Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 23.10.2001
Aktenzeichen: 20 U 19/01
Rechtsgebiete: UrhG, BGB, AGBG, N-Staatsvertrag, M-Staatsvertrag, ZPO


Vorschriften:

UrhG § 53 Abs. 2 Nr. 3
UrhG § 94
UrhG § 31 Abs. 4
UrhG § 31 Abs. 5
UrhG § 54
UrhG § 10
UrhG § 97 Abs. 1
UrhG § 55 Abs. 1
BGB § 826
BGB § 242
BGB § 254 Abs. 2 S. 1
AGBG § 9 Abs. 1
AGBG § 3
AGBG § 9 Abs. 2 Nr. 1
N-Staatsvertrag § 14
M-Staatsvertrag § 17
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 91 a Abs. 1
ZPO § 269 Abs. 3 S. 2
ZPO § 92 Abs. 1 S. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

20 U 19/01

In dem Rechtsstreit

pp.

verkündet am 23. Oktober 2001

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 21. August 2001 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht B sowie der Richter am Oberlandesgericht Dr. S und Prof. Dr. H für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird unter Berücksichtigung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 10. Januar 2001 teilweise abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder von bis zu 6 Monaten Ordnungshaft, für jeden Fall der Zuwiderhandlung, im Wiederholungsfall Ordnungshaft von bis zu 2 Jahren, zukünftig zu unterlassen, die Funksendungen

B K (Teil I) B K (Teil II) D w L - E S (2)

- Produzent aller drei Funksendungen S TV - mitzuschneiden und die etwa bei ihr noch vorhandenen Mitschnitte der vorgenannten Funksendungen zu vervielfältigen, zu verbreiten und in irgendeiner anderen Weise zu verwerten.

3. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Beklagte trägt 5/8, die Klägerin 3/8 der Kosten des Verfahrens.

5. Das Urteil ist für beide Parteien vorläufig vollstreckbar. Der Beklagen wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,- DM abzuwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,- DM abzuwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung kann auch durch Vorlage einer selbstschuldnerischen, unbefristeten Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Frage, ob die Beklagte durch die Herstellung und Vermarktung von Videokassetten Leistungsschutzrechte der Klägerin verletzt hat.

Die Klägerin ist Anbieterin von Videokassetten im Bereich der nichtgewerblichen Vorführung an staatlichen Bildstellen und an anderen nichtkommerziellen Einrichtungen. Derzeit verwertet sie ca. 1200 Titel. Aufgrund von entsprechenden Verwertungsvereinbarungen mit den Rechteinhabern u. a. nimmt die Klägerin auch Videorechte an den Filmen "E K Teil I", "E K Teil II" sowie "D w L - E S (2)" in Anspruch. Hinsichtlich ihrer Rechteinhaberschaft beruft sich die Klägerin auf einen Rahmenlizenzvertrag, den sie, die Klägerin, mit der Produzentin der Beiträge, der S TV GmbH, im März 1996 bzw. April 1997 abgeschlossen hat (Anlage GK 1). Nach dieser Vereinbarung überträgt die Fa. S TV GmbH der Klägerin u. a. "exklusive Videorechte für alle Verwertungsbereiche, insbesondere Home-Video, nichtgewerbliche und gewerbliche öffentliche Vorführung, Verleih und Verkauf.

Die Beklagte betreibt schwerpunktmäßig einen Verlag, zu dessen Publikationen auch ein Medienspiegel gehört. Gegenstand des Medienspiegels ist u. a. das TV-Programm selbst sowie aktuelle TV-Sendungen über Tagungsfragen. Der Medienspiegel erscheint wöchentlich in einer Auflage von 1.750 Exemplaren. Adressaten sind u. ä. Rundfunk- und Verwaltungsräte der Sender, die Entscheidungsgremien der Landesmedienanstalten, Intendanten, Redaktionsleiter, Redakteure, Zeitungen und Zeitschriften, Medienpolitiker in Bund und Länder, Ministerien, Universitäten, Verlage, Verbände, Großunternehmen sowie Gewerkschaften. Daneben betreibt die Beklagte einen Mitschnittdienst. Dieser Mitschnittdienst arbeitet ausschließlich mit öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten zusammen. Er dient schwerpunktmäßig dazu, die Herstellung des Medienspiegels zu unterstützen und zu fordern.

Nach der Ausstrahlung der oben angegebenen Titel initiierte die Klägerin Testbestellungen bei der Beklagten, woraufhin die Beklagte Videokassetten mit dem Titel "E K Teil I und Teil II" zum Preis von jeweils 136,76 DM und die Kassette "D w L-E S (2)" zum Preis von 174,46 DM jeweils in einem Exemplar an die Besteller auslieferte.

Bereits 1996 hatten einige Mitschnittdienste, darunter auch die Beklagte, nach entsprechenden Abmahnungen die Klägerin aufgefordert, eine Liste der von der Klägerin ausgewerteten Videoproduktionen zur Verfügung zu stellen. Dabei wurde der Klägerin angeboten, die mitgeteilten Produktionen von den Mitschnitten auszunehmen. Entsprechende Informationen kann die Beklagte eigenem Vorbringen zufolge - ebenso wie die anderen Mitschnittdienste - auf anderem Wege nicht erlangen, worauf die Klägerin von der Beklagte hingewiesen worden ist. Die Klägerin hat sich jedoch stets geweigert, eine derartige Liste der Beklagten und anderen Mitschnittdiensten zur Verfügung zu stellen.

Die Klägerin sieht in der Erstellung und Versendung der oben angegebenen Videokassetten mindestens drei Tathandlungen, durch die ihre Verwertungsrechte verletzt worden seien. Sie hat geltend gemacht: An den genannten Titeln stünden ihr aufgrund entsprechender Vereinbarungen mit den jeweiligen Rechtsinhabern die ausschließlichen Verwertungsrechte zu. Diese seien durch die Beklagte durch die genannten Verkäufe verletzt worden. Neben dem Unterlassungsanspruch stünden ihr auch Schadensersatzansprüche zu, insbesondere hinsichtlich des konkreten Schadens in Höhe von 2.067,98 DM sowie der angemessenen Lizenzgebühr in Höhe von mindestens 45.000 DM, wobei in diesem Rechtsstreit nur ein Teilbetrag von 5.985 DM geltend gemacht werde. Einen weiteren Betrag von 894 DM schulde die Beklagte, weil der Preis für die Vergabe zur eigenen Nutzung einschließlich der unentgeltlichen öffentlichen Vorführung ohne das Recht auf Vervielfältigung und Vertrieb je Kassette 298 DM betrage. Darüber hinaus sei ihr ein weiterer Schaden entstanden, den sie erst nach Erteilung der Auskünfte gemäß dem Klageantrag zu II. ermitteln könne.

