Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 20.06.2007
Aktenzeichen: 8 U 328/07
Rechtsgebiete: LugÜ, KWG, BGB


Vorschriften:

LugÜ Art. 5 Nr. 3
LugÜ Art. 14 Abs. 1
LugÜ Art. 13 Abs. 1
KWG § 1 Abs. 1a Nr. 3
KWG § 32 Abs. 1
BGB § 832 Abs. 2
1. Die internationale Entscheidungszuständigkeit deutscher Gerichte ist nach dem Lugano-Übereinkommen vom 16.09.1988 (LugÜ) bei Klagen eines in Deutschland wohnhaften Verbrauchers nicht nur für Ansprüche aus unerlaubter Handlung, sondern auch für vertragliche und haustürwiderrufsrechtliche Rückgewähransprüche gegeben.

2. Ein ausländisches Unternehmen, dass sich nicht auf § 53b Abs. 1 KWG berufen kann (hier: mit Sitz in der Schweiz) und das sich gewerbsmäßig zum Zwecke grenzüberschreitender Bank- oder Finanzdienstgeschäfte mit im Inland wohnhaften Personen zielgerichtet an den Markt wendet, bedarf auch dann einer Erlaubnis nach § 32 KWG, wenn es im Inland keine Zweigstelle unterhält.


Oberlandesgericht Dresden IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 8 U 328/07

Verkündet am 20.06.2007

In dem Rechtsstreit

wegen Rückgewähr

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 02.05.2007 durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht H , Richter am Oberlandesgericht B und Richter am Amtsgericht R

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 25.01.2007 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung des Klägers, auch aus dem erstinstanzlichen Urteil, durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in jeweils gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

A.

Der 19.. geborene Kläger ist selbstständiger Augenoptiker, verheiratet und hat einen heute .... Jahre alten Sohn. Im Sommer 2003 warb ihn die Beklagte, eine in der Schweiz ansässige "Vermögensverwaltung AG für den Mittelstand", die in Deutschland über keine Erlaubnis gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG verfügt, mit ihrer professionellen Hilfe gewinnbringend Kapital in der Schweiz anzulegen. Nach wechselseitigen Erklärungen vom 29.07./05.08.2003 (K 1 bis K 3), die durch unaufgeforderte telefonische Aquise eines von der Beklagten in Deutschland genutzten Call-Centers angebahnt worden waren, schloss er mit ihr am 19.08.2003 einen "Vermögensverwaltungsauftrag" mit einer vereinbarten Entschädigung der Beklagten gemäß näher festgelegtem Tarif (K 9). An diesem Tag erteilte er ihr außerdem einen "Anlageauftrag - Schweizer Vermögensaufbauprogramm" (K 10), zu dem ihm ein entsprechendes Berechnungsbeispiel mit der Überschrift "Schweizer Vermögensaufbauprogramm mit Kapitalabsicherung" präsentiert wurde (K 11). Am 25.08.2004 tätigte er auf der Grundlage des Vermögensverwaltungsauftrages einen weiteren "Anlageauftrag - Schweizer Vermögensaufbauprogramm" (K 17); auch hier lag ein gleichartig aufgebautes Berechnungsbeispiel zugrunde (K 18). Die erste Anlage sollte am 01.08.2003 beginnen, wies eine Aufbauzeit von 16 Jahren, eine Laufzeit von 25 Jahren, eine Depotsumme von 96.000,00 CHF (Schweizer Franken) "zuzüglich 5 % Ausgabekosten (Agio)" aus und sah Einzahlungen des Klägers von 10.800,00 CHF im ersten Jahr und von jeweils 6.000,00 CHF in den folgenden 15 Jahren vor. Die zweite Anlage über eine Depotsumme von 60.000,00 CHF zzgl. 5 % Agio hatte, beginnend am 01.09.2004, eine Aufbauzeit von 12 Jahren und eine Laufzeit von 20 Jahren; sie sah Leistungen des Klägers von 8.000,00 CHF (erstes Jahr) und 5.000,00 CHF (folgende 11 Jahre) vor. Das sog. Agio war nach dem Inhalt gleichlautender Klauseln der beiden Anlageaufträge jeweils bei Vertragsbeginn zu leisten und im Falle vorzeitiger Beendigung nicht zurückzuerstatten; der Agioempfänger war nicht genannt. Alle Vertragserklärungen unterzeichnete der Kläger in Deutschland bei jeweiligen Gesprächsterminen mit einem Vertreter der Beklagten, diejenigen vom 29.07./19.08.2003 an seinem Arbeitsplatz in K , diejenigen vom 25.08.2004 in einem Zimmer des Hotels I in L Der Kläger händigte dem Kundenbetreuer der Beklagten am 19.08.2003 und am 25.08.2004 Barbeträge von 7.200,00 EUR und 9.700,00 EUR aus (K 4, K 15).

Außerdem zahlte er an sie zu Beginn eine "einmalige Auslands-Bearbeitungsgebühr" von 1.700,00 EUR in bar. Noch im August 2003 eröffnete die C S auf Vermittlung der Beklagten für den Kläger ein Privat- und ein Depotkonto und schrieb dem Privatkonto den sich nach Ankauf von 7.200,00 EUR ergebenden Betrag in Schweizer Franken gut (K 6, K 7). Dasselbe geschah im August 2004 mit den weiteren 9.700,00 EUR (K 16).

Tatsächlich kam es - nach im Kern bestrittener Darstellung des Klägers gänzlich entgegen seinen Erwartungen und den Zusagen der Berater der Beklagten - lediglich zum Abschluss von zwei Lebensversicherungen mit jeweils jährlicher Dynamisierung von 10 %. Die auf den Kläger lautenden Anträge "zur Absicherung des Schweizer Sicherheitspaketes" vom 19.08.2003 und vom 25.08.2004 (K 12, K 19), in denen das Wort "(Kapital-)Lebensversicherung" nicht auftauchte, waren an die F Lebens-Versicherungs-Gesellschaft gerichtet. Die Beklagte übersandte ihm im September 2003 die Durchschrift einer Versicherungspolice der G. P. (K 13, K 14, K 14a). Eine weitere Versicherungspolice der G. P. (K 20) verhält sich ersichtlich zum Antrag vom 25.08.2004. Nach dem Inhalt im Prozess vorgelegter Kontoauszüge (K 28) zog die G. P. im Lastschriftverfahren Beträge von 6.000,00 CHF (2003) und 6.600,00 CHF (2004) vom Schweizer Konto des Klägers ein. Eine Belastungsbuchung vom 01.10.2004 über 5.000,00 CHF bezeichnet als Begünstigte die "F. Versicherung A.". Dahinter steht offenbar die G. P. (vgl. auch www.g ).

