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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 29.09.2004
Aktenzeichen: 8 W 294/04
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 156
KostO § 147
KostO § 149
1. Die Zulässigkeit einer Weisungsbeschwerde nach § 156 Abs. 6 KostO setzt voraus, dass diese erkennen lässt, ob und in welcher Hinsicht die Kostenberechnung des Notars für unrichtig angesehen wird und mit welchem Ziel die gerichtliche Entscheidung angefochten werden soll. Daran fehlt es für die weitere Beschwerde, wenn die vorgesetzte Dienstbehörde in Übereinstimmung mit dem Notar davon ausgeht, dass die Entscheidung des Landgerichts richtig ist und die weitere Beschwerde lediglich zur Klärung einer streitigen Rechtsfrage eingelegt wird.

2. Einem Notar, dem aufgrund eines von den Parteien erteilten Treuhandauftrages im Zusammenhang mit der Prüfung der Auszahlungsreife des auf einem Notaranderkonto eingezahlten Kaufpreises eine Hebegebühr nach § 149 KostO zusteht, steht nicht zusätzlich noch eine Betreuungsgebühr nach § 147 Abs. 2 KostO für die Prüfung der Umschreibungsreife zu, wenn diese allein darin besteht, dass der Eigentumsumschreibungsantrag erst nach vollständiger Zahlung des Kaufpreises auf das Notaranderkonto gestellt werden darf.


8 W 294/04

Beschluss

In der Notarkostenbeschwerdesache

betreffend die Beurkundung eines Grundstückskaufvertrages zu URNr. ####### des Notars Dr. B., H.

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #######, den Richter am Oberlandesgericht ####### und den Richter am Oberlandesgericht ####### auf die weitere Beschwerde des Notars vom 24. August 2004 gegen den Beschluss der 16. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 27. Juli 2004 am 29. September 2004 beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 111,36 EUR festgesetzt.

Gründe:

1.

Durch URNr. ####### beurkundete der Beschwerdeführer am 5. August 1997 einen Grundstückskaufvertrag über den in den Grundbüchern des Amtsgerichts L. Blatt #######, ####### und ####### eingetragenen Grundbesitz der Gemarkung L. Flur #######. Die Kostenschuldner erwarben diesen Grundbesitz zum Preis von 660.000 DM. In Ziff. 3 des Vertrages ist bestimmt, dass der Kaufpreis bis zum 15. September 1997 auf ein vom Notar einzurichtendes Notaranderkonto zur Zahlung fällig ist. Ferner wird der Notar angewiesen, über diesen Betrag nur zu verfügen, wenn er festgestellt hat, dass der Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten des Käufers an rangbereiter Stelle nichts entgegensteht, der Vorkaufsrechtsverzicht der Gemeinde vorliegt, die Löschungsbewilligung nebst Treuhandauftrag dem Notar zur Verfügung gestellt ist, der von der Käuferin zu zahlende Kaufpreis zur vollständigen Ablösung des Grundpfandrechtes ausreicht und auch im übrigen die vertragsgerechten Eigentumsumschreibungen sichergestellt sind. Ziff. 7 des Vertrages sieht ferner vor, dass die Kaufvertragsparteien den Notar anweisen, den Eigentumsumschreibungsantrag nicht zu stellen, bevor der volle Kaufpreis auf dem Notaranderkonto eingegangen ist und auch im übrigen die Voraussetzungen zur vertragsgerechten Eigentumsumschreibung vorliegen.

Mit Kostenrechnung vom 6. August 1997 stellte der Notar den Kostenschuldnern neben der Gebühr für die Beurkundung des Grundstückskaufvertrages eine Vollzugsgebühr nach § 146 Abs. 1 KostO in Rechnung. Durch weitere Kostenrechnung vom 21. Januar 1998 rechnete der Notar ferner eine Hebegebühr nach § 149 KostO ab.

Im Rahmen einer Notarprüfung rügte der Präsident des Landgerichts, dass der Notar für die Prüfung der Umschreibungsreife nicht zusätzlich eine Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO angesetzt habe. Da der Notar sich dieser Auffassung nicht anschloss und die Abrechnung einer weiteren Gebühr verweigerte, wies ihn der Präsident des Landgerichts an, eine Entscheidung des Landgerichts herbeizuführen. In diesem Verfahren hat der Notar die Ansicht vertreten, eine weitere Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO neben der Gebühr nach § 149 KostO sei nicht angefallen, während der Präsident des Landgerichts die gegenteilige Auffassung verfolgt hat.

