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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Beschluss verkündet am 08.10.2009
Aktenzeichen: 3 W 1016/09
Rechtsgebiete: JVEG, GKG


Vorschriften:

JVEG § 4 Abs. 7 Satz 1
JVEG § 8 Abs. 2 Satz 1
GKG § 66 Abs. 6 Satz 1
1. Zur beschwerderechtlichen Behandlung einer Ausgangsentscheidung, die die Selbständigkeit der Verfahren gemäß § 4 Abs. 1 JVEG und § 66 Abs. 1 GKG verkennt.

2. Über die Beschwerde des Sachverständigen gegen die Vergütungsfestsetzungsentscheidung des Vorsitzenden einer Kammer für Handelssachen entscheidet nach § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG der Einzelrichter (entgegen OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.01.2007 - 3 Ws 57/06, juris für Festsetzung durch Vorsitzenden der kleinen Strafkammer).

3. Übersteigt die zu Beginn abgegebene eigene Schätzung der Begutachtungskosten den vom Gericht veranschlagten und vorschussweise eingeholten Betrag um ein Vielfaches, darf der Sachverständige nicht ohne weiteres von einer Auftragsdurchführung ausgehen. Vielmehr muss er mit einer vorzeitigen Beendigung rechnen, sei es wegen einer unter dem Eindruck der außergewöhnlich hohen Gutachterkosten zustande kommenden gütlichen Einigung der Parteien, sei es, weil die beweisbelastete Partei den im Raum stehenden Betrag nicht vorschussweise zahlen kann oder will. Da der Sachverständige nach § 8 Abs. 2 Satz 1 JVEG nur die "erforderliche Zeit" vergütet erhält, kann er im Einzelfall gehalten sein, die weitere Entscheidung des Gerichtes abzuwarten und sich (weiterer) kostenauslösender Begutachtungstätigkeiten zunächst ganz zu enthalten oder doch auf ein Minimum zu beschränken.


Oberlandesgericht Dresden 3. Zivilsenat

Aktenzeichen: 3 W 1016/09

Beschluss vom 08.10.2009

In dem Rechtsstreit

wegen Beschwerde gemäß § 4 Abs. 3 JVEG

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden ohne mündliche Verhandlung durch Richter am Oberlandesgericht B als Einzelrichter

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Zwickau vom 14.07.2009 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Mit der im Tenor bezeichneten Entscheidung, auf die Bezug genommen wird, hat das Landgericht unter Ziffer I beschlossen:

"Auf die Erinnerung der Klägerin vom 09.10.2008 wird der Kostenansatz des Landgerichts vom 12.08.2008, basierend auf der Rechnung des Sachverständigen vom 31.07.2008, dahingehend abgeändert, dass die Kosten des Sachverständigen ... auf 1.698,73 EUR statt 4.025,18 EUR festgesetzt werden."

Dagegen richtet sich die vom Beteiligten zu 1, dem Sachverständigen, am 29.07.2009 eingelegte und mit Schreiben vom 28.09.2009 begründete Beschwerde. Das Landgericht hat dem Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht abgeholfen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Bei dem Rechtsmittel handelt es sich um eine gemäß § 4 Abs. 3 JVEG zulässige Beschwerde, über die der Einzelrichter zu befinden hat.

a) Rechtsbehelfs- und Rechtsmittelverfahren gegen Gerichtskostenansätze (§ 66 GKG) einerseits und Festsetzungsverfahren samt Rechtsmitteln gemäß § 4 JVEG andererseits stehen selbständig nebeneinander und sind im Grundsatz getrennt zu führen.

