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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Beschluss verkündet am 30.04.2003
Aktenzeichen: 2 W 388/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 727
1. § 263 ZPO ist im Verfahren nach § 727 ZPO entsprechend anwendbar.

2. Im Klauselerteilungsverfahren nach § 727 ZPO findet § 138 Abs. 3 ZPO keine Anwendung.


Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt zuletzt, ihr im Wege der Titelumschreibung eine gegen den Antragsgegner gerichtete Vollstreckungsklausel zu erteilen.

Die Antragstellerin erwirkte gegen die als "F. GmbH i.A., Rechtsnachfolger der S. GmbH" bezeichnete Beklagte des Ausgangsverfahrens ein auf Zahlung von DM 833.075,50 nebst Zinsen lautendes rechtskräftiges Urteil des Kreisgerichts Chemnitz vom 02.10.1991. Mit Beschluss vom 17.11.1998 hat das Landgericht Chemnitz die Parteibezeichnung der Beklagten des Urteils des Kreisgerichts Chemnitz vom 02.10.1991 gem. § 319 ZPO geändert in "S. GmbH" und zur Begründung ausgeführt, dass die Klage objektiv gegen diese Gesellschaft gerichtet gewesen sei.

Mit einem an das Landgericht Chemnitz gerichteten Schriftsatz vom 06.06.2001 begehrte die Antragstellerin zunächst, ihr eine vollstreckbare Ausfertigung des kreisgerichtlichen Urteils gegen einen als V. & G. KG i.L. bezeichneten Rechtsträger zu erteilen, da dieser Rechtsnachfolger der S. GmbH i.L. sei.

...

Nachfolgend hat sie vorgebracht, dass die damaligen Gesellschafter W. H. und W. Z. ihre Geschäftsanteile an der V. & G. KG i.L. am 16.04. und 18.04.1993 auf deren Komplementär R. B., den Antragsgegner, übertragen hätten und dieser infolge der Vereinigung aller Geschäftsanteile in seiner Hand Rechtsnachfolger der V. & G. KG i.L. geworden sei.

Das Landgericht hat dem Antragsteller durch Beschluss vom 18.02.2003 eine gegen den Antragsgegner gerichtete Vollstreckungsklausel erteilt. Hiergegen hat der Antragsgegner mit einem am 06.03.2003 eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt, der die Vorinstanz mit Beschluss vom 17.03.2003 nicht abgeholfen hat.

II.

Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den auf die Erinnerung (§ 732 ZPO) ergangenen landgerichtlichen Beschluss ist gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt. Sie hat auch in der Sache Erfolg.

1. ...

2. Auf die sofortige Beschwerde sind die erstinstanzlichen Entscheidungen abzuändern bzw. aufzuheben.

Zwar richtet sich das Verfahren inzwischen in prozessordnungsgemäßer Weise gegen den Antragsgegner (unten a)). Dieser ist auf der Grundlage der von der Antragstellerin vorgetragenen Anknüpfungstatsachen, die als solche vom Antragsgegner nicht bestritten sind, auch als Rechtsnachfolger der im Handelsregister des Amtsgerichts Chemnitz unter HRB ... eingetragen gewesenen S. GmbH mit Sitz in F. zu erachten (unten b)). Dem Senat ist es im vorliegenden Verfahren nach § 727 ZPO aber verwehrt, andere als offenkundige oder durch öffentliche bzw. öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesene Tatsachen bei seiner Überzeugungsbildung zu berücksichtigen (unten c)).

a) Der Antragsgegner ist in verfahrensrechtlich wirksamer Weise Adressat des Klauselerteilungsverfahrens geworden.

aa) Allerdings war er nicht von vornherein am Verfahren nach § 727 ZPO beteiligt.

(1) Die von der Antragstellerin zunächst als Teil-Rechtsnachfolgerin der Betriebsstätte M. straße 5 in F. der S. GmbH bezeichnete V. & G. KG hatte, wie inzwischen feststeht, lange vor Anhängigkeit des Verfahrens ihre Beteiligtenfähigkeit (vgl. § 124 Abs. 1, § 161 Abs. 2 HGB) verloren, da sie mit der Übertragung sämtlicher Geschäftsanteile auf den Antragsgegner - ohne Liquidation - erloschen ist (vgl. BGHZ 71, 296 [300]; BGHZ 48, 203 [206]).

