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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 11.11.2009
Aktenzeichen: 9 U 31/09
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 626
Es kann einen die fristlose Kündigung des Anstellungsvertrags rechtfertigenden Grund darstellen, wenn ein Vorstand privat unentgeltliche Dienstleistungen (hier: Verschaffung von Großkundenrabatten für Sanitärausstattung eines Bauvorhabens) eines Vertragspartners seiner Anstellungskörperschaft entgegennimmt.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

9 U 31/09

Verkündet am 11. November 2009

In dem Rechtsstreit

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 7. Oktober 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten zu 1 wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Klägerin das am 6. März 2009 verkündete Teilurteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Hannover teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte zu 1 wird verurteilt, an die Klägerin 30.000 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11. Juli 2005 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte zu 1 30.000 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 13. April 2005 zu zahlen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens und den im ersten Rechtszug entstandenen außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 trägt die Klägerin 93 %. im Übrigen trägt die Beklagte zu 1 die Kosten des Berufungsverfahrens sowie die ihr im ersten Rechtszug entstandenen außergerichtlichen Kosten.

Die Entscheidung über die im ersten Rechtszug entstandenen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten der übrigen Beteiligten bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung der jeweiligen Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des aufgrund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des je zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit seitens der Beklagten zu 1 ausgesprochener fristloser Kündigungen des Anstellungsvertrages der Klägerin als Vorstandsvorsitzender der Beklagten zu 1. Wegen des Sachverhalts und der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts wird auf das angefochtene Teilurteil Bezug genommen, mit dem die Kammer die gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Klage ebenso abgewiesen hat wie die Widerklage der Beklagten zu 1. Hiergegen richten sich die Berufung der Klägerin sowie die Anschlussberufung der Beklagten zu 1.

Die Klägerin verfolgt ihr erstinstanzliches Prozessziel gegenüber der Beklagten zu 1 weiter, wobei sie die im ersten Rechtszug gestellten Feststellungsanträge zu 1 und 2 in zeitlicher Hinsicht auch über den 22. Januar 2009 hinaus erweitert hat (Schriftsatz vom 23. September 2009, Bd. VI, Bl. 1156 d. A.). Sie macht geltend, die Kündigung vom 8. Februar 2005 (Anlage K 2 im gesonderten Aktenordner) sei unwirksam gewesen, weil ihr einerseits kein wirksamer Beschluss des Verwaltungsrats zugrunde gelegen habe, andererseits der die Kündigung erklärende Herr Wi. mangels wirksamer Wahl nicht Vorsitzender des Verwaltungsrats geworden sei. Bei der Verwaltungsratssitzung seien nämlich nicht alle Mitglieder anwesend gewesen, insbesondere nicht der Streithelfer S. Angesichts dessen komme es für die Beschlussfähigkeit des Verwaltungsrats darauf an, ob dessen Mitglieder ordnungsgemäß geladen worden seien. Das aber habe die Klägerin bereits im ersten Rechtszug unmissverständlich bestritten, worüber das Landgericht zu Unrecht hinweggegangen sei. Die in dieser Hinsicht darlegungs- und beweisbelastete Beklagte habe nicht ausreichend zu den Einzelheiten der Einladung vorgetragen, weshalb sich die Klägerin auf einfaches Bestreiten habe beschränken dürfen, zumal sie auf die maßgeblichen Unterlagen ohnehin keinen Zugriff habe. Gleiches gelte hinsichtlich des Vortrags der Beklagten, die Unterschriften der damaligen Verwaltungsratsvorsitzenden S. und W. seien mit deren Billigung in das Einladungsschreiben eingescannt worden. Zumindest S. sei im Übrigen bei der eigentlichen Sitzung, an der die Vertreter der Versicherten und der Arbeitgeber gemeinsam teilzunehmen gehabt hätten, nicht mehr dabei gewesen. Den Vortrag der Klägerin hierzu, die sich auf die Darstellung des Streithelfers S. gestützt habe, habe das Landgericht nicht unberücksichtigt lassen dürfen. Ebenso verfahrensfehlerhaft seien Divergenzen zwischen den Anlagen B 8 und B 42 nicht gewürdigt worden, obwohl diese darauf hindeuteten, dass letztere (das Protokoll der Verwaltungsratssitzung vom 8. Februar 2005) nicht authentisch sei. Darüber hinaus sei Wi. jedenfalls nicht wirksam zum Verwaltungsratsvorsitzenden gewählt worden, weil seine vorweggenommene und unbestimmte Erklärung, die Wahl anzunehmen (Bl. 31 a des Sitzungsprotokolls, Anlage B 42 im gesonderten Ordner) den Voraussetzungen des § 57 SGB IV nicht genüge.

