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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 22.06.2006
Aktenzeichen: 2 U 326/06
Rechtsgebiete: GmbHG


Vorschriften:

GmbHG § 30
GmbHG § 31
GmbHG § 32a
GmbHG § 32b
Zur eigenkapitalersetzenden Nutzungsüberlassung; hier von Pkws und einem Büroraum.
Oberlandesgericht Dresden 2. Zivilsenat IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 2 U 326/06

Verkündet am 22.06.2006

In dem Rechtsstreit

wegen Eigenkapitalersatz

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20.06.2006 durch Richterin am Oberlandesgericht Bokern als Einzelrichterin

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 20.01.2006 - 9 O 3986/04 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen dahingehend abgeändert, dass der Beklagte verurteilt wird, an den Kläger EUR 12.377,82 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 29.09.2004 zu zahlen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger 30 %, der Beklagte 70 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Beklagten zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

- Streitwert der Berufung: EUR 12.377,82 -

Gründe:

I.

Die Berufung des Klägers hat Erfolg.

1. In Höhe von insgesamt EUR 12.377,82, die - nebst dem Zinsanspruch - allein Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, trifft den Beklagten eine Rückgewährpflicht nach den Eigenkapitalersatzregeln (§§ 30, 31, 32a, 32b GmbHG) in Bezug auf den an ihn gezahlten Mietzins für die von ihm mietweise überlassenen beiden PKWs (Polo und BMW) sowie den Büroraum.

a) Wie schon die Vorinstanz angenommen hat, ist von einer Krise der Txxxxxxxxxxxxxx Nxxxxxxxx GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) jedenfalls seit dem 31.12.2002 auszugehen.

aa) Dies folgt zwar nicht daraus, dass zu diesem Zeitpunkt von einer Insolvenzreife wegen Überschuldung oder Illiquidität auszugehen wäre. Zu beiden Insolvenztatbeständen liegen nämlich nicht ausreichende Darlegungen des Klägers vor.

(1) Die Annahme einer Überschuldung scheitert daran, dass eine solche unter Ansatz von Liquidationswerten bzw. von Fortführungswerten bei positiver Fortbestehensprognose darzustellen gewesen wäre. Dies hätte die Vorlage einer Überschuldungsbilanz vorausgesetzt, an der es jedoch fehlt (vgl. BGH NJW 2001, 1136).

Nichts anderes gilt, weil die Schuldnerin - wie der Kläger unwidersprochen vorgetragen hat -keine Handelsbilanz zum 31.12.2002 aufgestellt hat. Einer ein negatives Ergebnis ausweisenden Handelsbilanz käme für die Frage der Überschuldung nur indizielle Bedeutung zu (vgl. Michalski/Heidinger, GmbHG, §§ 32a, 32b Rn. 59 m.w.N.), sodass es ohnehin an dem die Darlegungs- und Beweislast tragenden Insolvenzverwalter (vgl. Michalski/Heidinger, a.a.O. Rn. 47) war, eine Überschuldungsbilanz zum Nachweis der insolvenzrechtlichen Überschuldung und der daraus folgenden Überlassungsunwürdigkeit zu erstellen.

(2) Ebenso wenig lässt sich dem klägerischen Vorbringen ausreichendes dafür entnehmen, die Schuldnerin sei zum 31.12.2002 zahlungsunfähig gewesen. Hierzu hätte der Kläger im Einzelnen die Verbindlichkeiten den zur Verfügung stehen den Mitteln gegenüberstellen müssen. Dies ist jedoch nicht erfolgt. Vielmehr hat sich der Kläger darauf beschränkt, Indizien für eine Zahlungsunfähigkeit, wie etwa das Bestehen zahlreicher offener Forderungen und die Verurteilung der Eheleute Kxxxxxxxx wegen Insolvenzverschleppung, zu nennen. Diese Umstände reichten aber nicht aus, um eine Zahlungsunfähigkeit zu tragen.

bb) Jene genügen allerdings, um von einer der Insolvenzreife gleichzustellenden Situation auszugehen.

