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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 14.11.2000
Aktenzeichen: 4 U 216/99
Rechtsgebiete: BB-BUZ, BBG


Vorschriften:

BB-BUZ § 2 (1)
BBG § 42 Abs. 1 Satz 1
Leitsatz:

§ 2 (1) BB-BUZ (Beamtenklausel), § 42 Abs. 1 Satz 1 BBG

Sehen die Versicherungsbedingungen einer Berufsunfähigkeitsversicherung vor, daß Berufsunfähigkeit auch vorliegt, wenn ein versicherter Beamter vor Erreichen der gesetzlich vorgeschriebenen Altersgrenze infolge seines Gesundheitszustandes wegen (allgemeiner) Dienstunfähigkeit entlassen oder in den Ruhestand versetzt wird, so muß der normale Versicherungsnehmer diese "Beamtenklausel" dahin verstehen, daß der Versicherer auf eine eigene Überprüfung der Dienstunfähigkeit verzichtet und an die Beurteilung durch den Dienstherrn bei der Versetzung in den Ruhestand nach § 42 Abs. 1. Satz 1 anknüpfen will.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 216/99 7 O 191/99 LG Wuppertal

Verkündet am 14. November 2000

H., Justizsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 24. Oktober 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. S sowie der Richter am Oberlandesgericht Dr. W und Dr. R

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 28. Oktober 1999 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal wird zurückgewiesen.

Zur Klarstellung wird das Urteil wie folgt neu gefaßt:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ab dem 1. März 1999 bis längstens zum 1. August 2023 aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zur Lebensversicherung Nr. eine vierteljährliche, jeweils im voraus fällige Barrente von 2.141,75 DM, ferner eine jährliche, jeweils im voraus fällige Bonusrente auf die Beitragsbefreiung in Höhe von 63,13 DM, schließlich eine jährliche, jeweils im voraus fällige Bonusrente auf die Barrente in Höhe von 1.285,05 DM zu zahlen.

Es wird festgestellt, daß der Kläger ab 1. März 1999 bezüglich der Lebensversicherung Nr. bis längstens 1. August 2023, ferner bezüglich der Lebensversicherung Nr. bis längstens zum 1. Februar 2024 von der Prämienzahlungspflicht befreit ist.

Die Kosten des ersten Rechtszugs werden dem Kläger zu 7 %, dem Beklagten zu 93 % auferlegt.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte in vollem Umfang zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung bleibt erfolglos.

Entgegen der Auffassung des Beklagten steht fest, daß der Kläger berufsunfähig ist. Die damit verknüpften Ansprüche aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung, die das Landgericht zugesprochen hat, sind daher begründet. Zugleich ist die für den Fall der Berufsunfähigkeit aus beiden Zusatzversicherungen ausbedungene Prämienfreiheit eingetreten:

Die Berufsunfähigkeit des Klägers leitet sich aus den vereinbarten Beamtenklauseln ab, in denen es heißt: "Berufsunfähigkeit liegt auch vor, wenn ein versicherter Beamter vor Erreichen der gesetzlich vorgeschriebenen Altersgrenze infolge seines Gesundheitszustandes wegen Dienstunfähigkeit entlassen oder in den Ruhestand versetzt worden ist." (§ 2 (5) BUZ, GA 13) sowie "Berufsunfähigkeit liegt auch vor, wenn ein versicherter Beamter vor Erreichen der gesetzlich vorgeschriebenen Altersgrenze infolge seines Gesundheitszustandes wegen allgemeiner Dienstunfähigkeit entlassen oder in den Ruhestand versetzt worden ist." (vgl. § 2 (10) BUZ, GA 17). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Denn der Kläger ist unstreitig (vgl. auch das Schreiben der D P vom 2.9.1998, GA 24) mit Blick auf seine Erkrankungen gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 BBG in den Ruhestand versetzt worden. § 42 Abs. 1 Satz 1 BBG lautet: "Der Beamte auf Lebenszeit ist in den Ruhestand zu versetzen, wenn er infolge eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte zur Erfüllung seiner Dienstpflicht dauernd unfähig (dienstunfähig) ist."