Hinsichtlich der zur Verfügungsstellung von Lizenzlisten hat sie darauf hingewiesen, daß es nicht ihre Sache sei, Regelungslücken des zwischen der Beklagten und den Rundfunkanstalten geschlossenen Lizenzvertrags zu schließen. Schließlich sei das Problem des unberechtigten Mitschnitts nicht durch Überlassung von Listen zu lösen. Möglicherweise gebe es nach Übergabe ihrer Liste keine Rechtsverstöße mehr zu ihren Lasten. Rechtsverstöße Dritten gegenüber seien auf diese Weise aber nicht auszuschließen.

Die Klägerin hat beantragt,

der Beklagten bei Vermeidung der gesetzlichen Zwangsmittel zukünftig zu untersagen, die nachgenannten Funksendungen

E K Teil I/Produzent: S TV EK Teil II/Produzent: S TV D w L-E S (2)/Produzent: S TV

mitzuschneiden und die etwaig bei ihr noch vorhandenen Mitschnitte der nachgenannten Funksendungen zu vervielfältigen, zu verbreiten und in irgendeiner anderen Weise zu verwerten.

II. ihr, der Klägerin, Auskunft zu folgenden Fragen zu erteilen:

Anzahl und Verbleib der von den in dem Klageantrag zu I. genannten Funksendungen hergestellten Mitschnitte,

Anzahl der von den etwaig hergestellten Mitschnitten der in dem Klageantrag zu I. genannten Funksendungen gefertigten Vervielfältigungen;

Anzahl und Verkaufspreis der verkauften Vervielfältigungen sowie Name und Adressen der Käufer.

III. die Beklagte zu verurteilen,

an sie, die Klägerin, Ersatz des aufgrund des Rechtsverstoßes durch Herstellung der Mitschnitte, deren Vervielfältigung und Verbreitung entstandenen Schadens in Höhe von 5.985,00 DM und 894 DM sowie weiteren 2.067,98 DM, jeweils nebst 5 % Zinsen seit 12. Juli 1999, zu leisten,

IV. festzustellen, daß die Beklagte ihr, der Klägerin, den aufgrund des Rechtsverstoßes durch Herstellung der Mitschnitte, deren Vervielfältigung und Verbreitung sowie durch sonstige Verwertungen entstandenen und noch entstehenden weiteren Schaden zu ersetzen hat.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht:

Das Vorgehen der Klägerin sei rechtsmißbräuchlich, weil die eventuellen Rechtsverletzungen ohne weiteres hätten verhindert werden können, wenn die Klägerin ihr die Liste der ausgewerteten Videoproduktionen zur Verfügung gestellt hätte. Im übrigen fehle der Klägerin die erforderliche Aktivlegitimation, weil diese die Rechte an den streitgegenständlichen Produktionen nicht erworben habe. Insofern kämen nämlich Abtretungsverbote zum Tragen, die in den Allgemeinen Vertragsbedingungen des M (im Falle des Films "D w L") und des N (im Falle der Filme "K Teile 1 und Teil 2") enthalten seien.

Hinsichtlich der K-Filme hat die Beklagte behauptet: Die Auswertungsrechte an zahlreichen Szenen seien mit Wirkung zum 12. Juli 1999 an die Firma Video K in M zurückgefallen. Die Beklagte hat ferner die Auffassung vertreten: In jedem Fall seien Mitschnitte und der Vertrieb von Mitschnitten aufgrund bestehender gesetzlicher und vertraglicher Ermächtigungsgrundlagen gerechtfertigt. Anzuwenden seien hier Archivierungsbestimmungen aus dem M- bzw. N-Staatsvertrag sowie § 53 Abs. 2 Nr. 3 UrhG. Im übrigen sei bereits in den Testbestellungen eine Einwilligung der Klägerin in den Vertrieb der Kopien zu sehen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Erhebung der Klage sei rechtsmißbräuchlich, weil der Rechtsstreit überflüssig gewesen wäre, wenn die Klägerin ihr zumutbare Maßnahmen ergriffen hätte, anstatt sie, die Beklagte, "ins offene Messer laufen zu lassen". Die Klägerin habe ihr die mehrfach angeforderte Liste ihrer Videoproduktionen zur Verfügung stellen müssen. Es wäre ihr ein Leichtes gewesen, dem Verlangen nachzukommen. Dem stehe nicht entgegen, daß die Klägerin zur Herausgabe der Liste rechtlich nicht verpflichtet sei.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Die Klägerin macht geltend, daß ein allgemeiner Auskunftsanspruch fremd sei. Sie sei rechtlich nicht verpflichtet, stets aktualisierte Listen ihres aktuellen Repertoires zur Verfügung zu stellen. Wenn die Beklagte trotz eigener Informationsdefizite einen Verstoß gegen das Urheberrecht billigend in Kauf nehme, habe sie die vom Gesetzgeber normierten Konsequenzen hinzunehmen.

Die Klägerin beantragt,

I. der Beklagten bei Vermeidung der gesetzlichen Zwangsmittel zu untersagen, die nachgenannten Funksendungen zukünftig

1. E d K Teil I 2. E d K Teil II 3. D w L - E S (2)

- Produzent aller 3 Funksendungen S TV - mitzuschneiden und die etwaig bei ihr noch vorhandenen Mitschnitte der vorgenannten Funksendungen zu vervielfältigen, zu verbreiten und in irgendeiner anderen Weise zu verwerten,

II. ihr, der Beklagten, Auskunft zu folgenden Fragen zu erteilen:

a) Anzahl und Verbleib der von den in dem Klageantrag zu I. genannten Funksendungen hergestellten Mitschnitte,

b) Anzahl der von den etwaig hergestellten Mitschnitten der in dem Klageantrag zu I. genannten Funksendungen gefertigten Vervielfältigungen,

c) Anzahl und Verkaufspreis der verkauften Vervielfältigung sowie Name und Adressen der Käufer,

III. die Beklagte zu verurteilen,

an sie, die Klägerin, Ersatz des aufgrund des Rechtsverstoßes durch Herstellung der Mitschnitte, deren Vervielfältigung und Verbreitung entstandenen Schadens in Höhe von 5.985,00 DM, 894 DM sowie weiteren 2.067,98 DM, jeweils nebst 5 % Zinsen seit 12. Juli 1999, zu zahlen;

