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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Beschluss verkündet am 20.06.2007
Aktenzeichen: 13 W 165/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, StVG, PflVG


Vorschriften:

ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 3
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 568 Satz 2 Nr. 1
ZPO § 569
BGB § 251 Abs. 2 Satz 1
BGB § 254
BGB § 280 Abs. 1
BGB §§ 307 bis 309
BGB § 309 Nr. 7a
BGB § 309 Nr. 7b
BGB § 823 Abs. 1
StVG § 18 Abs. 1
PflVG § 1
PflVG § 3 Nr. 1
Zur Haftung des Betreibers einer Motorcrossbahn und der unfallbeteiligten Sportler bei einem Zusammenstoß im Rahmen einer Übungsfahrt.
Oberlandesgericht Dresden

Aktenzeichen: 13 W 165/07

Beschluss

des 13. Zivilsenats

vom 20.06.2007

In dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatzes aus Sportunfall

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden ohne mündliche Verhandlung durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. O......., Richter am Oberlandesgericht S..... und Richter am Oberlandesgericht K........

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts Leipzig - Az.: 9 O 3618/06 - vom 22.12.2006 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen, soweit dieses in dem vorbezeichneten Beschluss es abgelehnt hat, dem Antragsteller für die Rechtsverfolgung im erstinstanzlichen Verfahren unter Berücksichtigung eines eigenen Mithaftungsanteils von 50 % auch gegenüber dem Antragsgegner zu 1) Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Das weitergehende Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

3. Der Antragsteller erhält Gelegenheit, die Darlegungen zur Schadenshöhe unter Berücksichtigung der dazu erteilten Hinweise in den Gründen dieses Beschlusses innerhalb von 3 Wochen ab dessen Zustellung gegenüber dem Landgericht zu ergänzen und insoweit die beabsichtigten Klageanträge anzupassen.

2. Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Der Antragsgegner zu 1), der bei der Antragsgegnerin zu 3) haftpflichtversichert ist, betreibt die Auto- und Motocrossbahn "A. Ö..........." in Z.... bei T...... Dort stießen am 18.06.2006 der Antragsteller und der Antragsgegner zu 2) während einer Übungsfahrt mit Motorrädern zusammen, wodurch der Antragsteller verletzt und das von ihm geführte Motorrad beschädigt wurde. Der Antragsteller begehrt Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage mit den Anträgen,

1. die Antragsgegner als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, mindestens aber 12.000,00 EUR, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.06.2006 zu zahlen;

2. die Antragsgegner als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn Schadensersatz in Höhe von 4.597,62 EUR und Verdienstausfall seit dem 01.08.2006 in Höhe von monatlich 256,00 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2006 zu zahlen;

3. festzustellen, dass die Antragsgegner als Gesamtschuldner verpflichtet seien, ihm allen weiteren immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihm aus dem Verkehrsunfall mit dem Antragsgegner zu 2) am 18.06.2006 auf der Rennstrecke "A. Ö..........." in Z.... zukünftig noch entstehen werde.

Das Landgericht hat dem Antragsteller Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Klage gegen den Antragsgegner zu 2) "im Umfang der hälftigen mit dem Klageentwurf vom 11.10.2006 verfolgten Ansprüche" bewilligt. Gegen die Ablehnung des Antrags auf Prozesskostenhilfe im Übrigen wendet sich der Antragsteller mit gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3, § 567 Abs. 1 Nr. 1, § 569 ZPO zulässiger sofortiger Beschwerde, der das Landgericht nicht abgeholfen hat. Der als Einzelrichter zuständige Berichterstatter hat das Verfahren gem. § 568 Satz 2 Nr. 1 ZPO wegen besonderer Schwierigkeiten rechtlicher Art dem Senat übertragen.

II.

