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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 24.08.2000
Aktenzeichen: 2a Ss OWi 242/00 - (OWi) 85/00 II
Rechtsgebiete: StPO, OWiG


Vorschriften:

StPO § 138 Abs. 2
OWiG § 46 Abs. 1
Leitsatz:

Zur Mitwirkung eines Patentanwalts als Verteidiger


Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluß

2a Ss (OWi) 242/00 - (OWi) 85/00 II 23 Js 1158/99 StA Mönchengladbach

In der Bußgeldsache

gegen

pp.

wegen Verkehrsordnungswidrigkeit

hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch den Richter am Oberlandesgericht B als Einzelrichter gemäß § 80 a Abs. 2 OWiG am

24. August 2000

auf den Antrag der Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des Amtsgerichts Mönchengladbach-Rheydt vom 18. Mai 2000 nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird als unzulässig auf Kosten der Betroffenen verworfen.

Gründe:

1.

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht deshalb unzulässig, weil er nicht von einem Rechtsanwalt unterzeichnet ist.

Zwar ist der Zulassungsantrag von einem Patentanwalt, der als solcher nicht die besondere Qualifikation nach §§ 4 BRAO, 5 Abs. 1 DRiG besitzt, gestellt. Dieser ist allerdings zur Begründung des Antrags auf Zulassung der Rechtsbeschwerde (§§ 80 Abs. 3 Satz 3 OWiG, 345 Ab s. 2 StPO) befugt, weil er Verrteidiger der Betroffenen ist.

Gemäß §§ 46 Abs. 1 OWiG, 138 Abs. 2 StPO können andere Personen als die in § 138 Abs. 1 StPO genannten mit Genehmigung des Gerichts als Verteidiger zugelassen werden. Diese Genehmigung bedarf zwar grundsätzlich einer förmlichen Entscheidung des erkennenden Gerichts. Die Zulassung als Wahlverteidiger kann ausnahmsweise aber auch stillschweigend erfolgen, wenn die Handlungen, aus denen sich diese schlüssig ergeben soll, klar erkennen lassen, dass das Gericht den Willen zur Genehmigung der Bestellung hatte. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die betreffende Person zur Hauptverhandlung geladen worden und dort ohne Einwände des Gerichts wie ein Verteidiger aufgetreten ist. Daraus und aus dem Umstand, dass der zuständige Richter die Zustellung des Urteils gemäß §§ 46 Abs. 1 OWiG, 145 a StPO an eine solche Person veranlasst hat, kann entnommen werden, dass das Gericht eine Zulassung gemäß §§ 46 Abs. 1 OWiG, 138 Abs. 2 StPO beabsichtigt hat (vgl. BGHR StPO § 138 Abs. 2 "Zulassung 1", Senatsbeschluß vom 15.3.1983 = OLGSt Nr. 1 zu § 138 StPO; OLG Düsseldorf, 1. Senat für Bußgeldsachen, JMBl NW 1980, 215; OLG Hamm Rpfleger 1954, 522). Eine solche Zulassung als Verteidiger berechtigt diesen grundsätzlich auch für das Revisions- oder Rechtsbeschwerdeverfahren (vgl. OLG Düsseldorf, aaO mwN; OLG Hamm, aaO; BayObLGSt 1955, 256, 258).

Vorliegend ist von einer stillschweigenden Zulassung für das gesamte Bußgeldverfahren auszugehen. Das Amtsgericht hat durch Verfügung vom 5. November 1999 die Ladung des Patentanwalts D mit Empfangsbekenntnis veranlasst, mit diesem nach der Vertagung in der Hauptverhandlung vom 26. November 1999 die weitere Vorgehensweise besprochen und von diesem die Zustimmung zur Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß § 72 Abs. 1 OWiG eingeholt.