IV. festzustellen, daß die Beklagte ihr, der Klägerin, den aufgrund des Rechtsverstoßes durch Herstellung der Mitschnitte, deren Vervielfältigung und Verbreitung sowie durch sonstige Verwertungen entstandenen und noch entstehenden weiteren Schaden zu ersetzen hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie meint: Das Verhalten der Klägerin sei rechtsmißbräuchlich. Verweigere sie eine ihr mögliche und zumutbare Mitwirkungshandlung zur Vermeidung eines Rechtsnachteils, bestehe die einzige Sanktion darin, daß sie aufgrund ihrer "Blockadehaltung" keine Ansprüche gegenüber einem potentiellen Verletzer mehr geltend machen könne. Die Klägerin wolle nur die Stellung eines urheberrechtlichen "Robin Hood" einnehmen und verkenne, daß es im Zivilrecht eine Populärklagebefugnis nicht gebe. Zu ihren, der Beklagten, Gunsten sei zu berücksichtigen, daß sie aufgrund des auf den Filmwerken angebrachten Copyright-Vermerks darauf vertrauen könne, daß auch die videomäßigen Auswertungsrechte bei den Sendeanstalten verblieben seien. Auch sei sie, die Beklagte, dadurch abgesichert, daß sie bereits im Jahre 1991 den Rahmenvertrag über den Mitschnitt mit den Sendeanstalten abgeschlossen habe; dieser Vertrag habe zeitliche Priorität gegenüber den streitgegenständlichen Produktionsverträgen. Zudem sei zu berücksichtigen, daß der N im Rahmen seiner Geschäftsbedingungen das Recht zur Erstellung von Bild- und Tonträgern als Teil der fernsehmäßigen Auswertung erwerbe; davon sei auch das Recht zur Erstellung und zum Vertrieb von Videokassetten an nichtkommerzielle Einrichtungen umfaßt. Schließlich habe die Klägerin im Falle des "K-Films bewußt den Vertragsbruch eines anderen ausgenutzt und sich dadurch nach § 826 BGB rechtsmißbräuchlich verhalten.

In der mündlichen Verhandlung vom 21. August 2001 hat die Beklagte zum Zwecke der Auskunftserteilung Einzelheiten der Herstellung und des Vertriebs der drei streitgegenständlichen Videokassetten erklärt; wegen der Einzelheiten wird auf Seite 2 des Sitzungsprotokolls verwiesen. Die Klägerin hat daraufhin hinsichtlich des Auskunftsverlangens Erledigung erklärt, der sich die Beklagte angeschlossen hat.

Zusätzlich hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung beantragt,

daß die Beklagte die Richtigkeit ihrer Auskunft an Eides Statt versichere.

Die Klägerin hat ferner erklärt, daß die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung und die Versicherung der Richtigkeit der bereits erteilten Auskunft nur seit den ersten bekannt gewordenen Verletzungsfallen verlangt werde, also seit dem 10. und 17. Juni 1999 einerseits und dem 12. Oktober 1998 andererseits.

Die Beklagte hat der hierin liegenden teilweisen Klagerücknahme zugestimmt. Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Auf die Berufung der Klägerin hin ist das erstinstanzliche Urteil abzuändern. Die Klage ist zulässig und hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens begründet; hinsichtlich des bezifferten Schadensersatzanspruchs, des Anspruchs auf eidesstattliche Versicherung und auf Feststellung der weitergehenden Schadenersatzpflicht ist die Klage unbegründet. Unbegründet war sie auch in bezug auf das Auskunftsverlangen. Es ist - wie die Beklagte selbst in ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 10. September 2001 einräumt - zwischen den geltend gemachten Unterlassungs- (A.) und Schadensersatzansprüchen (B.) zu unterscheiden.

A. Unterlassungsansprüche

Der Klägerin stehen Unterlassungsansprüche hinsichtlich der Videoauswertung der drei streitgegenständlichen Filme zu.

I. Die Videomitschnitte sind Handlungen, die in das Vervielfältigungsrecht (§ 16 i.V.m. § 94 Abs. 1 UrhG) eingreifen. Das Angebot und der Vertrieb der Kassetten stellt zudem einen Eingriff in das Verbreitungsrecht (§ 17 Abs. 1 i.V.m. § 94 UrhG) dar.

II. Die Klägerin ist auch aktiv dazu legitimiert, die in Streit stehenden Leistungsschutzrechte geltend zu machen.

1. Hinsichtlich des Films "D w L" bestehen entsprechende Leistungsschutzrechte der S TV aus § 94 UrhG, die diese wirksam auf die Klägerin übertragen hat.

a) S TV ist Inhaberin der Leistungsschutzrechte aus § 94 UrhG. Denn sie ist die Herstellerin des Films "D w L". Filmhersteller ist, wer das für die Filmherstellung erforderliche Kapital beschafft, die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen der Filmproduktion organisiert, die Filmherstellung überwacht und im eigenen Namen und für eigene Rechnung die erforderlichen Verträge schließt (BGH, UFITA 55 (1970), 313, 320 - Triumph des Willens; BGHZ 120, 67, 70 f. - Filmhersteller; siehe auch Katzenberger, in Schricker (Hg.), Urheberrecht, 2. Aufl. München 1999, Vor §§ 88 ff. Rdnr. 31; Lütje, in: Möhring/Nicolini, UrhG, 2. Aufl. München 2000, § 94 Rdnr. 6). Entscheidend ist folglich, wer die wirtschaftliche Verantwortung und organisatorische Tätigkeit für die Filmherstellung übernimmt. Vorliegend haben S TV und M einen so bezeichneten. "Film-Lizenzvertrag" geschlossen (Anlage B5). Gegenstand des Vertrages war die Einräumung des ausschließlichen Rechtes an einem fertigen Filmwerk. Das wirtschaftliche und organisatorische Risiko der Herstellung lag bei S TV, die insofern auch als Filmherstellerin originär Leistungsschutzrechte nach § 94 UrhG erworben hat.