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist nur insoweit begründet, als das Landgericht die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage gegenüber dem Antragsgegner zu 1) vollständig verneint hat. Dessen Haftung dem Grunde nach unter Berücksichtigung eines hälftigen Mithaftungsanteils des Antragstellers ist schlüssig dargetan und wird durch den Vortrag des Antragsgegners zu 2) auch nicht erfolgversprechend in Frage gestellt. Die Darlegungen des Antragstellers zur Schadenshöhe sind allerdings bislang unzureichend, so dass dem Senat eine abschließende Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch derzeit nicht möglich ist.

1. Der Antragsgegner zu 1) haftet dem Antragsteller wegen Verletzung einer - möglicherweise auch vertraglich begründeten - Verkehrssicherungspflicht eventuell gem. § 280 Abs. 1 BGB, jedenfalls aber gem. § 823 Abs. 1 BGB. In beiden Fällen muss sich der Antragsteller einen eigenen Haftungsanteil von wenigstens 50 % anrechnen lassen, weil ihn ein erhebliches Mitverschulden bei der Schadensentstehung trifft (§ 254 Abs. 1 BGB).

a) Das bestrittene Vorbringen des Antragsgegners zur Befugnis der Sportlergruppe, die Motocrossbahn zu nutzen, ist entgegen der Auffassung des Landgerichts schlüssig. Hingegen schließt der dazu gehaltene Vortrag des Antragsgegners zu 1) dessen Haftung nicht notwendiger Weise aus.

Unstreitig war der Vorstandsvorsitzende des Antragsgegners zu 1) am 18.06.2006 gegen 11:00 Uhr durch T.... J...., der den Antragsteller zu der Auto- und Motocrossbahn begleitet hatte, fernmündlich davon unterrichtet worden, dass sich eine Gruppe von Motocrosssportlern am Eingang der Bahn befand und diese für Übungsfahrten auf mitgeführten Motorrädern nutzen wollten. Wenn in dieser Situation der Vorstandsvorsitzende des Antragsgegners zu 1) - wie der Antragsteller behauptet - T.... J.... gefragt haben sollte, ob das Tor offen sei, und nach dessen bejahender Antwort erklärt haben sollte, "klar, dann könnt ihr schon drauf" und er werde gegen 12:00 Uhr auf dem Platz sein, um die Formalitäten zu klären und den Eintritt zu kassieren, hätte ein verständiger Erklärungsempfänger in der Lage T.... J..... dies bei objektiver Betrachtung sicher nicht als Aufforderung aufgefasst, bis zum Eintreffen eines Platzwartes tatenlos im Eingangsbereich zu verharren. Vielmehr hätte er in den Grenzen von Treu und Glauben eine solche Äußerung als Zustimmung des Verantwortlichen deuten dürfen, die Motocrossbahn - freilich gegen ein später zu entrichtendes Entgelt - bereits nutzen und mit den Übungsfahrten beginnen zu dürfen (§§ 133, 157 BGB). Denn um einen gegenteiligen Willen des Bahnbetreibers zum Ausdruck zu bringen, wäre eine Äußerung des Inhalts zu erwarten gewesen, dass es noch dauern könne, bis ein Platzwart erscheine, die Gruppe bis dahin warten müsse und noch nicht auf die Motocrossbahn dürfe. Eine dahingehende Antwort seines Vorstandsvorsitzenden gegenüber T.... J.... behauptet der Antragsgegner zu 1) denn auch.

