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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 20.12.2000
Aktenzeichen: 9 U 138/00
Rechtsgebiete: BGB, StGB


Vorschriften:

BGB § 823 Abs. 2
StGB § 264a
Im Rahmen der Prospekthaftung muss sich der Kläger den an der Anlage bei ihm infolge der bestehen gebliebenen Verlustzuweisungen eingetretenen Steuervorteil nicht auf seinen Schadensersatzanspruch anrechnen lassen, wenn er den von ihm gezahlten Schadensbetrag wieder als Einkommen versteuern muss.
9 U 138/00

Verkündet am 20. Dezember 2000

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ############## sowie die Richter am Oberlandesgericht ############## und ############## auf die mündliche Verhandlung vom 6. Dezember 2000 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 1. Juli 1997 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens und die Kosten der Revision werden den Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 165.000 DM abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Den Parteien bleibt nachgelassen, Sicherheit auch durch eine selbstschuldnerische, unbefristete, unwiderrufliche und unbedingte Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Volksbank zu erbringen.

Wert der Beschwer für die Beklagten: 98.244 DM.

Tatbestand:

Die beiden Beklagten bildeten den Vorstand und waren die Hauptaktionäre der mit einem Grundkapital von 12 Mio. DM ausgestatteten ############## (im Folgenden: AG), über deren Vermögen am 31. Januar 1990 das Anschlusskonkursverfahren eröffnet worden ist. Gegenstand dieses Unternehmens war es, die Möglichkeit zu schaffen, Fernsehsendungen über Kabel zu empfangen. Seit 1987 sollte dieses Ziel nicht mehr unmittelbar durch die AG, sondern durch eigens gegründete ############## (im Folgenden: RKS) verwirklicht werden. Deren Eigenkapital hatten nach den Plänen der Beklagten Fonds-Gesellschaften aufzubringen, die ihrerseits private Anleger werben sollten. Mehrheitskommanditistin dieser jeweils als GmbH & Co. KG errichteten RKS sollte die #######-Gesellschaft sein, während die AG eine Minderheitsbeteiligung an der einzelnen Komplementär-GmbH halten sollte.

Die AG gründete in der Folgezeit nacheinander drei Fondsgesellschaften, u. a. die ############## (im Folgenden: NMF 3). Die Beklagten wurden zu Geschäftsführern der Komplementär-GmbH dieser Gesellschaft berufen, die Geschäftsanteile lagen bei der AG. Private Anleger wurden als Kommanditisten aufgrund eines Prospekts geworben, in welchem die gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen dargestellt, unter Bezugnahme auf die mit den beiden anderen Fonds-Gesellschaften erworbenen Erfahrungen Trendaussagen gemacht und in Form einer Modellplanung der Investitions- und Kapitalbedarf der Fonds-Gesellschaft sowie deren Gewinn- und Verlustrechnung bis zum Jahr 2008 vorgestellt wurden. Die dort mitgeteilten Zahlen beruhen auf der Vorgabe, dass durch die Beteiligung an den RKS der geplante interne Zinsfuß von 12 % p. a. erreicht wird.

Nach dem Vertragswerk sollte die AG das vorgesehene Fonds-Kapital von 15 Mio. DM beschaffen und dafür von NMF 3 eine Vergütung von 1,5 Mio. DM erhalten; auf diese 'Finanzierungsbeschaffungskosten' weist der Prospekt hin. Außerdem schloss die AG mit den drei RKS, an denen sich die NMF 3 beteiligte, Verträge über die Beschaffung der zur Erstellung der Kabelnetze erforderlichen erheblichen Finanzierungsmittel. Hierfür und für die gleichzeitig übernommene Garantieverpflichtung sollte die AG von den RKS ein Honorar erhalten, das zwischen 8 und 10 % der beschafften Mittel - dabei handelte es sich um die von den Fonds-Gesellschaften zur Verfügung gestellten Kommanditeinlagen und um Bankkredite - lag und in der Summe 7,82 Mio. DM ausmachte. Diese Beträge werden in dem Prospekt nicht genannt, auf sie wird lediglich im Zusammenhang mit den bereits genannten 'Finanzierungsbeschaffungskosten' durch folgenden Sternchen-Vermerk hingewiesen:

'... Laut Planungsrechnung erhält die ####### ####### ein weiteres Finanzierungsbeschaffungshonorar von den Beteiligungsgesellschaften'.

