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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 11.10.2001
Aktenzeichen: 8 W 375/01
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 20 Abs. 2
KostO § 30 Abs. 1
KostO § 156 Abs. 2
Der Geschäftswert eines bei der Bestellung eines Erbbaurechtes dem Grundstückseigentümer vorbehaltenen Vorkaufsrechts kann, bei vorgesehener Bebauung, auch wenn die Veräußerung des Erbbaurechts seines Zustimmung bedarf, die Hälfte des Betrages der voraussichtlichen Baukosten erreichen.
8 W 375/01

Beschluss

In der Notarkostensache

betreffend die Kostenrechnung des Notars ####### vom 13. Dezember 2000 zu Nr. #######seiner Urkundenrolle für #######

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die weitere Beschwerde der Kostenschuldnerin vom 17. August 2001 gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim vom 5.Juli 2001 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht #######, des Richters am Oberlandesgericht ####### und der Richterin am Amtsgericht #######am 11. Oktober 2001 beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde wird auf Kosten der Beschwerdeführerin zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 19.418,40 DM (27.100 DM - 10.360 DM) x 1.16 %.

Gründe:

Die im angefochtenen Beschluss zugelassene, fristgerecht eingelegte weitere Beschwerde der Kostenschuldnerin (§ 156 Abs. 2 KostO) hat keinen Erfolg, die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Gesetzesverletzung (§ 156 Abs. 2 S. 4 KostO).

1. Mit notariellem Vertrag vom 8. Dezember 2000, Nr. 366 der Urkundenrolle des Beschwerdegegners für 2000 bestellte der Landkreis ####### als Grundstückseigentümer der Beschwerdeführerin als Erbbauberechtigter ein Erbbaurecht an einem 6.860 m² großen Grundstück in Peine. Als Vertragszweck ist unter Ziff. II hervorgehoben, Baugrund zur Errichtung eines Alten- und Pflegeheimes durch einen Privatbetreiber zur Verfügung zu stellen, um so die Versorgung mit Heimplätzen zu gewährleisten. Mit der Bestellung des Erbbaurechts ist eine Verpflichtung zum Bau und Betrieb eines solchen Heimes verbunden, einschließlich der Verpflichtung zur Übernahme des Personals und der Bewohner des bislang vom Landkreis betriebenen Altenheims (Ziff. III § 2 ). Die Veräußerung des Erbbaurechtes bedarf der vorherigen Zustimmung des Grundstückseigentümers (Ziff. III § 8, § 16). Frühestens nach Ablauf von 12 Jahren kann die Erbbauberechtigte ein Ankaufsrecht zu einem bestimmten Preis ausüben. Die Durchführung des Vertrages wird durch ein bei Vertragsverletzungen der Erbbauberechtigten zugunsten der Eigentümerin vorbehaltenes Heimfallrecht gesichert (Ziff. III § 10 ). Die Parteien räumen sich gegenseitig ein dingliches Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle ein (Ziff. X).

Gegen die Kostenrechnung des Notars vom 13.12.2000 (Bl. 29 d.A.) hat die Beschwerdeführerin Einwendungen im Wege der Beschwerde erhoben. Das Landgericht hat darauf mit dem angefochtenen Beschluss die Kostenrechnung hinsichtlich des nicht gebilligten Wertansatzes für das Ankaufsrecht der Beschwerdeführerin geändert und die Beschwerde im Übrigen zurückgewiesen. Es verblieb somit bei Wertansätzen für die Bestellung des Erbbaurechtes von 2.500.000 DM, für die Wertsicherungsklausel des vereinbarten Erbbauszinses von 250.000 DM und für das Vorkaufsrecht des Eigentümers von 6.206.000 DM (50% der veranschlagten Baukosten), insgesamt beträgt der festgesetzte Wert somit 8.956.000 DM. Hinsichtlich der Bemessung des Wertansatzes für das Vorkaufsrecht hat das Landgericht eine weitere Ermäßigung abgelehnt, weil von einem Regelfall auszugehen sei. Der Zustimmungsvorbehalt rechtfertige nicht die Annahme einer verminderten Bedeutung des Vorkaufsrechts. Nur dieses ermögliche dem Landkreis erforderlichenfalls die eigene Übernahme des Betriebes des Altenheims. Es gelte in jedem Falle mit Ausnahme der Wahrnehmung des Ankaufsrechts durch die Beschwerdeführerin.