(1) Die spezielle Kreditunwürdigkeit der Schuldnerin zum 31.12.2002 folgt daraus, dass der Schuldnerin zum Jahreswechsel 2002/2003 ohne Hilfe der Gesellschafter keine marktüblichen Kredite gewährt worden wären, mittels derer sie sich die benötigten Wirtschaftsgüter (hier: die beiden PKWs und das angemietete Büro) ohne Vernachlässigung ihrer sonstigen Zahlungsverpflichtungen hätte beschaffen können (vgl. Michalski/Heidinger, a.a.O., Rn. 187; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 9. Aufl., §§ 32a, 32b Rn. 128; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl., §§ 32a/b Rn. 142). Von dieser speziellen Kreditunwürdigkeit ist auf Grund zahlreicher Indizien (vgl. hierzu: Michalski/Heidinger, a.a.O., §§ 32a, 32b Rn. 48 ff.; Lutter/Hommelhoff, a.a.O., §§ 32a/b Rn. 20 und 23) auszugehen, die in Folgendem zu sehen sind:

(1.1) Zum einen hatte die Schuldnerin zum 31.12.2002 nach der vorliegenden betriebswirtschaftlichen Auswertung (vgl. Anlage K 8, Anlagenband Kläger) weitgehend ihr Stammkapital verloren.

Daran ändert nichts, dass der Beklagte behauptet hat, es habe noch ein Kassenbestand über EUR 60.000,00 sowie eine Forderung der Gesellschafter-Geschäftsführerin Dxxxxxx Kxxxxxxxx über DM 200.000,00 gegen eine Firma Mxxxxxx bestanden.

(1.1.1) In Bezug auf den behaupteten Kassenbestand von EUR 60.000,00 hat der faktische Geschäftsführer der Schuldnerin, Rxxx Kxxxxxxxx, bei seiner in erster Instanz durchgeführten Vernehmung (s. Bl. 140 R. dA) angegeben, ein solcher Kassenbestand habe nie bestanden, vielmehr habe der Kassenbestand der Gesellschaft nie über EUR 3.000,00 gelegen. Von daher habe es sich bei der Angabe eines Kassenbestandes von EUR 60.000,00 im Kassenbuch um einen Fehler gehandelt.

(1.1.2) Ebenso wenig ist von einer wirtschaftlich günstigeren Lage der Gesellschaft auszugehen, weil eine Forderung der Gesellschafter-Geschäftsführerin Kxxxxxxxx gegen die Firma Mxxxxxx in Höhe von DM 200.000,00 bestanden hätte. Der Kläger hat hierzu unwidersprochen vorgetragen, die Forderung gegen die Firma Mxxxxxx sei nicht werthaltig, weil diese bereits im Jahre 1995 insolvent geworden sei.

Unerheblich ist insoweit, dass der Beklagte in seiner Berufungserwiderung vom 17.05.2006 (dort S. 5, Bl. 231 dA) nunmehr geltend machen will, er habe stets behauptet, dass die Forderung gegen Mxxxxxx werthaltig sei und damit inzident auch bestritten, dass die Firma Mxxxxxx bereits 1995 in Konkurs gegangen sei. Angesichts des dezidierten Vortrags des Klägers hierzu oblag dem Beklagten nämlich auch ein genaueres Bestreiten. Er wäre von daher gehalten gewesen, nicht nur allgemein die Werthaltigkeit der Forderung zu behaupten, sondern konkret zu bestreiten, dass die Firma Mxxxxxx 1995 in Konkurs gegangen sei. Da er dies jedoch in erster Instanz nicht getan hat, war der Vortrag des Klägers, die Firma Mxxxxxx sei 1995 in Konkurs gegangen, als unstreitig dem Rechtsstreit zu Grunde zu legen. Ein neues Vorbringen hierzu war dem Beklagten gemäß § 531 ZPO in der Berufungsinstanz nicht mehr zuzubilligen, weil die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO insoweit nicht vorliegen.

Im Übrigen habe, so der Kläger, die Forderung allein dem Ehemann der Gesellschafterin Kxxxxxxxx zugestanden. War aber danach schon die Schuldnerin nicht Inhaberin der Forderung gegen Mxxxxxx - unabhängig davon, ob diese der Gesellschafter-Geschäftsführerin Kxxxxxxxx oder ihrem Ehemann gebührte, und war die Forderung zudem, wegen Insolvenz des Schuldners Mxxxxxx, nicht werthaltig, wurde hiervon das Betriebsergebnis der Schuldnerin nicht positiv beeinflusst.

