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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 19.12.2001
Aktenzeichen: 8 U 2256/01
Rechtsgebiete: BGB, EuGVÜ


Vorschriften:

BGB § 661 a
EuGVÜ Art 13 Abs. 1 Nr. 3
EuGVÜ Art 14 Abs. 1
EuGVÜ Art 5 Nr. 1
EuGVÜ Art 5 Nr. 3
Für Klagen eines Verbrauchers aus einer Gewinnzusage gemäß § 661a BGB ist der Gerichtsstand für Verbrauchersachen gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ gegeben.
Oberlandesgericht Dresden

Aktenzeichen: 8 U 2256/01

Verkündet am 19.12.2001

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung aus Gewinnzusage

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19.12.2001 durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Häfner, Richterin am Landgericht Haller und Richter am Landgericht Odenkirchen

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichtes Chemnitz vom 27.07.2001, Az: 10-O-954/00, wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 27.000,00 abwenden, falls nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten, einem in Alkmaar/Niederlande ansässigen Unternehmen, die Einlösung einer sog. Gewinnzusage gemäß § 661a BGB.

Die Klägerin erhielt auf dem Briefkopf einer "General-Advokatur H , M & Partner", deren Anschrift nicht genannt ist, im August 2000 ein Schreiben, in dem es u.a. wie folgt heißt:

"Hiermit ergeht folgende letztmalige Aufforderung an (Name der Klägerin) zur Vergabe der Gewinnsumme im Gesamtwert von 20.000,00 DM.

Sehr geehrte Frau (Name der Klägerin),

hiermit zeigen wir die Vertretung der Firma S & G B.V. an. Am 17. Juli 2000 wurden Ihnen die offiziellen Auszahlungsdokumente für den bei uns deponierten 20.000,- DM-Gewinn aus der Ziehung vom gleichen Tage, 10.30 Uhr, zugestellt, mit der Aufforderung, diese innerhalb von 10 Tagen zum Zwecke der Auszahlung zurückzuschicken.

Bis heute, 09.08.2000, konnten wir keinen Posteingang Ihrerseits zu diesem Vorgang verzeichnen.

Wir fordern Sie daher letztmalig auf, Ihrer Anforderungspflicht nachzukommen!

Hierzu setzen wir Frist bis zum 25.08.2000.

Anderenfalls muss der Gewinnbetrag i.H.v. 20.000,- DM laut Satzung vom 27.10.1999 einer neuen Verwendung zugeführt werden.

Gleichzeitig möchten wir Sie darüber in Kenntnis setzen, dass die entstandenen Depotkosten von der angeschriebenen Partei zu tragen sind. Wir teilen daher fristgerecht mit, dass die Depot-Gebühren in Höhe von 41,76 DM (2,5 % p.a.) vom Gewinnbetrag in Abzug gebracht werden.

Der Auszahlungsbetrag reduziert sich demnach auf 19.958,24 DM.

Die Kosten-Note haben wir Ihnen beigefügt. Wir bitten Sie, diese zu unterzeichnen, damit die Auszahlung erfolgen kann.

Eventuell notwendige weitere Mitteilungen unsererseits sind gemäß der getroffenen Mandatsvereinbarung gebührenpflichtig und werden entsprechend in Abzug gebracht. Durch fristgerechte Einsendung Ihrer Unterlagen verhindern Sie weitere Kosten.

Weisungsgemäß übersenden wir Ihnen auch das aktuelle Produktangebot von Eurox. Bestellungen und Gewinnabruf sind mittels des beigefügten Anwortkuverts direkt an die Firma S & G zu richten. Die Auszahlung des Gewinns erfolgt nach Vorlage der vollständigen Unterlagen.

Hochachtungsvoll

(Unterschrift)

Anlagen: Kosten-Note, Notitz der Firma S & G , Produktangebot"

Ein vorausgegangenes Schreiben hat die Klägerin nicht erhalten; die Beklagte hat auch nicht behauptet, dass es dieses Schreiben tatsächlich gegeben habe.