Unter dem 8. Februar 1989 trat der Kläger der NMF 3 als Kommanditist mit einer Einlage von 100.000 DM bei, die er ebenso wie die Vermittlungsprovision von 5.000 DM leistete. Erstmals Ende Mai 1989 wurden die Kommanditisten über verschiedene Entwicklungen und Ereignisse unterrichtet, die den wirtschaftlichen Erfolg der RKS und damit das gesamte Anlagekonzept in Frage stellten; weitere Informationen erhielten die Kommanditisten im August und im Dezember 1989. Bereits im April 1988 hatten sich die Beklagten schriftlich an den Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen gewandt und auf die ihrer Auffassung nach dramatischen Einbrüche in der Akquisition von Kabelanschlüssen infolge der Aus-weitung terrestrischer Frequenzen hingewiesen.

Die Zwangsvollstreckung einer der RKS aus einem gegen die AG erwirkten Urteil auf Rückzahlung von 1,56 Mio. DM Finanzierungsbeschaffungshonorar führte im Januar 1990 zum Zusammenbruch der AG. NMF 3 wechselte daraufhin ihre Komplementär-GmbH aus, sodass die Beklagten mit Geschäftsführeraufgaben dieser Fonds-Gesellschaft nicht mehr befasst waren, und veräußerte dann ihre an den RKS bestehenden Kommanditbeteiligungen zu einem Preis, der nur rund 30 % des Nennwerts ausmachte.

Der Kläger, der auf seine Einlage eine Ausschüttung von 6.756 DM erhalten hatte, nimmt die Beklagten aus dem Gesichtspunkt des Kapitalanlagebetruges bzw. aus Prospekthaftung auf Schadensersatz in Anspruch.

Nachdem das Landgericht Hannover mit Urteil vom 1. Juli 1997 dem Begehren des Klägers im Wesentlichen entsprochen hatte, wies der 22. Senat des Oberlandesgerichts Celle mit Urteil vom 6. August 1998 unter Abänderung der Entscheidung des Landgerichts Hannover die Klage ab und verneinte hierbei eine Unrichtigkeit des von dem Beklagten herausgegebenen Prospekts. Auf die Revision des Klägers hob der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 29. Mai 2000 die Entscheidung des 22. Senats des Oberlandesgerichts Celle auf und verwies den Rechtsstreit an den erkennenden Senat zurück. Der Bundesgerichtshof stützte seine Entscheidung dabei darauf, dass der Prospekt in zweifacher Weise unrichtig sei. Zum einen seien die Chancen und Risiken, die mit dem Kabelprojekt verbunden waren, unzutreffend darstellt worden, weil ein zu positives Bild über die Zahl der Kunden gezeichnet worden sei, die zum Anschluss an das Kabelnetz würden bewegt werden können (sog. 'Akzeptanzen'). Zum anderen sei der Prospekt deshalb unrichtig, weil er nur in irreführender und verharmlosender Weise darüber informiere, in welchem Umfang die von den Anlegern aufgebrachten Mittel an die AG weitergeleitet werden sollten.

Die Beklagten vertreten die Auffassung, dass ihnen kein Verschuldensvorwurf zu machen sei. Bezüglich der Akzeptanzen hätten sie davon ausgehen dürfen, dass es sich lediglich um einen vorübergehenden Rückgang gehandelt habe und daher hierauf im Prospekt nicht hingewiesen werden müsse. Dies sei auch durch die tatsächlich eingetretene Entwicklung belegt. Hinsichtlich der Finanzierungskosten sei für erfahrene Anleger erkennbar gewesen, dass zunächst das Eigenkapital hierfür benötigt wurde. Überdies seien die Prospektangaben insoweit weder von dem beratend tätigen Anwalt noch von der mit der Prospektprüfung beauftragten Treuhandgesellschaft beanstandet worden. Sie behaupten, dass die Prospektangaben nicht ursächlich für die Anlageentscheidung des Klägers gewesen seien und dem Kläger überdies kein Schaden in der geltend gemachten Höhe entstanden sei, weil der Kläger sich die aus den Verlustzuweisungen erzielten Steuervorteile anrechnen lassen müsse. Zulasten des Klägers sei schließlich zu berücksichtigen, dass die an den RKS bestehenden Kommanditbeteiligungen zu einem ungünstigen Verkaufspreis veräußert worden seien; wären die Anteile gehalten worden, hätte später ein weit höherer Preis erzielt werden können.

