


Vorschriften:

ZPO § 91 Abs. 1 S. 1
BRAGO § 31 Abs. 1 Ziff. 3
BRAGO § 34 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
8 W 271/04

Beschluss

In dem Kostenfestsetzungsverfahren

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Richter am Oberlandesgericht ... als Einzelrichter auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 16. August 2004 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers beim Landgericht Hannover vom 10. August 2004 am 31. August 2004 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten der Klägerin nach einem Beschwerdewert von 1.072,76 € zurückgewiesen.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 104 Abs. 3 S. 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG), in der Sache aber unbegründet.

1.

Zu Recht hat der Rechtspfleger zunächst den geltend gemachten Zuschlag für die Bahncard in Höhe 26,76 € nicht berücksichtigt. Die Kosten für die Anschaffung einer Bahncard sind, wenn mit dieser eine Fahrkarte zur Anreise zum Gerichtstermin zu einem ermäßigten Preis erworben wird, nicht erstattungsfähig (OLG Karlsruhe JurBüro 2000, 145; VG Ansbach AnwBl 2001, 185; Zöller - Herget, ZPO, 23. Aufl., § 91 Rdnr. 13 "Reisekosten b) des Anwalts"). Es handelt sich hierbei um allgemeine Geschäftskosten des Rechtsanwalts, denen ein konkreter Bezug zum Rechtsstreit und den in diesem entstandenen Kosten fehlt und die daher ebenso wenig gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO erstattungsfähig sind wie sonstige Kosten des Rechtsanwalts für das Vorhalten von Personal, Büroräumen oder Kraftfahrzeugen. Hinzu kommt, dass es in keiner Weise möglich ist, die Kosten für die Bahncard auch nur einigermaßen sicher anteilig auf die konkrete Reise umzulegen. Das wäre nur nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der Bahncard möglich, wenn feststünde, ob und in welchem Umfang hier durch die berufliche Tätigkeit des Rechtsanwalts veranlasste Reisen angefallen sind und welche Kosten hierfür aufgewandt werden mussten. Hierfür fehlt es vorliegend an jeglichen Anhaltspunkten. Eine schlichte Umlegung der Bahncardkosten dahin, dass - wie von der Klägerin beantragt - auf den tatsächlichen Fahrpreis ein pauschaler Aufschlag von 20% vorgenommen wird, ist nicht möglich.

Soweit die Klägerin mit ihrer Beschwerde hilfsweise die Berücksichtigung von Fahrtkosten beantragt, die entstanden wären, wenn eine Fahrkarte ohne Benutzung der Bahncard erworben worden wäre, kommt ebenfalls nicht in Betracht. Erstattungsfähig sind nur die tatsächlich angefallenen, nicht dagegen fiktive Kosten. Dass bei anderweitiger Handhabung möglicherweise höhere Kosten entstanden wäre, ist demgegenüber unerheblich.

2.

Ohne Erfolg wendet die Klägerin sich auch dagegen, dass der Rechtspfleger in dem angefochtenen Beschluss - insoweit unter Abänderung des aufgehobenen Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 8. Juli 2004 - keine Beweisgebühr nach § 31 Abs. 1 Ziff. 3, § 34 Abs. 2 BRAGO in Höhe von 1.046 € festgesetzt hat.

Gem. § 34 Abs. 2 BRAGO erhält der Rechtsanwalt bei Beiziehung von Akten oder Urkunden die Beweisgebühr nur dann, wenn die Akten oder Urkunden durch Beweisbeschluss oder sonst erkennbar zum Beweis beigezogen oder als Beweis verwertet werden. Hieran fehlt es vorliegend.

Ein förmlicher Beweisbeschluss ist nicht ergangen. Auch hat das Gericht die Strafakten nicht erkennbar zum Beweis beigezogen. Vielmehr ergibt sich aus dem Tatbestand des Urteils vom 29. April 2004 lediglich, dass die Strafakten vorgelegen haben und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind. Entsprechend heißt es in der vom Rechtspfleger eingeholten Stellungnahme des Einzelrichters (Bl. 114 R d.A.):

"Die Ermittlungsakten sind dem Urteil zufolge nicht zu Beweiszwecken verwendest worden."

In einem solchen Fall, in dem das Gericht sich in Ergänzung des Parteivorbringens lediglich Klarheit über weitere Einzelheiten des zugrundeliegenden Sachverhaltes verschaffen wollte, liegt keine erkennbare Beiziehung zum Beweis vor (Hartmann, Kostengesetze, 33. Aufl., § 34 BRAGO Rdnr. 26). Dass hier eine Beiziehung gerade nicht zu Beweiszwecken erfolgte, ergibt sich auch daraus, dass bereits nach Eingang der Klageschrift, in der das Strafverfahren erwähnt wurde, die Beiziehung der Strafakten mit Verfügung vom 21. Januar 2004 angeordnet wurde, bevor noch eine Klagerwiderung vorlag und deshalb überhaupt noch nicht abzusehen war, ob die Akten zu Beweiszwecken benötigt werden würden.

Schließlich sind die beigezogenen Strafakten auch nicht als Beweis verwertet worden. Eine Verwertung als Beweis setzt voraus, dass sich das Gericht im Wege des Urkundenbeweises Gewissheit über die Wahrheit oder Unwahrheit einer streitigen oder sonst für beweisbedürftig angesehenen Tatsache verschafft hat. Die beigezogenen Akten müssen also zum Beweis einer entscheidungserheblichen Tatsache verwendet worden sein, was ihre Würdigung in einer gerichtlichen Entscheidung voraussetzt (Beschluss des BGH vom 29.7.2004 - III ZB 71/03 -; Beschluss des Senats vom 2. März 2004 - 8 W 65/04 -). Demgegenüber reicht es nicht aus, wenn das Gericht lediglich den unstreitigen Sachverhalt einer Beweisurkunde würdigt und hieraus entscheidungserhebliche Schlussfolgerungen zieht.

Hier wurden die Strafakten nicht dazu verwertet, eine zwischen den Parteien streitige und beweisbedürftige Frage durch ihre Beiziehung im Wege des Urkundenbeweises zu klären. Tatsächlich hat das Gericht die inhaltlich unstreitigen Strafakte vielmehr lediglich zur Erläuterung und zum besseren Verständnis des Parteivortrages und zu dessen Ergänzung verwendet, um zu klären, ob dieser Anhaltspunkte für eine vorsätzliche Selbsttötung des Versicherungsnehmers der Beklagten zu entnehmen waren. Dies betrifft indessen bereits die Frage der Erheblichkeit des Beklagtenvorbringens, nicht dagegen die Verwertung zum Beweis.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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