Auch der Beschluss des Verwaltungsrats vom 2. Juni 2006 hinsichtlich u. a. desjenigen nachgeschobenen Kündigungsgrundes (Vermittlung eines Großkundenrabatts durch die H. C. AG), auf den das Landgericht bei seiner Entscheidung abgestellt habe, sei nicht wirksam zustande gekommen. Außerdem entspreche der von der Kammer als tragend angesehene Kündigungsgrund inhaltlich ohnehin nicht dem, was der Verwaltungsrat in jener Sitzung beschlossen habe. Das vom Landgericht herangezogene Geschehen sei auch nicht geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen, weil der Umstand, dass sie die Klägerin sich bei der privaten Bestellung von Sanitärgegenständen von der H. AG (die mit der Beklagten in Vertragsbeziehungen stehe bzw. gestanden habe) durch Beschaffung von Rabatten bei einem Sanitärgroßhandel habe helfen lassen, kein schwerwiegendes Fehlverhalten darstelle. Auch habe es, schon mangels insoweit vorwerfbaren Geschehens, zum Zeitpunkt der (Verdachts )Kündigung keinen hinreichenden dringenden Verdacht gegeben. Zudem habe die Beklagte der Klägerin zu jenen nachgeschobenen Kündigungsgründen nicht ausreichend Gehör gewährt, weil ihr Einsicht in die Vertragsunterlagen zwischen der H. AG und der Beklagten verwehrt worden sei. Letztlich habe der vom Landgericht bejahte Kündigungsgrund ohnehin nicht zulässigerweise nachgeschoben werden dürfen, weil die Kündigung dadurch einen völlig anderen Charakter erhalten habe.

Schließlich habe der Klagantrag zu 3 c (Verpflichtung zur Feststellung der Zielerreichung und Zahlung der vorgesehenen Tantieme für das Jahr 2004) schon deswegen nicht abgewiesen werden dürfen, weil die zwischen Vorstand und Verwaltungsrat vereinbarten Ziele (Anlage K 32 im gesonderten Hefter) unstreitig erfüllt worden seien, wie auch der Umstand zeige, dass dem weiteren Vorstand D. die Tantieme uneingeschränkt gezahlt worden sei.

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung gegen die Angriffe der Berufung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Im Wege der Anschlussberufung verfolgt sie den vom Landgericht abgewiesenen Widerklagantrag weiter. Die Klägerin sei um die für die Jahre 2002 und 2003 gezahlten, dienstvertraglich aber nicht vorgesehenen Boni (jeweils 15.000 €) ungerechtfertigt bereichert, weil die Verwaltungsratsvorsitzenden entgegen der Annahme des Landgerichts nicht zu einer Bewilligung solcher Bonuszahlungen, letztlich also einer Änderung des Anstellungsvertrags, befugt gewesen seien. Weitergehendes ergebe sich insbesondere nicht aus § 23 Abs. 4 der Satzung der Beklagten, der lediglich eine Kompetenzregelung betreffend die Anweisung bestimmter Zahlungen gegenüber der Zahlstelle darstelle, nicht aber die Begründung von Zahlungsansprüchen ermöglichen solle.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die Berufung der Klägerin erweist sich mit Ausnahme des Anspruchs auf Tantiemezahlungen für das Jahr 2004 als unbegründet, die Anschlussberufung der Beklagten zu 1 hingegen als begründet. Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass das Anstellungsverhältnis der Klägerin bei der Beklagten zu 1 durch die Kündigung vom 8. Februar 2005 beendet worden ist, sodass der Klägerin weder ein Anspruch auf Feststellung der Fortdauer nach diesem Zeitpunkt noch auf danach entstandene Bezüge, Weiterbeschäftigung oder auf Schadensersatz wegen der Kündigung zusteht. Auf die in dieser Hinsicht zutreffenden Ausführungen der angefochtenen Entscheidung, denen der Senat beitritt, wird zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Allerdings hat die Klägerin entgegen der Auffassung der Kammer Anspruch auf Zahlung der variablen Bezügebestandteile (Tantieme) für das Jahr 2004, also die Zeit vor der Kündigung, der auch ohne weiteren Zwischenschritt als Zahlungsanspruch geltend gemacht werden kann (entsprechend dem Berufungsantrag zu 3 c bb). Demgegenüber steht jedoch der Beklagten zu 1 in letztlich gleicher Höhe der mit der Anschlussberufung weiterverfolgte Rückzahlungsanspruch hinsichtlich anstellungsvertraglich nicht vorgesehener Bonuszahlungen für die Jahre 2002 und 2003 in Höhe von jeweils 15.000 € zu.

