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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 27.09.2000
Aktenzeichen: 1 Ws 441-442/00
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 51 Abs. 2 Satz 1
Zur rechtzeitigen und genügenden Entschuldigung eines Zeugen für sein Ausbleiben in der Hauptverhandlung.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

1 Ws 441-442/00 230 Js 968/95 StA Düsseldorf

In der Strafsache

wegen falscher Versicherung an Eides Statt

hat der 1. Strafsenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht S... und die Richter am Oberlandesgericht H... und S... am

27. September 2000

auf die Beschwerden

a) des W... M... aus Erkelenz,

b) des D... W... aus Erkelenz

gegen den Beschluß der XXXIII. kleinen Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 21. September 1999 nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die den Beschwerdeführern entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe:

I.

1.

Die Beschwerdeführer M... und W... waren am 27. August 1999 zu der Hauptverhandlung vom 21. September 1999 vor der XXXIII. kleinen Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf als Zeugen geladen. Mit einem gemeinsamen Schreiben vom 7. September 1999, eingegangen am 10. September 1999, teilten sie dem Gericht mit, sie befänden sich vom 18. September bis 9. Oktober 1999 in Urlaub und könnten deshalb den Termin nicht wahrnehmen.

Die Strafkammervorsitzende verfügte daraufhin am 14. September 1999, den Beschwerdeführern per Fax mitzuteilen, daß ihr Schreiben für eine hinreichende Entschuldigung nicht ausreiche. Die Tatsache, daß sie Urlaub hätten, sage nichts darüber aus, daß sie zu dem Termin nicht erscheinen könnten. Dieses Fax erreichte die Beschwerdeführer, wie sich aus dem Sendebericht ergibt, nicht, weil sich die auf ihrem Schreiben vom 7. September 1999 angegebene Fax-Nummer geändert hatte. Eine weitere fernmündliche oder schriftliche Benachrichtigung der Beschwerdeführer unter ihrer auf dem Schreiben ebenfalls zutreffend angegebenen Telefonnummer oder Postanschrift erfolgte nicht.

Da die Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung vom 21. September 1999 nicht erschienen, wurde gegen sie durch Beschluß vom selben Tage ein Ordnungsgeld von je 200,-- DM, ersatzweise für je 50,-- DM ein Tag Ordnungshaft, festgesetzt. Ferner wurden ihnen die durch ihr Ausbleiben entstandenen Verfahrenskosten auferlegt.

Die Sache wurde auf unbestimmte Zeit vertagt, da ohne die Beschwerdeführer nicht zu einer Entscheidung gelangt werden könne.

2.

Gegen den Beschluß vom 21. September 1999 haben beide Beschwerdeführer Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, sie hätten den Urlaub bereits vor Monaten gebucht und die Flugreise nicht mehr absagen können. Da sie auf ihr Schreiben vom Gericht keine Antwort erhalten hätten, seien sie davon ausgegangen, daß der Termin aufgehoben worden sei. Die Strafkammervorsitzende forderte die Beschwerdeführer daraufhin mit Schreiben vom 19. Oktober 1999 auf, Unterlagen über ihre gebuchte Reise zu den Akten zu reichen und teilte ihnen mit, daß über ihre Beschwerde erst entschieden werde, wenn die Unterlagen eingereicht worden seien. Daraufhin übersandten die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 28. Oktober 1999 ein Fax der Maritime Bar "L..." in Es Pujols/Formentera vom 26. Oktober 1999, in dem bestätigt wird, daß die Beschwerdeführer im Januar 1999 die Appartement-Anlage E... für vier Personen für die Zeit vom 18. September bis 9. Oktober 1999 fest gebucht und bezahlt hätten.

In der auf den 18. April 2000 neu anberaumten Hauptverhandlung wurden die Beschwerdeführer als Zeugen vernommen. Über ihre Beschwerden wurde hierbei jedoch entgegen einer ihnen mit der Ladung gemachten Zusage nicht entschieden. Durch Beschluß vom 27. Juni 2000 hat es die Strafkammervorsitzende sodann abgelehnt, der Beschwerde abzuhelfen.

II.

1.

Das Rechtsmittel ist begründet, da das Ausbleiben der Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung vom 21. September 1999 gemäß § 51 Abs. 2 Satz 1 StPO rechtzeitig genügend entschuldigt war und deshalb die Voraussetzungen zur Verhängung von Ordnungsmaßnahmen gemäß § 51 Abs. 1 StPO nicht vorlagen.

Die Beschwerdeführer hatten - wie sich herausgestellt hat - mit zutreffenden Gründen rechtzeitig vor der Hauptverhandlung ihr Nichterscheinen entschuldigt. Wenn die Strafkammer das Vorbringen für unzureichend hielt und dessen Glaubhaftmachung verlangte, mußte sie den Beschwerdeführern hierzu ausreichende Gelegenheit geben. Das ist nicht geschehen, denn für die Strafkammer war erkennbar, daß ihr Fax die Beschwerdeführer nicht erreicht hatte.

Es hätte deshalb Anlaß bestanden, die Beschwerdeführer telefonisch oder postalisch zur Glaubhaftmachung ihrer Angaben aufzufordern. Daß sie die Fax-Nummer auf ihrem Briefbogen nicht geändert haben, begründet angesichts der Angabe der zutreffenden Telefonnummer und Postanschrift nicht den Vorwurf unentschuldigten Fernbleibens.

2.

Darüber hinaus haben die Beschwerdeführer sich auch nachträglich genügend entschuldigt, so daß die Ordnungsmaßnahmen auch aus diesem Grunde gemäß § 51 Abs. 2 Satz 2 und 3 StPO aufzuheben sind. Schon das zu den Akten gereichte Schreiben der Maritime Bar "L..." aus Es Pujols/Formentera reicht für eine genügende Entschuldigung aus, da es in ausreichender Weise bestätigt, daß die Beschwerdeführer bereits im Januar 1999 für die Zeit vom 18. September bis 9. Oktober 1999 ein Appartement gebucht und bezahlt hatten. Die Rüge der Strafkammer, das Schreiben liege nicht im Original vor, ist ebenso unbegründet wie der Hinweis, auf der vorgelegten Fotokopie sei die Absenderanschrift nicht lesbar. Wie sich aus der zu den Akten gereichten Ablichtung ergibt, ist das Schreiben den Beschwerdeführern am 26. Oktober 1999 per Fax zugegangen, so daß ihnen die Vorlage des Originals nicht möglich ist. Bei der auf der Ablichtung nur teilweise abgedruckten Beschriftung am Fuß des Schreibens handelt es sich erkennbar nicht um die Anschrift des Absenders, sondern um eine Kontoangabe. Die Anschrift des Absenders ist, da es sich bei Es Pujols um einen kleinen Ort handelt, durch die Angabe "ES PUJOLS, FORMENTERA/BALEAREN" hinreichend bestimmt.

Schließlich haben die Beschwerdeführer noch eine Bestätigung des Reisebüros H... in R... vom 8. August 2000 vorgelegt, wonach sie für den 18. September und 9. Oktober 1999 vier Flüge Düsseldorf-Ibiza-Düsseldorf mit der LTU gebucht und auch abgeflogen haben.

Eine Verschiebung ihrer Reise war den Beschwerdeführern nicht zumutbar, da Charterflüge grundsätzlich nicht umbuchbar sind, sondern bei Nichtantritt verfallen, die kurzfristige Nichtinanspruchnahme von Hotelbuchungen erfahrungsgemäß hohe Stornokosten verursacht und die Buchungen auch nicht ohne weiteres verlängerbar sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 467 Abs. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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