Das hat in der Praxis vielfältige missliche Konsequenzen, denen freilich nur der Gesetzgeber ein Ende bereiten könnte. So sind die Parteien eines Zivilprozesses nicht Beteiligte des Festsetzungsverfahrens gemäß § 4 JVEG, müssen dementsprechend nicht angehört werden und können nicht in zulässiger Weise Rechtsmittel einlegen. Ihr fehlendes Beteiligungsrecht wird dadurch kompensiert, dass in diesem Verfahren getroffene Entscheidungen nicht zu Lasten des Kostenschuldners wirken, § 4 Abs. 9 JVEG. Umgekehrt ist der vom Gericht hinzugezogene Zeuge oder Sachverständige im Verfahren nach § 66 GKG kein Beteiligter und auch nicht beschwerdeberechtigt. Ihn hat entschädigungs- bzw. vergütungsrechtlich allein sein eigenes, durch das JVEG abschließend geregelte Verhältnis zur Staatskasse zu interessieren. Durch dieses Nebeneinander der beiden Verfahren kann es dazu kommen, dass eine mit überhöhten Sachverständigenkosten begründete Kostenansatzerinnerung oder -beschwerde einer Partei in deren Verhältnis zur Staatskasse Erfolg hat, während der Sachverständige in einem parallel geführten Verfahren gemäß § 4 JVEG die Vergütung zum Nachteil der Staatskasse in vollem Umfang er- oder behält. Die damit verbundenen Gefahren für den Fiskus vermag das in beiden Verfahren der Staatskasse eröffnete Beschwerderecht zwar meist, aber wohl nicht ausnahmslos zu verhindern. Der umgekehrte Fall, dass die Staatskasse grundlos und dauerhaft "Mehreinnahmen" behält, ist hingegen nur theoretisch denkbar und wird in der Praxis nicht vorkommen.

b) Dieses Trennungsprinzip hat das Landgericht nicht berücksichtigt und ist scheinbar zu einer Erinnerungsentscheidung oder zu einer Art "Mischentscheidung" gelangt. Einerseits hat es "auf die Erinnerung der Klägerin" einen "Kostenansatz des Landgerichts ... abgeändert" und in den Gründen von einer gemäß § 66 GKG statthaften Erinnerung gesprochen. Andererseits hat es im weiteren Teil seines Entscheidungsausspruchs "die Kosten des Sachverständigen ... auf 1.698,73 EUR ... festgesetzt".

c) Trotz der fehlerhaften Einordnung ist der angegriffene Beschluss letztlich nicht (auch) als Erinnerungsentscheidung gemäß § 66 Abs. 1 S. 1 GKG, sondern ausschließlich als Festsetzung i.S.v. § 4 Abs. 1 S. 1 JVEG anzusehen.

Dafür spricht der offensichtliche, im letzten Teil von Ziffer I des Tenors sowie in der Veranlassung förmlicher Zustellung an den Sachverständigen und in der gesamten Entscheidungsvorbereitung eindeutig zum Ausdruck gekommene Wille des Landgerichts, die Vergütung gerade mit Wirkung gegenüber dem Sachverständigen bindend festzusetzen. Solches lässt sich im Rahmen einer Entscheidung (allein) nach § 66 GKG nicht erreichen, sondern nur im Verfahren gemäß § 4 JVEG. Eine dort in Absatz 1 Satz 1 vorgesehene Festsetzung durch gerichtlichen Beschluss gab es bis zum Erlass der angefochtenen Entscheidung noch nicht. Zwar hatten weder der Sachverständige als Berechtigter noch die Bezirksrevisorin als Vertreterin der Staatskasse die gerichtliche Festsetzung beantragt. Erkennbar hielt das Landgericht die Festsetzung jedoch, wenn auch angestoßen durch eine "Erinnerung" der Klägerin, für angemessen. In einem solchen Falle ist ein Antrag entbehrlich und darf das Gericht gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 JVEG von sich aus zur förmlichen Festsetzung schreiten. Die gebotene vorherige Anhörung des Berechtigten und der Staatskasse ist hier erfolgt.

Gegen die Annahme, es handle sich zugleich um eine Erinnerungsentscheidung gemäß § 66 Abs. 1 S. 1 GKG, spricht entscheidend, dass der im Tenor genannte Kostenansatz des Landgerichts vom 12.08.2008 in Wahrheit gar kein die Parteien beschwerender Gerichtskostenansatz war. Unter diesem Datum fertigte die zuständige Beamtin der Anweisungsstelle beim Amtsgericht Zwickau vielmehr das Schreiben an den Sachverständigen, mit dem sie die beanspruchte Vergütung von 4.038,27 EUR geringfügig auf 4.025,18 EUR kürzte; am selben Tag unterzeichnete sie zudem die auf diesen Betrag lautende Auszahlungsanordnung. Durch entsprechenden Kostenansatz beschwert waren die Parteien des Rechtsstreits lediglich durch die ihnen gestellten Schlusskostenrechnungen des Landgerichts vom 26.08.2008, die neben den Gerichtsgebühren als Auslagen nach Ziffer 9005 KV-GKG unter anderem auch den von der Staatskasse an den Sachverständigen gezahlten Betrag berücksichtigten. Die Beschwer ist in Bezug auf die Sachverständigenkosten nicht mehr im selben Umfang gegeben, weil die ursprünglichen Kostenansätze zwischenzeitlich abgeändert, neue Schlusskostenrechnungen gelegt und den Parteien mit Einverständnis der Bezirksrevisorin die auf dieser Grundlage überzahlten Beträge erstattet worden sind.