b) Die Klägerin hat die Videorechte nicht an den M abgetreten. Der Vertrag zwischen dem M und S TV (Anlage B5) sieht in § 1 nur die Einräumung von Rechten zwecks fernsehmäßiger Verwertung vor. Der Begriff der "fernsehmäßigen Verwertung" ist eng auszulegen. Dies ergibt sich aus den allgemeinen Vorgaben des Urhebervertragsrechts (§ 31 Abs. 4 und 5 UrhG), wonach im Zweifel davon auszugehen ist, daß ein Urheber Rechte nur in dem Umfang überträgt, der für die Erreichung des Vertragszwecks erforderlich ist (vgl. BGH, GRUR 1991, 133, 135 - Videozweitauswertung). Dieser Grundsatz ist auch auf verwandte Schutzrechte (BGH, GRUR 1979, 637 - White Christmas; GRUR J984, 119, 121 - Synchronisationssprecher) und zwischen Verwertern (BGHZ 28, 234, 238 f. - Verkehrskinderlied) anwendbar. "Fernsehmäßig" bezieht sich auf die für eine Fernsehausstrahlung notwendigsten Verwertungshandlungen, insbesondere die terrestrische, Satelliten- und kabelmäßige Nutzung des Filmmaterials, bezogen auf das jeweilige Sendegebiet und die jeweilige Lizenzzeit. Die Rechte der Verwertung in körperlicher Form sind demgegenüber ein "Aliud", das abseits ausdrücklicher und spezifizierter Regelungen nicht vom Vertrag umfaßt ist. Dementsprechend sieht auch § 2 Ziff. 3 der Allgemeinen Vertragsbedingungen des M vor, daß die Rechte zur außerfernsehmäßigen Verwertung beim Produzenten verbleiben, allerdings nur mit Zustimmung des M genutzt werden können (siehe dazu unten).

Die Vorstellung der Beklagten, daß der M ihr die Videorechte habe übertragen können, geht damit an der Wirklichkeit vorbei. Denn der M verfügte nie über die Videorechte. Demnach spielt es auch keine Rolle, daß die Beklagte bereits im Jahr 1991 einen Rahmenvertrag über Mitschnittdienste mit dem M abgeschlossen hatte, da dieser sich Hinauf die Videorechte beziehen kann, die die Sendeanstalt inne hat.

c) Die Videorechte, von S TV hat die Klägerin durch Abtretung aufgrund des Rahmenlizenzvertrages vom 5. und 12. März 1996 erworben. Im Rahmen dieses Vertrages sind der Klägerin die "exklusiven Videorechte für alle Verwertungsbereiche" übertragen worden. Zweifel an der Wirksamkeit dieser Vereinbarung bestehen nicht; insbesondere sind die abzutretenden Forderungen hinreichend bestimmt.

d) Demgegenüber schlägt die in § 2 Ziff. 3 der Allgemeinen Vertragsbedingungen des geregelte Enthaltungspflicht nicht durch. Zweifel bestehen bereits daran, ob der Verweis von dem Standardvertrag des M, der seinerseits unter das AGBG fällt, auf andere Klauselwerke wirksam ist. Im Hinblick auf § 2 Abs. 1 Nr. 2 und das Transparenzgebot von § 9 Abs. 1 AGBG sind in jüngster Zeit in der Literatur berechtigte Zweifel an der Wirksamkeit solcher Verweise von Klauselwerken auf Klausel werke geäußert worden (so etwa von Westphalen, in: ders. (Hg.), AGB-Klauselwerke, Vertragsrecht/Transparenzgebot, Löseblatt München, Stand: April 2001, Rdnr. 5; siehe auch BGH, NJW 1998, 3114, 3116 - Schönheitsreparaturen).

Selbst wenn man aber einmal die Zulässigkeit solcher Kettenverweisungen unterstellt, ist die genannte Regelung zur Enthaltungspflicht unbeachtlich. S TV werden hiernach zwar die Herstellung und der Vertrieb von Videoprogrammen nur nach schriftlicher Zustimmung des M gestattet. Eine solche Verpflichtung kann jedoch allenfalls schuldrechtliche Wirkung haben; sie bleibt ohne Auswirkung auf die dingliche Rechtslage. Zu beachten ist ferner, daß der M eine solche Zustimmung erteilt hat. Dies ergibt sich aus dem Schreiben vom 18. Februar 1999 (Anlage K 20). Hierin heißt es, daß der M "nunmehr Kenntnis davon erhalten" habe, "daß der Lizenzgeber, die S TV GmbH, zwischenzeitlich über die Videorechte verfügt hat". Ferner wird erklärt, daß der M nicht beabsichtige, "seinerseits weder zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch künftig deshalb gegen den Lizenzgeber S TV vorzugehen". Der Verweis darauf, daß S TV verfügt habe, und der weitere Hinweis auf den Verzicht gerichtlicher Schritte kann nur dahingehend verstanden werden, daß der M der Abtretung an die Klägerin zustimmt.

Ferner ist zu berücksichtigen, daß Vereinbarungen über Enthaltungspflichten in der Form, wie sie der M in seinen Geschäftsbedingungen verwendet, AGB-rechtlich unwirksam sind. Es liegt bei der insoweit notwendigen Betrachtung aller Umstände der Schluß nahe, daß die genannte Klausel eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 9 Abs. 1 AGBG ist. Der M erwirbt regelmäßig als Sendeanstalt nur die Rechte der fernsehmäßigen Auswertung; zur fernsehmäßigen Auswertung gehören aber nicht die Videorechte. Diese an eine vorherige Zustimmung zu knüpfen, würde darauf hinauslaufen, den Filmproduzenten wertvolle Nebenrechte zu nehmen oder über Gebühr zu beschränken Das Urheberrecht geht vom Leitbild aus, daß eine Enthaltungspflicht bezüglich nicht übertragener Nutzungsrechte nicht besteht (siehe §§ 31 Abs. 4 und 5, 41. 42 UrhG; § 2 VerlG). Auch bei Berücksichtigung des Interesses einer Sendeanstalt, konkurrierende Aktivitäten des Produzenten zu beschränken, ist ein pauschales Verbot der Nutzung von Videorechten unverhältnismäßig (so auch Elke Umbeck, Rechtsübertragungsklauseln bei der Filmauftrags- und Koproduktion öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, München 2000, S. 156 ff.). Es würde dem Grundgedanken des Zweckübertragungsgrundsatzes widersprechen, den Rechteinhaber umfassend schuldrechtlich zur Enthaltung zu verpflichten und ihn dadurch in der Vergabe von Nutzungsrechten pauschal zu hindern.