Mit Beschluss vom 27. Juli 2004 hat das Landgericht die Beschwerde zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Betreuungsgebühr nach § 147 Abs. 2 KostO trete wegen ihres Hilfscharakters hinter die Hebegebühr nach § 149 KostO zurück. Deren Abgeltungsbereich umfasse auch die dem Notar übertragene Prüfung der vollständigen Kaufpreiszahlung vor Stellung des Eigentumsumschreibungsantrages. Den Eingang des Kaufpreises habe der Notar bereits im Rahmen seines Verwahrungsgeschäftes zu überwachen, da er ihn nur dann an den Verkäufer auszahlen dürfe. Eine Gebühr für ein und dieselbe Tätigkeit könne aber nicht zweimal entstehen. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Tätigkeit des Notars im Rahmen des Verwahrungsgeschäftes dem Interesse des Käufers an der Sicherstellung seines Eigentumsübertragungsanspruchs diene, während die Prüfung der Umschreibungsreife dem Interesse des Verkäufers an vollständiger Kaufpreiszahlung vor Eigentumsumschreibung diene.

In einem Schreiben des Landgerichtspräsidenten vom 19. August 2004 heißt es sodann:

"die aufgrund der Weisungsbeschwerde ergangene Entscheidung des Landgerichts Hannover ... halte ich - in Übereinstimmung mit Ihrer Auffassung - für zutreffend.

Da die zugrundeliegende Sachfrage in Literatur und Rechtsprechung jedoch uneinheitlich behandelt und überdies der in der Praxis der hiesigen Dienstaufsicht bei Notaren seit Jahren vertretenen Ansicht entgegensteht, bin ich gehalten, wegen der Bedeutung der Angelegenheit für künftige Notarprüfungen und dem Interesse einer einheitlichen Handhabung im hiesigen OLG-Bezirk eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle herbeizuführen.

Aus diesem Grunde weise ich Sie gemäß § 156 Abs. 6 KostO an, gegen die Entscheidung des Landgerichts Hannovers vom 22.07.2004 - 16 T 31/03 - die weitere Beschwerde einzulegen."

Der Notar hat sodann gegen den ihm am 6. August 2004 zugestellten Beschluss des Landgerichts Hannover mit beim Oberlandesgericht am 25. August 2004 eingegangenen Schriftsatz weisungsgemäß weitere Beschwerde eingelegt.

2.

a)

Die weitere Beschwerde ist unzulässig. Sie ist zwar infolge Zulassung durch das Landgericht statthaft (§ 156 Abs. 2 S. 2 KostO). Auch wurde sie form- und fristgerecht eingelegt (§ 156 Abs. 2 S. 1, Abs. 4 S. 1 KostO). Insbesondere war der Notar im Rahmen der hier vorliegenden Weisungsbeschwerde nicht verpflichtet, die weitere Beschwerde zu begründen (vgl. Beschluss des Senats vom 27. Oktober 1960 - 8 Wx 15/60 , in: DNotZ 1961, 87; Hartmann, Kostengesetze, 34. Aufl., § 156 KostO Rdnr. 75; Korintenberg, KostO, 14. Aufl., § 156 Rdnr. 87).

Allerdings muss auch die Weisungsverfügung der vorgesetzten Dienstbehörde als Zulässigkeitsvoraussetzung in einem solchen Fall der weiteren Beschwerde erkennen lassen, ob und in welcher Hinsicht die Kostenberechnung des Notars überhaupt für unrichtig angesehen wird und mit welchem Ziel die gerichtliche Entscheidung herbeigeführt werden soll (BayOblG FGPrax 1997, 197; Hartmann, a.a.O., Rdnr. 71f.). Dies ergibt sich daraus, dass die Weisungsverfügung im Bereich der "Einwendungen gegen die Kostenberechnung" nach § 156 Abs. 1 S. 1 KostO die jeweiligen Grenzen des gerichtlichen Verfahrens absteckt. Soweit die Entscheidung des Landgerichts indessen in Übereinstimmung mit der Rechtsansicht der vorgesetzten Dienstbehörde steht, fehlt es für das Verfahren der weiteren Beschwerde an dem notwendigen Vorliegen des Beanstandens einer Notarkostenberechnung.