Mit zwei Schreiben vom 19.07.2005 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass zum 01.09.2005 die dritte Ansparrate des (ersten) Schweizer Sicherheitspaketes i.H.v. 7.200,00 CHF bzw. die zweite Ansparrate des (zweiten) Schweizer Sicherheitspaketes i.H.v. 5.500,00 CHF fällig würde, und bat um rechtzeitige Überweisung von 7.500,00 CHF bzw. 5.800,00 CHF auf das Schweizer Bankkonto (K 21, K 22). Der Kläger reagierte im Schreiben vom 17.08.2005 mit dem Hinweis, das Sicherheitspaket, welches auch noch eine Dynamisierung enthalte, sei für ihn nicht die richtige Anlage, da die Sonderzahlung nicht in jedem Fall erfolgen könne (K 23). Seine Bitte um Überprüfung und Lösung des Problems ließ die Beklagte unbeantwortet. Der Kläger leistete keinerlei weitere Zahlungen, stellte sie vielmehr ein und wandte sich, vertreten durch seine jetzigen Prozessbevollmächtigten, im März 2006 an die Beklagte, widerrief und kündigte die mit ihr geschlossenen Verträge und die erteilten Vollmachten und machte Schadensersatz geltend (K 25).

Die Lebensversicherungen, deren Vermittlung sich die Beklagte - auch - vom Versicherer honorieren ließ, haben keinen Rückkaufwert, da sie nicht ausreichend angespart wurden. Kontoauszüge der Schweizer Bank hat der Kläger über seine Prozessbevollmächtigten erst während des Rechtsstreites unmittelbar von der Bank erhalten. Die Bankverbindung hat er beendet; die C S fordert einen Schlusssaldo von 111,95 CHF. Durch die Kontoauszüge erfuhr der Kläger erstmals, dass die Beklagte kurz nach den beiden Bareinzahlungen die Abbuchung von 4.800,00 CHF (12.09.2003) und 3.000,00 CHF (09.09.2004) zu ihren Gunsten veranlasst hatte; das sind die in den zwei Anlageaufträgen als "Ausgabekosten (Agio)" deklarierten 5 % der jeweiligen "Depotsumme" (der Ersteinzug der Versicherungsprämien erfolgte demgegenüber erst am 27.10.2003 bzw. am 01.11.2004). Außerdem hatte die Beklagte vom Konto des Klägers im September 2004, ohne hierüber Rechnung zu legen, einen Betrag von 308,50 CHF eingezogen.

Der Kläger wirft der Beklagten unerlaubte Handlungen, unzulängliche Aufklärung und eine Reihe von Beratungsfehlern vor. Mit der erstinstanzlich zum Teil zurückgenommenen Klage verlangt er unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten zum einen die geleisteten Zahlungen (insgesamt 18.600,00 EUR) nebst Verzugszinsen seit dem 18.03.2006 erstattet, ferner Zinsen für frühere Zeiträume wegen entgangener anderweitiger (Tagesgeld-)Anlagemöglichkeiten, drittens Erstattung des nicht anrechenbaren Teils der selbst beglichenen vorprozessualen Gebühr seiner Anwälte und schließlich Freistellung von der Kontoabschlussforderung der C S Darüber hinaus begehrt er die Feststellung von Annahmeverzug der Beklagten in Bezug auf die Annahme der Zug um Zug gegen Zahlung und Freistellung angebotenen Abtretung aller Ansprüche und Rechte des Klägers aus den beiden Lebensversicherungsverträgen.

Das Landgericht hat der Klage mit geringfügigen Einschränkungen beim Zinsbegehren stattgegeben. Es hat die Begründungslinie im Wesentlichen aus einem Urteil des Landgerichts Duisburg (K 32), welches nicht die Beklagte betrifft, übernommen und einen zu vollem Schadensersatz verpflichtenden Verstoß der Beklagten gegen § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG i.V.m. § 1 Abs. 1a Nr. 3 KWG bejaht. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und der rechtlichen Würdigung wird auf das angefochtene Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 25.01.2007 verwiesen.

Mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung erstrebt die Beklagte die vollständige Klageabweisung. Zu Unrecht habe das Landgericht die Verträge, die der Kläger mit unterschiedlichen Vertragspartnern geschlossen habe, ganzheitlich unter dem Gesichtspunkt des § 32 KWG beurteilt; die Vermittlung von Lebensversicherungen falle nicht unter diese Vorschrift. Ferner sei der Vermögensverwaltungsvertrag erst mit Annahme durch die Beklagte in der Schweiz zustande gekommen, so dass § 32 KWG ohnehin keine Anwendung finde. Im Übrigen habe der Vermögensverwaltungsvertrag seine Wirkungen erst dann entfalten sollen, wenn der Kläger aus den Lebensversicherungen angespartes Geld der Beklagten zur Anlage und Vermehrung überlasse. Dazu habe es, ordnungsgemäße Bedienung der jeweiligen Versicherung vorausgesetzt, erstmals nach Ablauf von vier bzw. drei Jahren kommen können.

Der Kläger beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen, und tritt dem Berufungsvorbringen der Beklagten im Einzelnen entgegen.

Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die Niederschriften der Verhandlungen vor dem Landgericht und dem Senat Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

I.

Die Klage ist uneingeschränkt zulässig. Insbesondere haben die angerufenen deutschen Gerichte über die geltend gemachten Ansprüche unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten zu befinden.