(1.1.3) Anders als der Beklagte in seiner Berufungserwiderung ausführt, ist die betriebswirtschaftliche Auswertung zum 31.12.2002 (Anlage K 8, Anlagenband Kläger) nicht um ein vorhandenes Anlagevermögen im Wert von EUR 28.240,00 sowie einen Betrag aus einer Rechnung über EUR 160,00 (zs. EUR 28.400,00) dahin zu korrigieren, dass das vorläufige Betriebsergebnis einen Gewinn ausgewiesen hätte. Dieses neue Vorbringen ist dem Beklagten in der Berufungsinstanz verwehrt, zumal er nicht ausführt, inwieweit ihm dieses Vorbringen nicht in erster Instanz möglich war und sein nunmehriger Vortrag nicht auf Nachlässigkeit beruht.

(1.1.4) Schließlich hat der Beklagte den Betrag von EUR 28.400,00 noch in gänzlich anderem Zusammenhang genannt. Dies zeigt, dass sein neues Vorbringen unerheblich ist.

Der Beklagte hat erstinstanzlich noch auf Umsätze, entsprechend der BWA zum 31.12.2003 (Bl. 84 dA), von EUR 28.400,00 für den Dezember 2003 verwiesen. Dabei ist er allerdings dem Vortrag des Klägers, das positive Betriebsergebnis stehe im Widerspruch zu den im Dezember 2003 fruchtlos erfolgten Vollstreckungsversuchen, bei denen sich gerade keinerlei Vermögen der Schuldnerin habe feststellen lassen, nicht entgegengetreten. Bekräftigt wird die Unrichtigkeit des in der BWA zum 31.12.2003 ausgewiesenen positiven Ergebnisses auch durch Folgendes: Der Kläger hat - ebenfalls unwidersprochen - dargelegt, die Geschäftstätigkeit der Schuldnerin habe darin bestanden, dass sie durch Subunternehmer hergestellte Waren weiterveräußert habe. Damit korrespondierte die in den übrigen betriebswirtschaftlichen Auswertungen enthaltene Ausweisung erheblicher Betriebsausgaben für Material, Stoffe, Waren und Fremdleistungen. Die BWA zum 31.12.2003 beläuft sich bei den eben genannten Positionen aber auf "0". Von daher ist, ausgehend von der Geschäftstätigkeit der Schuldnerin, unerfindlich (und hätte näherer Erläuterungen des Beklagten bedurft), wie die Umsatzerlöse zum 31.12.2003 von EUR 28.400,00 erwirtschaftet sein sollen.

(1.2) Das Bestehen einer Krise zum 31.12.2002 wird zudem dadurch belegt, dass die Schuldnerin unstreitig über keine stillen Reserven verfügte, insbesondere kein Anlage- und kein wesentliches Umlaufvermögen innehatte. Daran ändert, wie bereits ausgeführt, auch die vom Beklagten angeführte Forderung in Höhe von DM 200.000,00 gegen Mxxxxxx nichts, weil diese wegen der Insolvenz einerseits nicht werthaltig war und im Übrigen nicht der Schuldnerin zustand.

Soweit der Beklagte in seiner Berufungserwiderung nunmehr behauptet, die Schuldnerin habe über stille Reserven verfügt, ist auch dieses neue Vorbringen - da die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO nicht dargetan sind - nicht zuzulassen. Dies gilt umso mehr, als der Beklagte nicht ansatzweise erläutert, weshalb es ihm nicht möglich war, die mit der Berufungserwiderung vorgelegte Inventarliste zum 06.01.2003 (Bl. 241 ff. dA) in erster Instanz bereits vorzulegen.