d) Stellt die angefochtene Entscheidung eine erstmalige Festsetzung i.S.v. § 4 Abs. 1 JVEG dar, kann der Sachverständige sie gemäß § 4 Abs. 3 JVEG mittels Beschwerde angreifen, zumal sie ihn - wie erforderlich - mit mehr als 200,00 EUR beschwert.

e) Über die danach zulässige Beschwerde hat der Senat gemäß § 4 Abs. 7 S. 1 Halbs. 2 JVEG durch den Einzelrichter zu entscheiden.

Die Zuständigkeit des voll besetzten Senates ist nicht deshalb gegeben, weil als Vorinstanz eine Kammer für Handelssachen durch ihren Vorsitzenden entschieden hat. Während die originäre Einzelrichterzuständigkeit des § 568 Abs. 1 S. 1 ZPO für Beschwerden gemäß §§ 567 ff. ZPO gegen Entscheidungen des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen nicht eingreift, weil dieser nicht als "Einzelrichter" im Sinne dieser Vorschrift anzusehen ist (BGHZ 156, 320), gilt für Beschwerden nach § 4 Abs. 3 JVEG ebenso wie für solche gemäß § 66 Abs. 3 S. 1 GKG etwas anderes. Denn § 4 Abs. 7 S. 1 Halbs. 1 JVEG, § 66 Abs. 6 S. 1 Halbs. 1 GKG weisen als spezielle Zuständigkeitsbestimmungen, insoweit abweichend von § 568 Abs. 1 S. 1 ZPO, bereits die vorinstanzlich zu treffende (Ausgangs-)Entscheidung ausdrücklich dem Einzelrichter zu. Das macht den Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen, der durch allein gefassten Beschluss eine Vergütung oder Entschädigung festsetzt (§ 4 Abs. 1 S.1 JVEG) oder über eine Kostenansatzerinnerung entscheidet (§ 66 Abs. 1 S. 1 GKG), hinsichtlich dieser Entscheidungen eo ipso zum Einzelrichter, selbst wenn er sich in der Entscheidung nicht ausdrücklich als Einzelrichter bezeichnet. Zugleich wird dadurch nach dem jeweiligen Halbsatz 2 von § 4 Abs. 7 S. 1 JVEG, § 66 Abs. 6 S. 1 GKG auch beim Beschwerdegericht die Zuständigkeit des Einzelrichters begründet. Diese gesetzliche Sonderzuweisung der Zuständigkeit für die Ausgangsentscheidung an ein Mitglied des Gerichts als Einzelrichter hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 05.01.2007 - 3 Ws 57/06 (juris) verkannt und sich deshalb zu Unrecht in voller Besetzung für zuständig gehalten, über die Beschwerde eines Dolmetschers gemäß § 4 Abs. 3 JVEG gegen einen Vergütungsablehnungsbeschluss des Vorsitzenden einer - (vom hier nicht interessierenden Sonderfall des § 29 Abs. 2 S. 1 GVG abgesehen) wie bei der Kammer für Handelssachen nur mit einem hauptamtlichen Richter besetzten - kleinen Strafkammer zu entscheiden.