1. Es kann dahinstehen, ob der gegen die Klägerin erhobene Vorwurf, sie habe sich eigenmächtig und unberechtigt im August 2003 eine dienstvertraglich nicht vorgesehene Bonuszahlung in Höhe von 45.000 € angewiesen und auszahlen lassen (wegen dessen sie zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist), zutreffend ist, eine Kündigung aus wichtigem Grund jedoch (wie das Landgericht mit beachtlichen Erwägungen angenommen hat) wegen Nichteinhaltung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht zu tragen vermag. Ebenso kann offenbleiben, ob die weiteren von der Beklagten angeführten, vom Landgericht nicht geprüften Gründe (etwa diejenigen im Zusammenhang mit Aufwendungen für das Dienstfahrzeug der Klägerin) als nachgeschobene Kündigungsgründe die Beendigung des Dienstvertrages rechtfertigen könnten.

2. Jedenfalls nämlich ist, wie das Landgericht unter II 1 b bb seiner Entscheidungsgründe mit Recht angenommen hat (Bd. V., Bl. 1001 ff. d. A.), die der Klägerin gegenüber ausgesprochene fristlose Kündigung vom 8. Februar 2005 deswegen berechtigt, weil jene in Form eines "Großkundenrabatts" von einer Vertragspartnerin der Beklagten zu 1 einen nicht unerheblichen persönlichen Vorteil angenommen hat. Dieses Geschehen stellt, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, einen die fristlose Kündigung rechtfertigenden wichtigen Grund im Sinne des § 626 BGB dar.

a) Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt es dabei nicht maßgeblich auf die Höhe ihres wirtschaftlichen Vorteils an (die Beklagte beziffert diesen unter Bezugnahme auf das Ermittlungsergebnis des Verfahrens 4252 Js 26926/05 der Staatsanwaltschaft Hannover mit etwa 4.000 €, die Klägerin macht demgegenüber geltend, sie hätte einen solchen Rabatt auch ohne die H. AG erhalten können), weil schon das Geschehen an sich angesichts der Interessenkonstellation und der herausgehobenen Position der Klägerin geeignet erscheint, die sofortige Beendigung der Anstellung als Vorstandsvorsitzende zu rechtfertigen. Abgesehen davon, dass der Klägerin die Annahme "sonstiger Vorteile von Personen, die mit der A. in Geschäftsverbindung stehen", nach § 3 Abs. 2 ihres Anstellungsvertrags (Anlage K 1 im gesonderten Ordner) verboten gewesen ist, sind derartige unentgeltlich gewährte Vorteile eines zumal bedeutenden Vertragspartners der Anstellungskörperschaft geeignet, sowohl in den Augen der Öffentlichkeit als auch in den eigenen Reihen der von der Klägerin geführten Beklagten den Eindruck zu erwecken, mit der Gewährung solcher (bereitwillig angenommener) privater Vorteile lasse sich das Entscheidungsverhalten beeinflussen, zumindest aber "Wohlwollen erkaufen". Ob dabei konkrete vergangene oder künftige Vorteile erwartet wurden oder honoriert werden sollten (wofür hier kein Anhalt aufgezeigt worden ist, auch wenn die Beklagte zu 1 mit der H. AG bzw. deren Schwestergesellschaften durch wirtschaftlich bedeutende Bau und Mietverträge verbunden gewesen ist bzw. war), ist ebenso wenig maßgeblich wie die Frage, ob eine solche vorstellbare Erwartungshaltung des den Vorteil Gewährenden berechtigt wäre. Schon der Umstand, dass die Klägerin die unentgeltlich erbrachte "Hilfeleistung" der H. AG bei der Durchführung ihres privaten Bauvorhabens angenommen hat, ist weder mit ihrer Stellung als Repräsentantin und Vertreterin der Beklagten zu 1, deren ggf. konträre Interessen sie gegenüber der H. AG wahrzunehmen hatte, noch mit ihrer Vorbildfunktion gegenüber den ihr unterstellten Mitarbeitern der Beklagten zu 1 zu vereinbaren.

b) Die Annahme eines unentgeltlich gewährten Vorteils bei der Durchführung eines privaten Bauvorhabens (hier: Hilfe bei der Beschaffung von Sanitäreinrichtungsgegenständen mit beträchtlichen Preisnachlässen gegenüber den Listenpreisen für Endverbraucher) ist im Sinne des § 3 Abs. 2 des Anstellungsvertrages auch "geeignet, die Unabhängigkeit in der Vorstandstätigkeit zu beeinträchtigen". Mit dieser einschränkenden Formulierung sollen ersichtlich nur sozialadäquate kleinere Werbegeschenke mit dienstlichem Bezug erlaubt werden. Einem solchen (wie etwa einem Jahresplaner mit Werbeaufdruck, wie er routinemäßig zu Weihnachten oder zum Jahreswechsel an einen mehr oder weniger weiten Kreis von Geschäftspartnern verteilt zu werden pflegt) steht der der Klägerin gewährte Vorteil schon deswegen nicht gleich, sondern geht deutlich darüber hinaus, weil es sich um eine den konkreten damaligen privaten Bedürfnissen entsprechende Hilfeleistung von einigem wirtschaftlichem Wert handelte, wie sie sonst üblicherweise etwa im Rahmen entgeltlicher Baubetreuungsverträge gewährt wird. Den dadurch entstehenden Eindruck eines über dienstliche Aspekte hinausgehenden Näheverhältnisses mit persönlichen Interessen aber hatte die Klägerin als Vorstandsvorsitzende der Beklagten zu 1 (auch ungeachtet der dies klarstellenden Regelung ihres Dienstvertrages) zu vermeiden, zumal die von ihr geführte Beklagte als große gesetzliche Krankenversicherung im besonderen Fokus der Wahrnehmung von Politik und Öffentlichkeit steht (vgl. etwa Nr. 3 der Zielvereinbarung zwischen den Parteien vom 8. März 2004, Anlage K 32 im gesonderten Ordner).