(1.3) Ein weiteres Indiz für die Krise offenbart sich - den Sachvortrag der Parteien zu Grunde gelegt - darin, dass die Schuldnerin zahlreiche fällige Verbindlichkeiten aus dem Jahr 2002 nicht bedient hat (vgl. BGHZ 105, 181 f., Lutter/Hommelhoff, a.a.O., Rn. 28 m.w.N.). Im Schriftsatz vom 14.07.2005 (Bl. 116 ff. dA) hat der Kläger im Einzelnen die Forderungen näher bezeichnet, die im Jahre 2002 (und auch im Folgejahr) offen waren, woraufhin der Beklagte in seinem erwidernden Schriftsatz vom 08.08.2005 (Bl. 128 f. dA) lediglich seine Kenntnis hiervon (also nicht den Umstand des Nichtbedienens fälliger Verbindlichkeiten als solchen) bestritten hat.

(1.4) Auch das ungünstige Verhältnis von Rohertrag und Kosten verdeutlicht, dass die Schuldnerin zum Jahresende 2002 in der Krise steckte. Aus der betriebswirtschaftlichen Auswertung vom 31.12.2002 (Anlage K 8, Anlagenband Kläger) ist ersichtlich, dass dem Rohertrag von EUR 72.391,78 Kosten von EUR 77.000,79 gegenüberstanden. Schon daraus ergibt sich, dass die Geschäftstätigkeit der Schuldnerin defizitär war.

(1.5) Indiziell deutet auf eine Krise zusätzlich hin, dass die Schuldnerin die bestehenden Leasingverträge über die beiden PKWs nicht vom Beklagten übernommen, sondern die Fahrzeuge vom Beklagten angemietet hat.

Soweit der Beklagte in seiner Berufungserwiderung hiergegen geltend macht, die Fahrzeuge seien von der Schuldnerin angemietet und die bestehenden Leasingverträge über die beiden PKWs von ihm, dem Beklagten, aufrechterhalten, weil ihm höhere Rabatte eingeräumt worden seien, als der Schuldnerin, ist dieser Vortrag im Berufungsverfahren neu und von daher nur unter den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO, zu denen der Beklagte nichts vorgetragen hat, zuzulassen. Im Übrigen leuchtet die Argumentation des Beklagten nicht recht ein. Es ist kaum nachvollziehbar, dass es ihm als Gesellschafter der Schuldnerin nicht möglich hätte sein können, auch für diese die ihm sonst eingeräumten Rabatte von bis zu 28 % zu erreichen. Insofern verbleibt es dabei, dass die fehlende Übernahme der Leasingverträge durch die Schuldnerin für eine Krise der Schuldnerin streitet.

(1.6) Das Bestehen einer Krise wird zusätzlich dadurch belegt, dass der Beklagte seine Geschäftsanteile nur etwa ein Jahr später für lediglich EUR 1,00 an die Gesellschafterin Kxxxxxxxx veräußert hat. Auch dies macht den Niedergang der Gesellschaft deutlich.

Soweit der Beklagte darauf verwiesen hat, der niedrige Wert sei als Kompensation für ein ihm vom Ehemann der Gesellschafter-Geschäftsführerin Kxxxxxxxx vermitteltes Grundstück zu Stande gekommen, überzeugt diese Begründung nicht. Zum einen enthält der Anteilsübertragungsvertrag hierfür keinerlei Hinweis. Zum anderen spricht der zeitliche Ablauf gegen die vom Beklagten genannte Begründung. Der Zeuge Rxxx Kxxxxxxxx hat nämlich bei seiner Zeugenvernehmung angegeben, die von ihm veranlasste Grundstücksvermittlung und der Kauf der Immobilie durch den Beklagten sei noch zu "DM-Zeiten" (also vor dem Jahre 2002) erfolgt, während die Übertragung der Geschäftsanteile Ende 2003 stattfand. Dieses erhebliche zeitliche Auseinanderfallen zwischen beiden Geschäften widerspricht aber der Behauptung des Beklagten, die Übertragung der Geschäftsanteile sei quasi als Gegenleistung für die Vermittlung der Lager- und Produktionshalle durch den Ehemann der Geschäftsführerin vereinbart worden. Bei Berücksichtigung der Aussage des Zeugen Rxxx Kxxxxxxxx bestand zwischen beiden Vorgängen kein Zusammenhang. Vielmehr ist davon auszugehen, dass es sich bei der vom Beklagten genannten Begründung um den Versuch handelte zu verschleiern, dass die Geschäftsanteile zum Zeitpunkt der Übertragung tatsächlich keinen Wert hatten und durch die Übertragung erreicht werden sollte, ihn von einer Haftung als Gesellschafter freizustellen.