2. Der Film "D E d K"

Ähnliches gilt für die Rechte an "E d K Teil I und Teil II".

a) Rechteinhaberin an diesem Film war die G-FILM GmbH (im weiteren: G-Film); von ihr sind die Rechte unstreitig auf S-TV übergegangen. Ihr standen die Leistungsschutzrechte nach § 94 UrhG originär zu. Zwar ist der Vertrag zwischen der G-FILM GmbH und dem N (Anlage B7) nicht als "Lizenzvertrag" (wie im obigen Fall), sondern lediglich als "Vertrag" gekennzeichnet. Nach § 1 des Vertrages verpflichtete sich G-FILM zur Herstellung von zwei Folgen einer Fernsehproduktion auf der Grundlage der vom N abgenommenen Drehbücher. Die Bezeichnung, die eine Sendeanstalt beim Ankauf eines Filmes dem Vertrag gibt, spielt aber keine Rolle für dessen rechtliche Qualifizierung. Daß Sendeanstalten bestimmte Vertragsmuster mit Titeln wie "Co-Produktionsvertrag" oder "Auftragsproduktion" verwenden, hat auf die tatsächliche Rechtsnatur des Vertrages keinen Einfluß. Entscheidend ist vielmehr, wer rein tatsächlich das wirtschaftliche und organisatorische Risiko der Filmherstellung übernimmt. Vorliegend überläßt der N die gesamten Details der Produktion der G-FILM GmbH; dem N geht es darum, ein fertiges Filmwerk für die fernsehmäßige Auswertung zu erhalten. Dementsprechend fehlt es an einer finanziellen Beteiligung des N an der Herstellung des Films selbst. Jedwedes Risiko des N wird auf den Produzenten abgewälzt, der dem N sogar noch Bürgschaftserklärungen vorlegen muß (§ 5 Abs. 2 des Vertrages). Zu beachten ist ferner, daß der Produzent das Risiko der Überschreitung des Kostenrahmens und der Nichtabnahme trägt (§ 6 des Vertrages). Die Bereitstellung von Kapital durch die Sendeanstalt ist demgegenüber kein Argument für die Begründung des Leistungsschutzrechts (so auch Fuhr, in: Festschrift für Ernst R, Baden-Baden 1990, S. 35 Fußn. 31). Auch die Sach- und Personalbestellungen, die das Sendeunternehmen zur Verfügung stellt, spielen im Rahmen von § 94 UrhG keine große Rolle. Zu Recht geht daher die herrschende Meinung davon aus, daß sogar der Auftragsproduzent wegen seiner unternehmerischen Risiken als Filmhersteller im Sinne von § 94 UrhG anzusehen ist (so etwa von Gamm, UrhG, München 1968, § 94 Rdnr. 3; Movsessian, UFITA 79 (1977), 213, 235; Paschke, FuR 1984, 403, 408).

Weitere Hinweise zur Auslegung des Vertrages finden sich in der beigefügten Allgemeinen Bedingungen zum Fernsehproduktionsvertrag (Stand: März 1987), die durch § 7 Vertragsbestandteil werden sollten. In diesen Bedingungen wird am Ende unter Ziff. 24 auf die "Rechtsfrage" verwiesen, "ob die für diese Auftragsproduktion entstehenden Leistungsschutzrechte nach § 94 UrhG vom N oder vom Auftragsproduzenten erworben werden". Zunächst ist zu beachten, daß die G-Film mit dieser Klausel nicht - wie die Beklagte meint - die uneingeschränkte Rechtsstellung des N in concreto anerkannt hat. Denn diese Klausel läßt gerade die Frage der Rechtsstellung offen. Ferner ist zu berücksichtigen, daß die Klausel wegen Perplexität unwirksam ist. Hiernach sollen eventuell gegenüber Verwertungsgesellschaften bestehende Ansprüche des Filmherstellers auf Erlöse zur Hälfte dem N zustehen. Aber auch diese Klausel kann zur Interpretation nicht herangezogen werden, da sie AGB-rechtlich wegen Perplexität unwirksam ist. Wäre der N Inhaber der Leistungsschutzrechte, könnte er die Vergütungsansprüche aus § 54 UrhG in voller Höhe gelten machen. Hat der N jedoch weder originär noch derivativ die Leistungsschutzrechte in bezug auf die Videoauswertung erworben, steht ihm keine Vergütung aus § 54 UrhG zu. Rückschlüsse auf den Willen der Parteien und die Rechtsstellung der Parteien können daraus nicht gezogen werden.

b) G-Film hat die Videorechte nicht an den N abgetreten. Nach § 3 Abs. 1 des Vertrages zwischen G-FILM und dem N (Anlage B7) überträgt G-FILM dem N nur die Rechte zur Nutzung "zu Film- und Rundfunkzwecken (Hörfunk und Fernsehen)". Hinzu kommt das Recht zur "Archivierung der Ton- und Bildträger und deren Verwendung auf Messen, Ausstellungen, Festivals und Wettbewerben sowie zu Prüf-, Lehr- und Forschungszwecken" (§ 3 Abs. 3). Diese Vertragsklauseln sind auf dem Hintergrund von § 31 Abs. 5 UrhG, der auch für das Verhältnis zwischen Produzent und Sendeanstalt zum Tragen kommt, eng auszulegen. Die Rechteinräumung reicht nur so weit, wie ein zweifelsfreier, gemeinsam verfolgter Zweck ermittelt werden kann (Schricker, in: ders. (Hg.), Urheberrecht, 2. Aufl. München 1999, §§ 31/32 Rdnr. 41). Jeder Zweifel bei der Auslegung von urheberrechtlich relevanten Nutzungsverträgen geht zugunsten des Urhebers bzw. des Produzenten. Der Bereich der Rundfunknutzung umfaßt nicht die Erstellung und den Vertrieb von Videokassetten für den nichtkommerziellen Bildungsbereich. Wie oben bereits dargelegt, ist die Videovermarktung gegenüber der fernsehmäßigen Verwertung ein Aliud, das nur aufgrund ausdrücklicher, individueller Vereinbarungen in einen Verwertungsvertrag einbezogen ist. An dieser Sach- und Rechtslage ändert sich auch nichts durch den Verweis in den Vertragsbedingungen auf das Recht, von dem Film "Bild- und/oder Tonträger jede Art herzustellen" (§ 1 Ziff. 1 d). Dieses Recht wird ausdrücklich als Teil des allgemeinen Rechts der Sendeanstalt zur "fernsehmäßigen Verwertung" bezeichnet. Der Begriff der "fernsehmäßigen Verwertung" umschreibt den Kernbestand der Befugnisse, die die Sendeanstalt zur terrestrischen, Satelliten- und kabelmäßigen Ausstrahlung des Films benötigt. Unter Beachtung des Zweckübertragungsgrundsatzes (s.o.) ist auch der Begriff der "fernsehmäßigen Verwertung" eng auszulegen. Er erstreckt sich nur auf den Kernbereich der Fernsehnutzung, d.h. die einmalige Ausstrahlung von Filmen mit fernsehtechnischen Mitteln, insbesondere mittels Antenne, Satellit oder Kabel. Wenn das Recht zur Herstellung von Bild-/Tonträgern vertraglich als Teil und Anwendungsbeispiel dieses Fernseh- Auswertungsrechtes geregelt wird, kann es sich nicht auf den Bereich des Videovertriebs beziehen. Ein Versuch, Video- und Fernsehauswertung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen miteinander zu koppeln, wäre AGB-rechtlich nach § 3 AGBG nichtig. Eine solche Auslegung wäre auch mit den Vorgaben des Zweckübertragungsgrundsatzes unvereinbar. Wenn die Sendeanstalt als teil ihrer Fernsehrechte Bild- und Tonträger erstellen will, kann es sich nur um solche Bild-/Tonträger handeln, deren Erstellung zum sendetechnischen Betrieb erforderlich sind. Dabei kann es etwa um die Erstellung von Masterbändern oder eigene Archivkopien gehen. Der Vertrieb von Videokassetten und ihre Herstellung sind demgegenüber jedoch ein Aliud, das mit der fernsehmäßigen Verwertung nichts zu tun hat und folglich auch nicht unter § 1 Ziff. 1d) der N-Vertragsbedingungen fallen kann.