Selbst wenn also - wie das Landgericht meint - eine Befugnis des Antragstellers zur Nutzung der Motocrossbahn Voraussetzung für eine (zumindest anteilige) Haftung des Antragsgegners zu 1) sein sollte, ist eine derartige Befugnis von jenem ausreichend dargetan und unter Beweis gestellt. Gestützt auf diesen Gesichtspunkt hätten daher die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung nicht verneint werden dürfen. Indessen ist schon die Prämisse des Landgerichts selbst nicht ohne Weiteres zutreffend. Denn die fehlende Befugnis des Verletzten zum Betreten oder Befahren einer Verkehrsfläche schließt die Haftung des Sicherungspflichtigen dann nicht aus, wenn dieser - wie etwa gegenüber Kindern - mit einer Missachtung des Nutzungsverbots rechnen musste oder für den beim unbefugten Nutzer eingetretenen Schaden das Unterlassen einer solchen Sicherheitsmaßnahme kausal geworden ist, die in der gegebenen Situation auch zugunsten der befugten Nutzer hätte getroffen werden müssen. Dass es im letztgenannten Fall letztlich vom Zufall abhängt, dass ein unbefugter Nutzer anstelle eines befugten Nutzers verletzt worden ist, kann den Sicherungspflichtigen nicht entlasten (vgl. MüKo-Wagner, BGB, 4. Aufl., § 823 Rn. 263; Staudinger-Hager, BGB, 13. Bearb., § 823 Rn. E 52). Dementsprechend hätte hier die Behauptung des Antragsgegners zu 1), der Antragsteller und die ihn begleitende Sportlergruppe hätten anordnungswidrig nicht das Erscheinen eines Verantwortlichen abgewartet, um Vortrag dazu ergänzt werden müssen, welche Sicherheitsmaßnahmen er ergriffen hätte, um einen Unfall der geschehenen Art zu vermeiden, wenn er mit diesen Personen vor der ohnehin beabsichtigten entgeltlichen Überlassung der Motocrossbahn die "Eintrittsformalitäten" geklärt hätte. Das kann der Antragsgegner zu 1) zwar im Rechtsstreit noch nachholen, jedoch hätten auch insoweit die Erfolgsaussichten der gegen diesen beabsichtigten Klage auf der Grundlage des gegenwärtigen Parteienvortrags nicht verneint werden dürfen.

b) Als Betreiber der Motocrossbahn ist der Antragsgegner zu 1) für die Sicherheit der Strecke im Wettkampf- und im Übungsbetrieb verantwortlich. Diese Verkehrssicherungspflicht wird als Nebenpflicht auch Bestandteil des Mietvertrages (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 66. Aufl., § 535 Rn. 60 m.w.N.), wenn der Antragsgegner zu 1) gegen ein Entgelt Motocrosssportlern die Bahn zur Nutzung für Übungsfahrten überlässt. Nach dem bisherigen Parteienvortrag ist davon auszugehen, dass der Antragsgegner zu 1), auch wenn mangels Erweislichkeit des vom Antragsteller behaupteten Vertragsschlusses nur eine deliktische Verantwortlichkeit gegeben sein sollte, sicherungspflichtwidrig handelte.

Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. Voraussetzung ist daher, dass sich vorausschauend für ein sachkundiges Urteil die naheliegende Gefahr ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden können (vgl. BGH, NJW 2004, 1449 = VersR 2004, 697 unter II.1 m.w.N.). Zur Konkretisierung des nach der Verkehrsauffassung zur Sicherheit Gebotenen sind, soweit es den Betrieb von Sportstätten oder das Veranstalten von Sportwettkämpfen betrifft, die von den Sportverbänden aufgestellten Sportstättenregeln, wenngleich es sich dabei um außerrechtliche Normen handelt, in besonderer Weise geeignet (vgl. Praxishandbuch Sportrecht/Fritzweiler, 2. Aufl., Teil 5 Rn. 68 m.w.N.).