1. Die vom Landgericht in Anspruch genommene internationale Entscheidungszuständigkeit gemäß Art. 5 Nr. 3 des Lugano-Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16.09.1988 (BGBl. 1994 II, S. 2658; im Folgenden: LugÜ), welches in Bezug auf Deutschland und die Schweiz Anwendung findet, eröffnet die Entscheidungsbefugnis des angerufenen Gerichts allerdings nur in Bezug auf Ansprüche des Klägers aus unerlaubter Handlung, nicht hingegen - etwa unter dem Gesichtspunkt einer Annexzuständigkeit - für konkurrierende vertragliche Ansprüche (vgl. EuGH NJW 1988, 3088, 3089 zum gleich lautenden Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ; BGHZ 132, 105, 112 f.; BGH, Beschluss vom 10.12.2002 - X ARZ 208/02, BGHZ 153, 173, 180; eingehend zuletzt BGH, Urteil vom 07.12.2004 - XI ZR 366/03, WM 2005, 339, 341 ff. zu Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ).

2. Die Entscheidungskompetenz des angerufenen Wohnsitzgerichtes des Klägers erstreckt sich aber - abweichend von der Grundregel des Art. 2 LugÜ und unabhängig davon, ob der besondere Gerichtsstand des Art. 5 Nr. 1 LugÜ eingreift - gemäß Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 LugÜ auch auf vertragliche (Schadensersatz-)Ansprüche.

a) Nach Art. 14 Abs. 1 LugÜ hat der Verbraucher unter den Voraussetzungen des Art. 13 LugÜ die Wahl, die Klage vor den Gerichten seines oder des Wohnsitzstaates seines Vertragspartners zu erheben. Entscheidet sich der deutsche Verbraucher für eine Klage in Deutschland, ist das für seinen Wohnsitz zuständige Gericht entsprechend § 29c ZPO örtlich zuständig (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 26. Aufl., Art. 17 EuGVVO Rn. 19 m.w.N.).

b) Die Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 LugÜ liegen vor.

Der Kläger ist ungeachtet seiner beruflichen Tätigkeit als selbstständiger Augenoptiker in Bezug auf die in Rede stehende private Vermögensverwaltung nicht gewerbsmäßig tätig geworden, sondern als Verbraucher anzusehen. Der Vermögensverwaltungsauftrag vom 29.07./05.08.2003 (Anlagen K 1, K 3) hatte die Erbringung von Dienstleistungen der Beklagten zum Gegenstand. Dem Vertragsschluss war Werbung der Beklagten in Deutschland vorausgegangen, Art. 13 Abs. 1 Nr. 3a LugÜ (vgl. zu einem Fall fehlender zurechenbarer Werbung BGH, Beschluss vom 23.11.2004 - XI ZR 267/03, juris). Dem Kläger war nämlich von der Vertriebsstruktur der Beklagten im Rahmen eines unaufgeforderten Anrufs gezielt ein Beratungsgespräch angetragen worden; auf den ihm anschließend schriftlich für den 29.07.2003 bestätigten Beratungstermin (Anlage K 2) ließ er sich nach Ladenschluss in den Räumlichkeiten seines Optikergeschäftes ein. Mit an diesem Tag erfolgter Unterzeichnung und Aushändigung des an die Beklagte gerichteten Antrages hat er die Rechtshandlungen, die von seiner Seite aus zum Abschluss des Vermögensverwaltungsauftrages erforderlich waren, in Deutschland vorgenommen, Art. 13 Abs. 1 Nr. 3b LugÜ. Für den drei Wochen später am 19.08.2003 geschlossen weiteren Vermögensverwaltungsauftrag gilt das Vorstehende entsprechend. Auch diesen Vertrag unterzeichnete der Kläger unstreitig - entgegen der Ortsangabe Zürich oberhalb der Unterschriftenzeile - in Deutschland, als er erneut von einem Vertreter der Beklagten aufgesucht wurde.

c) Die Entscheidungszuständigkeit der deutschen Gerichte am Wohnsitz des Verbrauchers, der vertragliche Ansprüche einklagt, entfällt nicht aufgrund der Zürich als (ersichtlich ausschließlichen) Gerichtsstand vorsehenden Klausel in Ziff. 21 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten (K 1) bzw. aufgrund der gleich lautenden Regelungen in den beiden letzten Sätzen der Vertragsurkunde vom 19.08.2003 (K 9). Denn die strengen Voraussetzungen des Art. 15 LugÜ, unter denen von den Vorschriften der Art. 13, 14 LugÜ im Wege der Vereinbarung nur abgewichen werden darf, liegen ersichtlich nicht vor. Da Art. 15 LugÜ als Spezialregelung den allgemeinen ZPO-Vorschriften vorgeht (Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 38 Rn. 24 m.w.N. zum entsprechenden Vorrang der Vorschriften des früheren EuGVÜ bzw. der EuGVVO), kommt es nicht darauf an, ob die Gerichtsstandsvereinbarung, gemessen an den §§ 38 Abs. 2, 40 ZPO, wirksam wäre.

3. Die deutsche internationale Zuständigkeit besteht schließlich auch für Ansprüche des Klägers, die sich aufgrund Widerrufs seiner Vertragserklärungen gegenüber der Beklagten möglicherweise aus haustürwiderrufsrechtlichen Gründen ergeben.

Das folgt zwar nicht aus § 29c ZPO, da diese Vorschrift im Anwendungsbereich des Lugano-Übereinkommens von den Art. 13 bis 15 LugÜ verdrängt wird. Indes werden auch haustürwiderrufsrechtliche Rückgewähransprüche des Verbrauchers von Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 LugÜ, dessen Voraussetzungen nach dem oben Gesagten vorliegen, als "Ansprüche aus einem Vertrag" erfasst. Denn hierzu rechnen auch solche aus c.i.c. und Rückabwicklungsansprüche (Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., Art. 15 EuGVVO, Rn. 1 a.E.) sowie - gerade im Hinblick auf den Zweck der Vorschrift, den Vertragspartner zu schützen und ihm als schwächeren Vertragspartner die gerichtliche Wahrnehmung seiner Rechte nicht dadurch zu erschweren, dass er bei den Gerichten des Staates seines Vertragspartners klagen muss (EuGH NJW 1993, 1251 Tz. 18 zu Art. 13 EuGVÜ) - auch Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung, die an einen wegen Verstoßes gegen Verbrauchervorschriften nichtigen Vertrag anknüpfen (zutreffend LG Darmstadt, ZIP 2004, 1924, 1925). Für haustürwiderrufsrechtliche Rückgewähransprüche des nicht belehrten Verbrauchers kann nichts anderes gelten.