Die vorstehende Sichtweise wird durch weitere Überlegungen gestützt. Zweck der Regelungen in § 4 Abs. 7 S. 1 JVEG, § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG ist es, den personellen richterlichen Aufwand für die im Allgemeinen weniger bedeutsamen Nebenverfahren gering zu halten, und zwar sowohl beim Ausgangs- als auch beim Beschwerdegericht. Ist die Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 JVEG oder die Erinnerungsentscheidung gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG von einer Zivil- oder (großen) Strafkammer des Landgerichts oder auch einem Zivil-, Familien- oder Strafsenat des Oberlandesgerichts zu treffen, hat nach dem klaren Gesetzeswortlaut und -zweck ein einzelnes Mitglied des entsprechenden Spruchkörpers als Einzelrichter zu entscheiden. Selbst das Bundesverwaltungsgericht entscheidet deshalb über Erinnerungen gegen Kostenrechnungen des eigenen Gerichts in ständiger Praxis durch den Einzelrichter (BVerwG, Beschlüsse vom 25.01.2006 - 10 KSt 5/05 und 10 KSt 6/05, juris). Beim Bundesgerichtshof (Beschluss vom 23.05.2007, 1 StR 555/06, juris) und beim Bundesfinanzhof (zuletzt Beschluss vom 12.12.2008 - IV E 1/08, juris) wird nur deshalb anders verfahren, weil diese Gerichte die Einzelrichterzuweisung in § 66 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 GKG im Wege einschränkender Auslegung für unanwendbar halten, wenn es um Kostenansätze des eigenen Bundesgerichtes geht; den gerichtsverfassungs- und prozessrechtlichen Bestimmungen für diese Gerichte sei nämlich eine Einzelrichtertätigkeit durchweg fremd. Ob dies überzeugt, mag dahinstehen. Jedenfalls lassen sich die Erwägungen von Bundesgerichtshof und Bundesfinanzhof nicht auf die Ausgangszuständigkeit in unteren Instanzen für Entscheidungen gemäß §§ 4 Abs. 1 JVEG, 66 Abs. 1 GKG übertragen. Denn bei den untergeordneten Gerichten sind auch ansonsten Entscheidungszuständigkeiten des einzelnen Richters entweder selbstverständlich (Amtsgerichte) oder weitestgehend etabliert, und zwar auch bei den Oberlandesgerichten (vgl. § 122 Abs. 1 GVG, §§ 526, 568 ZPO, § 80a OWiG) und den Finanzgerichten (§ 6 FGO). Bei all diesen Gerichten kann es nach dem eindeutigen Wortlaut und Zweck der §§ 4 Abs. 7 S. 1 JVEG, 66 Abs. 6 S. 1 GKG auch nicht darauf ankommen, ob der einzelne Richter eines größer besetzten Spruchkörpers bei seiner sonstigen Tätigkeit als gesetzlicher "Einzelrichter" oder als Vorsitzender - sei es eines mit mehreren hauptamtlichen, sei es eines im Übrigen nur mit ehrenamtlichen Richtern besetzten Spruchkörpers - agiert. Für Festsetzungen nach § 4 Abs. 1 JVEG und die Bescheidung von Gerichtskostenansatzerinnerungen greift ausnahmslos die Sonderzuweisung an den Einzelrichter ein. Das hat zugleich die originäre Zuständigkeit des Einzelrichters des Beschwerdegerichts zur Folge. Anders liegt es nur dann, wenn als Ausgangsgericht die Kammer des Landgerichts entweder in Verkennung der gesetzlichen Einzelrichterzuweisung oder aber deshalb mit mehreren Richtern entschieden hat, weil ihr der Einzelrichter die Sache übertragen hatte (§§ 4 Abs. 7 S. 2 JVEG, 66 Abs. 6 S. 2 GKG).

2. Das Rechtsmittel ist unbegründet. Die Festsetzung des Landgerichts lässt auch unter voller Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens keinen Fehler zum Nachteil des Sachverständigen erkennen. Die Kürzung der Rechnung vom 31.07.2008 (ausschließlich) in Pos. A von insgesamt 36,75 Stunden auf 14 Stunden ist nicht zu beanstanden.

a) Soweit es um das zeitabhängige Honorar für eigene Leistungen geht (§§ 8 Abs. 1 Nr. 1, 9 Abs. 1 JVEG), erhält ein Sachverständiger nur den tatsächlich erbrachten und auch diesen Aufwand lediglich in dem Umfang vergütet, der zur ordnungsgemäßen Erfüllung des Gutachtenauftrages notwendig war. Ersteres versteht sich von selbst; letzteres folgt aus § 8 Abs. 2 S. 1 JVEG ("erforderliche Zeit").

