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Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 13.02.2003
Aktenzeichen: 7 U 80/95
Rechtsgebiete: EGBGB, VZOG, BGB


Vorschriften:

EGBGB Art. 237 § 1
VZOG § 8
BGB § 816 Abs. 1 S. 1
1. Volkseigentum an einem Grundstück oder einem Grundstücksrecht kann nicht im Wege der Ersitzung begründet werden.

2. Fehlerhafte Fiskuserbschaften begründen in aller Regel keinen Bestandsschutz i. S. des Art. 237 § 1 EGBGB.

3. § 8 VZOG i. d. F. des Wohnraummodernisierungssicherungsgesetzes verdrängt den tatsächlichen Eigentümer nicht aus seiner Rechtsstellung. Der nach § 8 VZOG Verfügungsberechtigte verfügt daher als Nichtberechtigter i. S. des § 816 Abs. 1 S. 1 BGB.


Oberlandesgericht Dresden Im Namen des Volkes! URTEIL

Aktenzeichen: 7 U 80/95

verkündet am 13.02.2003

In dem Rechtsstreit

hat das Oberlandesgericht Dresden - 7. Zivilsenat - aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23.01. 2003 durch Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Werber, Richter am Oberlandesgericht Dr. Kazele und Richter am Landgericht Dr. Märtens

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Leipzig, 5. Zivilkammer, vom 14.12.1994 (Az.: 5 O 8144/93) abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger zur gesamten Hand 409.033,50 EUR nebst 4% Zinsen seit dem 20.01. 1994 zu zahlen.

Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits und die Kosten der Streithelfer der Kläger. Der Streithelfer der Beklagten trägt seine Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger oder deren Streithelfer Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehren als Erben dritter Ordnung von der Beklagten die Zahlung des aus dem Verkauf eines Miteigentumsanteils an dem Grundstück xxxxxxxxxstr. 12 in Lxxxxxx erzielten Verkaufserlöses.

Das vorgenannte Grundstück befand sich seit dem Jahre 1922 im Eigentum der Eheleute Fxxxxx, die die polnische Staatsbürgerschaft besaßen und jüdischen Glaubens waren. Mit Beschluss vom 14.07. 1932 ordnete das Landgericht Leipzig die Zwangsverwaltung über dieses Grundstück an.

Am 25.03. 1933 verkauften die Eheleute Fxxxxx, die im Jahre 1938 aus Deutschland flüchteten, das Grundstück an Hxxx Jxxxxx. Die über dieses Grundstück angeordnete Zwangsverwaltung wurde mit Beschluss des Landgerichts Leipzig vom 02.05. 1933 aufgehoben.

Mit Kaufvertrag vom 11.12. 1954 veräußerte der Nachlasspfleger des am 23.07. 1954 in Leipzig verstorbenen Hxxx Jxxxxx das Grundstück an Pxxx Bxxxx, welcher am 18.05. 1955 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen wurde. Nach dem Tod von Pxxx Bxxxx ging das Eigentum an dem Grundstück aufgrund eines Erbauseinandersetzungsvertrages vom 16.05. 1957 je zur Hälfte auf Mxxxx Exxx Hxxxxxxxx und Pxxx Exxxx Bxxxx über. Die entsprechende Grundbucheintragung erfolgte am 02.05. 1958.

Der zuletzt in Wuppertal wohnhaft gewesene Pxxx Exxxx Bxxxx verstarb am 18.08. 1958 in Hückeswagen.

Mit Schreiben vom 21.08. 1958 und vom 28.08. 1958 schlugen die Ehefrau des Pxxx Exxxx Bxxxx, Elxxxxxxx Bxxxx, für sich und ihren minderjährigen Sohn Kxxxx-Jxxxxx Bxxxx die Erbschaft aus. Die beiden Kinder des Pxxx Exxxx Bxxxx aus erster Ehe schlugen die Erbschaft ebenso wie dessen Schwester und deren drei Kinder gleichfalls aus.

Die Erben dritter Ordnung wurden nicht ermittelt. Der Großvater des Erblassers väterlicherseits, Fxxxxxxxx Lxxxxx Bxxxx, hinterließ außer dem Vater des Erblassers noch acht weitere Abkömmlinge, von denen sechs bereits im Kindesalter verstarben. Bei den verbleibenden zwei Abkömmlingen handelt es sich um Bxxxxx AxxxxSxxxx, geborene Bxxxx, und um Mxxxx Axxxx Bxxxx.

Mit Erbschein vom 10.12. 1960 stellte das Staatliche Notariat Leipzig-Süd gleichwohl fest, dass aufgrund gesetzlicher Erbfolge die Deutsche Demokratische Republik, vertreten durch den Rat der Stadt Leipzig, Erbin des Pxxx Exxxx Bxxxx geworden ist.

Aufgrund dieses Erbscheines und eines Rechtsträgernachweises vom 28.12. 1960, der den VEB Kommunale Wohnungsverwaltung Leipzig als Rechtsträger auswies, wurde am 05.01. 1961 bezüglich des Miteigentumsanteils des Pxxx Exxxx Bxxxx im Grundbuch "Eigentum des Volkes" eingetragen.