Im Streitfall sind - worauf der Antragsteller im Ausgangspunkt zutreffend hinweist - die Regelwerke des Deutschen Motorsportbundes e.V. (DMSB) heranzuziehen. Allerdings ist insoweit nicht auf das von ihm vorgelegte "Reglement Freestyle Motocross" abzustellen, denn auch nach seiner Darstellung haben er und die übrigen Mitglieder der Sportlergruppe sich nicht im Freestyle-Motocross, einer besonderen Art des Motocrosssports, gemessen. Maßgeblich ist vielmehr die "Ausschreibung für Motocross", die ganz allgemein für Motocross-Wettbewerbe gilt und (in ihrer aktuellen Fassung) auf den Internetseiten des DMSB (www.dmsb.de) einsehbar ist. Zwar ist es im Haftpflichtprozess grundsätzlich Sache des Geschädigten, die angeblich verletzten Regeln der Sportart darzutun. Die "Ausschreibung für Motocross" des DMSB ist jedoch dem für Sportrecht zuständigen Senat aus allgemein zugänglichen Informationsquellen bekannt (§ 291 ZPO).

Dass die vom Antragsgegner zu 1) betriebene Motocrossbahn trotz der sich teilweise überschneidenden Streckenführung mit der ebenfalls auf dem Gelände angesiedelten Autocrossbahn für Motocrosswettbewerbe geeignet ist, ist zu vermuten, da der DMSB sowie der Internationale Fachsportverband, die Fédération Internationale de Motocyclisme (FIA), eine Streckenlizenz (Anlagen B 3 und B 4) erteilt haben. Fraglich ist aber, welche Maßnahmen zum Schutz der Fahrer, die bei der Durchführung von Wettbewerben nach Nr. 16 der "Ausschreibung für Motocross" zusätzlich zu treffen sind, auch für eine sichere Durchführung von Übungsfahrten erforderlich sind. Dazu gehört nach Auffassung des Senats bei der vom Antragsgegner zu 1) betriebenen Motocrossbahn wegen der Gefahren, die davon ausgehen, dass die Strecke diejenige der Autocrossbahn mehrfach kreuzt, in diese übergeht und davon wieder abzweigt, die Vorgabe in Nr. 16.6 Abs. 3 der "Ausschreibung für Motocross". Danach ist die Strecke beidseitig durch Streckenmarkierungspflöcke, die durch ein Flatterband in einer Höhe von mindestens 300 mm verbunden sind, abzugrenzen; diese Pflöcke müssen aus Holz (Latten oder Stäbe aus leicht brechbarem Holz) oder flexiblem Material sein. Ohne die vorbezeichnete Sicherheitsmaßnahme ist es nicht zu verhindern, dass im Übungsbetrieb ein Fahrer versehentlich von der Streckenführung der Motocrossbahn "A. Ö..........." abkommt, auf die dortige Autocrossbahn gerät und dadurch in Gestalt der Kollisionsgefahr gerade dasjenige Risiko entsteht, das sich hier am 18.06.2006 im Zusammenstoß zwischen dem Antragsteller und dem Antragsgegner zu 2) verwirklichte.

c) Der Antragsgegner zu 1) kann sich der vorbezeichneten Verkehrssicherungspflicht nicht dadurch entledigen, dass er einen formularmäßigen "Haftungsverzicht der Trainingsteilnehmer" (Anlage B 1, GA 67) zum Bestandteil des Nutzungsvertrages werden lässt.

Die Bestimmung, wonach "Fahrer, Beifahrer, Kraftfahrzeugeigentümer und -halter ... durch Abgabe ihrer Unterschrift für alle im Zusammenhang mit dem Training erlittenen Unfälle oder Schäden (körperliche sowie materialmäßige) auf jedes Recht des Vorgehens oder Rückgriffs gegen den Veranstalter, dessen Beauftragte, Sportwarte und Helfer sowie den/die Eigentümer des für das Training genutzten Grundstücks, gegen den/die Betreiber der für das Training genutzten Strecke, dessen Beauftragte und Helfer" verzichten, hält einer Inhaltskontrolle am Maßstab des § 309 Nr. 7a und b BGB nicht stand. Eine derartig umfassende formularmäßige Freizeichnung lässt sich auch nicht im Wege der Auslegung einschränkend als Ausschluss der Haftung für leichte Fahrlässigkeit bei Schäden, die nicht aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit herrühren, aufrechterhalten. Die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die gegen die §§ 307 bis 309 BGB verstoßen, grundsätzlich als insgesamt unwirksam zu behandeln sind und nicht auf dem Wege einer sogenannten "geltungserhaltenden Reduktion" auf einen Restbestand zurückgeführt werden können, mit dem sie nicht in Widerspruch zu den vorbezeichneten Vorschriften stehen, findet insbesondere auch auf die formularmäßige Haftungsfreizeichnung für Schäden bei der Teilnahme an Rennveranstaltungen Anwendung (vgl. BGHZ 96, 18 = WM 1986, 229 unter II.3).