II.

Die Klage ist in dem Umfang, in dem ihr das Landgericht stattgegeben hat, begründet. Im Ergebnis zu Recht ist das Landgericht von einer deliktischen Haftung der Beklagten ausgegangen.

1. Für die Prüfung deliktischer Ansprüche ist mangels eines gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltes der Parteien (§ 40 Abs. 2 Satz 1 EGBGB) nach der Tatortregel des § 40 Abs. 1 EGBGB deutsches Sachrecht - also die §§ 823 ff. BGB -maßgebend, soweit die Beklagte in Deutschland gehandelt hat oder der Verletzungserfolg hier eingetreten ist. Beide Alternativen liegen bei Zugrundelegung des Vorbringens des Klägers zu einer unerlaubten Handlung vor. Das maßgebliche inkriminierte Verhalten der Beklagten hat in Deutschland stattgefunden. Der entsprechende Verletzungserfolg besteht schon in der Überlassung der Bargeldbeträge in Deutschland und ist deshalb im Inland eingetreten.

a) Aus Art. 41 EGBGB ergibt sich keine vorrangige Anwendung des schweizerischen Rechts. Eine wesentlich engere Verbindung mit dem schweizerischen als mit dem deutschen Recht weist der Streitfall nicht auf, soweit das Handeln der Beklagten in Deutschland oder der im Inland eingetretene Schaden des Klägers in Rede steht.

b) Auf die Rechtswahlklausel bzw. -vereinbarung im Vermögensverwaltungsvertrag kann sich die Beklagte ebenfalls nicht stützen. Das gilt unabhängig davon, ob die entsprechenden Regelungen ("Alle Rechtsbeziehungen des Kunden mit der M.. unterstehen dem schweizerischen Recht."; "Sämtliche Geschäftsbeziehungen zwischen der M.. und dem Kunden sind ausschließlich dem schweizerischen Recht unterstellt.") überhaupt deliktische Ansprüche des Kunden umfassen. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, wäre die im Voraus getroffene Rechtswahl nicht zu beachten. Denn Art. 42 Satz 1 EGBGB gestattet den Parteien in Bezug auf Ansprüche aus gesetzlichen Schuldverhältnissen (Art. 38 bis 40 EGBGB) nur eine nachträgliche Rechtswahl (vgl. Palandt/Heldrich, BGB, 66. Aufl., Art. 42 EGBGB, Rn. 1). Eine solche haben die Parteien hier jedenfalls nicht zu Gunsten des schweizerischen Rechts getroffen.

2. In der Hauptsache steht dem Kläger der geltend gemachte Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG zu.

a) Ungeachtet der Einfügung des § 6 Abs. 3, später Abs. 4 KWG in der bis zum 30.04.2002 geltenden Fassung und des mit Wirkung vom 01.05.2002 für die zu diesem Zeitpunkt errichtete Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht an dessen Stelle getretenen, hier maßgeblichen § 4 Abs. 4 FinDAG, die allesamt vorsahen bzw. vorsehen, dass das entsprechende Aufsichtsamt seine Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse wahrnimmt, ist § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG Schutzgesetz zu Gunsten des einzelnen Kapitalanlegers (BGH, Urteil vom 21.04.2005 - III ZR 238/03, NJW 2005, 2703; Urteil vom 19.01.2006 - III ZR 105/05, ZIP 2006, 382; zuletzt Urteile vom 11.07.2006 - VI ZR 339/04, WM 2006, 1898 und VI ZR 340/04 sowie VI ZR 341/04, www.bundesgerichtshof.de; vgl. auch bereits in Abgrenzung zum verneinten Drittschutz von Amtspflichten der Aufsichtsbehörde BGH, Urteil vom 20.01.2005 -III ZR 48/01, BGHZ 162, 49, 57 f.).

b) Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG bedarf, wer im Inland gewerbsmäßig Bankgeschäfte betreiben (§ 1 Abs. 1 KWG) oder Finanzdienstleistungen erbringen (§ 1 Abs. 1a KWG) will, der vorherigen schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt. Gegen dieses Verbot mit Erlaubnisvorbehalt hat die Beklagte verstoßen. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die bei und nach Anbahnung und Abschluss des Vermögensverwaltungsauftrages entfalteten Tätigkeiten der Beklagten insgesamt als erlaubnispflichtige Finanzportfolioverwaltung eingestuft, § 1 Abs. 1a Nr. 3 KWG.

aa) Diese Vorschrift erfasst die Verwaltung einzelner in Finanzinstrumenten angelegter Vermögen für andere mit Entscheidungsspielraum. Finanzinstrumente sind dabei nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 11 KWG Wertpapiere, Geldmarktinstrumente, Devisen oder Rechnungseinheiten sowie Derivate. Auf eine derartige Verwaltung zielte der der Beklagten erteilte Vermögensverwaltungsauftrag des Klägers.

Schon seinem Wortlaut nach war der Vertrag auf Vermögensverwaltung für andere angelegt. Die fremdnützige Verwaltung sollte sich dabei zumindest auch auf in Finanzinstrumente angelegtes Vermögen beziehen. Ungeachtet der unscharfen anlagebezogenen Vorgaben, die der Vertrag der Beklagten machte, erfolgen Kapitalanlagen, die ein professioneller Vermögensverwalter für den Kunden tätigt, um dessen Kapital - Wesen und Zweck der entgeltlichen Vermögensverwaltung entsprechend - zu erhalten und zu mehren, üblicherweise vor allem in Finanzinstrumenten. Solche bezeichneten auch bereits die vier Strategien, die im Formular des Erstantrages des Klägers vom 29.07.2003 beschrieben waren und von denen der Kläger am 19.08.2003 den "Verwaltungstyp (1): Konservativ (minimale Risikobereitschaft)" wählte. Die damit verbundene Anlagepolitik, für die ein Anlagehorizont von drei bis fünf Jahren empfohlen war, wurde wie folgt kurz erläutert: "Der Anteil an Obligationenfonds und Geldmarktfonds bietet eine hohe Sicherheit mit minimalem Schwankungsrisiko. Der Fremdwährungsanteil ist klein." Die so bezeichneten Fonds sind, soweit sie nicht schon als Wertpapiere i.S.d. § 1 Abs. 11 Satz 2 KWG anzusehen sind, jedenfalls als handelbare Geldmarktinstrumente i.S.v. § 1 Abs. 11 Satz 3 KWG Finanzinstrumente. Explizit sind Wertpapiere als möglicher Gegenstand der Verwaltungstätigkeit zudem in der Klausel des Vermögensverwaltungsauftrages vom 19.08.2003 zur "Entschädigung nach Tarif" genannt. Auch die Beklagte selbst stellt nicht ihre vormalige Absicht in Abrede, Vermögen des Klägers in Finanzinstrumenten anzulegen.

