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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 05.04.2002
Aktenzeichen: 21 U 2285/01
Rechtsgebiete: BGB, ZGB-DDR


Vorschriften:

BGB § 528 Abs. 1
ZGB-DDR §§ 282 f.
§ 528 Abs. 1 BGB findet auf vor dem 03.10.1990 nach §§ 282 f. ZGB-DDR abgeschlossene und vollzogene Schenkungsverträge keine Anwendung.
Oberlandesgericht Dresden IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 21 U 2285/01

Verkündet am 05.04.2002

In dem Rechtsstreit

wegen übergangenen Anspruchs auf Herausgabe

hat der 21. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 07.02.2002 durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht , Richter am Landgericht und Richter am Amtsgericht

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin wird

zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 7.500,00 abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin macht als Sozialhilfeträger aus übergeleitetem Recht einen Anspruch auf Rückgewähr einer Schenkung wegen Notbedarfs gemäß § 528 BGB geltend.

Frau , geboren am , bewohnte seit 1977 ein Appartment im Wohnstift .

Im Jahre 1989 beantragte sie erstmals bei der Klägerin die Gewährung von Sozialhilfe. In dem Antrag vom 30.08.1989 gab sie als Vermögen einen Erbanspruch nach ihrem 1987 verstorbenen Sohn an, verschwieg aber, dass sie außerdem über Grundbesitz in der damaligen DDR verfügte (Bl. 56 ff.d.A.). Den Erbanspruch trat Frau an die Klägerin ab.

Die Klägerin gewährte ihr daraufhin, beginnend vom 01.09.1989 an - im Hinblick auf den Erbanspruch zunächst darlehensweise -, Sozialhilfe (K 6 und K 7, Bl. 24 f.d.A.).

Durch Schenkungsvertrag des Staatlichen Notariats Zwickau vom 07.06.1990 übertrug Frau der Beklagten eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 19.404 m² in Hartenstein zu Alleineigentum (K 1, Bl. 7 f.d.A.). Die Beklagte wurde am 05.09.1990 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen.

Die Klägerin erfuhr hiervon im Oktober 1993 und unterrichtete die Beklagte über den geltend gemachten Rückforderungsanspruch durch Schreiben vom 14.10.1993 (K 3, Bl. 10 d.A.).

Durch Bescheid vom 11.11.1993 leitete die Klägerin den Rückforderungsanspruch der Frau gemäß § 90 BSHG auf sich über (K 4, Bl. 11 d.A.). Der Bescheid ist bestandskräftig.

In dem Erbauseinandersetzungsverfahren nach dem Sohn der Frau wurden deren Erbansprüche mit Vergleich vom 28.07.1999 durch Zahlung von DM 30.000,00 abgefunden.

Die Vergleichssumme verrechnete die Klägerin auf von ihr seit 01.09.1989 gewährte Sozialleistungen.

Frau verstarb am 11.06.2000.

Die Klägerin hat behauptet, nach Verrechnung der DM 30.000,00 verblieben noch der Frau von März 1992 an gewährte Sozialleistungen in Höhe von DM 102.592,17 (Kostenaufstellung K 5, Bl. 13 ff.d.A.).

Sie hat die Ansicht vertreten, eine Verarmung der Frau sei im März 1992 eingetreten, da ab diesem Zeitpunkt die gewährten Sozialleistungen nicht mehr mit dem später aus den Erbansprüchen erlösten Geldern verrechnet werden konnten. Auf diese Fallkonstellation sei trotz Abschlusses und Vollzuges des Schenkungsvertrages über das in der ehemaligen DDR belegene Grundstück noch vor dem 03.10.1990 das BGB und insbesondere § 528 BGB anzuwenden. Da ein Teilherausgabe des Grundstückes nicht möglich sei, sei Wertersatz in Geld gemäß § 818 Abs. 2 BGB zu leisten.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie DM 102.593,17 nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatzüberleitungsgesetzes vom 09.06.1998 aus DM 100.670,36 seit dem 22.03.2000, aus DM 1.873,51 seit dem 21.06.2000 und aus DM 49,30 seit dem 07.06.2001 zu zahlen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Höhe der gewährten Sozialleistungen und deren Angemessenheit bestritten und die Ansicht vertreten, als Zeitpunkt der Verarmung sei die Antragstellung im August 1989 anzusehen. Auf den Schenkungsvertrag sei das Recht der DDR anzuwenden, das einen solchen Rückforderungsanspruch nicht gekannt habe. Die Anwendung des § 528 BGB sei daher ausgeschlossen.