Am 29.09. 1970 verstarb Bxxxxx AxxxxSxxxx, welche aufgrund einer letztwilligen Verfügung von Jxxxxx Hxxxxx Sxxxx, dem ursprünglichen Kläger zu 1), beerbt wurde.

Am 07.07. 1993 kam es zwischen Jxxxxx Hxxxxx Sxxxx und Exxxx Nxxxxxx-Wxxxxx zum Abschluss eines notariell beurkundeten Erbteilskaufvertrages (Bl. 144 - 156 d. A.). Nach dessen Inhalt verkaufte Jxxxxx Hxxxxx Sxxxx die Erbschaft nach Bxxxxx Axxx Sxxxx unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung oder der Übergabe einer selbstschuldnerischen, unbefristeten Bankbürgschaft über den als Kaufpreis zu zahlenden Betrag an Exxxx Nxxxxxx-Wxxxxx, die für Jxxxxx Hxxxxx Sxxxx als vollmachtsloser Vertreter auftrat. Dieser genehmigte am 30.08. 1993 vor dem beurkundenden Notar den Vertrag (Bl. 156 d. A.).

Nachdem unter dem 25.08. 1993 ein Investititonsvorrangbescheid der Stadt Leipzig (Anlagenkonvolut K 12 = Bl. 74 - 81 d. A.) zugunsten von Jxxxxx Exxxx, dem Streithelfer der Beklagten, bezüglich des streitgegenständlichen Miteigentumsanteils ergangen war, verkaufte die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Verfügungsberechtigte nach § 6 VZOG mit notariellem Kaufvertrag vom 26.10. 1993 (Anlage K 12 = Bl. 57 - 84 d. A.) den Miteigentumsanteil an Jxxxxx Exxxx zu einem Kaufpreis von 800.000 DM. Jxxxxx Exxxx wurde am 14.12. 1993 als Miteigentümer des Grundstücks in das Grundbuch eingetragen. Jxxxxx Exxxx veräußerte im Jahre 1994 das Grundstück an die Uxx Kapitalanlageberatung GmbH in Leipzig.

Das Amtsgericht Wuppertal zog mit Beschluss vom 15.09. 1993 den nach Pxxx Exxxx Bxxxx durch das Staatliche Notariat Leipzig erteilten Erbschein vom 10.12. 1960 ein.

Der Kläger zu 2) wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Wuppertal vom 28.02. 1994 zum Nachlasspfleger für die unbekannten Erben nach Pxxx Exxxx Bxxxx - und zwar für die Abkömmlinge der Mxxxx AxxxxBxxxx sowie etwaige Erben dritter Ordnung mütterlicher-seits - bestellt.

Am 02.11. 1994 erteilte das Amtsgericht Wuppertal einen Teil-Erbschein, wonach Pxxx Exxxx Bxxxx von seiner Tante Bxxxxx Axxx Sxxxx zur Hälfte beerbt wurde.

Bezüglich des hälftigen Miteigentumsanteils des verstorbenen Pxxx Exxxx Bxxxx an dem Grundstück Bxxxxxxxxstr. 12 in Leipzig wurden bei dem Amt zur Regelung offener Vermögensfragen der Stadt Leipzig drei Anträge auf Rückübertragung gestellt.

Mit Teilbescheid vom 23.01. 1997 (Anlage K 7 = Bl. 638 - 645 d. A.) wies das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen der Stadt Leipzig die Restitutionsanträge der Exxxxxxxx Bxxxx, der Ehefrau des verstorbenen Pxxx Exxxx Bxxxx, sowie von Vxxxxxxx Kxxxxxx und des Dxxxxxx Hxxxxxxxx, zwei Kinder der Schwester von Pxxx Exxxx Bxxxx, zurück. Ebenfalls zurückgewiesen wurde der Rückübertragungsantrag der Conference on Jewish Material Claims against Germany. Hinsichtlich dieser Antragstellerin wurde festgestellt, dass ihr wegen des Eigentumsverlustes an dem Grundstück eine Entschädigung zusteht.

Mit Bescheid vom 09.09. 1998 (Anlage K 8 = Bl. 646 - 655 d. A.) wies das Sächsische Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen die Widersprüche der Elxxxxxxx Bxxxx und der Conference on Jewish Material Claims against Germany ebenso zurück wie jenen des Hxxxxx Jxxxxx Sxxxx.

Die in der Folge von der Conference on Jewish Material Claims against Germany vor dem Verwaltungsgericht Leipzig erhobene Klage wurde zurückgenommen, so dass das Verfahren mit Beschluss vom 30.10. 2002 eingestellt wurde (Anlage K 9 = Bl. 656f. d. A.).

Jxxxx Hxxxxx Sxxxx, der ursprüngliche Kläger zu 1), verstarb am 05.11. 1998 und wurde von seinem Sohn Mxxxxxl Sxxxx beerbt, der den Rechtsstreit anstelle seines Vaters aufgenommen hat.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, dass ihnen als gesetzliche Erben dritter Ordnung des Pxxx Exxxx Bxxxx der streitgegenständliche Miteigentumsanteil zustehe. Die Beklagte könne sich weder auf eine Ersitzung noch auf Verjährung berufen. Da Exxxx Nxxxxxx-Wxxxxx an Jxxxxx Hxxxxx Sxxxx weder den Kaufpreis gezahlt noch die Bankbürgschaft übergeben habe, stehe auch der Erbteilskaufvertrag vom 07.07. 1993 seiner Aktivlegitimation nicht entgegen.