Der Beklagten war bei der Vermögensverwaltung auch ein - sogar außerordentlich weitreichender - Ermessensspielraum eingeräumt. Das belegen folgende im Vermögensverwaltungsvertrag vom 19.08.2003 enthaltenen Regelungen:

"Die M.. übt die Verwaltung nach freiem Ermessen sowie gemäß vereinbarter Anlagepolitik aus. Sie ist frei in der Wahl des Anlageobjektes, der Währungen und des Anlagezeitpunktes. Die M.. ist berechtigt, die Anlagen ohne Rücksicht auf die persönliche Steuersituation des Kunden vorzunehmen.

Der Kunde ermächtigt die M.., auf seine Rechnung die üblichen Anlagen gemäß vereinbarter Anlagepolitik zu tätigen, Anlagen zu verlängern, zu erneuern, abzuändern, zu kündigen oder aufzulösen und Guthaben einzuziehen."

bb) Der Bewertung als erlaubnispflichtige Finanzportfolioverwaltung steht nicht entgegen, dass die Beklagte, bezogen auf den konkreten Fall, tatsächlich kein gerade in Finanzinstrumenten angelegtes Vermögen des Klägers verwaltet hat.

Zwar stellt die bloße Vermittlung einer - nach deutschen Gewohnheiten eher atypisch ausgestalteten - Kapitallebensversicherung, zu der es im Streitfall anlagebezogen allein gekommen ist (in zwei Fällen), als solche keine Finanzdienstleistung i.S.d. Nr. 3 oder der Nrn. 1 und 2 des § 1 Abs. 1a KWG dar; denn bei derartigen Versicherungen handelt es sich nicht um ein Finanzinstrument. Die Vermittlung war aber untrennbarer Bestandteil eines Gesamtkonzeptes, welches die Beklagte unter dem Oberbegriff Vermögensverwaltung als einheitliches Paket offerierte und mit zusätzlichen Schlagworten wie "Depotsumme", "Schweizer Vermögensaufbauprogramm" und "Schweizer Sicherheitspaket" schmückte. Nach ihrer eigenen Darstellung sollten konkrete finanzportfolioverwaltende Tätigkeiten (i.S.v. § 1 Abs. 1a Nr. 3 KWG) aus denjenigen Mitteln erfolgen, die aus der ersten Lebensversicherung nach Ablauf von 4, 8, 12 und 16 Jahren und aus der zweiten Versicherung nach Ablauf von 3, 6, 9 und 12 Jahren an den Kläger fließen würden. Allein mit Hilfe dieser von vornherein vertraglich vereinbarten Anschlusstätigkeiten hatte der Kläger überhaupt nur die Chance, einen - ohne Berücksichtigung eines für den Todesfallschutz anzusetzenden Gegenwertes - beträchtlichen Verlust zu vermeiden. So standen in Bezug auf das erste "Schweizer Sicherheitspaket für den Mittelstand" sicheren Zahlungsverpflichtungen des Klägers von wenigstens 175.400,00 CHF (168.000,00 CHF dynamisierte Versicherungsprämien an Versicherer; vorab 4.800,00 CHF "Ausgabekosten" und umgerechnet rund 2.600,00 CHF "Auslandsbearbeitungsgebühr" an Beklagte) garantierte Auszahlungen von insgesamt lediglich 154.260,00 CHF gegenüber (vgl. K 14; das Berechnungsbeispiel K 11 war also mit dem Ausweis eines "abgesicherten Kapitals" von 158.136,00 CHF geschönt); beim zweiten Sicherheitspaket beliefen sich Aufwand und vorübergehend sicherer Nutzen auf Beträge von 96.000,00 CHF (dynamisierte Versicherungsprämien zzgl. "Agio") und 83.900,00 CHF. Diese finanziellen Ertragsnachteile der beiden Anlagen sollten nach dem eigenen Verständnis der Beklagten vermieden werden, indem mit den jeweiligen Auszahlungsleistungen der Versicherer finanzport-folioverwaltend erfolgreich "gearbeitet" würde. So suggerierten es auch die Zahlen zum "prognostizierten Gesamtkapital" nach 16, 20 und 25 bzw. 12, 15 und 20 Jahren in den beiden Berechnungsbeispielen.

Damit war der Vermögensverwaltungsvertrag der Parteien von Beginn an zentral - nach der Darstellung der Beklagten zumindest auch - auf die bereits vereinbarte Verwaltung in Finanzinstrumenten anzulegenden Vermögens des Klägers gerichtet. Der vertragliche Rahmen war dabei verbindlich abgesteckt, die vom Kläger der Beklagten als Vermögensverwalterin nach gemeinsamer Absprache vorgegebene Anlagepolitik ebenfalls. Schon der Finanzportfolioverwaltung in solcher Weise vorsehende Vertragsschluss macht den Leistungsanbieter zu jemandem, der Finanzdienstleistungen nicht nur "erbringen will" (§ 32 Abs. 1 Satz 1 KWG), sondern tatsächlich bereits erbringt.

cc) Auch die Erbringung der Finanzportfolioverwaltung "im Inland" ist zu bejahen.

(1) Allerdings ist die Frage einer aufsichtsrechtlichen Erlaubnispflicht bei grenzüberschreitenden Bankgeschäften und Finanzdienstleistungen nicht nur vielschichtig. Sie wird in Bezug auf einen Sachverhalt wie den vorliegenden auch unterschiedlich beantwortet.

