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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 09.12.2008
Aktenzeichen: I-10 W 78/08
Rechtsgebiete: KostO, ZPO, FGG


Vorschriften:

KostO § 20
KostO § 36 Abs. 2
KostO § 37
KostO § 39 Abs. 2
KostO § 44
KostO § 44 Abs. 1
KostO § 44 Abs. 1 Satz 1
KostO § 44 Abs. 1 Satz 2
KostO § 156 Abs. 2
KostO § 156 Abs. 2 Satz 3
KostO § 156 Abs. 4 Satz 4
ZPO § 546
FGG § 27 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 03.07.2008 wird kostenfällig zurückgewiesen.

Gründe:

I.

In der fraglichen Urkunde hat der Beteiligte zu 1) ein Grundstückskaufvertragsangebot beurkundet, welches sich an die Beteiligte zu 2) richtete. Das Vertragsangebot sollte unbefristet laufen mit der Möglichkeit der Veräußerin, ab 31.01.2009 eine Monatsfrist zur Ablehnung zu setzen. Außerdem verpflichtete sich die Beteiligte zu 2), das Vertragsangebot abzulehnen, wenn das bezweckte Ziel nicht erreicht oder nicht mehr verfolgt wird, das nach dem Inhalt der erteilten Vollmachten der baurechtlichen Vorprüfung zur Erlangung einer Baugenehmigung zur Errichtung eines Geschäftshauses zum Betrieb eines Lebensmittelmarktes dienen sollte. Die Veräußerin bewilligte die Eintragung einer Vormerkung. Diese sollte vereinbarungsgemäß unverzüglich dann zu löschen sein, wenn die Vertragsannahme nicht (mehr) in Betracht kommt. Für diesen Fall bewilligte die Beteiligte zu 2) bereits jetzt die Löschung der Auflassungsvormerkung. Überdies sollte die Beteiligte zu 2) die Kosten des Angebots sowie alle sonstigen Kosten tragen.

Der Beteiligte zu 1) hat in der angefochtenen Kostenrechnung u.a. den Geschäftswert für die Verpflichtung zur Löschung der Auflassungsvormerkung mit EUR 150.000,- bemessen und entsprechend eine Gebühr nach §§ 36 Abs. 2, 39 Abs. 2, 20 KostO mit EUR 564,- berechnet. Nach Auffassung der Beteiligten zu 2) hätte hier - mit Rücksicht auf die vereinbarte Kostentragungspflicht der Beteiligten zu 2) - lediglich ein Kostenwert von EUR 626,36 zugrunde gelegt werden und dementsprechend eine Gebühr von EUR 20,- berechnet werden dürfen. Das Landgericht hat die gegen die beanstandete Kostenrechnung erhobene Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 15.04.2008 (Bl. 51ff GA) mit dem angefochtenen Beschluss (Bl. 41ff GA) zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die ausdrücklich zugelassene weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2).

II.

Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den im Tenor genannten Beschluss ist zulässig, da das Landgericht die weitere Beschwerde ausdrücklich zugelassen hat, § 156 Abs. 2 KostO. Sie hat jedoch keinen Erfolg.

Es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht, § 156 Abs. 2 Satz 3 KostO. Das Recht ist nur verletzt, soweit das Landgericht eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet hat, § 546 ZPO, § 156 Abs. 4 Satz 4 KostO, § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG. Dies kann vorliegend nicht festgestellt werden. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Beteiligte zu 2) in der fraglichen Urkunde mehrere Erklärungen beurkundet hat, die denselben Gegenstand betreffen, und dass sich die Gebühren nach § 44 Abs. 1 KostO berechnen.

1.

§ 44 KostO kommt nur dann zur Anwendung, wenn mehrere selbständige Erklärungen beurkundet werden; bloße Nebenabreden bleiben kostenrechtlich außer Betracht, es liegt dann kostenrechtlich nur eine Erklärung vor. Unter Nebenabreden sind solche Erklärungen zu verstehen, die zum Inhalt des Rechtsgeschäfts gehören und keine selbständige rechtliche Bedeutung haben; dies gilt für die sich aus der Natur des Rechtsgeschäfts ergebenden notwendigen Erklärungen und für solche Erklärungen, die sich aus weiteren gesetzlichen Vorschriften über das Geschäft oder auch aus dem erklärten Willen der Beteiligten ergeben (Rohs/Wedewer-Rohs, KostO, § 44 Rn. 3f).

Nach diesen Maßstäben ist das Grundstückskaufvertragsangebot mit allen erforderlichen Durchführungs-, Sicherungs- und Erfüllungserklärungen einerseits sowie die Verpflichtung der Beteiligten zu 2) zur eigenständigen Ablehnung des Angebotes im Falle der Zweckverfehlung nebst Verpflichtung zur Löschung der bereits bestellten Auflassungsvormerkung und die Kostentragungsregelung andererseits zu unterscheiden; sie stellen mehrere Erklärungen im Sinne des § 44 Abs. 1 KostO dar. Das Grundstückskaufvertragsangebot enthält einseitige Erklärungen der Veräußerin. Die Regelungen betreffend die Ablehnung des Angebots im Falle der Zweckverfehlung sowie die Kostentragungspflicht enthalten vertragliche Vereinbarungen zwischen den Angebotsparteien. Diese rühren - wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat - aus dem vorvertraglichen Schuldverhältnis her, wobei insoweit das vor dem notariellen Kaufvertrag aufgrund des Angebotes bestehende Schuldverhältnis gemeint ist. Sie gehen über den notwenigen Inhalt eines Kaufvertragsangebotes und das, was zu diesem Vertragsangebot nach den Vorschriften des Gesetzes bzw. dem erklärten Willen der Angebotsparteien gehört, hinaus. Dies gilt in Anbetracht der vereinbarten Kostentragungspflicht der Angebotsempfängerin auch in Bezug auf die Kosten.