d) Den Antragsteller trifft allerdings auch auf der Grundlage seiner eigenen Darstellung ein erhebliches Mitverschulden bei der Schadensentstehung, so dass er sich - wie schon jetzt mit hoher Wahrscheinlichkeit abzusehen ist - bei der dem Tatrichter im Rechtsstreit vorbehaltenen Abwägung einen Mithaftungsanteil von wenigstens 50 % anrechnen lassen muss (§ 254 Abs. 1 BGB).

Zur Annahme eines solchen Mitverschuldens reicht es allerdings entgegen der Auffassung des Landgerichts für sich genommen nicht aus, dass der Antragsteller mit hoher Geschwindigkeit zum Sprung ansetzte, ohne den hinter dem Sprunghügel kreuzend verlaufenden Streckenabschnitt der Autocrossbahn vollständig einsehen zu können. Derartige Sprünge sind im Motocrosssport regelkonform und es muss dort, auch im Übungsbetrieb, mit Kreuzungsverkehr grundsätzlich nicht gerechnet werden. Indessen hatte der Antragsteller bereits dem am Eingang aushängenden Streckenplan entnommen, dass die Motocrossbahn des Antragsgegners zu 1) mehrere Abzweigungen und Kreuzungen aufwies. Er erkannte sogar die daraus resultierende sportartuntypische Gefahr, denn nicht anders ist es zu erklären, dass sich die Sportlergruppe - wie der Antragsteller selbst behauptet - darauf verständigte, ausschließlich die im Streckenplan schraffierte Strecke zu benutzen. Jedoch war diese Maßnahme bei objektiver Betrachtung ungeeignet, das Risiko einer Kollision auszuschließen, was der Antragsteller und die anderen Sportfahrer der Gruppe ohne weiteres hätten erkennen können. Wie aus den von ihm und vom Antragsgegner zu 1) vorgelegten Fotografien zu ersehen ist, weisen die beiden Bahnen äußerlich keine Unterscheidungsmerkmale auf. Auch ein intensiver Blick auf den Streckenplan gewährleistet daher nicht, dass ein Fahrer nicht von der einen auf die andere Bahn abkommt. Wie untauglich die angeblich von der Sportlergruppe getroffene Sicherheitsmaßnahme war, beleuchtet der vom Landgericht zurecht herausgestellte Umstand, dass es sich bei der im Streckenplan schraffierten Bahn, auf deren ausschließliche Nutzung man sich angeblich verständigt hatte, tatsächlich um die Autocrossbahn handelte, während der Antragsteller dann - an sich regelgerecht, aber eben absprachewidrig - die Motocrossbahn befuhr. Die Sportlergruppe hatte es somit mehr oder weniger dem Zufall überlassen, ob es zu einer Kollision auf einer der Kreuzungen kommen würde oder nicht. Mit anderen Worten: Die beteiligten Sportler ließen die für die Durchführung gemeinsamer Übungsfahrten erforderliche Sorgfalt in besonders hohem Maße außer Acht.

e) Der Senat sieht sich daran gehindert, auf der Grundlage eines Mithaftungsanteils von (wenigstens) 50 % dem Antragsteller Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Rechtsverfolgung gegen den Antragsgegner zu 1) zu bewilligen, da für die geltend gemachten Schäden zum Teil ergänzende Darlegungen erforderlich sind. Soweit er innerhalb der ihm dazu gesetzten Frist seinen Vortrag entsprechend ergänzt und die beabsichtigten Klageanträge daran anpasst, wird das Landgericht unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats insoweit erneut zu entscheiden haben.