c) Ferner ist zu beachten, daß das Abtretungsverbot in Ziff. 21 der Allgemeinen. Bedingungen zum Fernsehproduktionsvertrag des N nicht zu beachten ist. Das Abtretungsverbot läuft dogmatisch ins Leere. Ein solches Verbot wäre allenfalls zu Lasten des Zessionars wirksam. Mit Wirkung für den Zedenten kann ein Abtretungsverbot nicht vereinbart werden. Wenn S TV die Videorechte originär im Rahmen von § 94 UrhG erworben hat, kann man ihr nicht mit dinglicher Wirkung verwehren, diese Rechte anderweitig abzutreten. Eine entspreche Vereinbarung kann allenfalls schuldrechtliche Wirkung im Sinne einer Enthaltungspflicht des Produzenten entfalten. Solche schuldrechtlichen Regelungen mögen bei ihrer Verletzung Schadensersatzansprüche auslösen, haben auf die dinglichen Vorgänge keinen Einfluß. Auch hier zeigt sich ein grundlegendes Mißverständnis, wenn der N meint, daß diese Klausel auch die hier streitgegenständlichen Videorechte umfaßt. Originär, lagen die Videorechte bei der G-FILM. Die G-FILM hat diese Rechte nicht aufgrund des Vertrages mit dem N an diesen abgetreten. In dieser Konstellation kann der NDR der G-FILM aber nicht verbieten, die Rechte abzutreten.

Im übrigen hat die Zustimmung für die Rechteübertragung von der G-Film auf die S TV unstreitig vorgelegen. Eine Ausdehnung des Abtretungsverbots auf die Weiterübertragung der Verwertungsrechte von S TV auf die Klägerin sprengt jedoch die Reichweite des Abtretungsverbotes. Die S TV ist ihrerseits nicht Vertragspartner des M gewesen. Ein Abtretungsverbot könnte jedoch nur zwischen den Vertragsparteien Wirkung entfalten. Stimmt die Sendeanstalt einer Abtretung zu, ist davon regelmäßig auch schon die Weiterübertragung umfaßt.

e) Aus diesem Grund ist ferner auch der Hinweis der Beklagten auf eine sittenwidrige Ausnutzung eines fremden Vertragsbruchs unbeachtlich. Die Klägerin handelte nicht sittenwidrig. Sie kannte die Abreden zwischen G Film und dem N insbesondere das vermeintliche "Abtretungsverbot", nicht. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, warum sich die Beklagte redlicherweise die Verträge zwischen N und G-Film hätte zeigen lassen müssen. Diese Verträge betreffend das Innenverhältnis zwischen Produzent und Sendeanstalt und gehen den Drittverwerter nichts an, zumal wenn dieser Verwerter nur in einem eher marginalen Vertriebsbereich - hier: die Vermarktung von Videomitschnitten - tätig ist.

f) Irrelevant ist in diesem Zusammenhang der Hinweis der Beklagten, wonach die Auswertungsrechte an zahlreichen Szenen der Produktionen mit Wirkung zum 12. Juli 1999 an die Firma Video K in M zurückgefallen sei. Die Beklagte hat nicht schlüssig vorgetragen, um welche Szenen es sich hier im einzelnen handelt. Ferner wäre der Rechterückfall erst ab 12. Juli 1999 relevant und würde die Testbestellungen, die vor diesem Datum lagen, nicht betreffen. Entscheidend ist aber, daß die Klägerin auch dann noch Leistungsschutzrechte geltend machen kann, wenn man den behaupteten Rechterückfall als gegeben unterstellt. Denn der Rückfall erstreckt sich nach eigenen Angaben der Beklagten nur auf etwa 70% des Filmmaterials. Hinsichtlich der verbleibenden 30% Eigenmaterial der G-FILM bestehen eigene Leistungsschutzrechte, die die G-FILM auch an S TV und von dort auf die Klägerin übertragen konnte. Verbietungsrechte bestehen hinsichtlich des gesamten Films auch dann, weil hinsichtlich Teilen des Films fremde Rechte zu respektieren sind.

g) Unbeachtlich sind ferner die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Hinweise darauf, daß es gängiger interner Übung der Sendeanstalten entspreche, bei Auftragsproduktionsverträgen davon auszugehen, daß der Sendeanstalt die Leistungsschutzrechte originär zukämen. Eine "ständige Praxis" der A- und Z-Justitiariate legitimiert noch keine falsche Auslegung der Verträge. Entscheidend für die Frage des Rechtserwerbs sind allein die im Fernsehbereich ausführlichen vertraglichen Regelungen zwischen Produzent und Sendeanstalt. Für einen Rückgriff auf außervertragliche Übungen bleibt demgegenüber wenig Raum, zumal wenn eine solche Übung einseitig von der Sendeanstalt selbst praktiziert wird. Deshalb überzeugt auch das Argument der Beklagten nicht, daß Sendeanstalten bei Auftragsproduktionen üblicherweise sämtliche Auswertungsrechte erwerben. Würden sich die Sendeanstalten tatsächlich auch de Rechte der außerfernsehmäßigen Verwertung in ihren Geschäftsbedingungen einräumen lassen, wäre dies eine überraschende Klausel im Sinne von § 3 AGBG. Ferner bestünden erhebliche Bedenken an der Wirksamkeit solche Klauseln im Hinblick auf deren Vereinbarkeit mit dem Zweckübertragungsgrundsatz, der über § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG in die Inhaltskontrolle einfließt. Auch zeigen die vorliegenden Verträge zwischen N und G-Film, daß die Sendeanstalten meist sehr differenziert die zu erwerbenden Rechte spezifizieren und auf den Bereich der fernsehmäßigen Kernnutzung beschränken (s.o.).

