Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 21.09.2000
Aktenzeichen: 10 W 84/00
Rechtsgebiete: BGB, KostO


Vorschriften:

BGB § 388
KostO § 156
1.

Der Aufrechnungseinwand des Schuldners einer notariellen Kostenforderung ist nach Ablauf der Beschwerdefrist des § 156 Abs. 3 S. 1 KostO unzulässig, wenn die Aufrechnungslage bereits vor Fristablauf entstanden war.

2.

Hat der Schuldner rechtzeitig innerhalb der Frist des § 156 Abs. 3 S. 1 KostO die Kostenrechnung beanstandet, so wird die dagegen gerichtete Beschwerde nicht wegen Fristablaufs unzulässig, wenn der Notar sich auf die Beanstandung hin passiv verhält, also weder die Rechnung korrigiert oder zurücknimmt, noch den Kostenschuldner auf den Beschwerdeweg verweist oder selbst die Entscheidung des Landgerichts beantragt.


OLG Düsseldorf 1. Zivilsenat

Beschluß vom 21. September 2000

Az.: 10 W 84/00

Gründe:

Die weitere Beschwerde ist statthaft, weil das Landgericht sie gemäß § 156 Abs. 2 Satz 2 KostO zugelassen hat. Das Rechtsmittel hat einen vorläufigen Erfolg, denn es führt zu einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Diese beruht auf einer Verletzung des Gesetzes im Sinne des § 156 Abs. 2 Satz 4 KostO. Das Landgericht hat zu Unrecht die Beschwerde ,des Beteiligten zu 1) gegen die bezeichneten Kostenrechnungen mit der Begründung der Versäumung der Frist des § 156 Abs. 3 Satz 1 KostO als unzulässig verworfen.

I.

1)

Die Beschwerde gemäß § 156 Abs. 1 Satz 1 KostO, mit welcher der Kostenschuldner Einwendungen gegen die notarielle Kostenberechnung (§ 154 KostO) nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung geltend macht, ist grundsätzlich gemäß § 567 ZPO unbefristet. Eine Befristung ergibt sich indes aus § 156 Abs. 3 Satz 1 KostO. Danach ist mit dem Ablauf des Jahres, das auf das Jahr folgt, in welchem die vollstreckbare Kostenberechnung zugestellt wurde, die Beschwerde unzulässig. Diese Bestimmung ist als Ausnahmevorschrift eng auszulegen (Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, Kommentar zur Kostenordnung, 14. Aufl., § 156, Rdn. 16 mit zahlreichen Rechtsprechungs- und Literaturnachweisen). Nach den durch das Landgericht getroffenen Feststellungen, die für den Senat im Rechtsbeschwerdeverfahren des § 156 Abs. 2 bindend sind, sind die fraglichen Kostenrechnungen am 11. September 1997 an den Beteiligten zu 1) zugestellt worden, so daß das Landgericht im Ansatz richtig von einem Fristablauf zum 31. Dezember 1998 ausgegangen ist.

2a)

Der Senat folgt dem Landgericht auch darin, daß eine Aufrechnungserklärung grundsätzlich wie eine später entstandene Einwendung im Sinne des § 156 Abs. 3 Satz 2 KostO zu behandeln ist (Rohs/Wedewer, Kommentar zur Kostenordnung, 3. Aufl., 156, Rdn. 14; Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann a.a.O., 156, Rdn. 15). Für die Wahrung des Fristerfordernisses kommt es aber maßgeblich auf die Entstehung der Aufrechnungslage an. Diese bestand nach den Feststellungen des Landgerichts bereits vor Zustellung der angefochtenen Kostenrechnungen.

b)

Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die zutreffenden Ausführungen der angefochtenen Entscheidung, die auch unter Berücksichtigung des Rechtsmittelvorbringens des Beteiligten zu 1) weiterhin Geltung beanspruchen. Die hier in Rede stehende Ausschlußwirkung ist nach dem Gesetzeswortlaut und der Intention des Gesetzgebers der Präklusion von Einwendungen im Zusammenhang mit der Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 Abs. 2 ZPO vergleichbar. Im Rahmen dieser Bestimmung kommt es aber nicht auf den Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung an, entscheidend ist vielmehr, wann sich die wechselseitigen Forderungen aufrechenbar gegenüber gestanden haben (BGHZ 24, 97, 98 mit Hinweis auf RGZ 64, 228; BGHZ 34, 278, 279; BGHZ 29, 34, 35). Für die Berücksichtigung des Aufrechnungseinwandes im Rahmen des Notarkostenbeschwerdeverfahrens gilt nichts anderes (OLG Hamm, JurBüro 1986, 1703).

II.