Dem o.g. Schreiben beigefügt war eine "Kosten-Note Nr. 873/00", die folgenden zur Unterschrift durch die Klägerin vorgesehenen Text enthält:

"Ich, (Name der Klägerin), weiß, dass die inzwischen angefallenen Depot-Gebühren für den 20.000,- DM-Gewinn in Höhe von 41,76 DM (2,5 % p.a.) von der Gesamtsumme in Abzug gebracht werden. Der Auszahlungsbetrag beläuft sich demnach auf 19.958,24 DM. Die Auszahlungsbedingungen habe ich verstanden und erkenne diese an. Bitte senden Sie den mir zustehenden Gewinn-Betrag an meine o.g. Adresse."

Weiter beigefügt war eine "Kurznotiz" mit dem Logo der Beklagten (S & G ) und der Nennung einer "Eurox". Darin heißt es u.a.:

"Sehr geehrte (Name der Klägerin),

wie Sie dem beiliegenden Schreiben unserer General-Advokatur entnehmen können, werden die anfallenden Depot-Gebühren grundsätzlich von der Nutznießerseite erhoben. Dies ist eine Grundlage der Mandats-Erteilung, die wir leider nicht ändern können.

Aber: Wir wollen Ihren Gewinn deshalb nicht schmälern und daher habe ich meinen Chef gebeten, ob ich Ihnen nicht als kleinen Ausgleich heute ein ganz besonders schönes Geschenk zukommen lassen darf. Und wissen Sie was? Er hat ohne zu zögern sofort zugestimmt!

Und daher erhalten Sie heute das bezaubernde

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Der Sendung weiter beigefügt war ein Produktkatalog und ein Bestellformular der Beklagten mit Angabe einer Postfachanschrift in Lahr/D.

Die Klägerin strich den oben zitierten Text der Kosten-Note bis auf den letzten Satz durch, so dass es dort nur noch lautete: "Bitte senden Sie den mir zustehenden Gewinnbetrag an meine o.g. Adresse". Sie ergänzte handschriftlich "Ich erwarte die vollen 20.000 DM" und übersandte die unterschriebene Kosten-Note an die Postfachanschrift der Beklagten in Lahr/Deutschland. Waren hat sie nicht bestellt.

Auf eine Mahnung der Beklagten durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin unter der vorgenannten Postfachadresse reagierte diese mit Schreiben vom 20.10.2000 und forderte zur Bearbeitung der Angelegenheit die "entsprechenden Gewinnspielunterlagen" an. Die Klägerin übersandte hierauf das eingangs zitierte Schreiben der General-Advokatur. Eine weitere Reaktion der Beklagten erfolgte nicht. Die Klägerin verlangt daher im Klagewege den versprochenen Gewinn von 20.000,00 DM.

Die Beklagte beruft sich darauf, die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte sei nicht begründet. Vielmehr sei das Gericht am Sitz der Beklagten in Holland zuständig. Der Klägerin stehe der Gewinn auch nicht zu. Nach den Auszahlungsbedingungen würden von dem Gewinnbetrag die angefallenen Depotgebühren der General-Advokatur in Abzug gebracht. Weiter heißt es dort:

"Der verbleibende Betrag wird zu gleichen Teilen unter allen Einsendern gültiger Kosten-Noten aufgeteilt. Die Höhe der einzelnen Gewinne richtet sich nach der Anzahl der eingehenden gültigen Kosten-Noten. Gewinne unter 3,00 DM werden aus Kostengründen nicht ausgezahlt, sondern gehen als Jackpot in die nächste Ziehung ein."