Die Beklagten beantragen,

das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen,

sowie hilfsweise ihnen nachzulassen, Sicherheit im Rahmen der §§ 711 ff ZPO durch die Bürgschaft eines deutschen Kreditinstitutes, das einem anerkannten Einlagensicherungsfonds angehört, oder einer Sparkasse leisten zu dürfen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

sowie ihm zu gestatten, eine zur Herbeiführung oder zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erforderlichen Sicherheit durch Stellung einer selbst-schuldnerischen, unbefristeten, unbedingten und unwiderruflichen Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse leisten zu dürfen.

Er vertritt die Auffassung, dass die Beklagten vorsätzlich gehandelt hätten, weil sie sowohl um die Einbrüche bei den Akzeptanzen als auch um deren Bedeutung für die potentiellen Anleger gewusst hätten. Ferner seien sich die Beklagten auch darüber im Klaren gewesen, dass die Offenlegung der an die AG zu zahlenden Honorare die Anlageentscheidung maßgeblich beeinflussen konnte. Bei Mitteilung dieser Umstände hätte er, der Kläger, die Beteiligung nicht erworben. Unter Hinweis auf eine Bescheinigung des Steuerberaters ####### vom 31. Juli 2000 behauptet er, dass die Verlustzuweisungen aus der NMF 3 zu einem Steuervorteil von 44.585,29 DM geführt hätten, der jedoch durch die von ihm auf einen etwaigen Schadensersatzbetrag zu zahlenden Steuern wieder aufgezehrt würde. Die Veräußerung der Kommanditbeteiligung könne ihm nicht entgegengehalten werden, weil er hierauf keinen Einfluss habe nehmen können.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen der Beklagten sind unbegründet. Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass dem Kläger gegen die Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von 98.244 DM aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 264 a StGB - Zug um Zug gegen die Abtretung der von ihm erworbenen Kommanditanteile - zusteht.

1. Aufgrund der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29. Mai 2000 steht für den Senat bindend fest, dass der von den Beklagten verwendete Prospekt in zweifacher Hinsicht unrichtig gewesen ist. Zum einen sind die Chancen und Risiken, die mit dem Kabelprojekt verbunden waren, unzutreffend dargestellt worden, weil ein zu positives Bild über die Zahl der Kunden gezeichnet wurde, die zum Anschluss an das Kabelnetz würden bewegt werden können (sog. Akzeptanzen). Zum anderen ist nur in irreführender und verharmlosender Weise darüber informiert worden, in welchem Umfang die von den Anlegern aufgebrachten Mittel an die AG weitergeleitet werden sollten. Diese rechtliche Beurteilung hat der Bundesgerichtshof seiner Entscheidung zugrunde gelegt, sodass der Senat gemäß § 565 Abs. 2 ZPO an einer abweichenden rechtlichen Beurteilung gehindert ist. Überdies teilt der Senat die vom Bundesgerichtshof vertretene Auffassung, wie sich auch aus dem Senatsurteil vom 27. Oktober 1993 (9 U 233/91) ergibt, in welchem der Senat bereits die Unrichtigkeit des hier maßgeblichen Prospekts jedenfalls in einem Punkt bejaht hatte.