Gleichwohl ist der Beteiligte zu 2) wegen seines Verhaltens nach Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung der Kostenrechnungen daran gehindert, sich mit Erfolg auf den Ablauf der Frist des § 156 Abs. 3 Satz 1 KostO als Zulässigkeitshindernis für die Beschwerde zu berufen. Hat nämlich - wie hier - der Kostenschuldner dem Notar gegenüber die Kostenrechnung rechtzeitig innerhalb der Frist beanstandet, so wird die Beschwerde nicht dadurch unzulässig, daß der Notar die Entscheidung des Landgerichts nicht beantragt, sondern auf die Beanstandung nichts veranlaßt und den Ablauf der Frist des § 156 Abs. 3 Satz 1 KostO abwartet (Rohs/Wedewer a.a.O., § 156, Rdn. 14 sowie OLG Frankfurt, JurBüro 1998, 40 jeweils mit Hinweis auf OLG Schleswig JurBüro 1968, 909). Eine solche Untätigkeit des Beteiligten zu 2) ist im Anschluß an die Erteilung seiner verfahrensgegenständlichen Rechnungen festzustellen.

1)

Der Beteiligte zu 1) hatte bereits durch ein anwaltliches Schreiben vom 4. August 1997 beanstandet, daß in Bezug auf eine in der Abteilung III zu der laufenden Nummer 15 des Grundbuchs eingetragene Hypothek in Höhe von 56.000;00 DM der Löschungsantrag durch den Beteiligten zu 2) noch nicht eingereicht sei und daß deshalb ihm, dem Beteiligten zu 1), ein erheblicher Zinsschaden entstehe, weil zugunsten seiner Nachkäufer die Auflassungsvormerkung nicht eingetragen werden könne. Außerdem beanstandete er, daß der Beteiligte zu 2) wegen der nicht vollständigen Lastenfreiheit des Grundstückes die Kaufpreissumme nicht an die Verkäufer habe auszahlen dürfen mit der Folge der Entstehung eines weiteren Schadens wegen der entgangenen Zinsen den "ruhenden Kaufpreis" betreffend. Gleichzeitig bat der Beteiligte zu 1) "um Stellungnahme zu der Frage der Schadensersatzverpflichtung". In seinem Antwortschreiben vom 6. August 1997 lehnte der Beteiligte zu 2) jegliche Haftung für die geltend gemachten Zinsschäden ab und trat der Auffassung entgegen, der Kaufpreis habe nicht an die Verkäufer ausgezahlt werden dürfen.

Folgt man dem Beschwerdevorbringen des Beteiligten zu 1), machte er in zwei weiteren Schreiben vom 8. August 1997 sowie vom 19. August 1997 ergänzende Ausführungen zu der durch ihn vertretenen Rechtsansicht, wobei allerdings lediglich das letztgenannte Schreiben zu den Akten gelangt ist. In diesem legte der Beteiligte zu 1) noch einmal dar, mangels Vorliegen der Löschungsvoraussetzungen sei keine Fälligkeit des Kaufpreises gegeben gewesen, und er habe deshalb auch nicht in Zahlungsverzug geraten können; in Unkenntnis dessen habe er als vermeintlichen Verzugsschaden an die Verkäuferseite 12.000 DM bezahlt, deren Erstattung er nunmehr von dieser verlange. Nachdem der Beteiligte zu 2) dann seine angefochtenen Kostenrechnungen dem Beteiligten zu 1) am 11. September 1997 hatte zustellen lassen, erhob dieser durch ein weiteres anwaltliches Schreiben vom 17. September 1997 "unter Bezugnahme auf die Kostennoten" und "auf die bisherige Korrespondenz" erneut Einwendungen gegen die Rechnungsforderungen, indem er u.a. nach Einsichtnahme in das Massenbuch auf den Anfall "erheblicher Zinsbeträge in der Zeit vom 16.5.1997 bis zum 22.7.1997" hinwies und nach dem Verbleib dieser Zinsen fragte. Der Beteiligte zu 2) ist der Darstellung des Beteiligten zu 1) in der Beschwerdeschrift vom 18. Februar 2000 nicht entgegengetreten, derzufolge auf das Schreiben vom 17.9.1997 keine inhaltliche Auseinandersetzung zwischen den Beteiligten gefolgt habe, sondern der Beteiligte zu 2) sich auf den Hinweis auf die vollstreckbaren Urkunden beschränkt habe. In seiner Erwiderung vom 25. April 2000 auf die gegnerische Beschwerdeschrift hat der Beteiligte zu 2) in diesem Zusammenhang lediglich auf eine "wenig ergiebige Korrespondenz" mit dem Vertreter des Beteiligten zu 1) hingewiesen und sich im übrigen darauf berufen, nach dem Zustellungsvorgang vom 11. September 1997 hätte die Beschwerde bis spätestens zum 31. Dezember 1998 bei Gericht eingereicht werden müssen.