Die Beklagte behauptet, diese von ihr vorgelegten Auszahlungsbedingungen seien der Sendung an die Klägerin beigefügt gewesen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Beklagte verurteilt, 20.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit 26.03.2001 an die Klägerin zu zahlen. Es hat seine internationale Zuständigkeit gestützt auf Art. 5 Nr. 3 des Brüssler Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstrek-kung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ) unter Berufung auf Lorenz, NJW 2000, 3305 bejaht, da der Anspruch gemäß § 661a BGB als deliktischer oder quasi deliktischer Anspruch zu qualifizieren sei. Auch der Gerichtsstand des Erfüllungsortes gemäß Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ sei gegeben, weil es um die Verletzung vorvertraglicher Verhaltenspflichten gehe. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 661a BGB lägen vor.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie rügt erneut die internationale Zuständigkeit des Landgerichtes und macht geltend, unter Berücksichtigung der Selbstverantwortung des mündigen Verbrauchers könne nicht davon ausgegangen werden, dass durch die fragliche Sendung der Eindruck erweckt werde, die Klägerin habe schon gewonnen.

Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil und beantragt Zurückweisung der Berufung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht seine Zuständigkeit bejaht und der Klägerin einen Anspruch auf Gewinnauszahlung gemäß § 661a BGB zuerkannt.

1. Internationale Zuständigkeit

Beide Parteien haben ihren Wohn- bzw. Geschäftssitz in einem Vertragsstaat des EuGVÜ, so dass sich die Zuständigkeit nach diesem richtet. Nach Auffassung des Senates ist im vorliegenden Fall der Gerichtsstand für Verbrauchersachen gemäß Art. 13 EuGVÜ gegeben. Hilfsweise käme auch der Gerichtsstand des Deliktsortes gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ in Betracht.

a) Der Gerichtsstand für Verbrauchersachen gemäß Art. 13 EuGVÜ liegt vor.

Zwar bereitet die dogmatische Einordnung des Anspruches aus § 661a BGB unter die Normen des EuGVÜ Schwierigkeiten, zumal es diesen Anspruch zum Zeitpunkt der Abfassung des EuGVÜ noch nicht gab. Dies gilt insbesondere dann, wenn es zu einem Vertragsschluss (Bestellung und Lieferung von Waren) nicht gekommen ist. Unter Berücksichtigung des vom Gesetzgeber mit § 661a BGB und Art. 13 EuGVÜ verfolgten Zweckes ist dieser Anspruch jedoch unter Art. 13 EuGVÜ zu subsumieren.

aa) § 661a BGB wurde im Rahmen des Fernabsatzgesetzes mit Wirkung zum 01.07.2000 eingeführt. Damit sollte die Praxis unterbunden werden, dass Unternehmer Verbrauchern Mitteilungen über angebliche Gewinne zusenden, sie den Verbrauchern aber auf Nachfrage nicht aushändigen (Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drs. 14/2658, S. 48). Diese verbreitete Praxis war zwar bereits zuvor wettbewerbsrechtlich unzulässig, begründete aber keinen Anspruch auf den angeblichen Gewinn (Lorenz, Gewinnmitteilungen aus dem Ausland: Kollisionsrechtliche und international-zivilprozessuale Aspekte von § 661a BGB, NJW 2000, 3305, 3306 m.w.N. auf die einschlägige Rechtsprechung). Durch die Einführung eines vom einzelnen Verbraucher einklagbaren Anspruches sollte die trotz Wettbewerbswidrigkeit praktizierte Verfahrensweise wirkungsvoller sanktioniert werden. Einen europarechtlichen Hintergrund hat die Regelung nicht. Dennoch dient sie verbraucherschützenden Intentionen (Rauscher/Schülke: Grenzüberschreitende Gewinnmitteilung: Anknüpfung und internationale Zuständigkeit, The Europeau Legal Forum 2000/01, S. 334, 335). So hat auch Österreich bereits mit Wirkung zum 01.10.1999 mit § 5j des Konsumentenschutzgesetzes eine entsprechende Regelung eingeführt.

