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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 17.08.2000
Aktenzeichen: 1 Ws 494/00
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 119 Abs. 3
Im Interesse der Aufrechterhaltung ihrer Beziehungen zu ihren minderjährigen Kindern ist es gerechtfertigt, der in Untersuchungshaft einsitzenden Mutter zu gestatten, mindestens einmal im Monat - auf ihre Kosten - mit ihren Kindern zu telefonieren.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

1 Ws 494/00 60 Js 126/00 StA Düsseldorf

In der Strafsache

gegen

pp.

wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz

hat der 1. Strafsenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht S und die Richter am Oberlandesgericht S und B auf die Beschwerde der Angeklagten gegen die Anordnung des Vorsitzenden der XII. Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 17. April und 23. Mai 2000 in der Form des Beschlusses vom 3. Juli 2000 nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft am

17. August 2000

beschlossen:

Tenor:

Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

Der Angeklagten wird gestattet, zumindest einmal im Monat auf ihre Kosten mit ihren beiden Kindern zu telefonieren.

Gründe:

I.

Die Angeklagte befindet sich seit Ende Dezember 1999 in Untersuchungshaft. Das Landgericht hat sie im Mai 2000 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (rd. 3,2 kg Kokain mit 65,4 % Wirkstoffgehalt) in Tateinheit mit deren Einfuhr (am Flughafen Düsseldorf) zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren verurteilt. Die - geständige - Angeklagte hat gegen das Urteil Revision eingelegt. Ihren Antrag auf Genehmigung regelmäßiger Telefonate mit ihren jetzt 11 und 2 Jahre alten Kindern, die bei ihrer Schwester in Frankreich leben, hat der Vorsitzende der Strafkammer wiederholt abgelehnt. Auf die Beschwerde der Angeklagten hat er ihr ein einmaliges Telefonat gestattet.

II.

Die weitergehende Beschwerde hat Erfolg. Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Zuschrift vom 11. August 2000 an den Senat wie folgt Stellung genommen:

"Nach § 119 Abs. 3 StPO dürfen einem Untersuchungsgefangenen nur solche Beschränkungen auferlegt werden, die der Zweck der Untersuchungshaft oder die Ordnung in der Anstalt erfordert. Abzuwägen sind insoweit alle Umstände des Einzelfalles. Beschränkungen sind nur zulässig, wenn sie erforderlich sind, um eine Gefahr für die in § 119 Abs. 3 und Abs. 4 StPO genannten öffentlichen Interessen abzuwehren und dies nicht mit weniger einschneidenden Mitteln erreicht werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 6. April 1998 - 1 Ws 172/98 - m.w.N.).

Demgemäß ist jeder Untersuchungsgefangene grundsätzlich berechtigt, mündlichen Kontakt zur Aussenwelt zu unterhalten. Dieser findet jedoch seine Grenzen in den Erfordernissen des Haftvollzuges. Telefonate - vor allem Ferngespräche - mit Personen ausserhalb der Justizvollzugsanstalt stellen wegen des damit verbundenen organisatorischen Aufwandes, insbesondere aber auch wegen der erforderlichen Gesprächsüberwachung, einen erheblichen Eingriff in den üblichen, auf die personelle sowie räumliche Ausstattung der Anstalt zugeschnittenen Ablauf des Vollzugsdienstes dar. Sie lassen sich daher in aller Regel mit der Ordnung in der Anstalt nicht vereinbaren und können deshalb nur im Einzelfall gestattet werden, wenn ein ganz besonderes berechtigtes Interesse des Untersuzhungsgefangenen an einer solchen Vergünstigung besteht (Senatsbeschluss a.a.O. m.w.N.).

Das danach zur Genehmigung der Ferngespräche erforderliche berechtigte Interesse der Angeklagten ist vorliegend gegeben. Die Telefongespräche mit ihren minderjährigen Kindern sind notwendig, damit die Angeklagte den Kontakt zu ihren Kindern nicht völlig verliert und die Mutter-Kind-Beziehung aufrechterhalten bleibt.

Demgemäß hat auch der Leiter der Justizvollzugsanstalt Duisburg-Hamborn, Zweiganstalt Dinslaken, keine Bedenken dagegen, der Angeklagten die beantragte Telefonerlaubnis zu erteilen."

Dem tritt der Senat bei.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt.

Ende der Entscheidung

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