c) Dieser Bewertung widerspricht es entgegen der Auffassung der Klägerin nicht, dass das Strafverfahren wegen des entsprechenden Vorwurfs nach § 154 StPO eingestellt worden ist, weil im Rahmen der Strafverfolgung der (für die zivilrechtliche Bewertung nach dem oben unter 1 Gesagten keine Rolle spielende) Vorwurf im Zusammenhang mit der Anweisung der Bonuszahlung für das Jahr 2002, wegen dessen die Klägerin zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten auf Bewährung verurteilt worden ist, für weniger schwerwiegend angesehen worden ist.

Ein die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund rechtfertigendes Gewicht kommt ihm nach dem hier Ausgeführten dessen ungeachtet zu.

3. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Kündigung vom 8. Februar 2005 auch nicht deswegen unwirksam, weil der ihr zugrundeliegende Verwaltungsratsbeschluss vom selben Tage oder der Beschluss vom 8. Juni 2006 betreffend den nachgeschobenen Grund nichtig wären (eine bloße lediglich zur Anfechtbarkeit führende Fehlerhaftigkeit könnte die Klägerin ohnehin nicht einwenden, weil sie als "Fremdvorstand" nicht anfechtungsbefugt wäre).

a) Soweit die Klägerin (allerdings ohne erkennbaren konkreten Anhaltspunkt) geltend macht, der Beschluss sei wegen Mängeln der Einladung zu der Verwaltungsratssitzung, bei der er gefasst worden ist, nichtig, vermag der Senat dem ebenso wenig zu folgen wie das Landgericht. Insoweit genügt die die Nichtigkeit einwendende Klägerin ihrer Darlegungslast nicht dadurch, dass sie behauptet, es seien nicht alle Verwaltungsratsmitglieder eingeladen worden. Sofern sie nicht zu konkretem Vortrag imstande ist, hinsichtlich welcher Personen dies der Fall sein soll, sind zumindest Tatsachen vorzutragen, die Zweifel an einer ordnungsgemäßen Einladung rechtfertigen (vgl. für den Fall der Nichtigkeit des Beschlusses einer Gesellschafterversammlung einer GmbH wegen pauschal behaupteten Einladungsmangels BGH, NJW 1987, 1262, 1263). Fehlt es an solchem, Zweifel an der Einladung rechtfertigendem Vortrag, ist von einer ordnungsgemäßen Ladung zur Gesellschafterversammlung auszugehen. Vor diesem Hintergrund ist Folgendes festzuhalten:

Die Beklagte zu 1 hat veranlasst durch einen Hinweisbeschluss des Landgerichts vom 3. November 2008 (Bd. IV, Bl. 804 d. A.) mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2008 (Bd. IV, Bl. 821 ff. d. A.) detailliert dazu vorgetragen, wie hinsichtlich der Einladung zu der Verwaltungsratssitzung vom 8. Februar 2005 verfahren worden ist und welche Mitglieder bzw. Ersatzmitglieder erschienen waren (obwohl ihr dies nach dem oben geschilderten Maßstab mangels konkretem Bestreiten der Klägerin nicht einmal oblegen hätte). Diesen Vortrag hat die Klägerin sodann mit Schriftsatz vom 14. Januar 2009 (Bd. IV, Bl. 850 ff. d. A.) hinsichtlich zahlreicher Einzelheiten mit Nichtwissen bestritten, etwa dahingehend, dass die Verwaltungsratsvorsitzenden S. und W. oder die Versichertenvertreterin W. geladen gewesen seien. Diesem in der Berufungsbegründung aufgegriffenen Bestreiten mit Nichtwissen liegen aber wiederum keine erkennbaren Tatsachen zugrunde, die Zweifel an einer ordnungsgemäßen Einladung rechtfertigen könnten. So ist etwa davon auszugehen, dass der vormalige Streithelfer der Klägerin, S., ebenso wie die Versichertenvertreterin W. ausweislich der abgezeichneten Anwesenheitslisten an dem fraglichen Tage zur bestimmten Zeit in den Räumlichkeiten der Beklagten zu 1 anwesend gewesen ist, was ohne den Zugang einer entsprechenden Einladung nicht erklärlich wäre. Dass der Beklagte zu 2, W., an der Versammlung nicht teilgenommen hat, erklärt sich daraus, dass er wenige Tage zuvor (unstreitig) seine Ämter als Verwaltungsrat und dessen Vorsitzender niedergelegt hatte und ist deswegen nicht geeignet, Zweifel an seiner Einladung zu rechtfertigen.