II. Der Eingriff der Beklagten in die Leistungsschutzrechte der Klägerin ist nicht von Schrankenbestimmungen gedeckt.

1. § 14 N-Staatsvertrag bzw. § 17 M-Staatsvertrag sind insofern nicht einschlägig. Selbstverständlich können Staatsverträge nach Maßgabe ihrer landesrechtlichen Verankerung auch Gesetzesqualität haben (siehe Schneider, WDStRL 19 (1961) 1, 8). Solche öffentlich-rechtlichen Vereinbarungen können sich jedoch nicht auf urheberrechtliche Sachverhalte erstrecken, insbesondere neue urheberrechtliche Schrankenbestimmungen schaffen Denn nach Art. 73 Nr. 9 des Grundgesetzes gehört der Bereich des Urheberrechts zur ausschließlichen Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes. Die Länder haben in den genannten Rundfunkstaatsverträgen auch keine Regelungen mit urheberrechtlichem Gehalt schaffen wollen, bei richtiger Interpretation der Staatsverträge handelt es sich hierbei nicht um urheberrechtliche Ausnahmebestimmungen. Vielmehr geht es hier um Bestimmungen zum Gegendarstellungs- und Beschwerderecht, die im übrigen eine Löschung der Aufzeichnungen nach zwei bzw. drei Monaten vorsehen (§ 17 Abs. 2 M-Staatsvertrag; § 14 Abs. 1 S. 3 N-Staatsvertrag). Insofern besteht eine Bindung der Aufzeichnungsberechtigung an die Beweissicherungsfunktion. Folglich decken die in den Staatsverträgen verankerte Verpflichtung der Sendeanstalt, ihre Sendungen aufzuzeichnen und für einen gewissen Zeitraum aufzubewahren, nicht die hier streitgegenständlichen Handlungen, nämlich die kommerzielle Erstellung und Verbreitung von Videomitschnitten.

2. Gleiches gilt für die Anwendung von § 53 Abs. 2 Nr. 3 UrhG, da es vorliegend nicht um Beiträge geht, die einen Bezug zur aktuellen Tagespolitik aufweisen.

3. Auch § 55 Abs. 1 UrhG kommt nicht zum Tragen. Denn diese Vorschrift legitimiert nur die sog. ephemere Vervielfältigung zu Sendezwecken. Der von der Beklagten in Zusammenarbeit mit den Sendeanstalten vorgenommene Mitschnitt im Videoformat ist jedoch nicht sendetechnisch bedingt; er dient - wie der spätere Vertrieb der Kassetten zeigt - dem Aufbau einer eigenen kommerziellen Verwertungsform abseits der fernsehmäßigen Nutzung.

4. Auch die von der Beklagte herangezogenen Vertragsklauseln legitimieren das Verhalten nicht, da die genannten Bestimmungen in den allgemeinen Vertragsbedingungen des M und des N nur darauf hinauslaufen "eigene Sendungen auf Ton- und Bildtonträger zu archivieren". Vorliegend handelt es sich nicht um eine bloße Archivierung, sondern um den kommerziellen Vertrieb von Videomitschnitten.

5. Ein Einverständnis der Klägerin zu den Mitschnitten kann auch nicht darin gesehen werden, daß die Klägerin Testbestellungen hat vornehmen lassen. Dies würde darauf hinauslaufen, daß ein Rechtsverletzer nur behaupten muß, er habe ausschließlich die Testbestellungen ausgeführt, um sich der zivilrechtlichen Verantwortung zu entziehen. Eine Testbestellung beinhaltet nicht die konkludente Erklärung des Bestellers, daß er sich mit der Art und Weise, wie die bestellte Ware erstellt worden ist, einverstanden erklärt. Er weiß ja im Zeitpunkt der Bestellung, noch gar nicht, ob und wie diese ausgeführt wird. Die strafrechtliche Rechtsprechung zu Fangbriefen (OLG Köln, NJW 1961, 2360; BayOBLG, NJW 1979, 729) kann hierbei nicht herangezogen werden. Sie dient lediglich der Abgrenzung von vollendeten und versuchtem Diebstahl beim Einsatz von Fangbriefen. Eine Übertragung auf die Frage zivilrechtlichen Unrechts kommt nicht in Betracht.

6. Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, daß sie sich auf den Copyright-Vermerk verlassen durfte, der an den streitgegenständlichen Filmwerken angebracht gewesen sei und auf die Sendeanstalt verweise. Die Beklagte hat nicht hinreichend schlüssig dargelegt, wo welcher Hinweis auf welchem "Filmwerk" angebracht worden ist. Bei der fernsehmäßigen Ausstrahlung werden im Vor- und/oder Nachspann typischerweise Produktionsgesellschaft und Sendeanstalt genannt, ohne daß hieraus besondere Rückschlüsse auf den Inhaber der Videorechte gezogen werden könnten. Ferner ist zu beachten, daß die Urheberrechtsvermutung des § 10 UrhG dem Schutz des Urhebers dient und nur zu seinen Gunsten wirkt (Loewenheim, in: Schricker (Hg.), Urheberrecht, 2. Aufl. München 1999, § 10 Rdnr. 3). Im übrigen hilft auch die widerlegbare Vermutung des Art. 15 Abs. 2 der Revidierten Berner Übereinkunft nicht weiter, wonach mangels Gegenbeweises derjenige als Hersteller des Filmwerkes gilt, dessen Name in üblicher Weise auf dem Werkstück angegeben ist. Denn diese Regelung bezieht sich nur auf Filmhersteller, die nach ihrem Heimatrecht als Urheber angesehen werden (so auch Reupert, Der Film im Urheberrecht, Baden-Baden 1995, S. 76). Entscheidend spricht aber gegen die Anwendung von § 10 UrhG, daß die Beklagte selbst durch ihre detaillierten Angaben zur vertraglichen Situation, insbesondere durch die Vorlage der Vereinbarungen mit dem N, die Vermutungswirkung des § 10 UrhG ausgehebelt hat. Denn die Analyse der Vertragstexte zeigt sehr deutlich, daß der N nicht Inhaber der Videorechte geworden sein kann, wie oben ausführlich dargelegt.