(2) Dies bewirkt aber nicht, dass der Antragsgegner als Gesamtrechtsnachfolger der V. & G. KG (vgl. hierzu: BGH a.a.O.) bereits von Beginn des Klauselerteilungsverfahrens an in dieses einbezogen war. Einer hierfür erforderlichen erkennbaren Fehlbezeichnung (vgl. hierzu: BGH NJW 2003, 1043; BGH NJW 2002, 3110 [3111]; BGH NJW-RR 1995, 764 f.; BGH NJW 1981, 1453 f.) steht entgegen, dass Hinweise auf eine Vereinigung aller Geschäftsanteile in der Hand des Antragsgegners weder dem schriftsätzlichen Vorbringen noch den eingereichten Anlagen entnommen werden konnten (vgl. BGH NJW 2002, 3110 [3111]; BGH NJW 1988, 1585 [1587]; BGH NJW 1987, 1946 [1947]).

bb) Der Antragsgegner ist jedoch in analoger Anwendung von § 263 ZPO, der auch im Verfahren nach § 727 ZPO Geltung beansprucht, Verfahrensbeteiligter geworden.

(1) Die Änderung des Gegners eines Klauselerteilungsverfahrens ist an den Anforderungen von § 263 ZPO zu messen.

Hierbei bedarf keiner abschließenden Entscheidung, ob die für einen Parteiwechsel maßgeblichen zivilprozessualen Regelungen über die Klageänderung in einem Vollstreckungsverfahren entsprechende Anwendung finden (vgl. OLG Zweibrücken OLGR 1998, 70 m.w.N.). Die Klauselerteilung nach § 727 ZPO ist nämlich nicht auf eine Vollstreckungshandlung gerichtet, sondern als ein - gegenüber § 731 ZPO - vereinfachtes Erkenntnisverfahren ausgestaltet (vgl. im Einzelnen unten c)), sodass eine sinngemäße Geltung von § 263 ZPO nicht an Besonderheiten des vollstreckungsrechtlichen Verfahrensrechts scheitert.

(2) Es war auch sachdienlich, die Antragsänderung zuzulassen, da dies der Verfahrensökonomie dient und weder berechtigte Belange des Antragsgegners noch des unter der Firmierung V. & G. KG beteiligten Rechtsträgers beeinträchtigt.

Die Interessen des Letzteren werden dadurch gewahrt, dass ihm ein Anspruch auf Erstattung seiner angefallenen außergerichtlichen Kosten zuzubilligen ist (vgl. BGH NJW-RR 1995, 764 [765]). Ein Anspruch auf Erlass einer der materiellen Rechtskraft fähigen Sachentscheidung ist hingegen nicht zu erkennen, da er sich zum einen gegen sein Ausscheiden aus dem Verfahren nicht gewandt hat und er zum anderen angesichts seiner mangelnden rechtlichen Existenz den Erlass einer zukünftig gegen ihn ergehenden Entscheidung nicht befürchten muss.

Schützenswerte Belange des Antragsgegners werden von dessen Einrücken in das Verfahren nicht betroffen, da er an den Erkenntnissen des früheren Verfahrensverlaufs nicht gebunden ist und in seiner Rechtsverteidigung nicht beschnitten wird.

b) Die von der Antragstellerin eingereichten Unterlagen belegen, dass der Antragsgegner Rechtsnachfolger der im kreisgerichtlichen Urteil - in der Form des Berichtigungsbeschlusses - als Beklagte bezeichneten S. GmbH geworden ist, da die Klageforderung deren Betriebsstätte M. str. 5 in F. betraf (unten aa)), in die dort begründeten Verbindlichkeiten zunächst die V. & G. KG eingetreten ist (unten bb)) und deren Verpflichtungen nachfolgend auf den Antragsgegner übergegangen sind (unten cc)).

aa) Die im Urteil des Kreisgerichts Chemnitz vom 02.10.1991 titulierte Forderung über DM 833.075,50 nebst Zinsen resultiert nach den in den Rechtsstreit eingeführten - hinsichtlich der Anknüpfungstatsachen unstreitigen - Schriftstücken aus dem Einfuhrvertrag Nr. 2362/08945/000 vom 15.03.1990, der den Geschäftsbetrieb M. straße 5 des ehemaligen VEB S. F. betraf (vgl. zum Indizienbeweis bei § 727 ZPO: BGH VIZ 1995, 539 ff.).

(1) Der unter Beteiligung der V. & G. KG sowie des Antragsgegners getroffenen gütlichen Einigung zur Übertragung eines Unternehmens vom 03.08./23.09.1993 sind als Anlagen 1 und 2 eine Ausgliederungsbilanz und eine Rückgabebilanz der Betriebsstätte M. straße 5 der S. GmbH angeschlossen, die jeweils Verbindlichkeiten aus Lieferungen über einen Betrag von DM 833.075,00 benennen.