bb) Die Klägerin ist Verbraucherin. Nach Auffassung des Senates ist der Anspruch aus § 661a BGB auch als ein Anspruch aus einem Vertrag anzusehen, der die Lieferung beweglicher Sachen zum Gegenstand hat (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ). Zwar ist es hier gerade nicht zu einem Vertragsschluss über die Lieferung einer beweglichen Sache gekommen. Dies war jedoch das Motiv des Handelns der Beklagten, der es nicht darum ging, der Klägerin einen Geldbetrag zuzuwenden, sondern die mit ihrer Gewinnzusage den Zweck verfolgte, der Klägerin Warenangebote aufzudrängen, mit denen sie sich nicht befassen möchte (vgl. BT-Drs. 14/2658, S. 49). Wenn der Gesetzgeber im Falle des Einsatzes derartiger Praktiken im Rahmen der Vertragsanbahnung dem Verbraucher einen Anspruch auf den zugesagten Gewinn einräumt, wie dies mit § 661a BGB geschehen ist, so ist die darauf gestützte Klage nach Auffassung des Senates unabhängig davon, ob es zu der vom Unternehmer angestrebten Bestellung von Waren gekommen ist, als "Klage aus einem Vertrag" i.S.d. Art. 13 Abs. 1 EuGVÜ anzusehen.

In einem ähnlich, aber nicht gleich gelagerten Fall hat der Oberste Gerichtshof der Republik Österreich durch Beschluss vom 15.02.2000 dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob ein Anspruch auf Erfüllung der Gewinnzusage gemäß § 5j des österreichischen Konsumentenschutzgesetzes als vertraglicher Anspruch nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ anzusehen ist. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes in dem dort unter dem Aktenzeichen C-96/00 geführten Verfahren liegt zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senates noch nicht vor. In seinen Schlussanträgen vom 13. Dezember 2001 kommt der Generalanwalt des EuGH Jacobs jedoch zu folgendem Ergebnis (Erwägungsgrund 59; zitiert nach der homepage des EuGH):

"Wenn I) Verbraucher, denen Gewinnzusagen oder andere vergleichbare Mitteilungen zugesandt worden sind, deren Gestaltung den Eindruck erweckt, dass sie einen bestimmten Preis gewonnen haben, diesen Preis nach nationalem Verbraucherschutzrecht gerichtlich einfordern können, II) ein Versandhandelsunternehmen in einer persönlich adressierten Zuschrift den Eindruck erweckt, ein Verbraucher habe einen Preis gewonnen, der bei Eingang einer Warenbestellung eines bestimmten Wertes ausgezahlt werde, III) der Verbraucher eine solche Bestellung tätigt und IV) die bestellten Waren geliefert werden, stellt die Klage eines Verbrauchers nach diesem Gesetz eine Klage aus einem Verbrauchervertrag i.S.d. Art. 13 des Brüssler Übereinkommens ... dar."

