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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Beschluss verkündet am 24.01.2001
Aktenzeichen: 22 UF 0421/00
Rechtsgebiete: ZPO, FGG, BGB, KostO


Vorschriften:

ZPO § 621e Absatz 1
ZPO § 577 Absatz 3
ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 621e Abs. 3 Satz 2
ZPO § 516 1. Halbs.
ZPO § 539
FGG § 50 b Absatz 2 Satz 2
FGG § 12
FGG § 64 Abs. 3 Satz 2
FGG § 50 b Abs.2 Satz 1 und Satz 2
FGG § 50 b Abs. 2 Satz 3
FGG § 55
FGG § 62
FGG § 59
FGG § 13a Abs. 1
BGB § 1643
BGB § 1626 Abs. 1
BGB § 1629 Abs. 1 Satz 1 1. Halbs.
BGB § 1643 Abs. 3
BGB § 1829 Abs. 1 Satz 1
KostO § 131 Abs. 1 Satz 2
Leitsätze zur Entscheidung des OLG Dresden vom 24. Januar 2001 - 22 UF 0421/00 - (053 F 0048/00 AG Leipzig)

1.

Im Verfahren, welches auf die Erteilung einer familiengerichtlichen Genehmigung gerichtet ist, bestimmt das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen, welche Art und welchen Umfang die zur Feststellung der Tatsachen erforderlichen Ermittlungen haben.

2.

Die Beschwerde des gesetzlichen Vertreters gegen die Versagung der familiengerichtlichen Genehmigung ist eine befristet Beschwerde i.S.d. § 621e Absatz 1 ZPO. Der Rechtspfleger ist gemäß §§ 621 e Absatz 3 Satz 2, 577 Absatz 3 ZPO zu einer Abänderung seiner Entscheidung nicht befugt.

3.

Im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschl. vom 18.01.2000, FGPrax 2000, 103 = NJW 2000, 1709) ist grundsätzlich auch in dem Verfahren, welches auf die Erteilung einer familiengerichtlichen Genehmigung gerichtet ist, der Erlass eines Vorbescheides erforderlich. Eine Anhörung gem. § 50 b Absatz 2 Satz 2 FGG macht diesen nur dann entbehrlich, wenn das Kind hiernach wirksam auf Rechtsmittel verzichtet.


Oberlandesgericht Dresden

Aktenzeichen: 22 UF 0421/00 053 F 0048/00 Amtsgericht Leipzig

Beschluss

des 22. Zivilsenats - Familiensenat -

vom 24. Januar 2001

In der Familiensache

wegen Familiengerichtlicher Genehmigung

hat der 22. Zivilsenat - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Dresden ohne mündliche Verhandlung durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht , Richter am Amtsgericht und Richter am Amtsgericht

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Betroffenen wird der Beschluss des Amtsgerichtes -Familiengericht - Leipzig vom 14. Juli 2000 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das Amtsgericht - Familiengericht - Leipzig zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Mit notariellem Vertrag vom 17. Dezember 1999 (Notar XXXXXX XXXXXXXXX, XXXXXX, Urkundenrolle Nr. 834/1999) kaufte die Beschwerdeführerin, gesetzlich vertreten durch ihre Mutter, Frau Rxxxxx Lxxxxx, aufgrund öffentlicher Versteigerung von der TLG Treuhand Liegenschaftsgesellschaft mbH das Grundstück XXXXX xxx xxxxxx x und xx in xxxxx xxxxxx/xx xxxxxxx bei einem Meistgebot von 15.000,00 DM. In dem notariellen Vertrag ist die Kaufsache wie folgt beschrieben:

"Mehrfamilienhaus mit Werkstatt; Baujahr ca. 1900.

Grundstücksgröße ca. 1.730 qm (bestehend aus zwei Flurstücken)

4 Wohnungen mit ca. 247 qm, davon 2 Wohnungen mit ca. 138 qm vermietet.

Jahresmiete brutto (ohne Leerstand) ca. DM 9.072,00.