(1.7) Indiziell auf eine Krise der Gesellschaft hinweisend ist schließlich der Umstand, dass die Eheleute Kxxxxxxxx rechtskräftig wegen Insolvenzverschleppung verurteilt worden sind (vgl. Zeugenvernehmung, Bl. 139 Rs. ff. dA).

Bei seiner Zeugenvernehmung in erster Instanz (Bl. 140 ff. dA) hat der faktische Geschäftsführer, Rxxx Kxxxxxxxx, nicht nur die rechtskräftige Verurteilung von ihm und seiner Ehefrau wegen Insolvenzverschleppung, sondern ebenfalls erwähnt, dass die Umsätze, auch wegen Verlusts eines Kunden, im Jahre 2003 zurückgegangen seien. Dies bekräftigt auch der Vergleich der Ergebnisse aus den beiden betriebswirtschaftlichen Auswertungen zum 31.12.2002 (Anlage K 8, Anlagenband Kläger) und zum 31.12.2003 (Bl. 84 dA). Die BWA zum 31.12.2002 weist einen Gesamtjahresumsatz von EUR 204.107,79 aus, die zum 31.12.2003 einen von EUR 139.316,20.

(2) Es ist auch davon auszugehen, dass die Schuldnerin zum 31.12.2002 überlassungsunwürdig war (vgl. Michalski/Heidinger, a.a.O., §§ 32a, 32b Rn. 188 ff.; Lutter/Hommelhoff, a.a.O., §§ 32a/b Rn. 142, jeweils m.w.N.). Die Schuldnerin war hinsichtlich der hier zur Beurteilung stehenden Vermietung von Standardwirtschaftsgütern - wie den beiden PKWs und dem Büro - nicht sicher in der Lage, das laufende monatliche Nutzungsentgelt von zusammen EUR 952,14 (für den BMW 320d von monatlich EUR 652,74, für den VW Polo von monatlich 195,00 und für die Büromiete von EUR 104,40) zu bezahlen oder eventuelle Schäden an den überlassenen Sachen auszugleichen.

(2.1) Zwar hat die Schuldnerin die Miete von EUR 952,14, deren Gesamtbetrag nicht sonderlich hoch war, stets an den Beklagten bezahlt.

(2.2) Die Vielzahl und die Höhe der offenen Forderungen, deren Fälligwerden bzw. Vollstrek-kung sich auf das ganze zweite Halbjahr 2002 und das Jahr 2003 erstreckten, indizieren aber, dass die Schuldnerin eben nicht sicher in der Lage war, die Miete für die beiden PKWs und das Büro zu bezahlen und ggf. Schäden daran auszugleichen.

cc) Soweit der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 02.06.2006 (Bl. 264 dA) darauf verweist, dass die Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft für jeden einzelnen Auszahlungszeitpunkt festgestellt werden müsse, eine solche Feststellung durch den Senat aber nicht getroffen sei, dringt er auch hiermit im Ergebnis nicht durch.

Im Ausgangspunkt zutreffend ist zwar, dass die die Eigenkapital ersetzende Funktion begründenden Umstände grundsätzlich im Zeitpunkt der Darlehensgewährung bzw. Nutzungsüberlassung vorliegen und von diesem Zeitpunkt aus beurteilt werden müssen (vgl. BGH BB 1987, 2391; BGH BB 1990, 164; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 19. Aufl., § 32a Rn. 50 m.w.N.). Ist insofern für die Nutzungsüberlassung maßgebend der Zeitpunkt der Gewährung der Nutzung oder des Gebrauchs, ist nichts dafür ersichtlich oder vorgetragen, dass sich die Umstände, aus denen der Senat auf die Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft seit dem 31.12.2002 schließt, sich später maßgebend geändert hätten. Im Gegenteil streiten die genannten Indizien dafür, dass die Kreditunwürdigkeit über den gesamten Zeitraum seit dem 31.12.2002, also auch im Zeitpunkt der Mietzahlungen für die Monate Januar 2003 bis Januar 2004, fortbestanden.