In dem der österreichischen Vorlageentscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der Kläger tatsächlich Waren bestellt, die auch geliefert wurden. Auch wenn im vorliegenden Fall weder eine Bestellung noch eine Lieferung von Waren tatsächlich erfolgte, ist der Senat der Auffassung, dass auch in dieser Konstellation der Verbrauchergerichtsstand des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ gegeben ist. Zwar handelt es sich, wie auch die deutsche Regierung im Rahmen des dem EuGH zur Entscheidung vorliegenden Falles geltend gemacht hat (vgl. Erwägungsgrund 33 der genannten Schlussanträge des Generalanwaltes) nicht um die Klage aus einem bereits abgeschlossenen Vertrag. Trotz der in der genannten Stellungnahme aufgeführten Bedenken hält es der Senat jedoch für angemessen, die Vorschrift auch auf den durch Gesetz eingeräumten Anspruch gemäß § 661a BGB zu erstrecken. Dies entspricht dem verbraucherschützenden Ziel der Vorschrift, die darauf abzielt, bei Gewinnzusagen zum Zwecke der Erlangung von Bestellungen ein Schuldverhältnis anzunehmen. Das korrespondiert auch mit dem durch Art. 13 EuGVÜ verfolgten Ziel, nämlich dem Schutz des schwächeren Vertragspartners, dem der Entschluss zur gerichtlichen Wahrnehmung seiner Rechte nicht dadurch erschwert werden darf, dass er bei den Gerichten des Staates klagen muss, in dessen Hoheitsgebiet sein Vertragspartner seine Niederlassung hat (Erwägungsgrund 19 der Schlussanträge des Generalanwaltes in der Sache C-96/00). Macht man die Anwendbarkeit des Art. 13 davon abhängig, ob es bereits dadurch zu einem Vertragsschluss gekommen ist, dass der Verbraucher die bezweckte Warenbestellung aufgegeben und die Waren erhalten hat, so hätte dies zur Folge, dass die gerichtliche Zuständigkeit für die Einklagung eines Gewinnversprechens davon abhängt, wie weit der Verbraucher in die "Falle" getappt ist. Dies wäre weder verbraucherschutzrechtlich hinnehmbar, noch wäre es im Sinne einer klaren Abgrenzbarkeit der Zuständigkeit vertretbar. Eine enge Auslegung des Art. 13 ist daher nicht angebracht (so auch Erwägungsgrund 46 der Schlussanträge des Generalanwaltes in der Rechtssache C-96/00). Zutreffend weist Generalanwalt Jacobs auch darauf hin, dass im Falle der Verneinung der Anwendbarkeit des Art. 13 die Gefahr bestünde, dass Unternehmen "durch bloßes Hinmanipulieren der Aufmachung ihrer Zuschriften sicherstellen (könnten), dass der Verbraucher in seinem Wohnsitzstaat keine auf die Vorschriften des Übereinkommens gestützte Klage nach nationalem Verbraucherschutzrecht erheben könne. Dieses Ergebnis würde dem Ziel des Verbraucherschutzrechtes krass entgegenstehen" (a.a.O., Erwägungsgrund 48). Das gilt auch für die hiesige Konstellation, in der es noch nicht zu einer Bestellung gekommen ist. Da es sich um eine Verbrauchersache im Sinn des Art. 13 EuGVÜ handelt, kann die Klägerin gemäß Art. 14 EuGVÜ an ihrem Wohnsitzgericht, dem Landgericht Chemnitz, klagen.

b) Besonderer Gerichtsstand des Deliktsortes (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ)

Soweit man die Voraussetzungen der gegenüber den allgemeinen und besonderen Gerichtsständen vorrangigen Sondervorschrift des Art. 13 EuGVÜ (Lorenz, a.a.O., 3309; Rauscher, a.a.O., S. 335) nicht bejaht, weil es noch nicht zu einer Bestellung gekommen ist, wäre nach Auffassung des Senates hier der besondere Gerichtsstand des Deliktsortes (Art. 5 Abs. 3 EuGVÜ) im Bezirk des erstinstanzlich entscheidenden Landgerichtes gegeben.

Wie dargelegt, war die Intention des Gesetzgebers bei der Schaffung des § 661a BGB, die Sanktion des wettbewerbswidrigen Verhaltens in das Schuldrecht zu verlagern. Wegen der somit gegebenen Nähe zum Wettbewerbsrecht spricht Rauscher (a.a.O., S. 337) von einer Verlagerung der Bestrafung des Marktstörers auf einen privaten Kläger. Der Senat schließt sich dieser Argumentation an und verweist ergänzend auf die diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichtes.

c) Besonderer Gerichtsstand des Erfüllungsortes (Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ)

Ob, wie das Landgericht unter Berufung auf Lorenz (a.a.O.) meint, wegen des rechtscheinähnlichen Charakters der Haftung nach § 661a BGB auch Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ zur Anwendung kommt, kann somit dahinstehen.

d) Von der Möglichkeit, die Sache dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung über die Auslegung des EuGVÜ gemäß Art. 234 des EG-Vertrages i.V.m. Art. 3 Abs. 2 und Art. 2 Nr. 2 des Luxemburger Auslegungsprotokolls vom 03. Juni 1971 vorzulegen, macht der Senat keinen Gebrauch. Angesichts der dargestellten Argumente zur Auslegung hält der Senat eine Vorabentscheidung nicht für erforderlich, da er berechtigte Zweifel an der internationalen Zuständigkeit des angerufenen Landgerichtes nicht hegt.

