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Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Beschluss verkündet am 07.03.2001
Aktenzeichen: 13 W 2112/00
Rechtsgebiete: ZPO, GesO, VOB/B, KO, BGB, GKG


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 91
ZPO § 127 Abs. 4
GesO § 1 Abs. 1 Satz 2
GesO § 7 Abs. 1
GesO § 8 Abs. 2
VOB/B § 14 Nr. 4
VOB/B § 8 Nr. 6
KO § 6 Abs. 1
BGB § 254
GKG § 11 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Dresden Beschluss

Aktenzeichen: 13 W 2112/00 11-O-1306/00 LG Dresden

des 13. Zivilsenats

vom 07.03.2001

In dem Rechtsstreit

- Antragsteller und Beschwerdeführer -

Prozessbevollmächtigter:,

gegen

- Antragsgegner und Beschwerdegegner -

Prozessbevollmächtigte:

wegen Prozesskostenhilfe

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden ohne mündliche Verhandlung durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht , Richterin am Amtsgericht und Richterin am Landgericht

beschlossen:

Tenor:

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Dresden vom 19.09.2000, Az.: 11 0 1306/00, wird zurückgewiesen.

2. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet, da die beabsichtigte Klage keine Erfolgsaussicht i.S.d. § 114 ZPO hat.

1. Die Klage ist unzulässig, da dem Antragsteller aufgrund der Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens die Prozessführungsbefugnis fehlt.

Die nach Auffasung des Antragstellers verjährte Werklohnforderung gehört zur Gesamtvollstreckungsmasse nach § 1 Abs. 1 Satz 2 GesO. Damit fällt auch der von ihm geltend gemachte Ersatzanspruch, welcher an die Stelle der ursprünglichen Werklohnforderung getreten ist, in die Masse (vgl. Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 1 Rn. 126). Über diese ist er aufgrund der Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens nach § 7 Abs. 1 GesO nicht mehr verfügungsbefugt. § 7 Abs. 1 GesO entspricht nach seinem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 6 Abs. 1 KO (vgl. Hess/Binz/Wienberg, GesO, 4. Aufl. § 7 Rn. 1a). Mit Eröffnung des Verfahrens verliert daher der Schuldner die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über sein zur Masse gehörendes Vermögen (vgl. Haarmeyer/Wutzke/Förster, GesO, 4. Aufl. § 7 Rn. 3; Hess/Binz/Wienberg a.a.O § 7 Rn 1b). Sie geht nach § 8 Abs. 2 GesO mit Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens auf den Gesamtvollstreckungsverwalter über.

Der sich aus einer Masseverkürzung ergebende Schadensersatzanspruch kann daher während des Gesamtvollstreckungsverfahrens auch nur durch einen Gesamtvollstreckungsverwalter geltend gemacht werden (vgl. für das Konkursverfahren: BGH WM 1989, 1781, 1784). Wenn er sich gegen diesen selbst richtet, ist ein Sonderverwalter zu ernennen, der den Anspruch durchzusetzen hat (vgl. Haarmeyer/Wutzke/Förster a.a.O. § 8 Rn 9b; Kilger/Schmidt; Insolvenzgesetze, 17. Aufl. GesO § 82 Anm. 4; Hess/Binz/Wienberg, 4. Aufl. GesO, § 8 Rn 196; BGH ZIP 1993, 1886, 1887).

Dieser rechtlichen Würdigung stehen auch nicht die vom Landgericht zitierten Gründe des Urteils des Bundesgerichtshof vom 05.10.1989, Az.: IX ZR 233/87 (WM 1989, 1781, 1783 ) entgegen. Mit den dortigen Ausführungen hat der Bundesgerichtshof lediglich dargelegt, welchen Personen der Anspruch zustehen kann. Hiervon zu unterscheiden ist aber die Frage, wer über den Anspruch aufgrund der Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens verfügungsbefugt ist. Die Verfügungsbefugnis über den Schadensersatzanspruch, der auf einer schuldhaft pflichtwidrigen Masseverkürzung beruht, ist nach der Konkursordnung allein dem Konkursverwalter zugewiesen (vgl. BGH WM 1989, 1781, 1783, 1784).

2. Außerdem wäre die Klage auch unbegründet.

Es kann dahinstehen, inwieweit der Antragsgegner gegen seine Pflichten als Gesamtvollstreckungsverwalter verstoßen hat, als er die Unterbrechung der Verjährung der Werklohnforderung nicht vor dem 31.12.1997 bewirkte, da das Mitverschulden des Antragstellers nach § 254 BGB so erheblich ist, dass eine Schadensersatzpflicht entfällt.