In der Bruttomiete enthaltener Betriebskostenanteil ca. DM 2.292,00.

Die Nebengebäude mit einer Nutzfläche von insgesamt ca. 456 qm sind leerstehend und voller Gerümpel. Aufgrund des Alters ist mit tierischem und pflanzlichem Befall zu rechnen.

An und in dem Gebäude sind allumfassende Instandsetzungs-, Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen erforderlich, evtl. sogar Abriss. Ein Abriss bedarf der Zustimmung der Demkmalschutzbehörde. Die Abrisswürdigkeit wurde vom Auktionshaus nicht geprüft.

Das Objekt steht unter Denkmalschutz."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag vom 17. Dezember 1999 (Notar xxxxxx xxxxxxxxx, xxxxxx, Urkundenrolle Nr. 834/1999) Bezug genommen.

Am 03.01.2000 beantragte die Beschwerdeführerin, gesetzlich vertreten durch Frau Rxxxxx Lxxxxx, die Erteilung einer familiengerichtlichen Genehmigung. Das Amtsgericht - Familiengericht - Leipzig gab der Beschwerdeführerin mit Zwischenverfügung u.a. auf, ein Verkehrswertgutachten zur Gerichtsakte zu reichen und darzulegen, inwieweit die Beschwerdeführerin in der Lage sei, die umfangreichen Instandsetzungs-, Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen vornehmen zu können. Die Beschwerdeführerin lehnte die Einholung eines Sachverständigengutachtens im Hinblick auf die anfallenden Kosten ab. Im Übrigen verwies sie darauf, dass das Haus seit Jahren bewohnt und in einem vermietbaren Zustand sei. Notwendige Instandsetzungsarbeiten seien aus dem monatlichen Ertrag finanzierbar, eine umfangreiche Modernisierung sei nicht geplant. Im Weiteren trug die Beschwerdeführerin vor, die Immobilie habe auch Erinnerungswert, da es sich um ein Geschenk des Großvaters an seine Enkeltochter handele. Zum Zustand des Gebäudes führt die Beschwerdeführerin insbesondere aus, dass das Dach und die Fassade intakt, die Fenster neu und im Erdgeschoss mit Rolläden versehen seien. Schadhafte Dachziegel könnten problemlos ersetzt werden, wobei die Kosten aus den Mieteinnahmen bezahlt werden könnten. Ein neuer Anstrich des Hauses sei mit ca. 1.500,00 DM zu veranschlagen, was aus den monatlichen Mieteinnahmen finanzierbar sei. Das Treppenhaus sei in einem bewohnbaren Zustand, ein etwaiger neuer Anstrich sei mit höchstens 1.000,00 DM zu beziffern, was ebenfalls aus den Mieteinnahmen gezahlt werden könnte. Bezüglich der Werkstatt wurde vorgetragen, dass die Maschinen noch im gebrauchsfähigen Zustand seien und ein ansässiger Maschinenhandel zugesagt habe, die Maschinen abzuholen und auf Kommissionsbasis zu verkaufen. Eine Entsorgung der Maschinen sei insoweit nicht erforderlich. Soweit in der Werkstatt weitere Gegenstände lagern würden, die nicht zum Verkauf stünden, würde laut Kostenvoranschlag einer Containerfirma ein Betrag von 700,00 DM anfallen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Gerichtakten gereichten Lichtbilder Bezug genommen. Hinsichtlich des Denkmalschutzes wird auf die Mitteilung über die Eintragung in das Verzeichnis der Kulturdenkmale des Landes Sachsen-Anhalt des Landkreises Saalkreis - Der Landrat - Denkmalschutzbehörde vom 17. Januar 2000 verwiesen.