Die Beklagte hat demgegenüber den Standpunkt vertreten, dass sie den streitgegenständlichen Miteigentumsanteil ersessen habe. Im Übrigen hat sie die Einrede der Verjährung erhoben. Der Kläger zu 1) sei überdies nicht aktivlegitimiert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie der vor dem Landgericht gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die Beklagte im Wege der Ersitzung Eigentümerin des streitbefangenen Miteigentumsanteils geworden sei. Zudem greife auch die Einrede der Verjährung durch. Schadensersatzansprüche der Kläger seien nicht gegeben.

Gegen das am 16.12. 1994 zugestellte Urteil haben die Kläger am 12.01. 1995 Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 15.03. 1995 am 13.03. 1995 begründet.

Sie haben zunächst ihre erstinstanzlich formulierten Anträge auf Feststellung einer Schadensersatzpflicht der Beklagten, hilfsweise auf Auflassung des streitgegenständlichen Miteigentumsanteils weiterverfolgt (Bl. 420f. d. A.). Auf Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 14.12. 1995 (Bl. 549 d. A.) haben sie primär die Auskehr des an die Beklagte für den Miteigentumsanteil gezahlten Kaufpreises in Höhe von 800.000 DM, hilfsweise die Auflassung eines hälftigen Miteigentumsanteils an sie begehrt. Dem haben sich ihre Streithelfer angeschlossen. Den Hilfsantrag haben die Kläger schließlich in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht mehr weiterverfolgt.

Zur Begründung der Berufung verweisen die Kläger darauf, dass die Beklagte als Nicht-berechtigte über den streitgegenständlichen Miteigentumsanteil verfügt habe. Eine Ersitzung von "Eigentum des Volkes" sei nicht möglich gewesen. Auch die Verfügungsbefugnis nach § 6 VZOG helfe der Beklagten nicht weiter. Überdies könne sich die Beklagte auch nach § 2026 BGB nicht auf eine etwaige Ersitzung berufen, da die Ansprüche der Kläger auf Herausgabe der Erbschaft nicht verjährt seien. Ansprüche nach §§ 2018ff. BGB hätten mangels Annahme der Erbschaft nicht geltend gemacht werden können. Der Kläger zu 1) sei erst im Oktober 1992 für ihn völlig überraschend durch Rechtsanwalt Rxxxxx aus München - einem seiner Streithelfer - darüber informiert worden, dass er Erbeserbe des Pxxx Exxxx Bxxxx sei. Über die auf ihn entfallende Quote und den Umfang des Nachlasses habe er damals jedoch noch keine Kenntnis erhalten. Er habe den Rechtsanwalt zunächst beauftragt, die Einziehung des Erbscheins zu betreiben, worin aber auch noch keine Annahme der Erbschaft zu erblicken sei. Bezüglich des Klägers zu 2) sei zu berücksichtigen, dass die Nachlasspflegschaft überhaupt erst innerhalb von sechs Monaten vor der Klageerhebung angeordnet worden sei.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 14.12. 1994 zum Az.: 5 O 8144/93 aufzuheben und

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger und die unbekannten Erben nach Herrn Pxxx Exxxx Bxxxx, verstorben am 18.08. 1958 in Wuppertal, diese vertreten durch den Kläger zu 2), zur gesamten Hand DM 800.000,00 nebst 4% Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte und ihr Streithelfer beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil. Dieses habe zu Recht eine Ersitzung angenommen. In diesem Zusammenhang könnten die Kläger auch nicht mit Erfolg auf die Vorschrift des § 2026 BGB verweisen. Der Kläger zu 1) habe bereits am 08.06. 1993 Kenntnis von dem Anfall der Erbschaft gehabt, so dass Ansprüche auf Herausgabe der Erbschaft verjährt seien. Letztlich komme es hierauf jedoch wegen Art. 237 § 1 Abs. 1 EGBGB nicht an. Bei der Nichtermittlung der Erben dritter Ordnung handele es sich um einen typischen Fehler der DDR-Praxis, der von dem Bestandsschutz, der durch das Wohnraummodernisierungsgesetz eingeführt worden sei, erfasst werde.

Der Streithelfer der Beklagten bestreitet darüberhinausgehend nach wie vor die Aktivlegitimation des Klägers zu 1). Ferner ist er der Ansicht, dass die Kläger ihre Ansprüche im vermögensrechtlichen Rückübertragungsverfahren hätten geltend machen sollen.

Die Nachlassakte des Amtsgerichts Wuppertal (Az.: 55 A VI 2027/58) wurde beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist begründet.

Die Kläger können von der Beklagten die Zahlung von 409.033,50 EUR (= 800.000 DM) auf der Grundlage von § 816 Abs. 1 S. 1 BGB verlangen. Die Beklagte hat als Nichtberechtigte über den streitgegenständlichen Miteigentumsanteil verfügt. Da die Verfügung gleichwohl gegenüber den Klägern wirksam ist, hat sie den vom Erwerber erhaltenen Kaufpreis an die Kläger auszukehren.