Korrespondierend hierzu ist in dem Bericht der W. Steuerberatungsgesellschaft mbH zu der für die S. GmbH i.A. zum 31.12.1990 erstellten Bilanz ausgeführt, dass zu diesem Stichtag Verbindlichkeiten der S. GmbH i.A. in Höhe von DM 1.509.754,28 offen seien und hiervon DM 833.075,50 auf Forderungen der Antragstellerin aus der Anschaffung von zwei S. maschinen im ersten Halbjahr 1990 entfielen, die im Betriebsteil "B./B." aufgestellt worden seien.

Demgemäß hat auch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft A. & Co. GmbH in ihrem Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses der S. GmbH zum 31.12.1991 (Auszug Bl. 204 dA) festgehalten, dass im Rahmen der Übertragung der V. & G. KG i.L. die Übernahme einer Verbindlichkeit der Antragstellerin über DM 833.075,50 nebst Zinsen vereinbart worden sei.

(2) Ausgehend von den sich aus den eingereichten Schriftstücken ergebenden - unstreitigen - Anknüpfungstatsachen steht die Identität zwischen der Klageforderung und dem in diversen Schriftstücken ausgewiesenen Verbindlichkeiten der S. GmbH auch nicht dadurch in Frage, dass die Antragstellerin nichts zu der in der Bilanz der S. GmbH i.A. zum 31.12.1990 niedergelegten Bezeichnung "B./B." des fraglichen Betriebsteils vorträgt.

bb) Die Verbindlichkeiten des ehemaligen VEB S. F. sind auf die V. & G. KG übergegangen, da diese hinsichtlich der Betriebsstätte M. str. 5 in F. Teil-Rechtsnachfolgerin der S. GmbH wurde. (wird ausgeführt).

c) Der Senat ist jedoch gehindert, seine Überzeugungsbildung im Verfahren nach § 727 ZPO auch auf solche unstreitigen Anknüpfungstatsachen zu stützen, die weder offensichtlich noch durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen sind (unten aa)). Allein mit den Urschriften und beglaubigten Abschriften der vorgelegten öffentlichen Urkunden zu entnehmenden tatsächlichen Verhältnissen lässt sich eine Rechtsnachfolge der Antragstellerin aber nicht belegen (unten bb)).

aa) § 138 Abs. 3 ZPO ist nur in einem auf Klauselerteilung gerichteten Streitverfahren nach § 731 ZPO, nicht aber in dem Beschlussverfahren nach § 727 ZPO anwendbar (im Ergebnis wie hier: Thüringer OLG, Beschluss vom 13.09.2001 - 6 W 519/01 -; OLG Saarbrü- cken VersR 2002, 971 f.; OLG Stuttgart NJW-RR 2001, 868 f.; OLG Schleswig OLGR 2000, 109; OLG Hamburg OLGR 1997, 339 f.; OLG Köln VersR 1994, 1372 ff.; OLG Nürnberg RPfl 1993, 500 f.; OLG Oldenburg RPfl 1992, 490; OLG Zweibrücken RPfl 1990, 520; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11.11.1988 - 14 U 268/85 -; LG Detmold RPfl 2001, 310; LG Münster MDR 1996, 535; LG Hamburg RPfl 1994, 423 f.; a.A.: OLG Köln OLGR 1997, 41 f. m.w.N.; OLG Koblenz MDR 1997, 883 f.; OLG Karlsruhe JurBüro 1995, 93; OLG Celle JurBüro 1994, 741; OLG Düsseldorf JurBüro 1991, 1552; OLG Saarbrücken RPfl 1991, 161; OLG Koblenz RPfl 1990, 518; LG Kassel ZfS 2001, 276 f.; LG Aachen, Beschluss vom 20.08.1996 - 5 T 139/96 -; LG Mainz MDR 1995, 1265; LG Mönchengladbach RPfl 1990, 264 f.; LG Aachen RuS 1990, 34 f.; differenzierend: OLG Bamberg JurBüro 1994, 615 f.; zur Literatur exemplarisch: Münzberg, Geständnis, Geständnisfiktion und Anerkenntnis im Klauselerteilungsverfahren, NJW 1992, 201 [204 ff. m.w.N.]; Münchener Kom- mentar/Wolfsteiner, ZPO, 2. Aufl., § 727 Rn. 5; Wieczorek/Schütze/Paulus, ZPO, 3. Aufl., § 727 Rn. 46 m.w.N.; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 727 Rn. 44 i.V.m. § 730 Rn. 3; Baumgärtel, Probleme der Beweislastverteilung in der Zwangsvollstreckung, Festschrift für Gerhard Lüke zum 70. Geburtstag, S. 1 [3]).