b) Ebenso wenig stellt es einen die Wirksamkeit der Beschlussfassung berührenden Einladungsmangel dar, dass nach der Darstellung der Beklagten zu 1 die Unterschriften der beiden Verwaltungsratsvorsitzenden S. und W. unter das Einladungsschreiben lediglich (mit deren Einverständnis) eingescannt worden seien, und (soweit unstreitig) jedenfalls nicht im Original geleistet worden sind. Abgesehen davon, dass aus Sicht der Eingeladenen dem Zweck der entsprechenden Vorschrift in der Geschäftsordnung für den Verwaltungsrat (Anlage B 2 im gesonderten Ordner), nämlich die Einladung der Mitglieder "solle schriftlich und unter Beifügung der Beratungsunterlagen" erfolgen, jedenfalls genügt war und es gesonderte Formvorschriften für das Zustandekommen der Einladung als rechtliche Erklärung nicht gibt, hat jedenfalls der Verwaltungsratsvorsitzende S. diesem Vorgehen ausweislich dem Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 20. Januar 2009 (Bd. V, Bl. 892 f. d. A.) ausdrücklich zugestimmt. Dieser Erklärung ist zu entnehmen, dass er (was auch einzig naheliegt) den Inhalt der Einladung gekannt hat.

Soweit die Klägerin in Abrede nimmt, dass hinsichtlich des weiteren damaligen Verwaltungsratsvorsitzenden W., also des Beklagten zu 2, der der Beklagten zu 1 zur Unterstützung ihrer Widerklage zudem als Streithelfer beigetreten ist, gleichermaßen verfahren worden sei, gilt auch insoweit, dass kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich ist, dass das Einscannen der Unterschrift ohne Kenntnis des Inhalts der Einladung durch den Beklagten zu 2 oder gar gegen dessen Willen erfolgt sei.

Gegen eine derart fernliegende Annahme, nach der die Mitarbeiterin B. der Beklagten zu 1, die für die Fertigung und Versendung der Einladungsschreiben zuständig gewesen ist, dem ranghöchsten Repräsentanten ihrer Arbeitgeberin Erklärungen von weitreichender Bedeutung "untergeschoben" hätte, was im Zweifel nicht ohne Konsequenzen geblieben wäre, spricht auch der handschriftliche Vermerk jener Mitarbeiterin auf dem Anschreiben vom 28. Januar 2005 (Anlage B 45 im gesonderten Ordner). Dessen ungeachtet würde selbst dann, wenn der Beklagte zu 2 die Einladung nicht mitgetragen hätte (was angesichts der Interessenkonstellation allerdings fernliegt), dies nicht den auf der anschließenden Verwaltungsratssitzung vom 8. Februar 2005 gefassten Beschluss nichtig machen, weil nach dem oben Gesagten jedenfalls davon auszugehen wäre, dass die Einladungsschreiben jedenfalls von einem Vorsitzenden autorisiert waren, ihren Adressaten zugegangen sind und eine beschlussfähige (Voll )Versammlung zustande gekommen ist.

c) Dass der Streithelfer der Klägerin, S., die Sitzung vor dem Beginn desjenigen Teils der Versammlung, den Arbeitgebervertreter und Versichertenvertreter gemeinsam durchführen, wieder verlassen hat (nachdem auch er seine Ämter niedergelegt hatte), vermag weder einen Einladungsmangel zu begründen noch in anderer Weise die anschließend gefassten Beschlüsse nichtig zu machen. Dass etwa derart viele Verwaltungsratsmitglieder vor der Beschlussfassung die Versammlung wieder verlassen hätten, dass deren Beschlussfähigkeit nicht mehr gewährleistet gewesen sei, ist weder anhand konkreter Tatsachen vorgetragen noch ersichtlich. schließlich waren die Mitglieder gerade wegen der angekündigten Entschließung über die Amtsenthebung der Klägerin und die fristlose Kündigung ihres Vertrages erschienen.