1. Zunächst wird der Anspruch aus § 816 Abs. 1 S. 1 BGB nicht durch die Regelungen des VermG und des VZOG verdrängt.

a) Die Eintragung von Volkseigentum im Grundbuch stellt als solche nach st. Rspr. des BGH keine Enteignung i. S. des § 1 Abs. 1 a) oder b) VermG dar. Dies insbesondere dann, wenn in diesem Vorgang der Wille der beteiligten Stellen hervortritt, die Folgen eines anderweit, wie hier durch den Erbfall, bereits herbeigeführten Eigentümerwechsels nachzuvollziehen (BGH, NIZ 2001, 213ff., 213). Ebensowenig liegen die Voraussetzungen der besonderen Restitutionstatbestände des § 1 Abs. 2 und 3 VermG vor.

b) Auch kommt die Erlösauskehrungspflicht des § 8 Abs. 4 VZOG nicht zum Tragen. Der Anspruch nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG ist ein gesetzlicher Anspruch des Zuordnungs- oder Restitutionsberechtigten, der aus dem Zuordnungsverhältnis stammt und an die Stelle des zuzuordnenden Gegenstandes getreten ist (Schmidt-Räntsch/Hiestand in: Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen in der ehemaligen DDR, 13. Erg.-Lief., § 8 VZOG Rn. 26). Bei den Klägern aber handelt es sich weder um Zuordnungs- noch um Restitutionsberechtigte. Daher kann der von den Klägern als Erben dritter Ordnung geltend gemachte zivilrechtliche Anspruch auf Erlösauskehr auch nicht durch diese Sonderregelung verdrängt werden.

2. Die Aktivlegitimation des Klägers zu 1) ist gegeben. Ausweislich des notariellen Vertrages vom 07.07. 1993 wurde die Erbschaft nach BxxxxxxAxxx Sxxxx von seinem zwischenzeitlich verstorbenen Vater Jxxxxx Hxxxxx Sxxxx unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung oder der Übergabe einer Bankbürgschaft über den entsprechenden Betrag auf Exxxx Nxxxxxx-Wxxxxx übertragen. Dass diese Bedingung eingetreten ist, haben weder die Beklagte noch ihr Streithelfer vorgetragen. Das schlichte Bestreiten der Aktivlegitimation des Klägers zu 1) allein im Hinblick auf den geschlossenen Vertrag ist vor diesem Hintergrund unerheblich. Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass der Vertrag nicht vollständig vorgelegt wurde. Entscheidend ist, dass der dingliche Übertragungsakt in der vollständig vorliegenden lfd. Nr. II. 1. des Vertrages geregelt ist und hier gerade eine unbedingte Übertragung nicht vorgesehen ist.

3. Die Beklagte hat über den streitgegenständlichen Miteigentumsanteil an dem Grundstück Bxxxxxxxxstr. 12 in Leipzig verfügt, ohne dazu berechtigt gewesen zu sein.

a) Mit der Grundbucheintragung vom 05.01. 1961 ist kein Eigentum des Volkes begründet worden. Die Voraussetzungen des Fiskuserbrechtes waren nicht gegeben, vielmehr stand der Miteigentumsanteil den gesetzlichen Erben dritter Ordnung des Pxxx Exxxx Bxxxx zu. Volkseigentum ist auch nicht im Wege der Ersitzung begründet worden. Während der Geltung des BGB in der DDR, mithin bis zum 31.12. 1975, konnte Volkseigentum an einem Grundstück oder einem Grundstücksrecht nicht durch Ersitzung begründet werden. § 900 BGB erfordert den Eigenbesitz des zu Unrecht im Grundbuch Eingetragenen. Eigenbesitzer ist nach § 872 BGB, wer eine Sache als ihm gehörend besitzt. Der damit erforderliche Wille, die Sache wie ein Eigentümer zu beherrschen manifestiert sich im Rechtsverkehr in der Eigentumsbehauptung, die Sache ausschließend zu besitzen. Daran fehlt es aber unter Berücksichtigung der Rechtswirklichkeit in der ehemaligen DDR angesichts des gesamtgesellschaftlichen Charakters des Volkseigentums (BGH, NJW 1996, 1890ff., 1892ff.; BezG Dresden, VIZ 1993, 313f., 314; KG, ZIP 1994, 1813ff., 1817). Aufgrund der 01.01. 1976 in Kraft getretenen Grundbuchverfahrensordnung konnte Volkseigentum an einem Grundstück gleichfalls nicht entstehen, weil die Ersitzungsfrist bis zum Ende der DDR nicht abgelaufen war. Ist daher in das Grundbuch zu Unrecht Volkseigentum eingetragen worden, so kann der Zuordnungs-berechtigte Eigentum i. S. des § 903 BGB durch Ersitzung jedenfalls nicht vor dem 31.12. 2005 erlangen (BGH, NJW 1996, 1890ff., 1892).

