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Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 19.03.2003
Aktenzeichen: 11 U 1153/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 631
Wird ein Werkvertrag vorzeitig beendet, der die Anpassung von Standardsoftware an die betrieblichen Bedürfnisse und die Hardware des Kunden zum Gegenstand hat, dann kann der Unternehmer nicht die geleisteten Stunden abrechnen, sondern nur abgrenzbare, für sich auch abnehmbare Teilleistungen.

Art und Umfang dieser Teilleistung muss der Unternehmer darlegen.


Oberlandesgericht Dresden

Aktenzeichen: 11 U 1153/02

Verkündet am 19.03.2003

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

wegen Zahlung

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26.02.2003 durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, Richter am Amtsgericht und Richterin am Landgericht

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 10.05.2002 - Az.: 1 O 5435/00 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgeändert und in Ziff. 1. wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.515,80 EUR (DM 6.876,31) zzgl. 9,5 % Zinsen jährlich seit dem 10.05.2000 zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten der Berufung tragen die Klägerin zu 82 %, die Beklagte zu 18 %. Von den übrigen Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 72 % und die Beklagte 28 %.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 19.267,43 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Von Ausführungen zu den tatsächlichen Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird gem. § 540 Abs. 2, § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

II.

Die Berufung der Klägerin bleibt erfolglos; die Berufung der Beklagten hat in der Sache teilweise Erfolg. Die Klägerin kann für die vom Landgericht zutreffend als vergütungspflichtig betrachteten Einzelleistungen lediglich einen Gesamtwerklohn in Höhe von DM 3.515,80 verlangen.

1. Die Parteien haben einen Werkvertrag geschlossen, § 631 BGB. In dem Angebot der Beklagten vom 02.08.1998 (Anl. B 1), das die Klägerin mit Schreiben vom 04.08.1998 (Anl. B 2) angenommen hat, heißt es eindeutig, dass die Klägerin mit der Realisierung der vorgeschlagenen Maßnahmen die "einwandfreie Funktion unseres gesamten Software-Komplexes herstellt". Hierin ist die Vereinbarung eines Leistungserfolges zu sehen. Unstreitig ist zwischen den Parteien im Übrigen, dass die Leistungsverpflichtung der Klägerin jedenfalls (auch) umfassen sollte, die NAVISION-Financials- Installation bei der Beklagten vollständig funktionsfähig zu machen und den Anforderungen der Beklagten entsprechend zu installieren. Dies ergibt sich bereits aus dem Angebot der Klägerin vom 29.07.1998 (Anl. K 2). Damit schuldete die Klägerin nicht lediglich die Arbeitsleistung als solche, das bloße Tätigwerden, sondern einen bestimmten Erfolg, nämlich die fehlerfreie Installation einer Software bei der Beklagten und deren Anpassung an die konkreten Wünsche und Anforderungen der Beklagten sowie die Beseitigung bestimmter, von der Beklagten vorgegebener Mängel. Diese Vereinbarung stellt einen Werkvertrag dar. Daran ändert nichts, dass die Klägerin behauptet, durch ihren Geschäftsführer bereits vor Vertragsschluss darauf hingewiesen zu haben, eine Garantie nur dann übernehmen zu können, wenn die Beklagte einen weiteren Server erwerbe. Dieser - bestrittene - Vortrag ändert an der rechtlichen Einordnung des Vertrages als Werkvertrag nichts, zumal er auch in den späteren schriftlichen Vereinbarungen keinerlei Niederschlag gefunden hat.

2. Das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien ist beendet. Ob die Beendigung durch eine Kündigung der Beklagten herbeigeführt wurde oder ob - wofür einiges spricht - von einer einvernehmlichen Vertragsaufhebung auszugehen ist, kann hier dahinstehen, weil die Klägerin lediglich Vergütung für bereits erbrachte Teilleistungen beansprucht. Jedenfalls kann sich die Beklagte nach Vertragsbeendigung nicht darauf berufen, ein Werklohnanspruch der Klägerin sei mangels Abnahme nicht fällig.

3. Die Klägerin kann Werklohn beanspruchen, soweit sie die Bezahlung einzelner, abgrenzbarer Teilleistungen geltend macht (a)). Dies ist hinsichtlich der Leistungen des Zeugen B. sowie hinsichtlich der gelieferten Einzelkomponenten der Fall (b)). Weitere Ansprüche der Klägerin scheitern daran, dass sie insoweit weder die Erbringung einzelner Teilleistungen noch deren Mängelfreiheit bewiesen hat (c)). Von einem Mitverschulden der Beklagten ist nicht auszugehen (d)).