2. Die Beklagten, die den hier maßgeblichen Prospekt herausgegeben hatten und für seinen Inhalt verantwortlich waren, haben nicht nur den objektiven Tatbestand der deliktischen Haftung wegen Kapitalanlagebetruges (§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 264 a StGB) erfüllt (BGHZ 116, 7 ff), sondern auch mit dem für die Verwirklichung des Tatbestandes in subjektiver Hinsicht erforderlichen Vorsatz gehandelt.

a) Die Beklagten haben - wie insbesondere ihr Schreiben vom 18. April 1988 an den Bundespostminister belegt - die Entwicklung der Akzeptanzen als Umstand angesehen, der für die Entscheidung über den Erwerb einer Beteiligung erheblich war. Demgemäß hat auch die Darstellung dieser Akzeptanzentwicklung in dem Prospekt einen breiten Raum eingenommen. Potentielle Anleger - dies wussten die Beklagten aufgrund ihrer insoweit bereits gemachten Erfahrung mit der AG und den Fonds-Gesellschaft NMF 1 und NMF 2 - waren an der vorhandenen und der zu erwartenden Akzeptanz deshalb besonders interessiert, weil letztlich nur über die Akzeptanz auf längere Sicht Gewinne zu realisieren waren. Der - drohende oder tatsächliche - Einbruch der Akzeptanzen war eine für diesen erheblichen Umstand nachteilige Tatsache, weil - auch dies war den Beklagten bekannt und bewusst, wie sich gleichfalls ihrem Schreiben vom 18. April 1988 entnehmen lässt - sich der Rückgang der Anschlüsse bzw. die Verlangsamung der Steigerungsraten der Anschlusszahlen unmittelbar wirtschaftlich auswirkte. Daher war es für einen Interessenten auch zur Vorbereitung der Anlageentscheidung erheblich, über bestehende Risiken vollständig informiert zu sein. Über solche Risiken, die u. U. zu einem vollständigen Verlust der Einlage führen können, wollen - wie die Beklagten ebenfalls wussten - auch solche Anleger aufgeklärt werden, die in den ersten Jahren ihrer Beteiligung vornehmlich an Verlustzuweisungen interessiert sind.

Die Beklagten können sich nicht darauf berufen, sie hätten darauf vertraut, dass die aufgetretenen Abweichungen von den im Prospekt angegebenen Planentwicklungen lediglich vorübergehender Natur sein würden und daher nicht mitgeteilt werden müssten. Selbst wenn zugunsten der Beklagten unterstellt wird, dass sich ihre Erwartung erfüllt hat, handelte es sich um eine Prognosenentscheidung, die mit Unsicherheiten belastet war; über diese Unsicherheit waren die Anleger zu unterrichten. Soweit die Beklagte daher davon ausgingen, eine Aufnahme in den Prospekt sei entbehrlich, befanden sie sich allenfalls in einem - rechtlich unbeachtlichen - fahrlässigen, weil vermeidbaren Verbotsirrtum. Zwar gilt im Zivilrecht grundsätzlich die sog. Vorsatztheorie, wonach zum Vorsatz auch das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit gehört, sodass bei einem Verbotsirrtum eine Haftung entfällt (BGHZ 69, 128/142 f m. w. N.; BGH NJW 1985, 134 ff). Handelt es sich allerdings um ein Schutzgesetz aus dem Strafrecht, wonach der Verbotsirrtum nur entlastet, wenn er unvermeidbar war (vgl. § 17 StGB, sog. Schuldtheorie), so gilt dasselbe auch im Anwendungsbereich des § 823 Abs. 2 BGB (BGH VersR 1962, 481 f; BGH NJW 1985, 134 ff). Bei fahrlässigem Verbotsirrtum wird danach die Sanktion als Vorsatztat nicht ausgeschlossen.