Der normale Versicherungsnehmer, auf dessen Verständnis es ankommt, muß die hier maßgeblichen "Beamtenklauseln" der BUZ dahin verstehen, daß die Beklagte auf eine eigene Überprüfung der Dienstfähigkeit verzichtet und an die seitens des Dienstherrn gewonnene Beurteilung, wie sie in der behördlichen Zurruhesetzungsverfügung zum Ausdruck kommt, anknüpft (vgl. BGH VersR 1997, 1520, VersR 1989, 903, 905 sowie VersR 1995, 1174, 1176). Nur dieses Verständnis wird dem auch dem normalen Versicherungsnehmer erkennbaren Sinn und Zweck der Beamtenklausel gerecht, die Feststellung der Berufsunfähigkeit zu vereinfachen und Versorgungslücken zu vermeiden. Aufgrund dieses formalisierten Feststellungsverfahrens ist es der Beklagten verwehrt einzuwenden, tatsächlich seien die gesundheitlichen Verhältnisse des Klägers so gewesen, daß eine Weiterbeschäftigung durch den Dienstherrn unter Zuweisung anderer, gesundheitlich zu bewältigender Aufgaben möglich gewesen wäre.

Der gegenteiligen Auffassung des Oberlandesgerichts Köln (VersR 1998, 1272) kann nicht gefolgt werden. Dem normalen Versicherungsnehmer wird es sich entgegen der dort vertretenen Meinung eben nicht erschließen, daß die klare Anknüpfung der Beamtenklausel und der damit bezweckte Vereinfachungseffekt mit Einwendungen der vorgenannten Art unterlaufen werden könnte. Die Bezugnahme des Oberlandesgerichts Köln auf die Entscheidung BGH VersR 1993, 1220 vermag den Standpunkt des Oberlandesgerichts nicht zu stützen. Denn im entschiedenen BGH-Fall ging es darum, daß die vorzeitige Pensionierung wegen Polizeidienstunfähigkeit ausgesprochen worden war, also deshalb, weil der Versicherungsnehmer den herausgehobenen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes (für NRW vgl. § 194 LBG) nicht mehr gewachsen war. Ist nach der Zurruhesetzungsverfügung lediglich die besondere Polizeidienstfähigkeit entfallen, so stellt dies nach Auffassung des Bundesgerichtshofs keine Versetzung in den Ruhestand dar, an welche die entsprechende Klausel der BUZ anknüpft, wenn dort eine Zurruhesetzung wegen "Dienstunfähigkeit" vorausgesetzt ist; was allgemeine Dienstunfähigkeit meine (vgl. auch OLG Karlsruhe VersR 1997, 818). Um die Auslegung des Begriffs der Dienstunfähigkeit geht es hier aber nicht. Der Kläger ist wegen allgemeiner Dienstunfähigkeit pensioniert worden und er gehörte keiner Beamtengruppe an, für welche eine besondere Dienstfähigkeit in Frage gekommen wäre. Nur dann, wenn die Beamtenklausel nicht eingreift, kann es auf anderweitige Verwendungsmöglichkeiten des Beamten ankommen.

Die Frage, ob die Beklagte entsprechend der Beamtenklausel auch dann gebunden wäre, wenn die gesundheitlichen Probleme nur vorgeschoben sind und nicht den eigentlichen Grund für die Pensionierung darstellen, braucht nicht entschieden zu werden. Daß dies hier so wäre, läßt die Berufung zwar mit allgemeinen Ausführungen anklingen, ohne dies jedoch für den vorliegenden Fall zu konkretisieren und zu substantiieren.

Der Schriftsatz der Beklagten vom 30. Oktober 2000 gibt keinen Anlaß zu anderer Beurteilung.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

Berufungsstreitwert und Beschwer des Beklagten entsprechend der vorläufigen Festsetzung des Senats vom 21. Februar 2000: 42.364,02 DM.

Ende der Entscheidung

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