(1) Keiner Entscheidung bedarf dabei, in welchem Umfange in reinen Zwangsvollstreckungsverfahren die - als spezifische Ausprägung der Dispositionsmaxime zu erachtende - Regelung des § 138 Abs. 3 ZPO Geltung beansprucht, insbesondere inwieweit einer Übertragung von Grundsätzen des Erkenntnisverfahrens Schutzvorschriften des Zwangsvollstreckungsrechts entgegenstehen (vgl. allgemein zur Dispositionsmaxime: Stürmer, Prinzipien der Einzelzwangsvollstreckung, ZZP 99 (1986), 291 [301 ff.]; Wiesner NJW 1988, 665; Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl., Vorb. § 704 Rn. 30 ff.; Zöller/Stöber, ZPO, 23. Aufl., Vor § 704 Rn. 19).

(1.1) Eine Klauselerteilung nach § 727 ZPO stellt nämlich keine gegen den Schuldner gerichtete Vollstreckungshandlung dar, sondern ist dazu bestimmt, bei nachträglichen Rechtsträgerwechseln auf der Gläubiger- oder Schuldnerseite einen Gleichlauf zwischen der Vollstreckungsklausel und der Rechtskrafterstreckung (§ 325 ZPO) zu eröffnen (vgl. zur Rechtsnatur: Münchener Kommentar/Wolfsteiner, ZPO, 2. Aufl., § 727 Rn. 1; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 727 Rn. 2; Wieczorek/Schütze/Paulus, ZPO, 3. Aufl., § 727 Rn. 3).

(1.2) Insoweit decken sich die Zielrichtung und die Wirkungen von § 727 ZPO mit jenen der Klauselerteilungsklage nach § 731 ZPO, welche - unbeschadet ihrer systematischen Anknüpfung an das Zwangsvollstreckungsrecht - prozessual als Streitverfahren konzipiert und inhaltlich auf eine Anpassung der Vollstreckungsklausel an die veränderte Rechtslage ausgerichtet ist (vgl. im Einzelnen: Wieczorek/Schütze/Salzmann, ZPO, 3. Aufl., § 731 Rn. 4; Münchener Kommentar/Wolfsteiner, ZPO, 2. Aufl., § 731 Rn. 4; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 731 Rn. 8, jeweils m.w.N.). Zumindest gegenüber dem von gerichtlichen Maßnahmen erstmals betroffenen Rechtsnachfolger des Titelschuldners oder des Titelgläubigers sind die Konsequenzen der Klauselerteilung dabei stark jenen eines Erkenntnisverfahrens angenähert. Dies zeigt sich im Übrigen auch darin, dass der Gläubiger des titulierten Anspruchs an Stelle eines Vorgehens nach § 731 ZPO eine neue Klage erheben kann, die im reinen Erkenntnisverfahren nach §§ 253 ff. ZPO zu führen ist (vgl. BGH NJW 1987, 2863 m.w.N.; zum Meinungsstand: Zöller/Stöber, ZPO, 23. Aufl., § 731 Rn. 7).

(2) Diese spezifische verfahrensrechtliche Ausprägung hindert eine erweiternde Auslegung von § 727 ZPO.

(2.1) Die Klärung materiell-rechtlicher Fragen, zu denen auch die Feststellung einer Rechtsnachfolge zählt, erfolgt nach der Zivilprozessordnung grundsätzlich im Rahmen von Streitverfahren, sodass der Regelungsgehalt von § 731 ZPO als Ausfluss eines allgemeinen verfahrensrechtlichen Prinzips zu erachten ist.

Von dieser Grundkonzeption hat der Gesetzgeber in § 727 ZPO eine - im Rahmen ihres Anwendungsbereichs die Klauselerteilungsklage mangels Rechtsschutzbedürfnisses verdrängende - Ausnahme für solche Konstellationen vorgesehen, in denen die Rechtsnachfolge offensichtlich ist oder durch öffentliche bzw. öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen wird. Dies beruht darauf, dass bei solchen Sachlagen die Tatsachenfeststellung typischerweise zweifelsfrei und unschwer möglich ist und hierdurch ein effektiver Rechtsschutz im Regelfall auch im Beschlusswege gewährt werden kann.