2.

Unter Gegenstand im Sinne des § 44 Abs. 1 KostO ist das Rechtsverhältnis, nicht die Sache oder Leistung, auf die sich die beurkundeten Erklärungen beziehen, zu verstehen. Hierzu gehören alle zur Begründung, Feststellung, Annerkennung, Übertragung, Aufhebung, Erfüllung oder Sicherung eines Rechtverhältnisses niedergelegten Erklärungen samt allen Erfüllungs- und Sicherungsgeschäften auch dritter Personen (Rohs/Wedewer-Rohs, § 44 Rn. 5). Hier geht es um das an die Beteiligte zu 2) gerichtete Kaufvertragsangebot. Zu dem damit verbundenen Rechtsverhältnis gehören auch die Regelungen betreffend die Ablehnungsverpflichtung unter bestimmten Voraussetzungen nebst Löschungsbewilligung sowie die Frage der Kostentragung. Die fraglichen Erklärungen beziehen sich mithin auf "denselben Gegenstand".

3.

Haben die Erklärungen denselben Gegenstand, so kommt es darauf an, ob die Gebühren sich nach demselben Gebührensatz und demselben Wert bemessen.

Hier bemisst sich der Gebührensatz für das Grundstückskaufvertragsangebot nach § 37 KostO, für die Kostentragungsregel nach § 36 Abs. 2 KostO und für die Verpflichtung der Beteiligten zu 2) zur eigenständigen Ablehnung des Angebotes im Falle der Zweckverfehlung nebst Verpflichtung zur Löschung der bereits bestellten Auflassungsvormerkung ebenfalls nach § 36 Abs. 2 KostO. Damit unterliegen die Kostenregelung und die Verpflichtung zur Löschung der Auflassungsvormerkung denselben Gebührensätzen, das Kaufvertragsangebot dagegen einem anderen - niedrigeren - Gebührensatz.

Im Verhältnis Kostenregelung und Vertragsangebot ist nicht nur von einem unterschiedlichen Gebührensatz, sondern auch von einem unterschiedlichen Wert auszugehen, so dass § 44 Abs. 1 Satz 2 KostO zu beachten ist. Nach Halbsatz 2 ist hier eine Vergleichsberechnung vorzunehmen und die Gebühren gesondert zu berechnen, wenn dies für den Kostenschuldner günstiger ist. Bei Berechnung nach dem höchsten in Betracht kommenden Gebührensatz, hier § 36 Abs. 2 KostO, ergäbe sich eine Gebühr von EUR 564,-, bei gesonderter Berechnung geringere Gebühren von EUR 423,- (Vertragsangebot, § 37 KostO) und EUR 20,- (Kostenregelung, § 36 Abs. 2 KostO).

Im Verhältnis Verpflichtung zur Ablehnung des Vertragsangebotes/Löschung der Auflassungsvormerkung und Vertragsangebot ist ebenfalls von einem unterschiedlichen Gebührensatz, aber von einem gleichen Wert auszugehen. Die Gebühr bemisst sich mithin gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 KostO nach dem höchsten in Betracht kommenden Gebührensatz, namentlich dem Gebührensatz gemäß § 36 Abs. 2 KostO. Zugrundezulegen ist dabei der Wert des Gegenstandes, sprich des "Rechtsgeschäftes"; das ist das Kaufvertragsangebot, das zutreffend nach dem Kaufpreis mit EUR 150.000,- bemessen worden ist. Es ergibt sich eine Gebühr von EUR 564,-.

Insgesamt ist daher - wie in der angefochtenen Kostenrechnung geschehen - von einer Gebühr in Höhe von EUR 564,- auszugehen. Unter Hinzurechnung der nicht beanstandeten Auslagen nebst Umsatzsteuer ergibt sich ein Rechnungsbetrag von EUR 770,35.

4.

Ein etwaiger Verstoß gegen den Grundsatz auf rechtliches Gehör wäre jedenfalls durch die Nachholung rechtlichen Gehörs im Verfahren der weiteren Beschwerde geheilt. In der Rechtsbeschwerdeinstanz ist nachträgliche Gewährung rechtlichen Gehörs möglich, soweit es um das Gehör zu Rechtsfragen geht (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 26. Aufl., Vor § 128 Rn. 8a), was vorliegend der Fall ist.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 156 Abs. 5 Satz 2, 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KostO sowie auf § 13 a Abs. 1 Satz 2 1. Alt. FGG.

Beschwerdewert: EUR 143,99

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