Dagegen und gegen die Festsetzung der Gebühren nach diesem Wertansatz wendet sich die Beschwerdeführerin mit der zugelassenen weiteren Beschwerde.

Sie führt aus, der Zustimmungsvorbehalt mindere die wirtschaftliche Bedeutung des Vorkaufsrechts, das ohnehin mit Ausübung des Ankaufsrechtes entfalle. Der Landkreis Peine habe sich von dem Altenheimsbetrieb trennen wollen, deshalb sei die Ausübung des Vorkaufsrechts völlig unwahrscheinlich.

Sie strebt insofern eine Wertfestsetzung in Höhe von 1/10 des hälftigen Wertes der Baukosten an.

Der Beschwerdegegner wiederholt sein Vorbringen, das Vorkaufsrecht sei für den Landkreis von gesteigerter Bedeutung, um die Wahrung des vereinbarten Vertragszweckes durchzusetzen.

2. Die vom Landgericht vorgenommene, der Gebührenfestsetzung zu Grunde liegende Wertfestsetzung ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Besteht ein besonderes wirtschaftliches Interesse des Grundstückseigentümer an der Einräumung des Vorkaufsrechtes, wovon wegen der auch dadurch angestrebten, als Vertragszweck hervorgehobenen Sicherung einer angemessenen Versorgung der Bevölkerung des Landkreises ####### mit Alten- und Pflegeheimplätzen auszugehen ist, so sind die Werte der Gegenstande der Erbbaurechtsbestellung und des Vorkaufsrechtes nach § 44 Abs. 2 KostO zusammen zu rechnen (vgl. Korintenberg-Bengel, 14. Aufl. 1999 Rn. 39 zu § 20 KO). Dagegen wendet sich die Beschwerdeführerin auch nicht, sie greift lediglich die Höhe des Wertansatzes des Landgerichts an.

In der Regel ist der Wert des auf ein Erbbaurecht bezogenen Vorkaufsrechts bei Bestehen einer Bauverpflichtung (wie hier) in Höhe des halben Wertes der voraussichtlichen Baukosten anzusetzen (§ 20 Abs. 2 KostO). Der Grund dieser gesetzlichen Regelung wird überwiegend darin erblickt, dass die wirtschaftliche Bedeutung eines Vorkaufsrechtes gegenüber dem Erwerb geringer zu veranschlagen ist, weil noch nicht feststeht, ob dieses jemals ausgeübt wird. Es liegt daher auch nahe, darüber hinaus eine Abweichung vom Regelfall dann anzunehmen und einen ermäßigten Wert anzusetzen, wenn die Wahrscheinlichkeit einer Ausübung des Vorkaufsrechtes nach den getroffenen vertraglichen Regelungen und den tatsächlichen Umständen gegenüber durchschnittlichen Fällen deutlich verringert ist (Pfälz.OLG Zweibrücken JurBüro 2000, 427f.,428, BayObLG JurBüro 1997,487, Korintenberg-Bengel, aaO). Dies ist insbesondere dann angenommen worden, wenn der Eigentümer auch dadurch gesichert ist, dass die Veräußerung des Erbbaurechtes (wie hier)seiner Zustimmung bedarf (KG JurBüro 1999, 43 f., 44, OLG Braunschweig, Beschluss vom 6.08.1968, in Lappe KostRspr KostO § 20 Abs. 2 Nr. 18) und wenn er als öffentlich rechtliche Gebietskörperschaft gerade besonderes Interesse an einer Privatisierung und folglich geringes Interesse am Rückerwerb hat (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 30.03.1962 in Lappe KostRspr KostO § 20 Abs.2 Nr. 7).

Demgegenüber hat der Senat in einer älteren Entscheidung den Regelgegenstandswert für zutreffend gehalten und hinsichtlich der Bedeutung der Sache besonders auf die Verantwortung des beurkundenden Notars und seine Mühewaltung abgestellt, die nicht dadurch geschmälert werde, dass der Eigentümer nur mit geringer Wahrscheinlichkeit das Vorkaufsrecht einmal ausüben werde (DtNotZ 1960, 51ff., 52).