b) Akzeptiert man die in der Rechnung für das Aktenstudium (1 Band Gerichtsakten, 2 Bände Anlagen) angesetzten 4,25 Stunden, hat das Landgericht dem Sachverständigen für den weiteren Eigenaufwand statt abgerechneter 32,5 Stunden knapp 10 Stunden zugebilligt. Das ist nicht zu wenig.

aa) Es ist schon zweifelhaft, ob hinsichtlich des pauschalen, inhaltlich wie zeitlich nicht näher aufgegliederten Ansatzes von 32,5 Stunden für Ausarbeitung und Diktat der beiden ersten so bezeichneten "Vorläufigen Gutachten" sowie für den Entwurf des endgültigen Gutachtens "mit kompletter Lösung des theoretischen Gutachtenteils" von einem erbrachten Stundenaufwand in dieser Höhe ausgegangen werden kann.

Zwar ist übertriebene Skepsis gegenüber Angaben eines Gerichtssachverständigen nicht angebracht. Ebensowenig kann von ihm erwartet werden, zu Abrechnungszwecken minutiös Buch zu führen über sämtliche Inhalte, Daten und Uhrzeiten seiner Leistungen. Hier bestehen indes in mancherlei Hinsicht Ungereimtheiten, Widersprüche und Zweifel, ob der im Mai 2008 beauftragte Sachverständige, bevor er am 21.07.2008 von der gütlichen Einigung der Parteien erfuhr und damit wusste, dass sein Auftrag hinfällig geworden war, wirklich insgesamt volle vier Arbeitstage auf die beschriebenen Leistungen verwandt hatte. Diese -teilweise vom Landgericht ausgesprochenen - Zweifel sollen hier nicht im Einzelnen ausgeführt werden, weil es auf den tatsächlich betriebenen Zeitaufwand letztlich nicht ankommt.

bb) Für das gewissenhafte Bearbeiten des Gutachtenauftrages waren nämlich über das Aktenstudium hinaus unter den gegebenen Umständen nicht mehr als die knapp 10 Stunden "erforderlich", die das Landgericht dem Sachverständigen für erbrachte Eigenleistungen zugebilligt hat.

(1) Folgendes Rahmengeschehen ist bedeutsam:

Nach gerichtlicher Aktenversendung vom 30.04.2009 übersandte der Sachverständige - gleichzeitig mit Auftrags- und Akteneingangsbestätigungen sowie einem Antrag auf besondere Entschädigung (§ 13 JVEG) - prompt ein aus welchen Gründen auch immer so überschriebenes "Vorläufiges Gutachten Nr. 2115/08-G" vom 08.05.2008. Dieses enthielt den Hinweis, dass zunächst noch etliche im Einzelnen aufgeführte Planunterlagen vorgelegt werden müssten, "weil die in den Anlagenbänden enthaltenen Unterlagen/Fragmente für eine Gutachtenerstattung bei weitem nicht ausreichen"; ferner die Ankündigung eines baldigen Augenscheinstermins nach Vorliegen dieser Planunterlagen, bei dem er die nähere Vorgehensweise nach visueller Besichtigung der Brückenbauwerke von unten (ohne Bauteilöffnung) vortragen wolle; schließlich und vor allem eine umfangreiche Kostenschätzung für die Begutachtung mit vorgesehenen vier Ortsterminen und beträchtlichen Fremdleistungen, die bei insgesamt knapp 27.000 EUR endete. Abschließend empfahl er deshalb, bei den Parteien über die vorschussweise geleisteten 4.000 EUR hinaus weitere 23.000 EUR anzufordern. Zugunsten des Sachverständigen kann angenommen werden, dass der bereits mit diesem ersten Schreiben vom 08.05.2009 verbunden gewesene notwendige Ein- und Bearbeitungsaufwand (zusätzlich zum Aktenstudium) mehrere, höchstens allerdings fünf bis sechs Stunden betrug.