Teilweise wird unter Betonung des dem Gesetzgeber unterstellten streng institutsbezogenen Regulierungsansatzes vertreten, de lege lata unterlägen ausländische Unternehmen, die im Inland Bankgeschäfte betreiben bzw. Finanzdienstleistungen erbringen wollen, ausnahmslos keiner Erlaubnispflicht, soweit sie sich hierfür nicht einer inländischen Zweigstelle (§ 53 KWG) - oder einer inländischen Repräsentanz (vgl. § 53a KWG) - bedienten; die als bereits überholt zu bezeichnende Teilakttheorie der Aufsichtsbehörde mit Fiktion einer Zweigstelle sei ebenso abzulehnen wie die neue Theorie der Aufsicht von einer generellen Erlaubnispflicht grenzüberschreitender Geschäfte, die den institutsbezogenen Regulierungsansatz des Gesetzgebers kurzerhand durch einen vertriebsbezogenen ersetze (vgl. Marwede in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 2. Aufl., § 53 Rn. 122 ff.; Hanten, WM 2003, 1412 ff.).

Demgegenüber vertreten die Aufsichtsbehörden seit geraumer Zeit den Standpunkt, der ausländische Anbieter, der sich nicht auf § 53b Abs. 1 KWG stützen könne, bedürfe bei grenzüberschreitenden Geschäften mit Personen mit Wohnsitz oder ständigem Aufenthalt im Inland im Falle gewerbsmäßigen Handelns der Erlaubnis gemäß § 32 KWG (Schreiben des BAKred vom 12.04.2002, abgedr. in Consbruch/Möller/Bähre/Schneider, KWG Textsammlung Nr. 4.341). Von einem Handeln des ausländischen Dienstleistungserbringers "im Inland" sei dabei immer dann auszugehen, wenn er sich im Inlandziel gerichtet an den Markt wende, um gegenüber Unternehmen bzw. Personen mit Sitz im Inland wiederholt und geschäftsmäßig Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen anzubieten; dagegen seien Geschäfte, die aufgrund der eigenen Initiative des Kunden beim ausländischen Anbieter nachgefragt würden und zustande kämen, im Hinblick auf die passive Dienstleistungsfreiheit erlaubnisfrei (Merkblatt der BAFin, Stand April 2005, abgedr. in Consbruch/Möller/Bähre/Schneider, a.a.O., Nr. 4.350). Diesen Standpunkt hat Voge, Mitarbeiter der Bundesanstalt, kürzlich eingehend erläutert und verteidigt (WM 2007, 381 ff.).

(2) Nach Auffassung des Senates ist die Gesetzesauslegung der Aufsichtsbehörden, namentlich der seit dem 01.05.2002 zuständigen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, jedenfalls für Fallgestaltungen der vorliegenden Art richtig.

Die Regelung des § 32 KWG muss, auch wenn in dessen Abs. 1 Satz 2 und in den Abs. 3 und 3a vom betroffenen "Institut" (§ 1 Abs. 1b KWG) die Rede ist, weder streng institutsbezogen noch so verstanden werden, dass es auf eine physische Präsenz des Anbieters im Sinne einer organisatorischen/personellen Struktur im Inland ankommt. Der weit gefasste Wortlaut des § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG lässt die Erstreckung auf grenzüberschreitend erbrachte Dienstleistungen durch ausländische Unternehmen ohne Differenzierung danach zu, ob das Unternehmen im Inland mit einer Zweigstelle oder in vergleichbarer Weise präsent ist. Dies nimmt auch der vom Bundesministerium der Finanzen am 03.09.2001 vorgelegte Diskussionsentwurf des 4. Finanzmarktförderungsgesetzes an (abrufbar unter www.uni-leipzig.de/bankinstitut/dokumente/2001-09-04-01.pdf, dort S. 309 unten). Dass der Vorschlag dieses Diskussionsentwurfs, in § 32 Abs. 1 KWG zur Klarstellung und nicht zuletzt im Hinblick auf die Strafbewehrtheit unerlaubt erbrachter Bank- oder Finanzdienstleistungen (§ 54 KWG) einen Satz 2 aufzunehmen ("Ein Betreiben von Bankgeschäften oder Erbringen von Finanzdienstleistungen im Inland liegt vor, wenn der Erbringer oder Empfänger seinen Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, es sei denn, die Bank- oder Finanzdienstleistung einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Nebenleistungen wird auschließlich im Ausland erbracht."; Diskussionsentwurf S. 114 sowie Begründung S. 309 f.), bei späteren Gesetzesänderungen nicht umgesetzt worden ist, erlaubt keinen Rückschluss auf einen abweichenden Willen des Gesetzgebers. Vielmehr hatte und hat der Gesetzgeber in einer Reihe anderer Vorschriften des Kreditwesengesetzes einen zunehmend marktbezogenen Ansatz etabliert und die generelle Erlaubnispflicht aus dem Ausland in das Inland gewerbsmäßig zu erbringender Bank- und Finanzdienstleistungen gerade bestätigt (insbesondere §§ 53b, 53c KWG; vgl. für Finanzportfolioverwaltung in gewissermaßen umgekehrter Richtung auch § 24 Abs. 3 KWG). Es kann ihm dabei nicht unterstellt werden, er habe lediglich organisatorisch im Inland verfestigte Strukturen ausländischer Anbieter der grundsätzlichen Erlaubnispflicht unterstellen wollen, nicht aber grenzüberschreitend operierende "fliegende" Bankgeschäfts- und Finanzdienstleistungsanbieter.

Der Zweck der Erlaubnispflicht bekräftigt dieses Verständnis. Das erkennbare Ziel der Vorschrift geht dahin, mittels grundsätzlicher Erlaubnispflicht und korrespondierender staatlicher Aufsicht die allgemeine Ordnung im Kredit- und Finanzdienstleistungswesen zu gewährleisten, die Funktionsfähigkeit des Finanzapparates zu erhalten und die Gläubiger vor Verlusten ihrer Gelder zu schützen. Diese Zwecke kommen nicht allein in den Fällen zum Tragen, in denen ein inländisches Institut oder eine Zweigstelle des ausländischen Unternehmens tätig wird, sondern stets auch dann, wenn ein Auslandsunternehmen aktiv den inländischen Markt betritt und unaufgefordert Kunden für Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen zu gewinnen sucht. Dies gilt verstärkt angesichts zunehmend moderner Kommunikationsformen (z.B. Internet- und Telefonbanking), die eine physische Präsenz ausländischer Unternehmen, die sich den deutschen Bank- und Finanzdienstleistungsmarkt erschließen wollen, weitgehend entbehrlich machen.