Mit Beschluss des Amtsgerichtes - Familiengericht - Leipzig vom 14. Juli 2000 wurde die Genehmigung des Rechtsgeschäftes familiengerichtlich versagt. Hiergegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit der Beschwerde, der das Amtsgericht - Familiengericht - Leipzig mit Beschluss vom 21. Juli 2000 nicht abgeholfen hat.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Das Amtsgericht - Familiengericht - Leipzig hat nach dem Sachstand zum Zeitpunkt seiner Entscheidung mit Recht die Erteilung der familiengerichtlichen Genehmigung versagt. Da die Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren erklärt hat, sie sei mit der Einholung eines Gutachtens durch das Amtsgericht nunmehr einverstanden, liegen jetzt aber die Voraussetzungen für eine Aufhebung der amtsgerichtlichen Entscheidung und eine Zurückverweisung zur erneuten Prüfung und Entscheidung vor.

1.

Gegen den Beschluss des Amtsgerichtes - Familiengericht - Leipzig vom 14. Juli 2000 ist die befristete Beschwerde gemäß § 621e Abs. 1 ZPO statthaft. Es handelt sich um eine Endentscheidung über eine Familiensache nach § 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Die Frage, ob eine familiengerichtliche Genehmigung zu erteilen ist, betrifft die elterliche Sorge, weil ein Genehmigungserfordernis nach § 1643 BGB eine gesetzliche Beschränkung der sich aus den §§ 1626 Abs. 1, 1629 Abs. 1 Satz 1 1. Halbs. BGB ergebenden Rechte darstellt. Letztendlich liegt in der Versagung der Genehmigung auch die das Verfahren abschließende Sachentscheidung.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie innerhalb der Monatsfrist der §§ 621e Abs. 3 Satz 2, 516 1. Halbs. ZPO beim Oberlandesgericht eingelegt worden. Denn der angefochtene Beschluss wurde der Beschwerdeführerin am 20. Juli 2000 zugestellt und der Eingang der Beschwerde beim Oberlandesgericht erfolgte am 27. Juli 2000 im Wege der Vorlage der Akte. Der Beschluss des Amtsgerichtes vom 21. Juli 2000, in welchem der Beschwerde nicht abgeholfen wurde, war indes nicht zulässig. Gemäß §§ 621e Abs. 3 Satz 2, 577 Abs. 3 ZPO war das Amtsgericht zur Abänderung seiner Entscheidung nicht befugt, sondern musste die Akte ohne weitere Prüfung dem Beschwerdegericht vorlegen.

2.

Eine familiengerichtliche Genehmigung kann nur erteilt werden, wenn die Vornahme des Rechtsgeschäftes den Interessen des Mündels dient. Dabei sind sowohl wirtschaftliche als auch sittliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen (vgl. Firsching/Dodegge, Familienrecht, 2. Halbband, Vormundschafts- und Betreuungsrecht, 6. Aufl. 1999, S. 85, Rdn. 272 m.w.N.). Gemäß § 12 FGG hat das Gericht von Amts wegen die zur Feststellung der Tatsachen erforderlichen Ermittlungen zu veranlassen und die geeignet erscheinenden Beweise aufzunehmen. Art und Umfang der erforderlichen Ermittlungen bestimmt das Gericht nach der Lage des Einzelfalls nach pflichtgemäßem Ermessen (BayObLG, NJW-RR 1997, 1163, 1164). Auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse entscheidet das Amtsgericht schließlich nach pflichtgemäßem Ermessen, ob die familiengerichtliche Genehmigung zu erteilen ist (BayObLG, NJW-RR 1997, 1163, 1164 m.w.N.).