d) Der mit der Berufung weiterverfolgte Einwand der Klägerin, die äußerliche Abweichung des ihr zusammen mit dem Kündigungsschreiben zugestellten Protokollauszugs (Anlage B 8 im gesonderter Ordner) von dem von der Beklagten vorgelegten vollständigen Protokoll (Anlage B 42 im gesonderten Ordner) spreche dagegen, dass ein wirksamer Beschluss gefasst worden sei, greift nicht durch. Dass der Auszug aus dem Protokoll optisch anders gestaltet ist und anders unterzeichnet ist als das Gesamtprotokoll, deutet weder darauf hin, dass er, wie die Klägerin meint, "nachträglich fabriziert" worden ist, noch dass es gar einen entsprechenden Verwaltungsratsbeschluss mit dem dargestellten Inhalt gar nicht gegeben habe, sondern erklärt sich daraus, dass er erkennbar bereits umgehend nach der Sitzung gefertigt worden sein muss, um ihn dem Kündigungsschreiben sogleich beifügen zu können.

e) Hinsichtlich des im Wesentlichen gleichartig begründeten Einwands der Klägerin, auch der am 8. Juni 2006 gefasste weitere Verwaltungsratsbeschluss, nämlich der ausgesprochenen Kündigung zusätzliche Gründe nachzuschieben, sei nichtig, gilt das oben unter a und b Ausgeführte entsprechend. Die Beklagte zu 1 hat (bei rechtem Licht betrachtet sogar ohne Veranlassung durch zureichendes Bestreiten der Klägerin) eingehend zum formellen Zustandekommen auch dieses Beschlusses vorgetragen (S. 7 10 des Schriftsatzes vom 4. Februar 2009, Bd. V., Bl. 918 ff. d. A.) und die maßgeblichen Protokollbestandteile sowie das Einladungsschreiben zu jener Sitzung vorgelegt (Anlagen B 51 und B 47 im gesonderten Ordner). Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass dieser Beschluss mit zur Nichtigkeit führenden Mängeln behaftet gewesen sei, bietet der Vortrag der Klägerin, der ansonsten im Übrigen verspätet wäre (vgl. schon S. 23 des angefochtenen Urteils, Bd. V, Bl. 1002 d. A., "...mit Schriftsatz vom 28. Januar 2009 erstmals wiederum schlicht bestreitet...") nicht.

f) Ebenso wenig ist der Berufung dahin zu folgen, dass der vom Landgericht zu Recht als durchgreiflich angesehene Kündigungsgrund gar nicht derjenige gewesen sei, der Gegenstand der Verwaltungsratssitzung vom 2. Juni 2006 gewesen sei. Gegenteiliges ergibt sich aus Nr. 2 des entsprechenden Protokolls (Anlage B 51 im gesonderten Hefter). Danach ist Gegenstand der Beratung gewesen, dass "Frau L. über die Firma H. Warenrabatte in Anspruch genommen hat, die nur Großhändlern gewährt werden", und dieser (im Ergebnis bestätigte) Verdacht der Ausnutzung ihrer "dienstrechtlichen Stellung zur Erlangung privater Vorteile" der Kündigung nachgeschoben worden sei.

g) Ein derartiges Nachschieben eines Kündigungsgrundes (für das die Frist des § 626 BGB nicht gilt, vgl. Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, GmbHG, Anh. § 6, Rdnr. 63, solange das für die Kündigung zuständige Organ diese nicht schon länger als zwei Wochen vor der ursprünglichen Kündigung gekannt hat, wofür hier nichts spricht) ist entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht etwa deswegen unzulässig, weil ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem ursprünglichen und dem nachgeschobenen Grund fehle, denn eines solchen Zusammenhangs bedarf es nicht (BGHZ 157, 151 ff.). Die gegenteilige Auffassung der Klägerin würde zu einer sachwidrigen Privilegierung von Vorständen führen, denen nicht nur gleichartige Fehlverhalten anzulasten sind, sondern sogar eine Mehrzahl inhaltlich verschiedenartiger Vorwürfe zu machen ist. Die von der Klägerin angeführte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAGE 49, 39 ff.) besagt nichts Gegenteiliges, sondern betrifft lediglich die Frage, unter welchen Umständen eine hier naturgemäß von vornherein nicht erforderliche erneute Anhörung des Betriebsrats bei der Kündigung eines Arbeitnehmers geboten ist.

4. Auch die Kündigungserklärung selbst begegnet entgegen den Angriffen der Berufung keinen Bedenken hinsichtlich ihrer formellen oder materiellen Wirksamkeit. Insbesondere ist der die Kündigung aussprechende neue Verwaltungsratsvorsitzende Wi. in der Sitzung vom 8. Februar 2005 wirksam gewählt worden. Weder folgt aus § 62 Abs. 4 SGB IV, dass die Wahl nicht im Vorhinein angenommen werden kann (wie hier mit Erklärung vom 8. Februar 2005, Anlage B 41 im gesonderten Ordner, dort S. 031 a geschehen), noch ist die Annahme der Wahl in persönlicher Anwesenheit gegenüber dem Versammlungsleiter zu erklären. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der von der Klägerin zitierten Kommentierung bei Palsherm, jurisPKSGB IV, Rdnr. 25 zu § 62. Darüber hinaus wäre ein Verstoß gegen derartige Formvorschriften jedenfalls nicht geeignet, die nicht angefochtene Wahl nichtig zu machen.