Das Landgericht hat zunächst Beweis erhoben über den Verkehrswert des verschenkten Grundstückes zum Stichtag 01.03.1992 durch Gutachten der Sachverständigen , die den Verkehrswert auf DM 130.500,00 ermittelt hat. Es hat dann weiter Beweis erhoben zur Höhe der gewährten Sozailleistungen durch Vernehmung des Zeugen und die Klage schließlich aus Rechtsgründen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, § 528 BGB sei auf diesen Schenkungsvertrag nicht anwendbar. Bei dieser Vorschrift handele es sich um einen normierten Sonderfall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gemäß § 242 BGB, so dass für die Frage der Anwendbarkeit auf Altverträge Art. 232 § 1 EGBGB heranzuziehen sei. Danach sei die Anwendung des § 528 BGB zwar auch auf vor dem 03.10.1990 im Beitrittsgebiet abgeschlossene Verträge (Altverträge) möglich, bei den vor dem 03.10.1990 beidseitig erfüllten Altverträgen aber nur dann, wenn anderenfalls ein mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarendes Ergebnis nicht vermieden werden könne. Dies sei hier nicht der Fall. Der Schenkungsvertrag sei unter der Geltung des ZGB-DDR geschlossen und vollzogen worden. Das ZGB-DDR habe einen Rückforderungsanspruch des Schenkers nicht gekannt, so dass die Parteien des Schenkungsvertrages von einer endgültigen Rechtsänderung ausgehen durften und mussten.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringen ihre Klage in vollem Umfang weiter verfolgt.

Hilfsweise beruft sich die Klägerin darauf, dass der Schenkungsvertrag gemäß § 68 Abs. 1 Nr. 2 ZGB nichtig sei, da die Schenkerin hierdurch der Klägerin den Zugriff aus das Grundstück zu verwehren gesucht habe und sich die Beklagte zumindest grob fahrlässig dieser Einsicht verschlossen habe.

Die Klägerin beantragt:

1. Das am 10.08.2001 verkündete und am 15.08.2001 zugestellte Urteil des Landgerichts Zwickau, Aktenzeichen: 3 O 273/00, wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 52.454,05 nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatzüberleitungsgesetzes vom 09.06.1998 aus EUR 51.471,94 seit dem 22.03.2000, EUR 957,91 seit dem 21.06.2000 und aus EUR 25,21 seit dem 07.06.2001 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt:

Die Berufung wird zurückgewiesen und das am 10.08.2001 verkündete Urteil des Landgerichts Zwickau zum Aktenzeichen: 3 U 273/00 bestätigt.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und bestreitet, dass Frau und sie zum Zeitpunkt der Schenkung an mögliche Rückgriffsansprüche der Klägerin gedacht hätten. Zudem sei das Land damals noch praktisch wertlos gewesen und sei nur mit dem Einheitswert von 1.150,00 Mark anzusetzen gewesen.

Zur Ergänzung der Darstelllung des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien in erster und zweiter Instanz zur Akte gereichen Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen. Der Senat hat die mündliche Verhandlung am 07.02.2002 durchgeführt. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der zulässigen Berufung der Klägerin bleibt in der Sache der Erfolg versagt.

Der Klägerin steht weder ein Anspruch aufgrund einer eingetretenen Verarmung der Schenkerin zu (I.) noch ein Rückforderungsanspruch aufgrund Sittenwidrigkeit des Schenkungsvertrages (II.).

I.

