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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 04.10.2000
Aktenzeichen: 9 U 90/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 276
Ein Tiefbauunternehmer genügt seinen Erkundigungs- und Sicherungspflichten, wenn er sich über die Lage der Versorgungsleitungen durch Einsichtnahme in entsprechende Pläne informiert und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Pläne unzutreffend sind.
9 U 90/00

Verkündet am 4. Oktober 2000

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ####### sowie die Richter am Oberlandesgericht ####### und ####### auf die mündliche Verhandlung vom 20. September 2000 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 31. Januar 2000 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Hannover geändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Wert der Beschwer für die Klägerin: DM 16.796,53.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist begründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte wegen der Beschädigung der PVC-Leerrohre unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Schadensersatz zu. Da ein Anspruch unter dem Gesichtspunkt der Gefährdungshaftung vorliegend nicht in Betracht kommt, würde ein Ersatzanspruch der Klägerin ein Verschulden der Beklagten voraussetzen; daran fehlt es aber.

Richtig ist allerdings, dass an das Maß der von der Beklagten bei ihren Arbeiten zu beachtenden Sorgfalt hohe Anforderungen zu stellen sind. Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa BGH, VersR 1983, 152 f.; OLG Köln, VersR. 1995, 1456; OLG Jena, VersR 1999, 71; OLG Koblenz, r + s 2000, 70) haben Tiefbauunternehmer bei Bauarbeiten an öffentlichen Straßen einer Stadt mit unterirdisch verlegten Versorgungsleitungen zu rechnen, äußerste Vorsicht walten zu lassen und sich der Gefahren bewusst zu sein, die durch eine Beschädigung von Strom-, Gas-, Wasser- oder Telefonleitungen hervorgerufen werden können. Deshalb sind an die im Bereich von Versorgungsleitungen tätigen Tiefbauunternehmer strenge Anforderungen hinsichtlich der Erkundigungs- und Sicherungspflichten bzgl. der verlegten Versorgungsleitungen zu stellen. Der Tiefbauunternehmer muss sich im Rahmen der allgemeinen technischen Erfahrung die Kenntnisse verschaffen, welche die Bewältigung der auszuführenden Arbeiten voraussetzt. In diesem Zusammenhang ist der Tiefbauunternehmer insbesondere verpflichtet, sich den erforderlichen Grad von Gewissheit über den Verlauf der Leitungen zu verschaffen.

Diesen strengen Anforderungen ist die Beklagte gerecht geworden, sodass es an einer Sorgfaltspflichtverletzung, die eine Haftung der Beklagten auslösen könnte, fehlt. Denn die Beklagte hat sich in der gebotenen Weise über die Lage der Versorgungsleitungen, mithin auch über die Lage der von der Klägerin verlegten PVC-Leerrohre für die Elektroleitungen, informiert. Hierzu hat sich die Beklagte von der Firma ####### die Pläne über den Verlauf der Versorgungsleitungen im Bereich der ####### Straße aushändigen lassen. In diesen Plänen war - dies ist zwischen den Parteien unstreitig - der Verlauf der Elektroleitungen in einer Tiefe von lediglich 1,20 m verzeichnet. Anhaltspunkte dafür, dass diese Pläne unzutreffend waren und die Elektroleitung tatsächlich nicht in einer Tiefe von 1,20 m, sondern in einer Tiefe von 3,0 m im Straßenkörper lagen, bestanden für die Beklagte nicht, zumal sie im Seitenbereich der Straße eine Suchschachtung durchgeführt und hierbei in 1,20 m Tiefe - insoweit übereinstimmend mit den vorhandenen Plänen - Elektroleitungen aufgefunden hatte.

Entgegen der Auffassung der Klägerin bestand bei dieser Sachlage keine Notwendigkeit für die Beklagte, sich bei der Klägerin selbst über die Lage der Versorgungsleitungen im Straßenkörper zu informieren. Die Beklagte durfte vielmehr darauf vertrauen, dass die #######, die im Bereich der Großbaustelle für die Koordinierung der Bauarbeiten zuständig war und die Bauleitung und Bauaufsicht inne hatte, ihr keine unzutreffenden Angaben über den Verlauf der Versorgungsleitungen machen, ihr insbesondere keine unzutreffenden Pläne aushändigen würde. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin ihre Arbeiten im Bereich des Leitungsabschnittes, in dem es zu den Beschädigungen gekommen ist, bereits 2 Monate zuvor abgeschlossen hatte und somit ausreichend Zeit bestand, die Pläne zu aktualisieren.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 28. September 2000 gibt dem Senat weder Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung noch rechtfertigt er eine abweichende rechtliche Beurteilung des Falles.

Denn in dem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 9. Dezember 1999 (nicht wie im Schriftsatz vom 28. September vorgetragen im Schriftsatz vom 22. Dezember 1999) hat die Klägerin zwar die Behauptung aufgestellt, jedes Tiefbauunternehmen erhalte 'nur einen Plan, der die eigene Trasse dokumentiert' und dies unter Sachverständigenbeweis und in das Wissen des Zeugen N.N. gestellt (wodurch bereits Zweifel an der Geeignetheit der angebotenen Beweise begründet sind), jedoch ist diese Behauptung ersichtlich 'ins Blaue hinein' aufgestellt worden. In diesem Schriftsatz hat die Klägerin nämlich auch vorgetragen, dass sie 'nicht wisse', welche Pläne die Beklagte von der ####### erhalten habe.

Überdies hat die Klägerin in der 2. Instanz selbst darauf hingewiesen, dass 'es sein mag, dass die aktualisierte Zeichnung zu dem Zeitpunkt, als die Subunternehmerin der Beklagten tätig wurde, noch nicht vorlag'. Dieser Vortrag macht aber nur Sinn, wenn es sich bei dieser 'Zeichnung' um eine solche handelt, aus der der Verlauf der Elektroleitung ersichtlich ist.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1; 708 Nr. 10, 713; 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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