Da der Sachverständige die erbetenen Unterlagen in der Folgezeit nicht erhielt, sondern die Parteien - wie er allerdings nicht wusste - offenbar unter dem Eindruck der Kostenschätzung verstärkt Vergleichsbemühungen entfalteten, bat er das Gericht zwei Monate später mit kurzem Schreiben vom 18.07.2008, diesmal bezeichnet als "Vorläufiges Gutachten Nr. 2115A/08-G", um Mitteilung über die weitere Verfahrensweise. Drei Tage später, am 21.07.2008, erhielt er vom Gericht den telefonischen Hinweis, dass sich die Parteien verglichen hätten. Auf die schriftliche Bitte der Kammervorsitzenden um Abrechnung vom 28.07.2008 ging dann am 01.08.2008 seine Kostenrechnung samt dem Entwurf vom 31.07.2008 für ein "Endgültiges Gutachten Nr. 2115B/08-G" ein.

(2) Bei dieser Sachlage sind in rechtlicher Hinsicht für sämtliche nach gründlichem Aktenstudium entfalteten Gutachtertätigkeiten nicht mehr als 9,75 Stunden als "erforderlich" anzuerkennen.

Übersteigt die dem Gericht und von diesem den Parteien gleich zu Beginn mitgeteilte eigene Gutachterkostenschätzung eines Sachverständigen, der - wie hier - regelmäßig im Gerichtsauftrag tätig wird, den vom Gericht ursprünglich für realistisch gehaltenen und deshalb vorschussweise bei den Parteien eingeholten Betrag um ein Vielfaches, kann der Sachverständige im Einzelfall gehalten sein, sich zunächst weiterer kostenauslösender Begutachtungstätigkeiten ganz zu enthalten oder doch auf ein Minimum zu beschränken. So verhält es sich hier. Die Kostenschätzung des Sachverständigen belief sich mit knapp 27.000,00 EUR auf das annähernd Siebenfache des vom Landgericht angeforderten und eingezahlten Vorschusses. Sowohl als absoluter Zahlbetrag als auch in Relation zu der in der Hauptsache eingeklagten Werklohnforderung (rund 115.000,00 EUR) musste die Kostenschätzung das Gericht und vor allem die Parteien außerordentlich beeindrucken. Es war daher alles andere als gewiss, ob es unter diesen Vorzeichen zu einer Auftragsdurchführung kommen würde. Deshalb hätte sich ein durchschnittlicher gewissenhafter Gerichtssachverständiger in der Lage des Beschwerdeführers, bevor er weiteren beträchtlichen Aufwand in die Begutachtung investierte, zunächst Aufschluss darüber verschafft und auch verschaffen müssen, ob der Auftrag trotz der kostenmäßig vollständig veränderten Vorzeichen durchzuführen ist. Vor einer solchen Vergewisserung war es nicht angezeigt, bereits eine "komplette Lösung des theoretischen Gutachtenteils" zu erarbeiten. Dabei kann dahinstehen, ob eine solche Lösung ohne die vom Sachverständigen ursprünglich als unverzichtbar angeforderten umfangreichen zusätzlichen Planunterlagen und außerdem sogar ohne eine aus unmittelbar eigener Anschauung im Rahmen eines Vor-Ort-Termins gewonnene verlässliche Tatsachengrundlage überhaupt sinnvoll möglich war. Ebenso kommt es nicht darauf an, ob praktisch der gesamte insoweit betriebene Aufwand tatsächlich schon vor dem 21.07.2008 (so die Darstellung des Sachverständigen) oder nicht wenigstens zu einem großen Teil doch erst anschließend in der Zeit bis zur Fertigstellung des Entwurfs vom 31.07.2009 (so die Vermutung des Landgerichts) angefallen ist. In jedem Falle hatte sich der Sachverständige unter den besagten Umständen nach Übermittlung seiner Kostenschätzung zunächst auf ein Minimum an weiteren Leistungen zu beschränken. Als insgesamt "erforderliche" Leistungen (ohne Aktenstudium) mögen daher unter Einschluss des notwendigen Aufwandes für das erste "Vorläufige Gutachten" 9,75 Stunden noch anzuerkennen sein, mehr aber auch nicht.

III.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet, § 4 Abs. 8 JVEG. Der erkennende Richter hat davon abgesehen, die Vertreterin der Staatskasse zum unbegründeten Rechtsmittel anzuhören, weil die Staatskasse durch die Beschwerdeentscheidung keinen Nachteil erleidet. Die Parteien des Rechtsstreits sind ohnehin nicht Beteiligte. Ihnen wird die vorliegende Entscheidung aber zur Kenntnis gegeben.

Ende der Entscheidung

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