Der Klägerin steht ein Zahlungsanspruch gemäß §§ 528 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 2 BGB i.V.m. § 90 BSHG aufgrund einer Verarmung der Schenkerin nicht zu, denn gemäß Art. 232 § 1 EGBGB findet § 528 BGB auf den vorliegenden Schenkungsvertrag keine Anwendung.

Auf den Schenkungsvertrag, der vor dem 03.10.1990 geschlossen und vollzogen worden ist, findet in entsprechender Anwendung des Art. 28 Abs. 1 und Abs. 2 EGBGB das Recht der DDR und damit das ZGB Anwendung. Seit dem 03.10.1990 gilt gemäß Art. 230 EGBGB das BGB auch in den neuen Bundesländern, doch bestimmt Art. 232 § 1 EGBGB, dass für ein Schuldverhältnis, welches vor dem Wirksamwerden des Beitritts entstanden ist, das bisherige Recht maßgebend bleibt. Dies ist hier das ZGB, das einen dem § 528 BGB entsprechenden Anspruch nicht kannte.

Die Anwendungsvorschrift des Art. 232 § 1 EGBGB gilt für die Rechtsfolgen von Leistungsstörungen, die Gründe für das Erlöschen des Schuldverhältnisses sowie die Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Vertragsbeendigung (vgl. BGH, Urteil vom 18.12.1997, X ZR 35/95, NJW 1998, 1701 ff.). Die Tragweite der Vorschrift beschränkt sich jedoch auf das Schuldverhältnis selbst. Für neue, von außen auf das Schuldverhältnis einwirkende, sich auch nicht aus seiner inneren Entwicklung ergebende Umstände, die nach Ablauf des 02.10.1990 auf das Schuldverhältnis einwirken, gelten statt dessen die allgemeinen Regeln des BGB (vgl. BGH, Urteil vom 18.06.1993, V ZR 47/92, BGHZ 123, 58, 63; BGH, Urteil vom 13.06.1995, IX ZR 137/94, BGHZ 130, 76, 83).

Bei der Verarmung des Schenkers handelt es sich jedoch nicht um einen von außen auf das Schuldverhältnis einwirkenden Umstand, der zu einer Anwendung der Regeln des BGB und damit auch des § 528 BGB führen würde.

Die §§ 519, 528 BGB enthalten vielmehr die Regelung eines allgemeinen Risikos, nämlich desjenigen der Verarmung einer Vertragspartei nach dem Abschluss des Vertrages für den Sonderfall des Schenkungsvertrages. In Verträgen, die auf gegenseitigen Leistungsaustausch gerichtet sind, führt die Verarmung der zahlungspflichtigen Partei nahezu unweigerlich zu Leistungsstörungen in der Vertragsabwicklung, deren Folgen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gemäß Art. 232 § 1 EGBGB nach bisherigen Recht zu beurteilen sind.

Dieses Risiko wird im Schenkungsrecht des BGB abweichend von den anderen Vertragsverhältnissen geregelt. Die Verarmung einer Vertragspartei nach Vertragsschluss berechtigt diese grundsätzlich nicht dazu, die versprochene Leistung zu verweigern oder eine bereits erbrachte Leistung zurückfordern zu können. Leistungserschwernisse auf Grund einer ungünstigen Entwicklung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse hat grundsätzlich der Schuldner zu tragen; dies folgt daraus, dass jedermann für seine finanzielle Leistungsfähigkeit einzustehen hat (vgl. BGHZ, 28, 123, 128; 63, 132, 139; 83, 293, 300).

Die §§ 519, 528 BGB sehen aus Gründen der Billigkeit im Schenkungsrecht eine Sonderregelung vor. Der Schenker kann im BGB gegenüber dem Beschenkten Leistungserschwernisse durch Verarmung geltend machen und eine bereits erfolgte Schenkung wegen einer Bedürftigkeit wieder zurückverlangen.