Zwar hat das Amtsgericht die Zustellung des im schriftlichen Verfahren ergangenen Beschlusses vom 18. Mai 2000 an die Betroffene und nicht gemäß §§ 46 Abs. 1 OWiG, 145 a StPO an den Patentanwalt D angeordnet. Indessen kann daraus nicht zwingend entnommen werden, dass das Amtsgericht eine stillschweigende Zulassung nur für das erstinstanzliche Verfahren beabsichtigt hat. Zwar kann die stillschweigende Zulassung auch auf einzelne Verfahrenshandlungen oder Verfahrensabschnitte beschränkt werden (vgl. RGSt 9, 78, 80; BGH aaO; OLG Neustadt MDR 1956, 437). Eine solche Beschränkung muss indessen klar und unmißverständlich zum Ausdruck kommen, da ohne ersichtlich entgegenstehende Umstände grundsätzlich von einer Zulassung für das gesamte Verfahren bis zu dessen rechtskräftigem Abschluss auszugehen ist. Solche entgegenstehenden Umstände können sich daraus ergeben, dass der Antrag auf Zulassung bereits auf einen einzelnen Verfahrensabschnitt oder eine einzelne Verfahrenshandlung beschränkt worden ist (vgl. BGH, aaO; Kleinknecht/Meyer-Goßner, 44. Aufl., § 138 StPO Rdnr. 14). Aus den bis zur Entscheidung im schriftlichen Verfahren ergangenen Verfahrenshandlungen des Richters ist unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Patentanwalt keine Beschränkung seiner Zulassung beantragt hatte, nur zu folgern, dass eine uneingeschränkte Genehmigung stillschweigend erteilt werden sollte. Mit der nachfolgenden Anordnung hinsichtlich der förmlichen Zustellung der im schriftlichen Verfahren ergangenen Entscheidung konnte das Amtsgericht die einmal erfolgte uneingeschränkte Zulassung nicht wieder beschränken und dem derart zugelassenen Patentanwalt die Berechtigung für das Rechtsbeschwerdeverfahren wieder entziehen.

In der Anordnung ist auch keine Rücknahme der Zulassung zu sehen, die bei Bekanntwerden neuer tatsächlicher Umstände oder bei Beruhen der Genehmigung auf einem Rechtsfehler von Amts wegen zulässig ist. Denn eine solche Rücknahme kann nicht willkürlich erfolgen und muss besonders begründet werden, da sie einer mit der Beschwerde anfechtbaren Ablehnung eines Zulassungsantrages gleichzusetzen ist (vgl. BayObLG NJW 1953. 755 mwN). Abgesehen davon liegt die Annahme nahe, dass der Amtsrichter eine förmliche Zustellung an den Verteidiger deshalb nicht veranlasst hat, weil sich entgegen § 145 a Abs. 1 StPO eine schriftliche Vollmacht nicht bei den Akten befand und bereits aus diesem Grunde eine förmliche Zustellung der Entscheidung an den Verteidiger nicht in Betracht kam.

2.

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist indessen aus anderen Gründen unzulässig.

Gegen Entscheidungen des Amtsgerichts im Bußgeldverfahren durch Beschluß iSd § 72 Abs. 1 Satz 1 OWiG ist in den Fällen des § 79 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1-5 OWiG die Rechtsbeschwerde gegeben.

Eine weitergehende Anfechtungsmöglichkeit sieht das Gesetz nicht vor; lediglich bei Urteilen ist darüberhinaus die Zulassungsrechtsbeschwerde iSd §§ 79 Abs. 1 Satz 2, 80 OWiG statthaft (vgl. OLG Düsseldorf JMBlNW 1989, 213 f = MDR 1990, 467 f = NStE Nr. 5 zu § 72 OWiG = NZV 1990, 163 f = VRS 78, 136 f = ZfS 1990, 394 jeweils mwN; BayObLGSt 1969, 161, 163).

Die Voraussetzungen des § 79 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1-4 OWiG liegen nicht vor. Nach der hier allein interessierenden Regelung des § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 OWiG ist die Rechtsbeschwerde dann zulässig, wenn das Amtsgericht durch Beschluß nach § 72 Abs. 1 Satz 1 OWiG entschieden hat, obwohl der Betroffene dieser Verfahrensart widersprochen hatte. Das war vorliegend nicht der Fall. Vielmehr hatte der Verteidiger nach ordnungsgemäßem Hinweis gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 und 2 OWiG einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren ausdrücklich zugestimmt.

Soweit das Amtsgericht die ergangene Entscheidung als Urteil bezeichnet hat, liegt ein offensichtliches Versehen vor. Die Entscheidung im schriftlichen Verfahren ergeht gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 OWiG durch Beschluß. Dass dies vorliegend auch vom Amtsgericht so gesehen worden ist, läßt sich unzweifelhaft aus dem Umstand entnehmen, dass die Entscheidung ausweislich der Formulierung nicht aufgrund mündlicher Verhandlung ergangen ist und der datumsmäßige Abfassungsvermerk sich am Ende der schriftlichen Entscheidung befindet.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 StPO.



Ende der Entscheidung

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