Die Anwendung dieser Grundsätze führt dazu, dass eine Versagung der familiengerichtlichen Genehmigung unumgänglich war. Zu Recht hat das Amtsgericht in den Gründen des Beschlusses ausgeführt, dass der Kaufvertrag wirtschaftlich und rechtlich nachteilig und die noch anfallenden Kosten nicht überschaubar seien. Aus der Objektbeschreibung im Kaufvertrag vom 17. Dezember 1999 geht hervor, dass allumfassende Instandsetzungs-, Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen erforderlich seien, eventuell sogar ein Abriss. Zudem geht aus der Mitteilung des Landkreises Saalkreis - Der Landrat - Denkmalschutzbehörde vom 17. Januar 2000 hervor, dass Belange des Denkmalschutzes zu berücksichtigen sind. Dies konnte und durfte das Amtsgericht nicht außer Acht lassen, da die von der Beschwerdeführerin vorgetragenen ideellen Interessen im Hinblick auf den Erinnerungswert des Grundstückes nicht ausreichen, die Genehmigungsfähigkeit des Kaufvertrages zu bejahen. Die Ermittlungen müssen sich auch auf die wirtschaftlichen Folgen des Rechtsgeschäftes und auf etwaige drohende finanzielle Nachteile und Risiken erstrecken (vgl. BGH, NJW 1986, 2829, 2830). Die von der Beschwerdeführerin zur Gerichtsakte gereichten Lichtbilder genügen nicht, für das Gericht eine tragfähige Entscheidungsgrundlage zu schaffen. An die Amtsermittlungspflicht sind im Interesse der Kinder strenge Anforderungen zu stellen, so dass unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Entscheidung ohne ein Wertgutachten der Grundstücke und ohne die sachverständige Einschätzung des erforderlichen Instandhaltungsaufwandes, der auf die Beschwerdeführerin zukommen könnte, nicht ergehen konnte.

3.

Die amtsgerichtliche Entscheidung war aufzuheben und die Sache zur erneuten Prüfung und Entscheidung zurückzuverweisen, da die Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren zu erkennen gegeben hatte, sie werde nunmehr den Kostenvorschuss für die Einholung eines Sachverständigengutachtens zahlen. Eine Einholung des Sachverständigengutachtens durch den Senat erscheint nicht sachdienlich, da auf der Grundlage dieses Gutachtens eine nahezu vollständig neue und umfassende Neubewertung zu erfolgen hat, gegebenenfalls auch weitere Sachaufklärung geboten ist. Zwar muss das Oberlandesgericht als Tatsacheninstanz grundsätzlich selbst aufklären (vgl. BayObLG, FamRZ 1996, 1022, 1023), jedoch ist eine Zurückverweisung angezeigt, wenn - wie hier - der Sachverhalt noch umfassend aufzuklären ist (vgl. BGH, FamRZ 1982, 152 f.).

4.

Unabhängig davon war eine Aufhebung und Zurückverweisung auch gem. § 539 ZPO analog erforderlich, weil das Amtsgericht der sich aus §§ 64 Abs. 3 Satz 2 FGG, 621a Abs. 1 Satz 1, 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 50 b Abs.2 Satz 1 und Satz 2 FGG ergebenden Pflicht zur persönlichen Anhörung der Betroffenen nicht entsprochen hat.

4.1.

Hiernach soll das am Verfahren beteiligte Kind in vermögensrechtlichen Angelegenheiten dann persönlich angehört werden, wenn das Kind 14 Jahre alt, nicht geschäftsunfähig und die Anhörung nach der Art der Angelegenheit angezeigt ist. Diese Voraussetzungen liegen vor, insbesondere erforderte die Art der Angelegenheit eine solche Anhörung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Betroffene einen Vermögensgegenstand erwirbt, der für sie möglicherweise weitreichende finanzielle Verpflichtungen nach sich zieht. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ist nach dem derzeitigen Sachstand davon auszugehen, dass die am 28. Mai 1984 geborene, mithin 16-jährige, Beschwerdeführerin auch verständig genug ist, die Tragweite einer solchen Entscheidung zu erfassen und ihren eigenen Standpunkt zu dem zu tätigenden Geschäft sowohl zu bilden als auch darzulegen.

4.2.