2. Anspruch aus § 661a BGB

Der Klägerin steht auch ein Anspruch aus § 661a BGB zu.

a) Die Anwendung des § 661a BGB und damit des deutschen Rechtes hat das Landgericht zu Recht bejaht. Da beide Parteien übereinstimmend von der Anwendbarkeit deutschen Rechtes ausgehen, bedarf dies keiner näheren Darlegung insbesondere zur Frage der Anwendbarkeit des Art. 40 Abs. 1 EGBGB auf den vorliegenden Fall.

b) Die Voraussetzungen des § 661a BGB liegen vor. Danach hat der Unternehmer, der Gewinnzusagen oder vergleichbare Mitteilungen an Verbraucher sendet und durch die Gestaltung dieser Zusendungen den Eindruck erweckt, dass der Verbraucher einen Preis gewonnen hat, dem Verbraucher diesen Preis zu leisten.

Die Klägerin ist Verbraucherin und die Beklagte Unternehmerin. Die Mitteilung hat bei der Klägerin auch den Eindruck erweckt, dass sie bereits einen Preis gewonnen hat. Dies kann nach dem oben wiedergegebenen Wortlaut der Schriftstücke keinen ernsthaften Zweifeln begegnen. Mit der Formulierung des Gesetzes sollte bewusst bereits das Erwecken des Eindruckes genügen. Versteckte Hinweise etwa auf der Rückseite solcher Mitteilungen, dass es sich um ein "unverbindliches Gewinnspiel" handelt oder Ähnliches, vermögen die abstrakte Eignung solcher Mitteilungen, den Eindruck eines bereits gewonnenen Preises zu erwecken, in keiner Weise zu mildern (Lorenz, a.a.O., S. 3306). Auf die Frage, ob die von der Beklagten vorgelegten Auszahlungsbedingungen dem Schreiben an die Klägerin beigelegen haben, kommt es daher entscheidungserheblich nicht an. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, wurde nach Auffassung des Senates dennoch der Eindruck erweckt, die Klägerin habe bereits gewonnen. Im Übrigen hat die Beklagte weder schlüssig vorgetragen, dass die Bedingungen beigefügt gewesen seien, noch dafür Beweis angeboten. Soweit sie schreibt, wer die Unterlagen lese, komme "zwangsläufig zu den Spielregeln" (Bl. 59 dA), ist dieser Vortrag nicht hinreichend klar.

c) Rechtsfolge ist, dass der Klägerin der versprochene Preis zusteht. Dass sie hierfür keinerlei Gegenleistung erbracht hat, ist für den Anspruch unerheblich.

3. Zulassung der Revision

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage der internationalen Zuständigkeit für Ansprüche gemäß § 661a BGB lässt der Senat die Revision zum BGH gemäß § 546 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zu. Die Frage, ob Verbraucher im Falle derartiger Gewinnzusagen, die häufig aus den Benelux-Staaten kommen (vgl. Lorenz, a.a.O., S. 3307), an ihrem inländischen Wohnsitzgericht oder nur am Sitz des Unternehmens klagen können, hat auch im Sinne der Verwirklichung der mit der Einführung des § 661a BGB verfolgten gesetzgeberischen Ziele große praktische Bedeutung. Dies belegen auch die von der Beklagten im vorliegenden Verfahren vorgelegten unveröffentlichten Entscheidungen verschiedener Amts- und Landgerichte, in denen das Problem teilweise nicht, teilweise mit unterschiedlichen Ergebnissen behandelt wird. Ähnliches gilt für die veröffentlichte Rechtsprechung (soweit ersichtlich bisher nur: AG Heinsberg, NJW-RR 2001, 1274; AG Cloppenburg, NJW-RR 2001, 1274 und LG Wuppertal, NJW-RR 2001, 1275 = VuR 2001, 387).

4. Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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