Ob daran festzuhalten ist, bedarf jedoch deshalb keiner Entscheidung, weil der Wertansatz des Landgerichtes auch nach der Auffassung nicht zu beanstanden ist, die bei geringer Wahrscheinlichkeit der Ausübung des Vorkaufsrechtes nur von einem Bruchteil des Regelstreitwertes (in Höhe des hälftigen Bauwertes) ausgeht.

3. Das Landgericht hatte auch unter Zugrundelegung der zuletzt genannten Ansicht nach freiem Ermessen über eine Ermäßigung des Regelstreitwertes zu befinden (§ 30 Abs. 1 KO). Der Senat hatte die Entscheidung des Landgerichts nur auf ihre Gesetzmäßigkeit und insbesondere darauf hin zu prüfen, ob das Landgericht den tatsächlichen Sachverhalt ausreichend aufgeklärt hat, ob seine Ermessensausübung auf grundsätzlich fehlerhaften Erwägungen beruht und ob Rechtsvorschriften oder Denkgesetze verletzt und wesentliche Tatsachen unbeachtet geblieben sind (§ 156 Abs. 2 S. 4 KostO). Davon ist jedoch nicht auszugehen.

Das Landgericht hat dem Vorkaufsrecht im Hinblick auf die damit bezweckte Sicherung der Versorgung mit Altenheimplätzen, insbesondere für den Zeitraum von 12 Jahren, nach dessen Ablauf der Beschwerdeführerin erstmals ein Ankaufsrecht zusteht, aber auch darüber hinaus, solange das Erbbaurecht und die damit verbundene Förderung eines privatwirtschaftlich sichergestellten Altenheimbetriebes Bestand hat, eine besondere wirtschaftliche Bedeutung beigemessen und entsprechend auch die Ausübung eines Vorkaufsrechtes für den Fall als nicht unwahrscheinlich in Betracht gezogen, dass das wirtschaftliche Konzept und der Versorgungszweck bei einer Weiterveräußerung aus der Sicht des Landkreises nicht ausreichend gewahrt erscheinen sollten. Dies ist bei der hervorgehobenen Bedeutung des Versorgungszweckes für den Landkreis auch nicht fernliegend.

Das Landgericht hat auch abgewogen, dass der Eigentümer nur auf Grund des Vorkaufsrechts in der Lage ist, notfalls das Altenheim selbst zu betreiben oder nach Belieben einen geeigneten Betreiber auszusuchen. Durch die vorbehaltene Zustimmung zu Verfügungen könne nur ein bestimmter Rechtsnachfolger u.U. verhindert werden. Dies ist aus Rechtsgründen insgesamt nicht zu beanstanden.

Die Folgerung des Landgerichts, die Bedeutung des Vorkaufsrechts sei so erheblich, dass es bei einem Regelfall bewenden müsse, ist durchaus nachvollziehbar.

Es unterliegt im Übrigen nicht der Entscheidung des Senats, ob eine Herabsetzung des Gegenstandwertes auf einen Bruchteil des Regelgegenstandwertes vorzugswürdig und geeigneter erscheint (vgl. dazu auch BayObLG JurBüro 1997,487). Der Senat hat die lediglich auf Rechtsverstöße zu überprüfende tatricherliche Ermessensentscheidung nicht durch eine eigene Abwägung zu ersetzen.

Nach allem muss die weitere Beschwerde zurückgewiesen werden.

4. Die gerichtlichen Kosten des erfolglosen Rechtsmittels hat die Beschwerdeführerin gem. § 156 Abs. 4 S. 3 Kost i.V.m. §§ 131, 136 ff. KostO zu tragen. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Verfahrenskosten der weiteren Beschwerde folgt aus § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG.

Der Beschwerdewert richtet sich nach der Differenz der 20/10 Beurkundungsgebühren bezogen auf den vom Landgericht festgesetzten Wert von 8.956.000 DM und den von der Schuldnerin akzeptierten Wert von 3.370.600 DM.

Ende der Entscheidung

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