b) Auch ein Bestandsschutz nach Art. 237 § 1 Abs. 1 EGBGB kommt nicht zum Tragen. Nach Art. 237 § 1 Abs. 1 EGBGB sind Fehler bei dem Ankauf, der Enteignung oder der sonstigen Überführung eines Grundstücks oder selbstständigen Gebäudeeigentums in Volkseigentum nur zu beachten, wenn das Grundstück oder selbstständige Gebäudeeigentum nach den allgemeinen Rechtsvorschriften, Verfahrensgrundsätzen und der ordnungsgemäßen Verwaltungspraxis, die im Zeitpunkt der Überführung in Volkseigentum hierfür maßgeblich waren, nicht wirksam in Volkseigentum hätten überführt werden können oder wenn die mögliche Überführung in Volkseigentum mit rechtsstaatlichen Grundsätzen schlechthin unvereinbar war. Zwar erfasst diese Norm mit dem Tatbestandsmerkmal der "sonstigen Überführung in Volkseigentum" auch rein faktische Vorgänge, sofern diesen ein staatlicher Wille und nicht nur ein Versehen zu Grunde lag. Demgemäss können auch fehlerhafte Fiskuserbschaften unter den Anwendungsbereich des Art. 237 § 1 EGBGB fallen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Entstehung von Volkseigentum nach den vorhandenen Vorschriften in der Sache erreichbar war. Hieran fehlt es vorliegend. Eine Fiskuserbschaft nach § 1964 Abs. 1 BGB hätte vom Staatlichen Notariat nicht festgestellt werden dürfen, da vorhandene Erben das Erbrecht des Staates ausgeschlossen haben. Damit aber war die Übernahme des Miteigentumsanteils in Volkseigentum nach den maßgeblichen erbrechtlichen Vorschriften gerade nicht zu erreichen. Fehlerhafte Fiskuserbschaften können daher - von besonderen Ausnahmefällen, etwa des Bestehens eines Anspruchs auf Übereignung des Grundstücks aufgrund eines Vermächtnisses, abgesehen - keinen Bestandsschutz i. S. des Art. 237 § 1 EGBGB begründen (BGH, VIZ 2001, 213ff., 214).

c) Die Beklagte kann ihre Berechtigung i. S. des § 816 Abs. 1 S. 1 BGB auch nicht mit Erfolg aus ihrer nach dem VZOG bestehenden Verfügungsbefugnis herleiten. Die Nichtberechtigung des Verfügenden i. S. dieser Norm ist durch die fehlende Rechtsinhaberschaft oder aber durch die fehlende Vertretungsmacht bzw. Verfügungsermächtigung gekennzeichnet (Jauernig-Schlechtriem, BGB, 9. Aufl., § 816 Rn. 3; BGH, WM 1999, 23ff., 24). Entscheidend in Bezug auf die beiden letztgenannten Alternativen ist dabei, dass der Verfügende weder eine Vollmacht noch eine Ermächtigung des tatsächlichen Rechtsinhabers besitzt, die es ihm erlaubt, für den wahren Berechtigten, eine Verfügung zu treffen. Weder die §§ 6 bzw. 8 VZOG a. F. noch § 8 VZOG n. F. haben der Beklagten eine derartige Verfügungsbefugnis verliehen.

aa) Für den zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages vom 26.10. 1993 geltenden § 6 VZOG ist ebenso wie in Bezug auf § 8 VZOG in der Fassung des Registerverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20.12. 1993 festzustellen, dass diese Normen eine Verfügungsbefugnis über Grundstücke und Gebäude überhaupt nur dann eingeräumt haben, wenn tatsächlich Volkseigentum entstanden ist. Zweck dieser Vorschriften war im Interesse des Investitionsförderung im Beitrittsgebiet die Verkehrsfähigkeit ehemals volkseigener Grundstücke bereits vor Erlass eines Vermögenszuordnungsbescheides zu gewährleisten. Für die Erreichung dieses Zwecks war es ausreichend, dem zur Verfügung über die betroffenen Grundstücke Ermächtigten lediglich die Buchposition einzuräumen. Damit wurde diesem Personenkreis eine Rechtsposition genau und nur in dem Umfang eingeräumt, wie sie auch dem Begünstigten eines Zuordnungsbescheides zukommt, der gemäß § 2 Abs. 1 S. 5 VZOG die Rechte Dritter grundsätzlich unberührt lässt (BGH, ZOV 1998, 415ff., 417 l. Sp.). Dies findet auch in § 8 Abs. 2 S. 1 VZOG a. F. seine Bestätigung, wonach Verfügungen im Rahmen des vorläufigen Verfügungsrechts die Rechte Dritter unberührt lassen.. Dass sich diese Regelung nur auf Ansprüche von Berechtigten nach dem Vermögensgesetz bezieht, ist weder dem Wortlaut zu entnehmen, noch findet sich sonst ein Anhaltspunkt in dieser Richtung. Auch kann § 8 Abs. 2 S. 2 VZOG a. F., wonach die aufgrund der Verfügungsermächtigung nach Abs. 1 vorgenommenen Rechtsgeschäfte als Verfügungen eines Berechtigten gelten, nur so ausgelegt werden, dass davon nicht die zivilrechtlich Berechtigten, sondern nur die vom VZOG in seinen allgemeinen Bestimmungen ebenso bezeichneten Berechtigten i. S. dieses Gesetzes (vgl. § 1 Abs. 6 VZOG) erfasst werden (BGH, ZOV 1998, 415ff., 417 l. Sp.).