Ob die - von der Bundesanstalt wohl auch aus Gründen praktikabler Handhabung einerseits, der Berücksichtigung von Grundfreiheiten der Beteiligten andererseits (vgl. hierzu jüngst EuGH, Urteil vom 03.10.2006 - C 452/04, der die Dienstleistungsfreiheit im Sinne der Artikel 49 ff. EG berührt sieht, auf die sich ein Unternehmen mit Sitz in einem Drittstaat wie der Schweiz allerdings nicht berufen könne) vorgenommene - Abgrenzung danach, von wem die Initiative zur Inanspruchnahme bzw. Erbringung von Bank- und Finanzdienstleistungen ausgegangen ist (vom deutschen Kunden oder vom ausländischen Dienstleister), für alle denkbaren Fallgestaltungen zutrifft, mag zweifelhaft sein. § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG greift aber jedenfalls dann ein, wenn der ausländische Anbieter von Finanzportfolioverwaltung deutsche Kunden durch Mitarbeiter oder Repräsentanten im Inland unaufgefordert zielgerichtet anspricht und sie hier im persönlichen Gespräch zum Abschluss eines entsprechenden Vermögensverwaltungsvertrages veranlasst.

(3) So liegt es im vorliegenden Fall. Die Beklagte hat sich aus eigener Initiative an den deutschen Markt gewandt. Sie bedient(e) sich unstreitig der Hilfe inländischer Call-Center, die im Wege - unzulässiger (vgl. auch Allgemeinverfügung des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel bezüglich der Werbung in Form des "Cold-Calling" vom 27.07.1999, www.bafin.de) - unaufgeforderter telefonischer Kontaktaufnahme potenzielle Kunden ansprechen und zu einem persönlichen Beratungsgespräch mit einem Vertreter der Beklagten beim Kunden motivieren. Auf diese Weise ist es ihr gelungen, ca. 30.000 bis 35.000 Kunden in Deutschland zu gewinnen. In zahlreichen Fällen wird sie den jeweiligen Kunden überzeugt haben, einen "Vermögensverwaltungsauftrag" und gleichzeitig das "Schweizer Sicherheitspaket" mit finanzportfolioverwaltendem Zuschnitt zu zeichnen. So ist es auch hier gewesen. Dabei hat der Kläger seine maßgeblichen Vertragserklärungen samt der im Gespräch festgelegten Anlagepolitik in Deutschland abgegeben, mögen die Anlagen K 3 und K 4 auch auf das grundsätzliche Bestreben der Beklagten hindeuten, nach einem ersten "Beratungstermin" beim Kunden (vgl. Anlage K 2) alles Weitere bei einem Besuch des Kunden in Zürich zu regeln. Unerheblich ist dagegen, dass die im Vermögensverwaltungsauftrag angelegte Finanzportfolioverwaltung der Beklagten in Bezug auf spätere konkrete Einzelmaßnahmen ersichtlich in der Schweiz ausgeübt werden sollte.

dd) Die "Gewerbsmäßigkeit" inländischer Erbringung von Finanzdienstleistungen ist ebenfalls zu bejahen. Sie liegt schon dann vor, wenn entsprechende Geschäfte nicht nur ganz vereinzelt, sondern über eine gewisse Dauer hinweg mit Gewinnerzielungsabsicht getätigt werden. Daran besteht unter den vorliegenden Gesamtumständen kein Zweifel.

ee) Der Pflicht, eine vorherige Erlaubnis der Bundesanstalt einzuholen, war die Beklagte nicht aus sonstigen Gründen enthoben. Auf die Regelungen in § 2 Abs. 6 und 10 KWG, die eine Erlaubnisfreiheit von Finanzdienstleistungen bestimmter Unternehmen bzw. einzelner Finanzdienstleitungen bewirken, kann sie sich nicht stützen; keiner der dort genannten Tatbestände greift zu ihren Gunsten ein. Da die Schweiz nicht zum Europäischen Wirtschaftsraum i.S.v. § 1 Abs. 5a KWG rechnet, scheidet auch eine Erlaubnisfreiheit gemäß § 53b Abs. 1 Satz 1 KWG aus. Eine Rechtsverordnung gemäß § 53c KWG gibt es in Bezug auf die Schweiz ebenfalls nicht. Von einer im Einzelfall unter bestimmten Voraussetzungen möglichen Freistellung von der Erlaubnispflicht gemäß § 2 Abs. 4 KWG kann schließlich ebenfalls nicht ausgegangen werden; solches hätte die für den Ausnahmetatbestand darlegungsbelastete Beklagte zu ihrer Verteidigung zweifellos vorgetragen.

ff) Damit sind sämtliche Voraussetzungen einer Erlaubnispflicht gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1a Nr. 3 KWG und einer Verletzung des Schutzgesetzes erfüllt. Im Hinblick auf diesen festgestellten Verstoß kann dahinstehen, ob die Beklagte auch wegen Betreibens des Finanztransfergeschäftes (§ 1 Abs. 1a Nr. 6 KWG) bzw. der Drittstaateneinlagenvermittlung (§ 1 Abs. 1a Nr. 5 KWG) der Erlaubnis bedurfte.

c) Den vorbezeichneten Verstoß hat die Beklagte wenigstens fahrlässig begangen, §§ 823 Abs. 2 Satz 2, 276 Abs. 2 BGB. Sie hätte zumindest eine nach Lage der Dinge gebotene klärende Anfrage an die deutsche Aufsichtsbehörde richten müssen. Dann wäre ihr die Erlaubnispflicht ihres Geschäftsmodells mitgeteilt worden.

d) Der Kläger kann den ihm durch die schuldhafte Schutzgesetzverletzung entstandenen Schaden ersetzt verlangen, § 823 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 BGB.

aa) Der Schaden, den der Geschädigte nach § 823 Abs. 2 BGB ersetzt verlangen kann, muss gerade durch die Verletzung des Schutzgesetzes verursacht sein, also zu den Schäden gehören, die durch die Norm verhindert werden sollen (vgl. BGH, Urteil vom 18.11.2003 - VI ZR 385/02, NJW 2004, 356; Urteil vom 26.09.2005 - II ZR 380/03, NJW 2005, 3721). Dabei genügt es für eine adäquate Verursachung, wenn die Befolgung des Schutzgesetzes größere Sicherheit gegen den Schaden geboten hätte.

bb) Danach hat das Landgericht richtig entschieden, dass die Beklagte die vom Kläger entrichteten Zahlungen (18.600,00 EUR) in vollem Umfang - einschließlich Verzugszinsen seit dem 18.03.2006 - zu erstatten hat.