So liegt es auch hier. Nachdem der Landgerichtspräsident im erstinstanzlichen Verfahren noch die Auffassung vertreten hatte, die Gebühren nach § 147 Abs. 2 und § 149 KostO fänden vorliegend nebeneinander Anwendung, hat er nach Erlass der landgerichtlichen Entscheidung, die einen Vorrang des § 149 KostO vor § 147 Abs. 2 KostO angenommen hat, diese ausdrücklich in Übereinstimmung mit der vom Notar ohnehin vertretenen Ansicht für zutreffend erklärt. Erachtet der Landgerichtspräsident die Entscheidung des Landgerichts aber für richtig, dann scheidet eine Weisungsbeschwerde nach § 156 Abs. 6 KostO aus (vgl. Hartmann, a.a.O., Rdnr. 72). Die Weisungsbeschwerde dient demgegenüber nicht dazu, zu einer strittigen Rechtsfrage einen Rechtsentscheid oder ein Rechtsgutachten des Oberlandesgerichts einzuholen, wenn inhaltlich zwischen den Beteiligten überhaupt keine Meinungsverschiedenheiten bestehen und die Entscheidung des Landgerichts für richtig erachtet wird.

An dieser Unzulässigkeit der Weisungsbeschwerde ändert sich auch nichts dadurch, dass der Landgerichtspräsident diese in seinem Schreiben vom 15. September 2004 an den Notar ausdrücklich aufrechterhalten hat und nunmehr (wieder) die Meinung vertritt, § 147 Abs. 2 KostO und § 149 KostO seien nebeneinander anwendbar. Eine derartige Weisung, mit der die Unrichtigkeit der landgerichtlichen Entscheidung gerügt werden soll, ist erst nach Ablauf der Beschwerdefrist ergangen und kann die Unzulässigkeit der weiteren Beschwerde nicht heilen.

2.

Zur Klarstellung verweist der Senat darauf, dass die weitere Beschwerde auch unbegründet ist, weil die angefochtene Entscheidung auf keiner Gesetzesverletzung beruht (§ 156 Abs. 2 S. 4 KostO).

Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass einem Notar, dem aufgrund eines von den Parteien erteilten Treuhandauftrages im Zusammenhang mit der Prüfung der Auszahlungsreife des auf einem Notaranderkonto hinterlegten Kaufpreises eine Hebegebühr nach § 149 Abs. 1 KostO zusteht, nicht zusätzlich noch eine Betreuungsgebühr gem. § 147 Abs. 2 KostO für die Prüfung der Umschreibungsreife (Stellen des Eigentumsumschreibungsantrages erst nach Prüfung der vollständigen Kaufpreiszahlung) zukommt (so auch OLG Hamm JurBüro 1999, 311; 1987, 418; OLG Frankfurt JurBüro 1989, 1141; OLG Oldenburg JurBüro 1986, 429; Rohs/Wederwer, KostO, § 147 Rdnr. 13c; a.A. OLG Düsseldorf JurBüro 1992, 823; OLG Köln MittRhNotK 1991, 89; und 226; KG JurBüro 1986, 903; Assenmacher/Mathias, KostO, 15. Aufl., "Hebegebühr" Anm. 9.2.4; Korintenberg, KostO, 9. Aufl., § 149 Rdnr. 9; Bund DNotZ 1997, 27, 30).