bb) § 8 Abs. 1 a) VZOG ist durch das Wohnraummodernisierungssicherungsgesetz in der Weise neu gefasst worden, dass die Verfügungsbefugnis über Grundstücke, die im Grundbuch oder Bestandsblatt noch als Eigentum des Volkes eingetragen sind, "unabhängig von der Richtigkeit dieser Eintragung" besteht. Selbst wenn man diese Neuregelung dahingehend verstehen wollte, dass die Wirksamkeit von Verfügungen, die nach dem 28.03. 1991 getroffen wurden, nach § 8 VZOG i. d. F. des Wohnraummodernisierungssicherungsgesetzes allein davon abhängt, ob das Grundstück im Grundbuch als Volkseigentum eingetragen war (BGH, VIZ 1999, 161ff., 163) - worauf nachfolgend noch näher einzugehen sein wird -, lässt dies nicht die Nichtberechtigung der Beklagten i. S. des § 816 Abs. 1 S. 1 BGB entfallen. Zwar konnte dann die Beklagte in wirksamer Weise über den streitgegenständlichen Miteigentumsanteil verfügen. Diese Verfügungsmacht leitet sich indessen nicht vom tatsächlichen Rechtsinhaber ab. Die wahren Miteigentümer haben der Beklagten weder eine entsprechende Vollmacht eingeräumt, noch diese in sonstiger Weise zur Vornahme der Verfügung über den Miteigentumsanteil ermächtigt. Für die Nichtberechtigung i. S. des § 816 Abs. 1 S. 1 BGB, die eine dem Zuweisungsgehalt des materiellen Rechts zuwiderlaufende Vermögenslage beseitigen will, ist aber gerade das Vorliegen einen solchen Situation Voraussetzung. Auch die Verfügungsbefugnis des § 8 Abs. 1 a) VZOG n. F. hat lediglich zum Ziel, die Vornahme von Investitionen zu fördern. Mit der Neufassung des § 8 VZOG sollte dessen Funktion als gesetzliche Handlungsermächtigung in den Fällen, in denen ein Zuordnungsbescheid noch nicht ergangen ist, gestärkt werden (BT/Drs. 13/7275, S. 35). Investoren sollten hier nicht lediglich über die Vorschriften des gutgläubigen Erwerbs geschützt werden, sondern darüberhinausgehend in wirksamer Weise Eigentum erwerben können. Damit aber verdrängt der nach § 8 VZOG Verfügungsberechtigte den tatsächlichen Eigentümer noch nicht aus dessen Rechtsstellung. Eine derartige Rechtsfolge sieht auch die Neufassung des Gesetzes nicht vor. Vielmehr ist es bei den schon angeführten Regelungen des § 2 Abs. 1 S. 5 VZOG und des § 8 Abs. 2 S. 1 VZOG geblieben. Die Neufassung des § 8 VZOG dient mithin lediglich dem Schutz des Investors und liefert keine Grundlage dafür, dass der Verfügungsberechtigte den erhaltenen Kaufpreis nicht an den tatsächlichen Eigentümer herausgeben muss. Hier greifen nach wie vor die allgemeinen Mechanismen ein. In Bezug auf Zuordnungs- und Restitutionsberechtigte kommt hier nach wie vor die Regelung des § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG zum Tragen, während die tatsächlichen Eigentümer auf die zivilrechtlichen Ausgleichsansprüche verwiesen sind. Die Beklagte konnte ausgehend von der aufgezeigten Prämisse aufgrund ihrer von Gesetzes wegen bestehenden vorläufigen Verfügungsbefugnis zwar wirksam über den Miteigentumsanteil verfügen. Dies erfolgte jedoch - ebenso wie im Falle des gutgläubigen Erwerbs - dem Zuweisungsgehalt des materiellen Rechts zuwider.

cc) Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen ist darauf hinzuweisen, dass auch das Gesetz zur Absicherung der Wohnraummodernisierung und einiger Fälle der Restitution der Beklagten in Bezug auf die streitgegenständliche Verfügung vom 26.10. 1993 keine Verfügungsbefugnis eingeräumt hat. Nach Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB wird bei ehemals volkseigenen Grundstücken unwiderleglich vermutet, dass in der Zeit vom 03.10. 1990 bis zum 24.12. 1993 die in § 8 VZOG in der seit dem 25.12. 1993 geltenden Fassung bezeichneten Stellen zur Verfügung über das Grundstück befugt waren. Der BGH hat zwar in einem obiter dictum (VIZ 1999, 161ff., 163 ) ohne nähere Begründung ausgeführt, dass die Wirksamkeit von Verfügungen, die nach dem 28.03. 1991 - dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der durch das HemmnisbeseitigungsG vom 22.03. 1991 (BGBl. I, 766) geschaffenen früheren Fassung des § 8 VZOG n. F. (damals § 6 VZOG) - getroffen wurden, allein davon abhänge, ob das Grundstück im Grundbuch als Volkseigentum eingetragen gewesen sei. Diesem Ansatz kann in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Dem obiter dictum lag ersichtlich die Annahme zugrunde, dass der im Rahmen des Gesetzes zur Absicherung der Wohnraummodernisierung und einiger Fälle der Restitution (BGBl. I 1997, 1823ff.) erfolgten Änderung des § 8 VZOG eine Rückwirkung beizumessen ist und insoweit eine Heilung von während der Geltung des VZOG vorgenommenen und nicht wirksamen Übertragungen von nicht volkseigenen Grundstücken anzunehmen ist. Für eine derartige Annahme bietet jedoch das Wohnraummodernisierungssicherungsgesetz (WoModSiG) keinen begründeten Anhaltspunkt. Die Neufassung des § 8 VZOG betrifft vielmehr lediglich Verfügungen, die nach dem In-Kraft-Treten des WoModSiG am 24.07. 1997 vorgenommen wurden. Für die vor dessen In-Kraft-Treten getroffene Verfügungen ist allein die Heilungsvorschrift des Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB maßgebend (Senatsurteil vom 17.02. 2000 - 7 U 3574/99, VIZ 2000, 424ff., 427f.).

aaa) Aus dem Wortlaut des Gesetzes kann auf eine derartige Rückwirkung nicht geschlossen werden. Art. 2 II Nr. 2 WoModSiG enthält lediglich die Einfügungen in § 8 VZOG, aber keine Aussage darüber, ab welchem Zeitpunkt diese Neufassung in Kraft tritt. Diesbezüglich ist Art. 7 WoModSiG einschlägig, wonach das Gesetz am Tage nach der Verkündung, mithin am 24.07. 1997 in Kraft tritt. Damit ist zunächst nur ausgesagt, dass ab diesem Zeitpunkt die neue Ausgestaltung der Verfügungsbefugnis des § 8 VZOG anwendbar ist. Die Neufassung des Gesetzes entfaltet damit grundsätzlich lediglich eine Wirkung für nach diesem Zeitpunkt vorzunehmende Verfügungen. Eine besondere Anordnung der Rückwirkung ergibt sich auch nicht aus Art. 7 III 3 WoModSiG. Darin wird zwar ausgesagt, dass die Neufassung des § 8 VZOG nicht gilt, wenn ein bestandskräftiges Urteil ergangen oder eine Einigung der Parteien erfolgt ist. E contrario kann daraus zwar gefolgert werden, dass die Neufassung auch auf noch nicht abgeschlossene Verträge Anwendung finden kann. Daraus ergibt sich indessen noch nicht, dass in der Vergangenheit liegende Verfügungen rückwirkend eo ipso infolge der Neufassung Wirksamkeit erlangen, sondern lediglich, dass die zuständige Stelle bisherige Verfügungen i. S. des § 8 VZOG genehmigen oder wiederholen kann, um auf diese Weise eine Wirksamkeit herbeizuführen. Dieses Verständnis entspricht dem allgemeinen Grundsatz, dass für die Beurteilung der Wirksamkeit von Verfügungen das zum Zeitpunkt ihrer Vornahme geltende Recht maßgebend ist. Änderungen der Rechtslage können aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit lediglich für zukünftig erst noch vorzunehmende Verfügungen relevant sein. Ein Abweichen von diesem allgemeinen Gedanken kann auch Art. 7 II 3 WoModSiG nicht entnommen werden.

bbb) Auch aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes ergibt sich nichts anderes. Der Gesetzgeber hat sich zwar auf den Standpunkt gestellt, mit der Neufassung solle lediglich klargestellt werden, dass es im Rahmen des § 8 VZOG auf die Wirksamkeit der Begründung von Volkseigentum nicht ankommen solle (BT-Drs. 13/7275, S. 35). In diesem Zusammenhang hat der Gesetzgeber jedoch verkannt, dass die Neufassung tatsächlich eine Änderung der Rechtslage bewirkt, so dass es sich keinesfalls um eine bloße Klarstellung handelt. In der Rechtspraxis hat die höchstrichterliche Rechtsprechung § 8 VZOG a. F. gerade nicht die Wirkungen beigemessen, von welchen der Gesetzgeber nunmehr ausgeht (vgl. nur BGH, VIZ 1999, 161ff.; Senat, VIZ 1996, 732ff.; Senatsurteil vom 24.04. 1997 - 7 U 43/97). Vor diesem Hintergrund unterliegt der Gesetzgeber ersichtlich einer Fehlvorstellung, so dass seiner Aussage, es handele sich lediglich um eine Klarstellung, auch keine für die Auslegung des Gesetzes maßgebliche Bedeutung beigemessen werden kann. An dem Gesetzgeber wäre es vielmehr gewesen, in Anerkennung der ergangenen Entscheidungen eine klare und unmissverständliche Regelung über das rückwirkende In-Kraft-Treten der Neuregelung - und um eine solche würde es sich handeln - zu statuieren. Die - verfassungsrechtlich ohne problematische - Rückwirkung der Neufassung des § 8 VZOG kommt in dem WoModSiG nicht zum Ausdruck. Der Wortlaut des Art. 7 II 3 WoModSiG bietet nach den obigen Ausführungen keine sichere Grundlage. Er lässt sich vielmehr zwanglos auch einem anderen Verständnis zuführen.