(1) Die nutzlos gewordenen Aufwendungen des Klägers, die die Beklagte von ihm zur Honorierung ihrer "Leistungen" erhalten hat, sind ohne weiteres als ersatzfähiger Schaden anzuerkennen.

Hätte die Beklagte dem Kläger keine unerlaubte Finanzportfolioverwaltung angetragen, hätte dieser sich zweifellos nicht zu Vergütungen an sie bereitgefunden, auch nicht für solche Geschäfte, die bei isolierter Betrachtung - wie die Vermittlung von Versicherungen - nicht von der Erlaubnispflicht umfasst waren. Denn der Erfolg oder Misserfolg des einheitlichen Geschäftsmodells der Beklagten beruhte konzeptionell darauf, dass es ihr mit Hilfe geschickter Verwaltung in Finanzinstrumente anzulegenden Vermögens des Kunden gelingen würde, für diesen unter dem Strich einen möglichst positiven Ertrag zu erwirtschaften. Eben dies war ihr jedoch im Wege der intendierten Finanzportfolioverwaltung nicht gestattet, weil sie über die erforderliche Erlaubnis gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG nicht verfügte. Deshalb kann der Kläger die ihr unmittelbar zugeflossenen und verbliebenen Beträge (1.700,00 EUR Auslandsbearbeitungsgebühr; 4.800,00 CHF bzw. 3.000,00 CHF erstes und zweites "Agio", 4,00 CHF und 308,50 CHF Abbuchungen gemäß K 28, insgesamt also 8.112,50 CHF oder - bei einem mittleren Umtauschkurs von 1,522, wie aus K 6, K 16 ersichtlich - umgerechnet 5.330,16 EUR) erstattet verlangen.

(2) Im Ergebnis nichts anderes gilt für die "verlorenen" Versicherungsprämienzahlungen (insgesamt 17.600,00 CHF, entspräche bei Umrechungskurs 1,522 genau 11.563,73 EUR).

Durchgreifende Zweifel an deren Ersatzfähigkeit sind nicht deshalb angebracht, weil das Schutzgesetz (§ 32 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1a Nr. 3 KWG) nicht vor Schäden bewahren will, die aus der Vermittlung von Versicherungsverträgen resultieren. Die einheitliche Betrachtung, die bei der Feststellung des Verstoßes gegen § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG angezeigt ist, muss auch beim Zurechnungszusammenhang vorgenommen werden. Ohne den einheitlich zu bewertenden Verstoß der Beklagten gegen das Schutzgesetz wäre es nicht zum Abschluss der Versicherungen gekommen. Deren isolierter Abschluss wäre im Übrigen für den Kläger ohne Zweifel nicht ausreichend attraktiv gewesen. Unabhängig davon hält es der Bundesgerichtshof für ausreichend, wenn feststeht, dass der Anleger von der Anlage abgesehen hätte, wenn er darüber aufgeklärt worden wäre, dass der Vermittler nicht im Besitz der erforderlichen Erlaubnis ist (vgl. Urteil vom 21.04.2005 - III ZR 238/03, NJW 2005, 2703, 2704). Diese Überlegung lässt sich nach Auffassung des Senates erweitern und auf sämtliche Verwaltungs-, Vermittlungs-, Beratungs- und sonstige Tätigkeiten eines Finanzportfolioverwalters ausdehnen, der auf der Grundlage eines umfassenden Vermögensverwaltungsvertrages tätig wird, ohne im Besitz der notwendigen Erlaubnis zu sein. Im Streitfall spricht eine tatsächliche Vermutung für aufklärungsrichtige, allein vernünftige Abstandnahme des Klägers von dem ihm offerierten "Gesamtpaket" ("Vermögensverwaltungsauftrag", "Schweizer Vermögensaufbauprogramm" und "Absicherung des Schweizer Sicherheitspaketes"), wenn ihn die Beklagte über die erforderliche, aber nicht vorhandene Erlaubnis gemäß § 32 KWG unterrichtet hätte. Zur Widerlegung dieser Vermutung hat die Beklagte nichts vorgetragen; deutliche Anhaltspunkte sind in dieser Hinsicht auch sonst nicht erkennbar.

Dem Kläger kann auch nicht angelastet werden, die Versicherungen nicht mehr bedient und damit selbst dazu beigetragen zu haben, dass keinerlei Rückkaufwert entstanden ist. Denn er musste sich nicht darauf verweisen lassen, die nicht im Besitz der erforderlichen Erlaubnis befindliche Beklagte weiter für sich tätig sein zu lassen, um den erhofften Gesamterfolg Wirklichkeit werden zu lassen.

cc) Der ersatzfähige Schaden umfasst außerdem die Positionen, die das Landgericht mit Ziffer 1b bis 1d des Tenors zugesprochen hat. Auf die zutreffende Begründung im angefochtenen Urteil (LGU 11), der die Beklagte nicht entgegen getreten ist, wird Bezug genommen.

dd) Der Ausspruch der Feststellung von Annahmeverzug in Bezug auf die Zug-um-Zug-Abtretung der Rechte des Klägers aus den beiden Lebensversicherungen lässt schließlich ebenfalls keinen Fehler zum Nachteil der Beklagten erkennen; Beanstandungen hat die Berufung insoweit auch nicht erhoben.

C.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war zuzulassen, weil jedenfalls die entscheidungserhebliche Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die grenzüberschreitende Erbringung von Finanzdienstleistungen durch ein schweizerisches Unternehmen der Erlaubnispflicht gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG unterliegt, rechtsgrundsätzliche Bedeutung hat, § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück