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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 08.11.1999
Aktenzeichen: 20 W 98/99
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 927
ZPO § 97 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

20 W 98/99 12 O 35/99 LG Düsseldorf

In Sachen

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht J sowie der Richter am Oberlandesgericht Dr. S und J K am 8. November 1999

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß des Landgerichts Düsseldorf vom 10. Juni 1999 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten der Beschwerde.

Der Beschwerdewert beträgt 2.241,60 DM.

Gründe:

Die Beschwerde, mit der die Antragsgegnerin geltend macht, die Antragstellerin habe mit dem Schreiben vom 4. Mai 1999 nicht nur auf die Rechte aus der einstweiligen Verfügung, sondern auch der darin enthaltenen Kostenentscheidung verzichtet, ist zwar zulässig (§ 104 Abs. 3 ZPO), aber unbegründet.

Allerdings kann eine materiell-rechtliche Einwendung wie ein Verzicht im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich nicht geltend gemacht werden. Davon macht aber die Rechtsprechung eine Ausnahme, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen einer Einwendung feststehen (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 21. Aufl., §§ 103, 104, Rdn. 21 "materiell-rechtliche Einwendungen").

Das ist hier der Fall, weil die Antragsgegnerin ihren Einwand auf das von ihr vorgelegte Schreiben der Antragstellerin vom 4. Mai 1999 stützt.

Mit diesem Anwaltsschreiben hat die Antragstellerin auf die Rechte aus der einstweiligen Verfügung vom 18. Januar 1999 verzichtet und gleichzeitig das "Original des entwerteten Titels" herausgegeben. Die Ansicht der Antragsgegnerin, damit habe die Antragstellerin gleichzeitig auf die Rechte aus der Kostenentscheidung der einstweiligen Verfügung (Ziffer III.) verzichtet, ist unzutreffend.

Der erklärte Verzicht ist als empfangsbedürftige Willenserklärung so zu verstehen, wie ihn die Anwälte der Antragsgegnerin nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte verstehen durften (§§ 133, 157 BGB). Dabei ist zunächst von Bedeutung, daß ein Verzicht nie zu vermuten und im Zweifel eng auszulegen ist (Palandt/Heinrichs, BGB, 58. Aufl., § 397, Rdn. 5). Daß der Titelverzicht vorliegend nicht den Verzicht auf die Kostenerstattung umfaßte, ergibt sich aber vor allem aus wettbewerbsrechtlichen Besonderheiten. Der Titelverzicht verbunden mit dessen Herausgabe hat im Wettbewerbsrecht einen ganz bestimmten Zweck und deshalb im Hinblick auf die Kostenfrage eine ganz bestimmte Bedeutung.

Der Titelverzicht stellt eine Art außergerichtliches Aufhebungsverfahren dar. Der von der Aufhebung der einstweiligen Verfügung bedrohte Antragsteller des Anordnungsverfahrens kann die zusätzlichen Verfahrenskosten der gerichtlichen Aufhebung vermeiden, indem er die Aufhebungswirkung außergerichtlich herbeiführt. Erforderlich ist dafür neben einem Verzicht auf die Rechte aus der einstweiligen Verfügung die Rückgabe des Verfügungstitels (Pastor/Ahrens, Der Wettbewerbsprozeß, 4. Aufl., Kapitel 64, Rdn. 39; Gloy/Spätgens, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 2. Aufl., § 90, Rdn. 3). Hier kam eine Aufhebung der einstweiligen Verfügung gemäß § 927 ZPO wegen veränderter Umstände in Frage, weil die Antragsgegnerin nach Erlaß der einstweiligen Verfügung mit Anwaltsschreiben vom 21. Februar 1999 eine entsprechende strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hatte, wodurch die Wiederholungsgefahr entfallen war. Daraus ergibt sich aber, daß zur Herbeiführung einer gleichwirkenden außergerichtlichen Aufhebung ein Verzicht auf die Rechte aus der Kostenentscheidung der einstweiligen Verfügung nicht nötig war, denn eine gerichtliche Aufhebung der Eilmaßnahme wegen veränderter Umstände hätte diese Kostenentscheidung ebenfalls unberührt gelassen (vgl. Berneke, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, Rdn. 287). Ein Verzicht des Antragstellers auf diese Kostenerstattung wird nur verlangt, wenn ein Aufhebungsgrund in Frage kommt, der die einstweilige Verfügung als von Anfang an unberechtigt erscheinen läßt (Berneke, a.a.O.; Pastor/Ahrens, a.a.O., Kapitel 64, Rdn. 40). Der Antragsteller muß immer nur die Kosten im Umfang der Aufhebungswirkung eines möglichen Aufhebungstitels übernehmen (Pastor/Ahrens, a.a.O.; Gloy/Spätgens, a.a.O., § 90, Rdn. 5).

Da die nachträglich von der Antragsgegnerin abgegebene Unterlassungserklärung nicht dazu führen konnte, daß die einstweilige Verfügung von Anfang an unberechtigt war, hatte die Antragstellerin keine Veranlassung, auf die Kosten des Anordnungsverfahrens zu verzichten. Daher verbietet es sich nach Treu und Glauben, in dem erklärten Titelverzicht auch einen schlüssigen Verzicht auf diese Kosten zu sehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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