b) Der Beklagte ist als - ehemaliger - Gesellschafter auch zur Rückgewähr der an ihn geleisteten Mietzahlungen verpflichtet.

aa) Dieser Bindung konnte er sich nicht dadurch entziehen, dass er auf Grund des Geschäftsanteilsübertragungsvertrages vom 23.12.2003 (Anlage K 3, Anlagenband Kläger) seine Geschäftsanteile an die Gesellschafterin Dxxxxxx Kxxxxxxxx veräußert hat und damit aus der Gesellschaft ausgeschieden ist (vgl. BGHZ 69, 274 [280 f.]; BGH ZIP 1996, 538 [539]; BGH ZIP 2005, 82 ff.). War die Gebrauchsüberlassung der beiden PKWs und des Büros zu diesem Zeitpunkt - wie festgestellt - nämlich Eigenkapital ersetzend, blieb es dabei auch nach dem Ausscheiden des Beklagten als Gesellschafter (vgl. auch Michalski/Heidinger, a.a.O., §§ 32a, 32b Rn. 130 m.w.N.).

bb) Soweit der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 02.06.2006 einwendet, ein Rückgewähranspruch gemäß §§ 30, 31, 32a, 32b GmbHG greife nur dann ein, wenn der Gesellschafter mit der GmbH irgend eine (Finanzierungs-)Abrede dergestalt treffe, dass das Darlehen nicht gekündigt werde, verkennt er, dass der BGH in ständiger Rechtsprechung (vgl. BGHZ 109, 60 f.; BGHZ 127, 336 [340 ff.]; BGH NJW 1995, 457 [458]) eine solche Finanzierungsabrede gerade nicht verlangt. Dies ist auch sachgerecht, kommt es doch beim Stehenlassen einer Nutzungsüberlassung nicht auf die Ähnlichkeit der Finanzierungsform mit einer Darlehenshingabe an, sondern auf die finanzielle Stützung der Gesellschaft in der Krise. Der Gesellschafter muss aber in der Krise entscheiden, ob er durch Abzug des Fremdkapitals die Gesellschaft in die Liquidation führt oder unter Inkaufnahme des Eigenkapitalrisikos stützt (vgl. Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 19. Aufl., § 32a Rn. 37 m.w.N.).

c) Anders als das Landgericht angenommen hat, konnte der Beklagte die Krisensituation bereits zum Ende des Jahres 2002 erkennen und hätte zu diesem Zeitpunkt die Gebrauchsüberlassung, die jeder Zeit kündbar war, beenden müssen, um einer Inanspruchnahme wegen Eigenkapitalersatzes zu entgehen.

aa) Ausgehend von der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum subjektiven Kriterium der Erkennbarkeit der Krise für den Gesellschafter dürfen an die Möglichkeit, die Krise wenigstens erkennen zu können, keine hohen Anforderungen gestellt werden (vgl. BGHZ 127, 336 [346]; BGH ZIP 2004, 1049 ff.; BGH NJW 2000, 3565 m.w.N.). Vielmehr ist die Erkennbarkeit prinzipiell als gegeben anzusehen: Die grundsätzliche Verantwortlichkeit für eine seriöse Finanzierung der im Rechtsverkehr auftretenden GmbH folgt schon allein aus der Stellung eines Gesellschafters. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, muss der Gesellschafter von sich aus sicherstellen, dass er laufend zuverlässig über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft, insbesondere den eventuellen Eintritt der Krise, informiert ist. Deshalb ist - von besonderen, hier nicht vorliegenden, Ausnahmefällen abgesehen - anzunehmen, dass der Gesellschafter die wirtschaftlichen Umstände, welche die Umqualifizierung seiner Hilfe in funktionales Eigenkapital begründen, gekannt hat oder jedenfalls hätte kennen können.

bb) So liegt es hier schon deshalb, weil der Beklagte nicht allein auf Grund seiner Gesellschafterstellung, sondern auf Grund der ihm obliegenden Buchführungspflichten unschwer in der Lage war, die prekäre wirtschaftliche Situation der Schuldnerin zu erkennen.

cc) Nichts anderes gilt in Bezug auf den neuen Vortrag des Beklagten im Berufungsverfahren, er sei von den Eheleuten Kxxxxxxxx permanent und bewusst hinter das Licht geführt worden.