Die Wirksamkeit der Kündigung wird auch nicht dadurch berührt, dass, wie die Klägerin geltend macht, eine zureichende Anhörung gefehlt habe. Soweit sie beanstandet hat, nicht Einsicht in sämtliche Vertragsunterlagen betreffend die Bauvorhaben zwischen der Beklagten zu 1 und der H. AG erhalten zu haben (Schriftsatz vom 24. Juli 2006, Bd. III, Bl. 497 d. A.), ist dies schon deswegen nicht erforderlich gewesen, weil der Bestand der Vertragsbeziehungen an sich weder streitig noch der Klägerin als früherer Vorstandsvorsitzender unbekannt gewesen ist.

Details der Vertragsgestaltung der (im Zweifel ausgesprochen umfangreichen) Bau und Mietverträge betreffend von der Beklagten genutzte Immobilien spielen für die Bewertung des Kündigungsgrundes keine Rolle, weil die Beklagte gerade nicht geltend macht, dass die Klägerin der H. AG im Gegenzug für die von ihr in Anspruch genommene Hilfeleistung bereits konkrete "Gegenleistungen" auf Kosten ihrer Dienstherrin gewährt habe.

Weil die von der Beklagten zu 1 ausgesprochene fristlose Kündigung vom 8. Februar 2005 jedenfalls aus dem gemäß Beschluss vom 8. Juni 2006 nachgeschobenen Grund gerechtfertigt ist, steht der Klägerin weder ein Feststellungsanspruch auf Fortbestehen der Anstellung noch ein solcher auf Weiterbeschäftigung, Zahlung von Bezügen für die Zeit nach der Kündigung oder Schadensersatz in diesem Zusammenhang zu.

5. Das gilt indessen nicht für den vertraglich geregelten Anspruch auf Tantiemezahlungen für das Jahr 2004, in dem das Anstellungsverhältnis der Klägerin noch ungekündigt bestand. Gemäß dem Dienstvertrag vom 16. Mai 2000 nebst zweitem Nachtrag dazu vom 9. Januar 2002 (jeweils Anlage K 1 im gesonderten Ordner) stand der Klägerin eine Tantieme in dem Fall zu, dass konkret vereinbarte, individuelle Ziele erreicht worden sind, wobei diese variable Vergütung bis zu 30.000 € betragen sollte und vom Grad der Zielerreichung abhängig war. Soweit das Landgericht den auf Zahlung dieser Tantieme gerichteten Klagantrag mit der Begründung abgewiesen hat, die Klägerin habe nicht schlüssig vorgetragen, die Ziele gemäß der Zielvereinbarung vom 8. März 2004 (Anlage K 32 im gesonderten Ordner) erreicht zu haben, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Weder ist der unter Bezugnahme auf die vorgelegte Zielvereinbarung gehaltene Vortrag der Klägerin unzureichend noch überhaupt auch nur streitig. Die Beklagte zu 1 hat nicht in Abrede genommen, dass die in jener Vereinbarung definierten Ziele für das Jahr 2004 vollständig erreicht worden sind, was im Übrigen auch dadurch belegt wird, dass der weitere Vorstand D., für den die gleiche Zielvereinbarung galt, eine Tantieme in ungekürzter Höhe von 30.000 € erhalten hat.

Die Annahme der Beklagten zu 1, der Anspruch der Klägerin hinsichtlich dieser variablen Vergütung stehe unter einem "ungeschriebenen Treuepflichtvorbehalt", überzeugt nicht. Einziges festgelegtes Kriterium für Auszahlung und Höhe der Tantieme ist die Erreichung der vereinbarten wirtschaftlichen Ziele, sodass es sich bei ihr im Ergebnis um eine leistungsbezogene Vergütung für erbrachte Dienste, nicht aber um eine Anerkennung besonderer Vertragstreue handelt. In dieser Hinsicht ist die Tantieme nicht anders zu behandeln als der Anspruch der Klägerin auf Zahlung ihres Grundgehalts, das die Beklagte ebenfalls nicht bereits für die Zeit ab den von ihr beanstandeten Geschehnissen zurückfordern kann.

Wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, bedarf es für die Geltendmachung des Zahlungsanspruchs angesichts des im Übrigen unstreitigen Vorliegens seiner Voraussetzungen keiner "vorgeschalteten" gesonderten Feststellung des Verwaltungsrats der Beklagten zu 1, dass die Zielvereinbarung in allen Punkten erreicht worden ist, weil dieser angesichts dessen nicht anders als beantragt entscheiden könnte. Der Senat versteht, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert und von der Klägerin gebilligt, den gestellten Antrag zu 3 c der Berufungsbegründung deshalb dahingehend, dass der Zahlungsanspruch in diesem Falle unmittelbar geltend gemacht werden soll.

6. Demgegenüber erweist sich allerdings auch der mit der Anschlussberufung weiterverfolgte Widerklagantrag der Beklagten zu 1 auf Rückzahlung der Bonuszahlungen (soweit die Klägerin sie nicht bereits erstattet hat) für die Jahre 2002 und 2003 als begründet, weshalb auch insoweit die angefochtene Entscheidung teilweise abzuändern war. Entgegen der Ansicht des Landgerichts kann die Klägerin dem bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsanspruch der Beklagten hinsichtlich dieser im Anstellungsvertrag nicht vorgesehenen Bonuszahlungen keine wirksame vertragliche Vereinbarung als Rechtsgrund entgegenhalten. Auch wenn in dieser Höhe (jeweils 15.000 € für die Jahre 2002 und 2003) beide Verwaltungsratsvorsitzenden mit einer (im Anstellungsvertrag wie gesagt nicht vereinbarten) Bonuszahlung einverstanden gewesen sind, ist dadurch eine wirksame Änderung bzw. Erweiterung des Anstellungsvertrags deswegen nicht zustande gekommen, weil für die entsprechende Willensbildung ein Beschluss des gesamten Verwaltungsrats erforderlich gewesen wäre. Der (gesamte) Verwaltungsrat, der als Organ für die Wahl und Bestellung des Vorstands zuständig ist, hat (als Annex zu dieser Zuständigkeit) auch über die Ausgestaltung des Anstellungsvertrags, insbesondere die wirtschaftlich bedeutende Festsetzung der Bezüge, zu befinden. Dem entspricht auch die Formulierung in § 5 Abs. 3 S. 2 des Anstellungsvertrags, wonach, als offenbar regelungsbedürftig angesehene Ausnahme, die beiden Vorsitzenden des Verwaltungsrats (nur) "über die jeweils tatsächliche Höhe der variablen Vergütung", die dem Grunde nach im Anstellungsvertrag bereits geregelt war, entscheiden durften. Eine solche ausdrückliche Regelung wäre entbehrlich, wenn die Verwaltungsratsvorsitzenden allein sogar dazu befugt gewesen wären, im Dienstvertrag noch nicht einmal angelegte Zahlungspflichten zu begründen.

Gegenteiliges ergibt sich insbesondere nicht aus der Bestimmung des § 23 Abs. 4 der Satzung der Beklagten zu 1 (Anlage B 1 im gesonderten Ordner), wonach der Vorsitzende des Verwaltungsrats für die Anordnung der nicht regelmäßig wiederkehrenden Bezüge des Vorstands, soweit sie nicht auf verbindlichen Regelungen beruhen, zuständig ist. Diese Bestimmung betrifft ersichtlich nur die Anweisung gegenüber der Zahlstelle, zumal ansonsten nicht erklärlich wäre, warum für derart bedeutsame Entscheidungen wie die Abänderung des Anstellungsvertrages hinsichtlich der Vergütungshöhe ein Verwaltungsratsvorsitzender allein zuständig sein soll, obwohl ansonsten sogar das Vertretungsrecht nach außen gegenüber dem Vorstand nur von dem Vorsitzenden gemeinsam mit seinem Stellvertreter ausgeübt werden kann (§ 28 Abs. 2 der Satzung).

7. Die Kostenentscheidung folgt § 92 Abs. 1 ZPO. Eine Entscheidung über die Kosten der Streithilfe im zweiten Rechtszug war nicht veranlasst, weil der vormalige Streithelfer S. der Klägerin seinen Beitritt mit Schriftsatz vom 24. Juli 2009 (Bd. VI, Bl. 1106 f. d. A.) zurückgenommen hat, was bis zum Ende des Rechtsstreits möglich ist (Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, Rdnr. 12 zu § 66), und sich der Beklagte zu 2 als Streithelfer der Beklagten zu 1 hinsichtlich des Widerklagantrags an dem das Prozessrechtsverhältnis zu ihm ansonsten nicht betreffenden Berufungsverfahren nicht beteiligt hat.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 543 ZPO) liegen nicht vor.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 390.555 € (100.000 € für die wirtschaftlich in die gleiche Richtung zielenden und deshalb gemeinsam zu bewertenden Berufungsanträge zu 1 und 2, 163.323 € und 57.231,24 € für die Zahlungsanträge zu 3 a und b sowie jeweils 30.000 € für den Berufungsantrag zu 3 c und die Anschlussberufung).

Ende der Entscheidung

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