Die Anhörung kann nicht mit dem Hinweis für entbehrlich erachtet werden, bei § 50 b Abs. 2 Satz 2 FGG handele es sich um eine Soll-Bestimmung. Die Vorschrift dient der Gewährung rechtlichen Gehörs und bringt zum Ausdruck, dass die Betroffene in geeigneter Form am Verfahren zu beteiligen ist. Das Kind ist persönlich anzuhören, wenn dies aufgrund der Sachlage angezeigt ist, anderenfalls ist zumindest eine schriftliche Anhörung geboten (vgl. Keidel/Engelhardt, § 50 b Rz.21; Klüsener, Das neue Kindschaftsrecht, 2. Auflage 1998, S. 211). Sodann ist gemäß § 50 b Abs. 2 Satz 3 FGG zu beachten, dass die Betroffene einerseits grundsätzlich über den Gegenstand und den möglichen Ausgang des Verfahrens unterrichtet werden soll und ihr Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden muss.

4.3.

Im Weiteren ist zu prüfen, ob dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs durch die persönliche Anhörung hinreichend Rechnung getragen werden kann. Sollte das Amtsgericht zu dem Ergebnis gelangen, das Rechtsgeschäft sei familiengerichtlich zu genehmigen, wird zu erwägen sein, ob die Genehmigung vor deren Erteilung durch einen beschwerdefähigen Vorbescheid anzukündigen ist. Maßgeblich hierfür ist, ob die Verfügung des Rechtspflegers in den Anwendungsbereich der §§ 55, 62 FGG fällt und erkennbar ist, dass die beabsichtigte Entscheidung Rechte Dritter berührt, denen sonst der Rechtsweg gegen die Entscheidung selbst - jedenfalls faktisch - versperrt wäre (BVerfG, Beschluss vom 18.01.2000, FGPrax 2000, 103, 106 = NJW 2000 1709, 1711). Diese Voraussetzungen liegen vor, sobald die familiengerichtliche Genehmigung gemäß §§ 55, 62 FGG, hier i.V.m. §§ 64 Abs. 3 Satz 2 FGG, 621a Abs. 1 Satz 1, 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, nicht mehr abänderbar ist, denn in diesem Fall kann die Betroffene als "Dritte" im vorgenannten Sinne grundsätzlich keine gerichtliche Korrektur der Genehmigung mehr erreichen.

4.3.1.

Gemäß § 55 FGG ist eine familiengerichtliche Genehmigung dann nicht mehr abänderbar, wenn sie einem Dritten mitgeteilt worden ist. Das trifft zu, wenn die gesetzliche Vertreterin der Betroffenen dem Verkäufer die gerichtliche Entscheidung zukommen lässt in der Absicht, den infolge der bislang fehlenden Genehmigung gem. §§ 1643 Abs.3, 1829 Abs.1 Satz 1 BGB schwebend unwirksamen Kaufvertrag nunmehr wirksam werden zu lassen. Denn "Dritter" im Sinne dieser Vorschrift ist der Vertragspartner, wie sich aus den §§ 1643 Abs.3, 1829 Abs.1 Satz 2 BGB ("dem anderen Teil") ergibt. Schließlich ist die Mitteilung i.S.d. des § 55 FGG eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung, die in der Absicht abgegeben wird, den Schwebezustand zu beseitigen (Keidel/Engelhardt, § 55 Rz. 21). Diese liegt dann vor, wenn die gesetzliche Vertreterin der Betroffenen den Geschäftspartner nicht nur über die gerichtliche Entscheidung informiert, sondern zu erkennen gibt, dass der Kaufvertrag nunmehr endgültig gelten soll. Eine Abänderung der familiengerichtlichen Genehmigung ist danach für das Amtsgericht gem. § 55 FGG grundsätzlich ausgeschlossen, ebenso gem. § 62 FGG für das Beschwerdegericht. Die Vorschriften der §§ 55, 62 FGG bleiben lediglich in wenigen Ausnahmefällen außer Betracht, nämlich dann, wenn das auf die Erteilung einer Genehmigung gerichtete Verfahren nicht den Mindestanforderungen genügt, welche an ein rechtsstaatliches Verfahren zu stellen sind oder der Vertreter von der Genehmigung durch Mitteilung an den Geschäftsgegner in arglistiger Weise Gebrauch macht, um dem Betroffenen die Möglichkeit der Beschwerde zu nehmen (OLG Hamm, FGPrax 2000, 230, 231 m.w.N.).