b) Die Beklagten wussten ferner, dass die Verwendung des Eigenkapitals und hier insbesondere die Tatsache, in welcher Höhe aus dem von den Anlegern aufzubringenden Mitteln vorab Honorare an die AG abfließen würden, ein für die Anlageentscheidung erheblicher Umstand war. Als versierte Geschäftsleute war ihnen überdies klar, dass die Vorfinanzierung der Honorare aus dem Eigenkapital und die aus dem Prospekt nicht erkennbare Doppelhonorierung der Dienstleistungen der AG eine im Hinblick auf die Anlageentscheidung nachteilige Tatsache war. Denn aufgrund der von ihnen verschwiegenen Einzelheiten war aus dem Prospekt nicht ersichtlich, dass das der AG zu zahlende Honorar sofort nach Vorliegen der Finanzierungszusagen - also nicht aus künftig erwirtschafteten Gewinnen, sondern unabhängig von der Durchführung der auf 10 Jahre angelegten Maßnahmen und u. U. schon vor Valutierung der Fremdmittel - zu entrichten war. Diese vertragliche Gestaltung begründete die nahe liegende Gefahr, dass die RKS die für die Ausgleichung dieser Forderungen notwendigen Mittel aus dem ihr von der NMF 3 zur Verfügung gestellten Kommanditkapital nehmen mussten. Dass dieser Rückfluss von Anlagegeldern an die Initiatoren des Projekts ein für die Wertschätzung der gesamten Geldanlage wesentlicher Gesichtspunkt war, liegt auf der Hand. Denn von dem veranschlagten Gesamtkapital von 15 Mio. DM waren auf diese Weise bereits 9,32 Mio. DM (1,5 Mio. DM von NMF 3 und 7,82 Mio. DM seitens der RKS), also mehr als 50 % zur Bezahlung der genannten Forderungen der AG gebunden (so bereits der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 29. Mai 2000). Daher ist es ebenso offensichtlich, dass ein derartiger Umstand, der sich in vorbezeichnetem Sinne nachteilig auf die angelegten Gelder auswirken konnte, den Anlegern mitzuteilen war.

3. Die Unrichtigkeit des Prospekts war auch ursächlich für die Anlageentscheidung des Klägers.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entspricht es der Lebenserfahrung, dass ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung - und damit für den beim Kläger eingetretenen Schaden - ursächlich geworden ist (BGHZ 79, 337/346; BGHZ 84, 141/148; BGH ZIP 1992, 1561 f). Hingegen ist es nicht erforderlich, dass gerade dieser Prospektfehler zum Scheitern des Projekts geführt hat (BGHZ 123, 106 ff), weil es insofern ausreicht, dass durch die unvollständige oder beschönigende Information des Prospekts in das Recht des Anlegers eingegriffen worden ist, selbst in Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in ein Projekt investieren will, das bestimmte Risiken enthält.

Es obliegt daher den Beklagten der Beweis dafür, dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Verhalten eingetreten wäre (BGHZ 61, 118; BGHZ 64, 46; BGH WM 1984, 221; BGH ZIP 1994, 116 ff). Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger seine Anlageentscheidung in gleicher Weise getroffen hätte, wenn der von den Beklagten hergestellte Prospekt richtig gewesen wäre, sind nicht ersichtlich. Insbesondere behaupten auch die Beklagten nicht, dass der Kläger vergleichbare Anlageentscheidungen getroffen hat, obwohl dort auf gleich gelagerte oder ähnliche nachteilige Umstände hingewiesen worden ist oder ihm solche Umstände bekannt gewesen sind.

4. Im Rahmen des Ersatzanspruches kann der Kläger verlangen, so gestellt zu werden, wie er stehen würde, wenn er das beanstandete Geschäft nicht abgeschlossen hätte. Der Kläger kann daher den von ihm gezahlten Anlagebetrag nebst den hierzu getätigten Aufwendungen (Provision etc.) ersetzt verlangen, vermindert jedoch um den Wert der Ausschüttung. Hieraus ergibt sich (der Kläger hat insgesamt 105.000 DM eingezahlt, 1991 jedoch 6.756 DM erhalten) der zugesprochene Forderungsbetrag in Höhe von 98.244 DM. Darüber hinaus kann der Kläger entgangenen Gewinn verlangen, wobei er sich vorliegend für eine Verzinsung des von ihm eingesetzten Kapitals entschieden hat. Der zuerkannte Zinssatz von 7 % übersteigt nicht dasjenige, was 1989 für eine längerfristige Anlage auf dem Kapitalmarkt zu erzielen gewesen wäre.