ccc) Hinzu tritt die Systematik des Gesetzes. Mit dem WoModSiG wurde auch Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB geändert. Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB a. F. hatte keinen eigenständigen materiell-rechtlichen regelnden Gehalt, sondern stellte lediglich klar, dass sich die Inhaberschaft von Volkseigentum aus anderen Rechtsvorschriften ergibt. Durch Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB ist mit der Neufassung des Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB eine besondere Heilungsvorschrift eingefügt worden. Nach dessen Satz 1 wird bei ehemals volkseigenen Grundstücken unwiderleglich vermutet, dass in der Zeit vom 15.03. 1990 bis zum Ablauf des 02.10. 1990 die als Rechtsträger eingetragene staatliche Stelle und diejenige Stelle, die deren Aufgabe bei Vornahme der Verfügung wahrgenommen hat, und in der Zeit vom 03.10. 1990 bis zum 24.12. 1993 die in § 8 VZOG in der seit dem 25.12. 1993 geltenden Fassung bezeichneten Stellen zur Verfügung über das Grundstück befugt waren. Die Statuierung dieser besonderen Heilungsvorschrift ergäbe ausgehend von einer rückwirkenden Geltung der gerade durch das WoModSiG statuierten Neufassung des § 8 VZOG keinen Sinn, sondern wäre überflüssig. In Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB n. F. wird gerade nur von einer "unwiderleglichen Vermutung" der Verfügungsbefugnis gesprochen und § 8 VZOG in der seit dem 25.12. 1993 geltenden Fassung erwährt. Dies spricht in eindeutiger Weise gegen eine rückwirkende Geltung der Neufassung. Aus der Regelung ist vielmehr der Schluss zu ziehen, dass der Gesetzgeber der Neufassung des § 8 VZOG gerade keine Rückwirkung beimessen wollte, sondern für die bereits zuvor erfolgten Verfügungen im Sinne dieser Norm mit der Statuierung der unwiderleglichen Vermutung der Verfügungsbefugnis einen anderen rechtstechnischen Weg zur Bewältigung der Altfälle beschreiten wollte. Ansonsten hätte es der Anordnung einer unwiderleglichen Vermutung der Verfügungsbefugnis nicht bedurft.

ddd) Der danach für die Beurteilung einer Heilung der streitgegenständlichen Verfügung allein einschlägige Art. 233 § 2 Abs. 2 S. 1 EGBGB führt nicht zu deren Wirksamkeit. Wie der BGH zutreffend hervorgehoben hat, knüpft diese Norm mit ihrer Formulierung "bei ehemals volkseigenen Grundstücken" an das Volkseigentum und nicht lediglich an die Grundbucheintragung als solche an (BGH, VIZ 1999, 161ff., 163). Erforderlich ist mithin, dass das Grundstück tatsächlich im Volkseigentum stand und nicht lediglich im Grundbuch als solches eingetragen war. Dies ist hinsichtlich des streitgegenständlichen Miteigentumsanteils jedoch nicht der Fall. Da dieses Tatbestandsmerkmal die allgemeine Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Heilungsvorschrift des Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB formuliert, kann diese somit vorliegenden Fall nicht zur Anwendung kommen.

4. Die von der Beklagten als Nichtberechtigte vorgenommene Verfügung ist jedoch gleichwohl wirksam. Nimmt man eine Verfügungsbefugnis auf der Grundlage von § 8 Abs.1 a) VZOG an, so ist dies nach den obigen Ausführungen ohne weiteres der Fall. Geht man davon aus, dass § 8 VZOG eine solche auch im vorliegenden Fall nicht liefert, so hat der Streithelfer der Beklagten den Miteigentumsanteil jedenfalls gutgläubig erworben. Der Käufer des Miteigentumsanteils konnte von dem Vorliegen von Volkseigentum an dem streitgegenständlichen Miteigentumsanteil ausgehen, da das Grundbuch eine entsprechende Eintragung auswies (§ 892 Abs. 1 S. 1 BGB) und er damit auf die gesetzliche Verfügungsbefugnis der Beklagten nach § 6 VZOG vertrauen durfte. Dies gilt vorliegend umsomehr als zu seinen Gunsten zuvor ein bestandskräftiger Investitionsvorrangbescheid ergangen ist. Zwar schützt das Zivilrecht den guten Glauben an eine Verfügungsbefugnis - von Ausnahmeregelungen wie § 366 HGB abgesehen - nicht. Die hier zur Beurteilung stehende Fallkonstellation einer gesetzlich statuierten Verfügungsbefugnis kann jedoch nicht anders beurteilt werden, als die Fälle der §§ 170 bis 173 BGB, in welchen der gute Glaube an eine bestehende Außenvollmacht geschützt wird, so dass jedenfalls ein entsprechender Analogieschluss zu ziehen ist.

Nach alledem hat die Beklagte den Kaufpreis an die Kläger nach § 816 Abs. 1 S. 1 BGB auszukehren. § 816 BGB gilt in den Fällen der Eingriffskondiktion neben den §§ 987ff. BGB (Jauernig, BGB, 9. Aufl., vor § 987 Rn. 14).

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 284 Abs. 1, 286 Abs. 1BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 101 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Der Senat weicht im Rahmen der die Entscheidung tragenden Gründe nicht von der Rechtsprechung des BGH oder anderer Oberlandesgerichte ab.

Ende der Entscheidung

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