Für ein Mitverschulden des Antragstellers ist grundsätzlich der Antragsgegner darlegungs- und beweislastpflichtig. Unstreitige, zugestandene oder offenkundige Einwendungen eines Beklagten sind im Urkundenprozess zu berücksichtigen, auch wenn sie nicht durch Urkunden bewiesen werden können. (vgl. BGHZ 62, 286, 289; Thomas/Putzo, ZPO 22. Aufl. § 598 Rn. 2; Baumbach/Hartmann, ZPO, 59. Aufl., § 592 Rn. 9). Da die Tatsachen, welche das Mitverschulden des Antragstellers begründen entweder unstreitig oder als zugestanden anzusehen sind, ist das Mitverschulden nach § 254 BGB auch im Urkundenprozess zu beachten, ohne dass es darauf ankommt, ob ein Beweis durch Urkunden möglich wäre.

a) Es begründet bereits ein erhebliches Mitverschulden des Antragstellers, dass er zuerst lediglich die Rechnung Nr. 30005 vom 10.05.1996 an den Antragsgegner übergeben hat und die weiteren Unterlagen, insbesondere die vom Wasserzweckverband aufgestellte Schlussrechnung vom 27.10.1995 zurückgehalten hat. Der Vortrag des Antragstellers im Schriftsatz vom 07.03.2000, dem Antragsgegner habe die vom Antragsteller geführte Akte zum Bauvorhaben im Original vorgelegen, genügt nicht. Bei einer von dem Antragsgegner behaupteten Nichtübergabe der Unterlagen handelt es sich um eine negative Tatsache. Bei negativen Tatsachen hat der Prozessgegner im Rahmen des Zumutbaren substantiiert unter Darlegung der für das Positivum sprechenden Tatsachen und Umstände zu bestreiten (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl. vor § 284 Rn. 24; BGH NJW-RR 1993, 746, 747). Der Antragsteller hat nicht dargelegt, welche Unterlagen wann an den Antragsgegner übergeben wurden. Dies war ihm zumutbar, da es sich um Tatsachen handelt, welche in seinem Wahrnehmungsbereich lagen. Mangels ausreichenden Vortrags des Antragstellers gilt daher die Behauptung des Antragsgegners, dass lediglich die Rechnung Nr. 30005 vom 10.05.1996 übergeben wurde, als zugestanden.

b) Eine weitere erhebliche Pflichtverletzung des Antragstellers liegt darin, dass er auf erneute Aufforderung des Antragsgegners, eine prüfbare Schlussrechnung zu erstellen, lediglich eine selbsterstellte Rechnung vom 12.08.1997 vorlegte ohne zu erwähnen, dass der Abwasserzweckverband bereits nach § 14 Nr. 4 VOB/B am 27.10.1995 eine Schlussrechnung erstellt hatte.

c) Besonders schwerwiegend wirkt sich bei der Beurteilung des Mitverschuldens aus, dass der Antragsteller auf das Schreiben des Antragsgegners vom 17.09.1997, in welchem er u.a. zur Stellungnahme zu den Gegenansprüchen des Wasserzweckverbandes aufgefordert wurde, trotz mehrerer telefonischer Nachfragen nicht reagierte. Hiermit hat der Antragsteller erheblich gegen seine Mitwirkungspflichten verstoßen. Er war als Gemeinschuldner zur aktiven Mitarbeit verpflichtet und hatte über alle Verhältnisse, die für das Verfahren von Belang sein könnten, umfassend Auskunft zu erteilen (vgl. Haarmeyer/Wutzke/Förster, GesO, 4. Aufl., § 5 Rn. 41 b). Dieser Pflicht ist er in keinster Weise nachgekommen, sondern hat vielmehr durch seine Nichtreaktion das Verfahren boykottiert.

d) Schließlich ist im Rahmen des Mitverschuldens des Antragstellers auch noch zu berücksichtigen, dass er in der Zeit zwischen Kündigung des Werkvertrages durch den Wasserzweckverband mit Schreiben vom 15.12.1993 bis zur Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens am 31.01.1996 und damit innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren selber nichts zur Realisierung der Forderung beitrug. Insbesondere ist er seiner Pflicht aus § 8 Nr. 6 VOB/B nicht nachgekommen, eine prüffähige Schlussrechnung zu erstellen.

e) Insgesamt ist festzustellen, dass der Antragsteller die Realisierung der Forderung pflichtwidrig nicht unterstützt und durch Zurückhalten von Informationen die Durchsetzung des Anspruchs durch den Antragsgegner wesentlich erschwert hat. Schon aufgrund dieses erheblichen Verschuldens des Antragstellers ist daher ein Schadenersatzanspruchs zu verneinen.

II.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 91, 127 Abs. 4 ZPO, § 11 Abs. 1 GKG i.V.m. Anlage 1 Nr. 1952.

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