a) Soweit sich die Beklagte darauf beruft, ein Anspruch der Klägerin bestehe insgesamt nicht, weil der geschuldete Gesamtleistungserfolg nicht erbracht sei, kann sie damit keinen Erfolg haben. Es ist Wesensmerkmal des vorzeitig beendeten Werkvertrags, dass der Gesamtwerkerfolg nicht eingetreten ist; die Vergütungspflicht von Teilleistungen wird hierdurch nicht berührt. Denn sowohl im Fall der Kündigung des Werkvertrages durch den Besteller als auch im Fall der einvernehmlichen Vertragsaufhebung beschränkt sich die Wirkung auf die Zukunft. Dem Unternehmer bleibt daher grundsätzlich sein Anspruch auf Vergütung für die bisher erbrachten Leistungen erhalten (BGH NJW 1993, S. 1972 (1973) m.w.N.).

b) Einen Vergütungsanspruch hat die Klägerin für die Reinigung der Computer der Beklagten und die gelieferten Einzelkomponenten.

aa) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass ein Mitarbeiter der Klägerin, der Zeuge B. , am 10.08.1998 sechs Stunden bei der Beklagten tätig war und die vorhandenen Computer gereinigt hat. Die Beauftragung der Klägerin durch die Beklagte ergibt sich insoweit aus dem Auftragsschreiben der Beklagten vom 02.08.1998 i.V.m. dem Angebot der Klägerin vom 29.07.1998, dort Ziff. 1.1 Pkt. 6. Der vereinbarte Stundensatz für diese Tätigkeit betrug DM 150,00. Die Klägerin hat sechs Stunden abgerechnet sowie drei Stunden Fahrzeit mit einem Stundensatz von DM 95,00 in Ansatz gebracht. Dass der Zeuge B. die Arbeiten an sich mängelfrei ausgeführt hat, wird von der Beklagten nicht bestritten. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Chemnitz vor dem 03.05.2001 hat die Beklagte zudem diese Position ausdrücklich unstreitig gestellt. Soweit sie nunmehr Notwendigkeit und Umfang bestreitet, kann sie damit nicht mehr gehört werden, § 531 Abs. 2 ZPO.

bb) Die Klägerin hat darüber hinaus Anspruch auf Bezahlung der von ihr gelieferten Einzelkomponenten in Höhe von 2.707,70 EUR (DM 5.295,81) brutto.

Die Klägerin lieferte unstreitig einen Compaq Rechner (DM 2.295,00 netto), ein IntelNetPort (netto DM 710,00), die Navisions-Software für den neuen Rechner (netto DM 1.000,00) sowie vier Stück SD RAM 32 MB (netto DM 560,40) an die Beklagte. Der Materialpreis beläuft sich damit auf insgesamt 5.295,81 brutto. Dass die gelieferten Einzelkomponenten in sich mangelhaft waren, wird von der Beklagten nicht gerügt. Die Beklagte macht lediglich geltend, der neue Rechner sei für sie wertlos und stehe bis zum heutigen Tage ungenutzt in ihren Räumen herum. Hieraus ergibt sich das Entfallen einer Vergütungspflicht nicht: Die Einzelkomponenten wurden vertragsgemäß geliefert. Hierin liegt eine teilweise Erfüllung, die von der Beklagten zu bezahlen ist. Den ihr obliegenden Nachweis, dass die Teilleistung für sie gänzlich ohne Wert ist, hat die Beklagte nicht geführt. Dass es Mitarbeitern der Klägerin nicht gelang, den PC störungsfrei zu installieren, begründet eine Wertlosigkeit der Hardware als solche ebenso wenig wie der Umstand, dass die Beklagte, die die Arbeiten von einer anderen Firma zu Ende führen ließ, für den Rechner offensichtlich keine Verwendung mehr hat.

c) Weitere Werklohnansprüche hat die Klägerin nicht. Insoweit ist ihr der Beweis nicht gelungen, dass mit den von ihr in den Rechnungen Anl. K 6 bis K 8 in Rechnung gestellten Arbeiten Teile des vertraglich geschuldeten Leistungserfolgs mangelfrei erbracht wurden.

Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob einzelne Teilleistungen vergütungspflichtig sind, ist zunächst nicht, wieviele Stunden Mitarbeiter der Klägerin an der Computeranlage der Beklagten tätig waren, sondern inwieweit das Ergebnis dieser Tätigkeit eine Teilleistung des geschuldeten Werkes darstellt und als solche mängelfrei erbracht wurde. Erst dann sind die Arbeitsstunden, die zur Herstellung des Erfolges notwendig waren, vergütungspflichtig.

Nach der vom Landgericht durchgeführten umfassenden Beweisaufnahme steht fest, dass - abgesehen von den vorstehend aufgeführten - die Leistungen der Klägerin nicht mangelfrei waren und den geschuldeten Leistungserfolg auch nicht teilweise herbeigeführt haben.