4.3.2.

Die Betroffene ist auch "Dritte" i.S.d. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Maßgeblich hierfür ist im Rahmen des auf die Erteilung einer familiengerichtlichen Genehmigung gerichteten Verfahrens, ob das von den Eltern oder einem Ergänzungspfleger gesetzlich vertretene Kind zur Wahrnehmung seiner Rechte in der Lage ist (Handbuch Fachanwalt für Familienrecht/Rausch, 3. Auflage 2001, Kap. 5 Rn. 11). Da die Beschwerdeführerin am 28. Mai 1984 geboren wurde, ist sie verfahrensfähig und als "Dritte" zu berücksichtigen. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass die Betroffene durch ihre Mutter gesetzlich vertreten wird und aus diesem Grund ihre Rechte hinreichend berücksichtigt werden. Die Erteilung eines Vorbescheides ist deswegen als verfassungsrechtlich geboten angesehen worden, weil der Grundsatz des fairen Verfahrens die Anhörung des "Dritten" vor Erlass einer - im Hinblick auf die §§ 55, 62 FGG grundsätzlich nicht abänderbaren Entscheidung - gebietet. Die sich aus diesem Grundsatz ergebende Pflicht zur Gewährung des rechtlichen Gehörs kann nicht durch denjenigen vermittelt werden, dessen Handeln im Genehmigungsverfahren überprüft werden soll (BVerfG, NJW 2000, 1709, 1710). Das ist hier gegeben, weil die Mutter als gesetzliche Vertreterin der Betroffenen handelt und das von ihr angestrebte Rechtsgeschäft auf seine Genehmigungsfähigkeit zu untersuchen ist.

4.3.3.

Eine Anhörung nach § 50b Abs. 2 Satz 2 FGG macht den Erlass eines Vorbescheides nur dann entbehrlich, wenn diese den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt, welche der Grundsatz des fairen Verfahrens aufstellt. Da ein Vorbescheid eine Möglichkeit zur umfassenden Überprüfung durch das Gericht eröffnet, bietet dieser - im Gegensatz zur "bloßen" Anhörung - weitreichenden Rechtsschutz. Vor diesem Hintergrund besteht keine Entscheidungsfreiheit des Gerichtes zwischen der Anhörung und dem Erlass eines Vorbescheides. Letzterer kann indes nach erfolgter Anhörung gemäß § 50b Abs. 2 Satz 2 FGG entbehrlich werden. Das ist der Fall, wenn die Betroffene - nach umfassender Anhörung - wirksam auf Rechtsmittel verzichtet. Dies kann zwar nicht durch die gesetzliche Vertreterin der Betroffenen geschehen, wohl aber durch die Betroffene selbst, sofern sie die in ihrer Person begründeten Voraussetzungen erfüllt. Maßgeblich hierfür ist, ob die Betroffene in der Lage ist, die Bedeutung ihrer Prozesserklärung zu erkennen (Keidel/Engelhardt, § 59 Rn. 20). Denn wie sich aus § 59 FGG ergibt, ist es dem verfahrensfähigen Kind möglich, alle Prozesshandlungen vorzunehmen, welche das Beschwerdeverfahren mit sich bringt, insbesondere kann es auf das Beschwerderecht selbständig verzichten und eine Beschwerde zurücknehmen (vgl. Keidel/Engelhardt, § 59 Rz. 20 m.w.N.).

5.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Denn eine etwaige Kostenerstattung kann nach § 13a Abs. 1 FGG nur angeordnet werden, wenn an einer Angelegenheit mehrere Personen beteiligt sind. Außerdem fallen gerichtliche Gebühren gemäß § 131 Abs. 1 Satz 2 KostO nicht an.



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