§ 149 KostO umfasst nämlich die gesamte Mühewaltung und Verantwortlichkeit des Notars bei der Erhebung, Verwahrung und Ablieferung des ihm überlassenen Geldes einschließlich derjenigen, die mit der Befolgung von insoweit gegebenen Weisungen sowie der Prüfung der Auszahlungsvoraussetzungen verbunden ist. Da der Verwahrungsauftrag in der Regel gerade mit Weisungen der Beteiligten über die Art und Weise der Auszahlung verbunden ist, steht die Tätigkeit des Notars bei der Prüfung der Auszahlungsreife des Kaufpreises in unmittelbarem und untrennbarem Zusammenhang mit der Prüfung der Umschreibungsreife, also der Sicherstellung der vollständigen Kaufpreiszahlung auf dem Notaranderkonto vor Stellen des Umschreibungsantrages. Im einen wie im anderen Fall muss der Notar prüfen, ob der Kaufpreis vollständig auf dem Notaranderkonto eingezahlt ist. Nur wenn dies der Fall ist, ist der Notar befugt, den Kaufpreis an den Verkäufer auszuzahlen, sobald die vertraglich vereinbarten Voraussetzungen hierfür vorliegen. Entsprechend darf der Notar den Umschreibungsantrag erst stellen, wenn der Kaufpreis vollständig auf seinem Notaranderkonto eingegangen ist. Ist die Prüfung der vollständigen Kaufpreiszahlung mithin bereits Gegenstand der Verwahrungsgeschäftes, für welches die Hebegebühr nach § 149 KostO anfällt, so kann dieselbe Prüfung der Kaufpreiszahlung im Rahmen der Umschreibungsreife nicht zusätzlich eine Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO auslösen. Dieser greift gerade nur dann ein, wenn für eine im Auftrag eines Beteiligten ausgeübte Tätigkeit eine Gebühr nicht bestimmt ist. Das ist hier aber bei § 149 KostO der Fall.

Die Gegenansicht spaltet demgegenüber die einheitliche Tätigkeit des Notars künstlich in zwei Bereiche auf, nämlich zum einen die in erster Linie dem Interesse des Käufers und durch die Hebegebühr abgegoltene Prüfung der Auszahlungsreife einerseits sowie die in erster Linie dem Interesse des Verkäufers dienende Prüfung der Umschreibungsreife durch Sicherstellung vollständiger Kaufpreiszahlung vor Stellen des Umschreibungsantrages andrerseits (so etwa Bund, a.a.O.). Hierbei wird jedoch übersehen, dass bereits das Verwahrungsgeschäft des Notars der Sicherung des Erfüllungsinteresses beider Vertragsparteien im Hinblick darauf dient, dass das Eigentum erst mit dem Vollzug der Auflassung im Grundbuch auf den Käufer übergeht. Durch die treuhänderische Abwicklung wird mithin das Interesse beider Parteien an dem Zug-um-Zug-Austausch der beiderseitigen Leistungspflichten gewahrt (vgl. OLG Hamm, Rohs/Wedewer, a.a.O.). Die Vollständigkeit der Kaufpreiszahlung zu prüfen, oblag dem Notar mithin bereits im Rahmen des Verwahrungsgeschäfts. Solange der Kaufpreis nicht vollständig gezahlt war, war der Notar nicht berechtigt, diesen an den Verkäufer oder andere von ihm benannte Personen auszuzahlen. Mangels anderweitiger Vereinbarung war der Käufer nämlich gem. § 266 BGB zu Teilzahlungen nicht berechtigt. Umgekehrt konnte durch eine nicht vollständige Zahlung des Kaufpreises auch die Umschreibungsreife nicht begründet werden. Insoweit stellt die Prüfung der Umschreibungsreife nur ein spiegelbildliches unselbständiges Nebengeschäft zu dem durch § 149 KostO erfassten Verwahrungsgeschäft dar.

Für den Ansatz einer Betreuungsgebühr ist in derartigen Fällen nur dann Raum, wenn die Prüfung der Umschreibungsreife über den Eingang der Kaufpreiszahlung weitere eigenständige Tätigkeiten des Notars beinhaltet, die nicht bereits durch die - hier ebenfalls angefallene - Vollzugsgebühr des § 146 Abs. 1 KostO oder durch die Hebegebühr nach § 149 KostO abgegolten werden. Solche gesonderten Tätigkeiten des Notars fielen vorliegend indessen nicht an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 156 Abs. 5 S. 2 KostO i.V.m. § 131 Abs. 1 KostO. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren hat sich an der Höhe einer hier nach § 147 Abs. 2 KostO zu erhebenden Gebühr zu richten, falls eine solche angefallen wäre. Als Geschäftswert sind hier in der Regel 20 - 30% des Kaufpreises angemessen, was bei einem Mittelwert von 25% und einem Kaufpreis von 660.000 DM einer vollen Gebühr in Höhe von 192 EUR bei einem Gegenstandswert bis 90.000 EUR entspricht. Da § 147 Abs. 2 KostO die Abrechnung einer halben Gebühr vorsieht ergibt sich hieraus ein Betrag von 96 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer, mithin insgesamt 111,36 EUR.

Ende der Entscheidung

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