Hinsichtlich der Leistungen der Mitarbeiter J. und K. vom 09.09.1998 ist unstreitig, dass die Installation des gelieferten Rechners an diesem Tag nicht erfolgreich durchgeführt wurde und dass auch weitere Bemühungen des Geschäftsführers der Klägerin (in Rechnung gestellt mit Rechnung vom 04.08.00, Anl. K 8), nicht erfolgreich waren. Dies ergibt sich insbesondere aus den Aussagen der Zeugen S.H. und Sv.H. . Dass die Leistungen der Mitarbeiter J. und K. nicht ordnungsgemäß waren, bestätigt auch der Geschäftsführer der Klägerin in seinem Schreiben an die Beklagte vom 27.09.1998, in dem er betont, dass "diese Leistungen keineswegs den von mir vorgegebenen Normen entsprechen ..." (Anl. B 9).

Dass die Umstellung von NAVISION-Financials 1.2 auf 2.0 nicht erfolgt ist, ist letztlich zwischen den Parteien unstreitig und ergibt sich auch aus dem erneuten Angebot der Klägerin vom 10.10.1998 (Anl. B 23). Inwieweit hier eine Anpassung auch nur teilweise erfolgt ist mit der Folge, dass eine Teilvergütungspflicht eingetreten ist, lässt sich dem Vortrag der Klägerin nicht entnehmen.

Hinsichtlich der Arbeiten des Zeugen N. vom 02.10.2998 haben die Zeugen der Beklagten übereinstimmend ausgesagt, dass auch nach diesen Tätigkeiten die Funktionsstörungen, die konkret beseitigt werden sollten, weiter auftraten.

Soweit die Klägerin Arbeitsleistungen der Mitarbeiterin K.M. in Rechnung stellt, lässt sich gleichfalls nicht in für den Senat hinreichender Klarheit feststellen, welche konkreten Leistungen zu welchen Vertragsbestandteilen hier erbracht wurden. Dies gilt insbesondere insoweit, als lediglich "telefonische Beratung" bzw. "Kundenberatungen" in Rechnung gestellt wurden. Aber auch soweit es um die Erstellung einer Funktionsübersicht zu NAVISION-Financials 1.2 bzw. Programmsichtungen und Aufwandsabschätzung für die Umstellung auf die Version 2.0 geht, kann eine hinreichend abgrenzbare Teilleistung im Hinblick auf die - letztlich nicht erfolgte - Umstellung nicht gesehen werden.

d) Mitwirkungspflichten hat die Beklagte nicht verletzt.

Ein Mitverschulden wegen fehlender Mitwirkung trifft die Beklagte nicht. Insofern hat die Klägerin nicht hinreichend dargelegt, dass die Beklagte ihr mögliche Mitwirkungshandlungen unterlassen und damit den Eintritt des Leistungserfolgs verhindert hat.

Zu den Pflichten beider am Schuldverhältnis beteiligter Parteien gehört es, sich um die notwendigen Voraussetzungen zu bemühen und die Bemühungen des anderen Teils nach Kräften zu unterstützen sowie - als Kehrseite - alles zu unterlassen, was die Erreichung des Vertragszieles verhindern könnte. Eine Verpflichtung kann jedoch nur insoweit bestehen, als die Unterstützungshandlung auch möglich ist. Hier hat die Klägerin nicht vorgetragen, dass die Beklagte Passwörter, obwohl sie sie kannte, nicht bekanntgegeben hat. Entsprechendes gilt für den fehlenden Druckertreiber.

Dass die Arbeiten der Klägerin an fehlenden Informationen der Beklagten gescheitert sind, ergibt sich im Übrigen auch nicht aus den Aussagen der Zeugen der Klägerin. Zur Problematik des Druckertreibers erklärt die Zeugin M. : "... wir haben dann dem Treiber diesen Namen gegeben, und dann funktionierte das Ausdrucken...". Zu den fehlenden Passwörtern erklärte der Zeuge N. : "Ich benötigte kein Passwort...". Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge N. die Beklagte am 02.10.1998 auf das Erfordernis des Erwerbs neuer Lizenzen hingewiesen hat, ergeben sich weder aus seiner Zeugenaussage noch aus seinem schriftlichen Servicebericht.

Soweit die Klägerin die Beklagte bereits vor Vertragsschluss auf die Notwendigkeit eines weiteren Rechners als Datenbankserver hingewiesen haben will, hat dies im Vertrag keinen Niederschlag gefunden. Die Behauptung der Beklagten, wonach das Programm nach den Arbeiten der Firma F. bis zum heutigen Tag fehlerfrei ohne zusätzlichen Rechner funktioniert, hat die Klägerin im Übrigen nicht bestritten. Aus dem Schreiben der Beklagten vom 19.11.1998 (Anl. B 24) ergibt sich zudem, dass die Beklagte bereit war, bei nachgewiesener Notwendigkeit auch den weiteren Rechner zu erwerben.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht gegeben sind.



Ende der Entscheidung

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