2a)

Macht der Kostenschuldner gegenüber einer Rechnung des Notars Einwendungen geltend, so kann dieser entweder die Richtigkeit der Beanstandungen anerkennen und die Kostenrechnung berichtigen oder gar zurücknehmen, darüber hinaus kann er den Kostenschuldner auf den Weg der Beschwerde (§ 156 Abs. 1 Satz 1 KostO) verweisen oder selbst (§ 156 Abs. 1 Satz 3 KostO) die Entscheidung des Landgerichts beantragen (Korintenberg/Lappe/ Bengel/Reimann a.a.O., § 156, Rdn. 33; Hartmann, Kostengesetze, 28. Aufl., § 156, Rdn. 10; OLG Frankfurt JurBüro 1998, 40). Der Notar ist nicht verpflichtet, auf die Beanstandung des Kostenschuldners hin das Landgericht anzurufen, er kann ihn vielmehr auf die Beschwerde verweisen. Regelmäßig wird er aber, wenn der Schuldner trotz Belehrung auf seinem Standpunkt beharrt, die Beanstandung an das Landgericht weiterleiten. Sachlich handelt es sich dann um eine Beschwerde des Kostenschuldners (Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann a.a.O.).

b)

Wählt der Notar aber keine der drei genannten Möglichkeiten, darf dies nicht zu Lasten des Kostenschuldners gehen. Hat demnach ein Kostenschuldner dem Notar gegenüber die Kostenberechnung rechtzeitig innerhalb der Frist des § 156 Abs. 3 Satz 1 KostO beanstandet - wie hier der Beteiligte zu 1) durch sein Schreiben vom 17. September 1997 unter Einbeziehung der Vorkorrespondenz -, so wird die Beschwerde nicht wegen Fristablaufs unzulässig, wenn der Notar sich bis Fristende passiv verhält (OLG Frankfurt sowie Rohs/Wedewer a.a.O.).

c)

Erst mit Schreiben vom 14. Januar 2000 wies der Beteiligte zu 2) den Beteiligten zu 1) auf die noch offenen Kostenrechnungen hin verbunden mit einer Fristsetzung zur Zahlung bis zum 31. Januar 2000 und der Ankündigung weiterer Vollstreckungsmaßnahmen im Falle fruchtlosen Fristablaufes. Am Ende dieses Schreibens findet sich der - unzutreffende - Hinweis darauf, daß etwaige Einwendungen im Wege einer Vollstreckungsgegenklage geltend gemacht werden müßten. Dieses Schreiben nahm dann der Beteiligte zu 1) zum Anlaß, unter dem Datum des 18. Februar 2000 Beschwerde zu erheben sowie unter anderem mit der Begründung eines Verstoßes gegen § 21 BeurkG Schadensersatzansprüche geltend zu machen und gegen die streitigen Rechnungsforderungen (Summe: 10.972,15 DM) zur Aufrechnung zu stellen. Dabei entsprechen die auf Bl. 12 der Beschwerdeschrift aufgeführten Schadenspositionen zu Ziffer 1 ("Zinsschaden wegen verspäteter Entgegennahme des eigenen (Ver-)kaufspreises 4.334,83 DM"), zu Ziffer 2 ("Teilforderung aus angeblichem Verzugschaden in Höhe von DM 12.000,00, davon Teilbetrag in Höhe von 4.000,00 DM") sowie zu Ziffer 4 ("Zinsschaden aus unnötigerweise hinterlegtem Kaufpreis wie vorstehend beziffert und berechnet über insgesamt DM 25.178,42 davon Teilbetrag in Höhe von 4.000,00 DM") den Ersatzbegehren, die der Beteiligte zu 2) bereits in seinem vorprozessualem Schreiben vom 4. August 1997, 19. August 1997 sowie vom 17. September 1997 dem Grunde nach angesprochen hatte. Entfallen ist lediglich seine Beanstandung wegen der durch den Beteiligten zu 2) ursprünglich eingeforderten Anderkonto-Kosten, hinsichtlich der der Beteiligte zu 2) nach dem unwidersprochen gebliebenen Beschwerdevorbringen seine Kostenforderung zurückgenommen hat.

Da der Beteiligte zu 2) mit der weiteren Geltendmachung seiner Rechnungsforderungen nach mehr als zweijähriger Untätigkeit bis zu dem Schreiben vom 14. Januar 2000 zugewartet hat, wirkt es sich auch nicht zum Nachteil des anwaltlich vertretenen Beteiligten zu 1) aus, daß er nicht bereits vor Ablauf der Frist des 156 Abs. 3 Satz 1 KostO Beschwerde erhoben hat.

Ende der Entscheidung

Zurück