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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 18.03.1999
Aktenzeichen: 10 U 113/98
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 535 ff.
Hat es der Vermieter über einen Zeitraum von fast vier Jahren unterlassen, eine indexbedingte Mietzinserhöhung gegenüber dem Mieter geltend zu machen, kann dieser unter Umständen dem nunmehrigen entsprechenden Zahlungsbegehren den Einwand der Verwirkung entgegenhalten.
OLG Düsseldorf, 10. Zivilsenat

Urteil vom 18.03.1999

Az.: 10 U 113/98

Gründe:

Die zulässige Berufung der Kläger ist sachlich nicht gerechtfertigt. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Auch das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine für die Kläger günstigere Entscheidung.

Die Klageforderung ist jedenfalls verwirkt, so daß es eines Eingehens auf die vom Beklagten dagegen sonst erhobenen Einwendungen nicht bedarf. Die diesbezüglichen Erwägungen des angefochtenen Urteils sind durchweg zutreffend und entsprechen der Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt das Urteil vom 23.10.1997 in ZMR 1998, 89 = JMBl. NW 1998, 40 = NZM 1998, 480 = OLG Rep. Düsseldorf 1998, 69). Zu einer abweichenden Beurteilung der insoweit maßgebenden Sach- und Rechtslage besteht aus folgenden Gründen kein Anlaß:

1)

Die Kläger haben die nach ihrer Auffassung am 01.07.1993 automatisch wirksam gewordene Mietzinserhöhung erstmals mit Schreiben des Notars Dr. M. vom 17.03.1997 schriftlich geltend gemacht, nachdem die Angelegenheit von ihnen wenige Tage vorher mit dem Beklagten erstmals telefonisch erörtert worden war. Ob Dr. M. dabei über die nötige Verwaltungsvollmacht verfügte was zwischen den Parteien streitig ist, kann dahinstehen. Der Zeitraum von annähernd vier Jahren, innerhalb dessen die Kläger jedenfalls untätig geblieben sind, bis sie wegen ihrer vermeintlichen Mehrforderung an den Beklagten herantraten, reicht in Übereinstimmung mit dem landgerichtlichen Urteil aus, um das für die Annahme einer Verwirkung erforderliche Zeitmoment als erfüllt anzusehen. Das passive Verhalten der Kläger über einen derartigen Zeitraum hinweg war nämlich grundsätzlich geeignet, bei dem Beklagten den Eindruck zu erwecken, sie wollten von der Geltendmachung erhöhten Mietzinses auf Dauer absehen.

Die vorstehenden Ausführungen gelten für den innerhalb des gesamten Anspruchszeitraum vom 01.07.1993 bis zum 30.06.1997 fällig gewordenen Mietzins. Der Beklagte macht zu Recht geltend, daß insoweit allein der Zeitpunkt des Eintritts der Erhöhungsvoraussetzungen, nicht dagegen der des jeweiligen Fälligwerdens der einzelnen Mietzinsraten maßgebend ist, weil er der Anknüpfungspunkt für den dem Mieter in Fällen der vorliegenden Art zu gewährenden Vertrauensschutz darstellt. Dieser Vertrauensschutz läßt darüber hinaus den Verzugseintritt hinsichtlich der einzelnen Monatsbeträge als bedeutungslos erscheinen.

2)

Allerdings führt der bloße Zeitablauf, wovon auch das Landgericht ausgegangen ist, selbst dann nicht zur Verwirkung des Anspruchs des Vermieters auf infolge einer automatischen Anpassung erhöhten Mietzins, wenn die Erhöhung von beiden Mietvertragsparteien unbeachtet geblieben ist. Verwirkung tritt vielmehr erst dann ein, wenn über den Zeitablauf hinaus weitere besondere Umstände vorliegen, die die Feststellung rechtfertigen, der Mieter habe darauf vertrauen dürfen, daß der Vermieter keine Nachforderungen mehr stellen werde (vgl. die Nachweise im Senatsurteil a.a.O.). Derartige Umstände sind indes vorliegend in der Tat in mehrfacher Hinsicht gegeben.

Zu berücksichtigen ist zunächst, daß die Kläger zu 1) und 2) die indexbedingte Mietzinserhöhung zum 01.07.1982 nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen des Beklagten bereits mit Schreiben vom 08.09.1982, also nach Ablauf von etwas mehr als zwei Monaten "eingefordert" haben. Der weiteren Mietzinsanspassung um 813,77 DM ab 01.07.1985 hat der Beklagte mit sofortiger Wirkung Rechnung getragen, nachdem die Kläger zu 1) und 2) auf die Geltendmachung ihrer entsprechenden Mehrforderung für die Vergangenheit ausdrücklich verzichtet hatten. Bei dieser Sachlage war die Annahme des Beklagten gerechtfertigt, daß auch in Zukunft alsbald nach dem Wirksamwerden einer etwaigen Erhöhungsautomatik der getroffenen Anpassungsvereinbarung eine Aufforderung zur Zahlung des erhöhten Mietzinses durch die Kläger zu 1) und 2) erfolgen werde, falls sich diese mit Zahlungen in der bisher geleisteten Höhe nicht mehr zufriedengeben wollten. Unterblieb dagegen eine solche Aufforderung über einen Zeitraum von fast vier Jahren hinweg, konnte er angesichts des früheren Verhaltens der Kläger zu 1) und 2) davon ausgehen, daß trotz der Möglichkeit einer Mehrforderung der bisherige Mietzins auch weiterhin maßgebend sein sollte.

Hinzu kommt, daß die Parteien ab November 1996 im Anschluß an den Kauf eines neuen Bürogebäudes durch den Beklagten, dessen Kündigung vom 14.11.1994 und seinen Auszug im Juni 1996 eingehend miteinander über die weitere Gestaltung des noch bis zum 30.06.2000 laufenden Mietverhältnisses verhandelt haben. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 13.05.1993 (NJW RR 1993, 1036, 1037) ausgeführt hat, ist es geboten in solchen Verhandlungen den geeigneten Zeitpunkt für die Auflistung aller (gegen den Beklagten gerichteten) Forderungen einschließlich der bis dahin angefallenen erhöhten Mietzinsansprüche zu sehen. Daß eine solche auch weiterhin unterblieb, war dazu angetan, ihn in der Annahme zu bestärken, daß die Kläger zu 1) und 2) von der ihnen möglicherweise zustehenden Berechtigung, erhöhten Mietzins geltend zu machen, keinen Gebrauch zu machen gedachten. Einer solchen Annahme stand auch der Umfang der Erhöhung keineswegs entgegen, zumal dieser bis dahin nicht einmal andeutungsweise beziffert worden war.

Schließlich war der Beklagten unter den gegebenen Umständen auch nicht verpflichtet, sich durch eine entsprechende Rückfrage bei den Klägern zu 1) und 2) Klarheit über deren Absichten zu verschaffen, nachdem diese in der Vergangenheit stets von sich aus auf Indexerhöhungen reagiert und die beiderseitigen Verhandlungen im Anschluß an die Kündigung vom 14.11.1994 nicht zum Anlaß genommen hatten, ihre Ansprüche umfassend in diese einzubringen. Auf die Gründe, die für dieses Verhalten der Kläger ursächlich waren, kommt es angesichts des dem Beklagten zu gewährenden Vertrauensschutzes ebenfalls nicht an.

Ende der Entscheidung

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