§ 519 BGB gibt dem vor Vollzug des Schenkungsvertrages verarmten Schenker die Möglichkeit, die Erfüllung des Schenkungsversprechens zu verweigern. § 528 BGB erweitert die Rechte des Schenkers dahin, dass im Falle der Verarmung des Schenkers innerhalb von 10 Jahren nach dem Vollzug der Schenkung das Geschenk herausverlangt werden kann. Dies ist eine Besonderheit im Vergleich zu auf Leistungsaustausch gerichteten Verträgen, weil die Verarmung einer Vertragspartei nach vollständiger Vertragsdurchführung dort nicht mehr zu Leistungsstörungen führen kann. Insoweit enthält § 528 BGB eine speziell normierte Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben, ist aber gleichwohl Teil einer gesetzlichen Risikoverteilung für den Schenkungsvertrag. Entgegen der Ansicht des Landgerichts Görlitz (vgl. LG Görlitz, Urteil vom 20.05.1998, 2 O 20/98, FamRZ 1999, 125 f.) wird mit der Verarmung des Schenkers jedoch kein vom Schenkungsvertrag verschiedenes Schuldverhältnis begründet, sondern mit der Verarmung des Schenkers verwirklicht sich ein für die Parteien des Schenkungsvertrages seit Vertragsschluss bestehendes Risiko, dessen Folgen nach dem jeweilig anwendbaren Recht zu beurteilen sind. Gewährt das anzuwendende Recht aufgrund der Verarmung des Schenkers einen Rückforderungsanspruch, so findet dieser seine Grundlage in dem ursprünglichen Schenkungsvertrag.

Insoweit hatte das ZGB die Verteilung der Risiken anders geregelt als das BGB. Die Schenkung war eine sogenannte unvollkommene Verbindlichkeit, als aus dem Versprochenen nicht auf Erfüllung geklagt werden konnte (§ 282 Abs. 3 ZGB). Die vollzogene Schenkung war aber Rechtsgrund zum Behaltendürfen und schloss eine Herausgabepflicht als unberechtigt erlangte Leistung nach § 356 Abs. 1 ZGB aus (vgl. Göhring/Porsch, Zivilrecht der DDR [1981], S. 232). Dieses Recht des Beschenkten zum Behaltendürfen des schenkweise Zugewendeten war im Interesse der Eindeutigkeit der Rechtsverhältnisse sowie des Ausschlusses der Begründung von Abhängigkeiten zwischen Schenker und Beschenktem dadurch verstärkt worden, dass nach § 282 Abs. 2 ZGB Schenkungen unter Auflagen und der Widerruf von Schenkungen ausgeschlossen wurden (vgl. dazu Komm. zum ZGB, 2. Aufl. [1985], § 282, Rn. 2). Diese Risikoverteilung nach den bei Abschluss und Vollzug der Schenkung geltenden gesetzlichen Regelungen des ZGB ist gemäß Art. 232 § 1 EGBGB auch für die Zeit nach dem 03.10.1990 bestimmend und kann nicht durch Anwendung des § 528 BGB im Nachhinein verändert werden.

Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass es sich bei § 528 BGB um eine spezielle gesetzlichen Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben handelt. Zwar stellt der Grundsatz von Treu und Glauben einen übergesetzlichen Rechtssatz dar, der allen Rechtsordnungen immanent ist und der aus diesem Grunde mit samt der aus ihm entwickelten Rechtsinstitute wie z.B. dem Wegfall der Geschäftsgrundlage, auch auf dem Recht der DDR unterfallende Rechtsgeschäfte anwendbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 14.10.1992, VIII ZR 91/91, BGHZ 120, 10, 22; BGH, Urteil vom 10.12.1993, V ZR 158/92, BGHZ 124, 321 ff.). Doch führt die Anwendbarkeit dieses übergesetzlichen Rechtssatzes nicht dazu, dass entgegen Art. 232 § 1 EGBGB auch alle die gesetzlichen Vorschriften, z.B. des BGB, auf Altverträge anzuwenden sind, die nach dem Willen des Gesetzgebers ein bestimmtes Risiko oder eine spezielle Interessenkollision unter Beachtung des Grundsatzes von Treu und Glauben regeln sollen. Ziel der Anwendung des übergesetzlichen Rechtssatzes auch auf Altverträge ist es, dem Grundsatz von Treu und Glauben widersprechende Ergebnisse zu vermeiden, nicht aber die in Spezialvorschriften des BGB vorgenommene Risikoverteilung entgegen Art. 232 § 1 EGBGB an die Stelle der im Altrecht abweichend geregelten Risikoverteilung zu setzen.

Der Klägerin steht aufgrund der Verarmung der Schenkerin daher kein Rückforderungsanspruch zu, ohne dass es auf den Zeitpuntk der Verarmung ankäme, denn nach den Vorschriften des ZGB sollte eine nachträgliche Verarmung für den Beschenkten folgenlos bleiben.

II.

Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Herausgabe des Grundstückes gemäß § 356, § 69 Abs. 1 ZGB zu. Die Schenkung war nicht unwirksam.

Gemäß § 68 Abs. 1 Nr. 2 ZGB war ein Vertrag nichtig, wenn er mit den Grundsätzen der sozialistischen Moral unvereinbar war, was gemäß § 69 ZGB zu einem Anspruch auf Herausgabe des in Erfüllung des nichtigen Vertrages Geleisteten führte.

Bei der heutigen Anwendung von § 68 Abs. 1 Nr. 2 ZGB folgt die Nichtigkeit des Vertrages nicht mehr aus der Unvereinbarkeit mit den Grundsätzen der sozialistischen Moral, sondern aus dem Verstoß gegen die guten Sitten, wie sie im Sinne einer freiheitlichen Rechts- und Wirtschaftsordnung verstanden werden, d.h. nach einer § 138 BGB entsprechenden Auslegung (vgl. BGH, Urteil vom 04.02.2000, V ZR 146/98, NJW 2000, 1487 f.).

Ob ein solcher Verstoß vorliegt, ist nach dem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter des Rechtsgeschäfts zu beurteilen. Vereinbarungen, mit denen auf Vermögenswerte verzichtet wird oder diese unentgeltlich übertragen werden, können nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein, wenn die Vertragsschließenden dadurch bewusst eine Unterstützungsbedürftigkeit einer Partei zu Lasten des Trägers der Sozialhilfe herbeiführen, und zwar auch dann, wenn sie dessen Schädigung nicht beabsichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 08.12.1982, IV b ZR 333/81, BGHZ 82, 8286 ff.; BGH, Urteil vom 09.07.1992, XII ZR 57/91, NJW 1992, 3164).

Die an diesem Maßstab zu messenden Voraussetzungen einer Nichtigkeit des Schenkungsvertrages sind auch nach einem Hinweis des Senats auf diesen rechtlichen Gesichtspunkt (Protokoll vom 07.02.2002, Bl. 221 d.A.) und einer nachgelassenen Schriftsatzfrist nicht dargelegt worden.

Hiernach lässt sich eine Sittenwidrigkeit des Schenkungsvertrages schon nach dem - nicht unter Beweis gestellten - Vortrag der Klägerin nicht feststellen. Es ist nicht vorgetragen und auch nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte im Zeitpunkt des Abschlusses des Schenkungsvertrages wusste, dass die Schenkerin bereits Sozialhilfe bezog. Auch die Klägerin selbst geht offenbar davon aus, dass der Beklagten dieser Umstand nicht bekannt war, da sie ihr vorhält, sich dieser Einsicht grob fahrlässig verschlossen zu haben. Die Klägerin hat jedoch keine Umstände vorgetragen, aus denen sich ergeben würde, dass sich dieser Umstand der Beklagten hätte aufdrängen müssen. Allein das - von der Beklagten bestrittene, aber nach den Umständen naheliegende - bewusste Handeln der Schenkerin zum Nachteil der Klägerin reicht zur Begründung der Sittenwidrigkeit des Schenkungsvertrages nicht aus.

III.

Auf Antrag der Klägerin war die Revision gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen, da die Frage der Anwendbarkeit von § 528 BGB auf DDR-Schenkungsverträge von grundsätzlicher Bedeutung - insbesondere für die Träger der Sozialhilfe - ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollsteckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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