Zum einen gilt insoweit, worauf der Kläger bereits in seinem Schriftsatz vom 13.06.2006 hingewiesen hat, dass dieser - vom Kläger bestrittene Vortrag - gemäß § 531 ZPO nicht zuzulassen ist.

Aber auch dann, wenn dieses neue Vorbringen zugelassen würde, änderte es nichts an dem bisher dargelegten Ergebnis.

Auch wenn der Beklagte von den Eheleuten Kxxxxxxxx permanent über die wirtschaftliche Situation der Schuldnerin getäuscht worden wäre, ermöglichten ihm seine gesellschaftsrechtliche Stellung sowie seine Buchführungsaufgaben ohne weiteres, die wirtschaftliche Lage der Schuldnerin ohne Hilfe Dritter zu erkennen und richtig einzuschätzen. Nichts anderes gilt im Ergebnis, soweit der Beklagte ausgeführt hat, die Eheleute Kxxxxxxxx hätten ihm die Existenz von Aufträgen und deren Abwicklung permanent lediglich vorgegaukelt. Angeblich aquirierte Aufträge seien frei erfunden gewesen und auch niemals abgerechnet worden (vgl. S. 10 der Berufungserwiderung, Bl. 236 dA). Wurde nämlich für Aufträge, die in Listen enthalten waren, wiederholt keine Rechnung geschrieben, hätte dies dem Beklagten - auf Grund seiner Stellung als Gesellschafter und mit Buchführungspflichten vertraut - auffallen müssen. Insofern war er durchaus in der Lage, Kenntnis von der wahren wirtschaftlichen Lage der Schuldnerin zu nehmen. Der vorliegende Fall weist von daher gerade nicht die Besonderheiten auf, die Anlass gäben, den Rechtsstreit nicht als "Normalfall" einzustufen. Vielmehr ist vorliegend gerade dieser "Normalfall" gegeben, in dem ohne weiteres davon auszugehen ist, der Gesellschafter habe bei gehöriger Sorgfalt den Eintritt der Krise rechtzeitig erkennen können (BGH NJW 1995, 457 [459 m.w.N.]).

d) Der Beklagte hat lediglich Mietzahlungen in Höhe von EUR 12.377,82 zurückzugewähren. Auf den Vortrag des Klägers, die monatlichen Mietzahlungen von zusammen EUR 952,14 seien von Januar 2003 bis einschließlich April 2004, also für insgesamt 16 Monate an den Beklagten gezahlt worden, hat dieser nämlich, ohne dass der Kläger dem entgegengetreten wäre, vorgetragen, Zahlungen seien allein in den Monaten Januar 2003 bis einschließlich Januar 2004, also für 13 Monate, geleistet worden. Daraus ergibt sich aber ein Betrag in Höhe von 13 Monaten * EUR 952,14 = EUR 12.377,82.

Fehlte es an näheren Ausführungen des Klägers dazu, es seien weitergehende Zahlungen auch für die Monate Februar - April 2004 geleistet worden, war von den Mietzahlungen lediglich für 13 Monate, also dem Betrag von EUR 12.377,82, auszugehen.

2. Insofern hat der Kläger seinen Antrag im Berufungsverfahren angepasst und lediglich Zahlung dieses Betrages zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gemacht. Im Ürigen hat der Kläger die erstinstanzliche Abweisung seiner Klage - sowohl hinsichtlich der weitergehenden Mietzahlungen als auch hinsichtlich des im Wege seiner erstinstanzlichen Klageerweiterung geltend gemachten Rückgewähranspruchs betreffend die für die Monate Februar bis Dezember 2003 an den Beklagten gezahlten Buchführungsentgelte in Höhe von EUR 2.372,40 - akzeptiert und rechtskräftig werden lassen.

II.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz waren dabei entsprechend der Quote des Obsiegens zu der des Unterliegens im Verhältnis 30 % (Kläger) zu 70 % (Beklagter) zu verteilen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hatte gem. § 91 ZPO insgesamt der unterliegende Beklagte zu tragen.

Eine Zulassung der Revision war nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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