aa) Bereits jetzt steht allerdings schon fest, dass die vom Antragsteller geleistete Zuzahlung für den zwölftägigen Krankenhausaufenthalt in Höhe von 10,00 EUR täglich nicht in vollem Umfang erstattungsfähig ist. Er muss sich insoweit die ersparten häuslichen Verpflegungskosten anrechnen lassen (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., vor § 249 Rn. 141 m.w.N.), die unter Berücksichtigung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse auf 5,00 EUR pro Tag geschätzt werden können (§ 287 ZPO).

bb) Überhaupt nicht erstattungsfähig sind auf der Grundlage seiner bisherigen Darlegungen die auf einen Betrag von 4.271,90 EUR geschätzten Reparaturkosten für das beschädigte Motorrad.

Die Reparatur eines Kraftfahrzeugs ist dann im Sinne des § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich, wenn die dafür erforderlichen Kosten den Wert der Sache vor dem Unfall um mehr als 30 % überschreiten (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 249 Rn. 27; § 251 Rn. 7, m.w.N.). Vorliegend hat der Antragsteller eigener Darstellung zufolge das Motorrad rund ein Jahr vor dem Unfall zum Preis von 1.050,00 EUR gekauft. Wie dem vorgelegten Kaufvertrag (Anlage K 13, GA 83) zu entnehmen ist, war das Fahrzeug im Zeitpunkt des Erwerbs bereits zehn Jahre alt. Soweit es nicht, was weder vorgetragen noch ersichtlich ist, innerhalb eines Jahres eine immense Wertsteigerung erfahren haben sollte, würden die geschätzten Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert um rund 300 % (!) übersteigen. Insoweit könnte der Antragsteller lediglich Entschädigung auf der Basis des Wiederbeschaffungswertes verlangen, auch dies allerdings nicht in voller Höhe, denn er muss sich darauf den Restwert des beschädigten Motorrades anrechnen lassen. Dazu ist bislang nichts dargetan.

cc) Wegen des Verdienstausfalls kann der Antragsteller eine unbefristete Geldrente, wie von ihm geltend gemacht, nach den derzeitigen Erkenntnissen zu den davongetragenen Gesundheitsschäden nicht verlangen.

Er selbst trägt vor, dass sich eine Prognose zur körperlichen Fähigkeit, den erlernten Beruf des Maurers weiter auszuüben, aus medizinischer Sicht erst stellen lässt, wenn die Stahlschiene in seinem Fuß wieder entfernt ist. Wegen des möglichen Verdienstausfallschadens, der über den Zeitraum bis zur Gegenwart hinausgeht, kann der Antragsteller daher nur Feststellung der Ersatzpflicht verlangen. Einen dahingehenden Klageantrag beabsichtigt der Antragsteller auch. Dessen angekündigte Fassung ist allerdings insoweit unzweckmäßig, als darin (ausschließlich) der zukünftige immaterielle Schaden bezeichnet ist. Freilich ist das verletzte Rechtsgut, nämlich die Gesundheit des Antragstellers, immaterieller Art. Bei dem deswegen für die Zukunft zu gewärtigenden Verdienstausfall handelt es sich hingegen um einen materiellen Schaden (Vermögensschaden). Der Antragsteller wird daher den auf Zahlung einer Geldrente gerichteten Klageantrag fallen lassen und den beabsichtigten Feststellungsantrag ändern müssen.

Soweit es den Verdienstausfall bis in die Gegenwart betrifft, wird ein bezifferter Zahlungsantrag zu stellen sein. Dabei kann der Antragsteller für die Zeit ab Oktober 2006 nicht, wie er meint, auf sein früheres Einkommen als Maurer abstellen. Er selbst trägt vor, sich als Zeitsoldat verpflichtet und bereits einen Einberufungsbescheid für den 04.10.2006 erhalten zu haben, der infolge des Unfalles vom Kreiswehrersatzamt aufgehoben worden sei. Vergleichsmaßstab für den entgangenen Verdienst kann daher für die Zeit von Oktober 2006 bis heute nur die Besoldung sein, die der Antragsteller erhalten hätte. Vortrag dazu fehlt.

2. Der Antragsgegner zu 2) haftet dem Antragsteller nach § 18 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1 BGB ebenfalls unter Anrechnung eines eigenen Mithaftungsanteils von 50 %.

Auf einen Haftungsauschluss nach den Grundsätzen der bewussten Risikoübernahme bei Sportwettkämpfen (vgl. dazu zuletzt BGH, NJW-RR 2006, 672 = VersR 2006, 663 unter II.3.a m.w.N.), die auch auf den Motorsport (vgl. BGHZ 154, 316 = VersR 2003, 775) und unabhängig davon Anwendung finden, ob der Schaden im Wettkampf oder im Übungsbetrieb eingetreten ist (vgl. OLG Nürnberg, VersR 2003, 1134), kann sich der Antragsgegner zu 2) nicht berufen. Denn für ihn gilt der den Antragsteller treffende Vorwurf, eine erkennbar unzureichend gegen Kollisionsgefahr gesicherte Motocrossbahn für Übungsfahrten genutzt, mithin grob fahrlässig gehandelt zu haben (vgl. Ausführungen unter 1.d), nicht minder. Dabei würde es sogar noch schwerer wiegen, wenn - wie der Antragsgegner zu 2) behauptet - sich die Sportlergruppe trotz des am Eingang aushängenden Streckenplans überhaupt keine Gedanken über den Verlauf der Motocrossbahn gemacht hätte. Auch ein solches Versäumnis fiele allerdings ihm und dem Antragsteller gleichermaßen zur Last.

Dementsprechend wird im Rechtsstreit auf der Grundlage beiderseits grober Fahrlässigkeit gem. § 254 BGB eine Abwägung vorzunehmen sein, die unter weiterer Berücksichtigung einer jeweils gleich hohen Betriebsgefahr der von den beiden Übungsteilnehmern geführten Motorräder (§ 17 Abs. 2 StVG) eine Haftungsteilung zwischen dem Antragsteller und dem Antragsgegner zu 2) erwarten lässt. Soweit das Landgericht auf der - zumindest im Ergebnis übereinstimmenden - Annahme eines Mithaftungsanteils von 50 % dem Antragsteller Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Rechtsverfolgung gegen den Antragsgegner zu 2) bereits bewilligt, dabei aber die Unzulänglichkeit des Vortrags zur Schadenshöhe und Unzweckmäßigkeit der beabsichtigen Klageanträge verkannt hat, ist der Senat aufgrund des im Beschwerdeverfahren geltenden Verbots der Schlechterstellung daran gebunden.

3. Für einen Direktanspruch gegen die Antragsgegnerin zu 3), bei der der Antragsgegner zu 1) in Bezug auf die von ihm betriebene Motocrossbahn haftpflichtversichert ist, gibt es keine Rechtsgrundlage. Namentlich die Voraussetzungen des § 3 Nr. 1 i.V.m. § 1 PflVG sind ersichtlich nicht erfüllt.

III.

Da trotz der Teilaufhebung bereits jetzt feststeht, dass die Beschwerde des Antragstellers ganz überwiegend erfolglos ist, trifft der Senat die Entscheidung nach Nr. 1811 der Anlage 1 zum GKG selbst und zwar in dem Sinne, dass es in vollem Umfang bei der Pflicht des Antragstellers bleibt, die Gerichtsgebühr zu tragen. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten findet nicht statt (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Ende der Entscheidung

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