(2.2) Hiervon ausgehend ist § 727 ZPO einer erweiternden Auslegung nicht zugänglich, da ansonsten die verfahrensrechtlichen Standards, mit denen Streitverfahren zwingend verbunden sind, wie etwa das Gebot der mündlichen Verhandlung, die spezifischen Regelungen des Versäumnisverfahrens, die intensiven Hinweis- und Belehrungspflichten sowie ggf. der Anwaltszwang, weitergehend unterschritten würden als dies der gesetzliche Wortlaut vorgibt. Hinzu kommt, dass mit der erweiternden Anwendung von Vorschriften, die Ausnahmecharakter tragen oder systemfremd sind, ohnehin Zurückhaltung zu üben ist (vgl. BGH NJW 1996, 53 [54]; BGH NJW 1989, 460 [461]; BGHZ 26, 78 [83]). Schließlich kann bei der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht außer Betracht bleiben, dass das Verfahren nach § 727 ZPO in der funktionalen Zuständigkeit (vgl. § 3 Nr. 3a, § 20 Nr. 12 RPflG) von jener des Streitverfahrens nach § 731 ZPO abweicht und damit eine über den Wortlaut hinausgehende Interpretation nicht nur den materiellen Regelungsgehalt beträfe, sondern auch auf die Kompetenzabgrenzung zwischen Richter und Rechtspfleger ausstrahlte.

Im Übrigen könnte bei einer entsprechenden Anwendung von § 138 Abs. 3 ZPO den Vorgaben von § 727 Abs. 2, § 750 Abs. 2 ZPO nur mit Erschwernissen genügt werden. Bei einer Titelumschreibung auf Gläubigerseite wären zudem Rechte des ursprünglichen Titelgläubigers gefährdet (vgl. zur Problemlage im Einzelnen: Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 727 Rn. 44 und Rn. 55 f.). Jedenfalls aber käme diesem ein geringerer verfahrensrechtlicher Schutz als im Rahmen einer Klage nach § 731 ZPO zu.

Auch steht zumindest im Zweifel, ob ein Verfahren nach § 727 ZPO als das geeignete erachtet werden kann, um Konfliktslagen zu bewältigen, in denen der Schuldner eine Rechtsnachfolge des sich als Neugläubiger gerierenden Antragstellers nicht bestreitet, der - dann zwingend anzuhörende - Titelgläubiger aber eine Rechtsnachfolge in Abrede stellt oder sich überhaupt nicht äußert.

(3) Anderes folgt auch nicht aus den von der Rechtsprechung im Urkundenprozess entwickelten Kriterien.

Wenn in diesem unstreitige Tatsachen nicht ohne Weiteres einer Beweisführung durch Urkunden bedürfen (vgl. BGHZ 62, 286 [289 ff.]; BGH ZIP 1994, 24 [25]), rechtfertigt sich dies daraus, dass der Urkundenprozess als Streitverfahren ausgestaltet ist und lediglich hinsichtlich des Beweisrechts Besonderheiten unterliegt. Zudem beanspruchen selbst Letztere in einem etwaigen Nachverfahren - welches § 727 ZPO in dieser Form nicht kennt - keine Geltung.

(4) Schließlich steht der Sicht des Senats nicht entgegen, dass gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel von dem hierdurch in seinen Rechten Betroffenen das Verfahren nach §§ 768, 767 Abs. 1 und 3 ZPO beschritten werden kann.

Hierdurch ist zwar letztendlich zu verhindern, dass es durch ein ursprüngliches Vorgehen nach § 727 ZPO dauerhaft zu einer Verkürzung des Rechtsschutzes kommt. Eine über den Wortlaut hinausgehende Anwendung von § 727 ZPO lässt sich damit aber nicht legitimieren, zumal sich die in ihrem Rechtskreis Betroffenen zunächst den Wirkungen der Klauselerteilung ausgesetzt sehen sowie die Darlegungs- und Beweislast in einem Verfahren nach § 768 ZPO zumindest nicht ohne Weiteres jener im Verfahren nach § 727 ZPO entspricht (vgl. zum Meinungsstand: Thomas/Putzo, ZPO, § 768 Rn. 9 m.w.N.; Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 768 Rn. 2 m.w.N.).

bb) Aus den vorgelegten öffentlichen bzw. öffentlich beglaubigten Urkunden ist nicht zu entnehmen, dass der Antragsgegner Rechtsnachfolger der Titelschuldnerin ist. (wird ausgeführt). ...

V.

Die Rechtsbeschwerde war nach § 574 Abs. 3 Satz 1 ZPO ... zuzulassen, da der Rechtssache hinsichtlich der Anforderungen an die Nachweisführung im Verfahren nach § 727 ZPO grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Ende der Entscheidung

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