Entgegen der Auffassung der Berufungen muss sich der Kläger den aus der Anlage bei ihm infolge der bestehen gebliebenen Verlustzuweisungen eingetretenen Steuervorteil, den er mit dem Schreiben des Steuerberaters ####### in Höhe von 44.585 DM hinreichend belegt hat, nicht auf seinen Schadensersatzanspruch anrechnen lassen. Zwar gehören infolge der Schädigung ersparte Steuern grundsätzlich zu den Vorteilen, die der Geschädigte sich auf seinen Schadensersatzanspruch anrechnen lassen muss (vgl. etwa BGH WM 1984, 1075), jedoch ist ein anrechenbarer Vorteil dann zu verneinen, wenn der Geschädigte, wie allgemein geboten, den von ihm gezahlten Schadensbetrag wieder als Einkommen versteuern muss (vgl. hierzu die Nachweise bei Kellermann/Stodolkowitz, Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Personengesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 180 f). Auf die exakte Feststellung der infolge der Verlustzuweisungen ersparten Steuern kann dabei ebenso verzichtet werden wie auf die - ohnehin im Voraus nicht feststellbare - genaue Ermittlung der auf den Schadensersatzbetrag zu zahlenden Steuern. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine exakte Abrechnung von Steuervorteilen unter Gegenüberstellung der tatsächlichen mit einer hypothetischen Vermögenslage des Geschädigten nicht geboten, weil dies - wenn überhaupt - allenfalls mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre, der bei der Ermittlung der Schadenshöhe gerade vermieden werden soll (§ 287 ZPO). Diese Grundsätze gelten selbst dann, wenn dem Geschädigten bei der späteren Versteuerung ein ermäßigter Steuersatz - etwa für außerordentliche Einkünfte - zugute kommen sollte. Denn dieser ermäßigte Steuersatz darf den Schädiger nicht entlasten (BGH WM 1984, 1075 m. w. N.). Der Gedanke der Gewinnabwehr, der bei der Frage des Vorteilsausgleichs zu beachten ist, greift hier nicht durch. Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn der Geschädigte durch seine Beteiligung außerordentliche Steuervorteile auf eine solche Weise oder in einer solchen Höhe erlangt, dass sie ihm abweichend von der Regel billigerweise auf die Entschädigungsleistungen angerechnet werden müssten (vgl. etwa BGH WM 1990, 1245/1248; BGH WM 1989, 1925). Ein solcher Fall ist vorliegend aber nicht gegeben.

5. Dem Kläger ist weder bei der Entstehung des Schadens noch bei der Schadenshöhe ein Mitverschulden anzurechnen.

Die Unrichtigkeit des Prospekts bezüglich der Akzeptanzen und bezüglich der an die AG zu zahlenden Honorare war nicht erkennbar. Daher kann es auch offen bleiben, ob - was zwischen den Parteien streitig ist - der Kläger über einschlägige Kenntnisse, insbesondere über Anlageerfahrung verfügte oder nicht.

Unbeachtlich ist es auch, dass die an den RKS bestehenden Kommanditbeteiligungen zu einem Preis veräußert wurden, der nur rund 30 % des Nennwertes ausmachte. Unabhängig davon, dass dem Kläger das Risiko der Kursentwicklung nicht zuzurechnen ist, kann schon nicht erkannt werden, dass der Kläger mit seiner geringen Kommanditbeteiligung auch nur ansatzweise Einfluss auf die Veräußerungsentscheidung hätte nehmen können. Wenn eine derartige Einflussnahmemöglichkeit aber nicht bestand, dann kann auch - unabhängig von sonstigen Bedenken - in der Veräußerung kein dem Kläger zurechenbares Mitverschulden gesehen werden.

6. Die bei der Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 264 a StGB gemäß § 852 BGB geltende Verjährungsfrist von drei Jahren war selbst dann noch nicht abgelaufen, wenn man auf die Zustellung der Mahnbescheide (29. Juni 1990) und nicht auf die Einreichung der Mahnbescheidsanträge (28. Februar 1990) abstellt.

7. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1; 708 Nr. 10, 711; 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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