III. Insofern liegen alle Voraussetzungen für eine Urheberrechtsverletzung vor. Dieser Feststellung steht auch nicht die vom Landgericht eingebrachte Einrede des Rechtsmißbrauchs entgegen. Dieser Einwand ist in der vom Landgericht vorgenommenen pauschalen Wertung nicht gegenüber einer Urheberrechtsverletzung einschlägig. § 242 BGB ist eine Vorschrift, die sich nach ihrem Wortlaut nur auf die Art und Weise der Bewirkung einer Leistung bezieht. Die Vorschrift kann nur mit Vorsicht auf andere Fallgruppen angewendet werden. Es sind dem Gericht keine Entscheidungen bekannt, in denen ein Unterlassungsanspruch wegen Urheberrechtsverletzung mit Hinweis auf einen Rechtsmißbrauch verneint worden wäre. § 242 BGB wird im Rahmen von § 97 Abs. 1 UrhG nur im Hinblick auf seltene Fälle der Verwirkung (siehe etwa BGH, GRUR 1981, 652, 653 - Stühle und Tische) und bei der Gewährung - von Aufbrauchsfristen (BGH, GRUR 1974, 474, 476 - Großhandelshaus) angewandt. Mit der Verletzung der Rechte der Klägerin ist der Unterlassungsanspruch nach § 97 Abs. 1 UrhG im Streitfall - wie in allen anderen Fällen der Verletzung des Urheberrechts oder anderer, gewerblicher Schutzrechte - entstanden. Der Beklagten kam es nicht zu, ohne Rücksicht auf den Bestand fremder Rechte Verwertungshandlungen vorzunehmen. Ihrer Pflicht, selbst dafür zu sorgen, daß sie keine fremden Rechte verletzte, konnte sie nicht dadurch entgehen, daß sie potentielle Rechtsinhaber aufforderte, sich bei ihr mit eigenen Rechten zu melden. Die Beklagte hatte sich vielmehr wegen des Bestands etwaiger Drittrechte an diejenigen zu wenden, von denen sie ihre Befugnisse herleitete.

Aber selbst nachdem sie fremde Rechte verletzt und damit den Unterlassungsanspruch begründet hatte, hat die Beklagte nicht angemessen reagiert. Sie hat sich nicht etwa auf die Abmahnung der Klägerin hin sofort unterworfen und sich nicht nur noch gegen eine Kostenlast und das Schadensersatzverlangen gewandt. Selbst im Prozeß hat sie den Unterlassungsanspruch nicht etwa anerkannt, sondern sich gegen ihn verteidigt, und zwar in der Sache auch mit anderen Gründen als gerade dem Vorwurf des Rechtsmißbrauchs.

Mit der Möglichkeit der Unterwerfung und des Anerkenntnisses unter Protest gegen die Kostenlast standen der Beklagten Wege offen, nach den Verletzungshandlungen die Rechte der Klägerin ohne weitergehende eigene Nachteile zu respektieren. Wenn sie die Wege nicht einschlug, kann sie der Klägerin keinen Rechtsmißbrauch vorwerfen.

Wegen der begangenen Verletzungen besteht Wiederholungsgefahr.

B. Schadensersatz

Der Klägerin steht allerdings wegen der gerügten Verwertungshandlungen kein Anspruch auf Ersatz ihres Schadens zu (§ 97 Abs. 1 S. 1 UrhG).

Zwar liegen fast alle Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch zumindest dem Grunde nach vor. Die Beklagte hat rechtswidrig die Leistungsschutzrechte der Klägerin verletzt und sich wegen des Verschuldens nicht hinreichend entlastet, wobei Fahrlässigkeit genügt. Zu beachten ist hier aber das ganz überwiegende Mitverschulden der Klägerin, das gem. § 254 Abs. 2 S. 1 BGB die Annahme eines Schadensersatzanspruchs ausschließt. Die Klägerin hat es schuldhaft unterlassen, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Es ist von der Klägerin nicht in Abrede gestellt worden, daß die Beklagte schon vor den Testbestellungen der Klägerin anbot, eine Aufstellung der Klägerin über deren Videorechte zu akzeptieren. Damit steht außer Streit, daß mit der Übersendung einer Liste der hier geltend gemachte Schaden vermieden werden konnte. Der Klägerin wäre es ein Leichtes gewesen, diese Liste zu erstellen. Dennoch weigerte sie sich, der Beklagten eine solche Liste zur Verfügung zu stellen. Sachliche Gründe für die Weigerung führt sie selbst nicht an.

C. Auskunft

Die geltend gemachten Auskunftsansprüche sind durch die übereinstimmenden Erklärungen in der mündlichen Verhandlung erledigt. Die diesbezüglichen Kosten muß die Klägerin tragen, weil der Antrag mangels Ersatzanspruchs hinsichtlich der Verwertungen unbegründet war. Wegen Fehlens eines solchen Anspruchs ist auch der weiter verfolge Antrag auf Versicherung an Eides Statt (§ 259 Abs. 2 BGB analog) unbegründet.

D. Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit

Die Kosten sind, soweit es um den Unterlassungsantrag geht, nach § 91 Abs. 1 ZPO von der Beklagten zu tragen. Über die Kosten des Verfahrens, soweit der Auskunftsanspruch zu beurteilen war, ist nach § 91a Abs. 1 ZPO zu entscheiden. Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand wäre die Klägerin mit ihrem Auskunftsanspruch gescheitert. Die Kosten des Antrags auf eidesstattliche Versicherung muß nach § 91 Abs. 1 ZPO die Klägerin tragen, weil auch dieser Anspruch unbegründet ist.

Die Klägerin hat hinsichtlich der geltend gemachten Schadensersatzansprüche die Kosten nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen. Zu beachten ist ferner die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgenommene Teilrücknahme des Feststellungs- und Versicherungsantrags; die insofern von der Klägerin nach § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO zu tragenden Kosten fallen jedoch gering aus.

Gem. § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO waren die Kosten anteilsmäßig zu verteilen. Insgesamt hat die Klägerin aber in deutlich stärkerem Maße obsiegt, da das Verfahren seinen Kerngegenstand im geltend gemachten Verbotsantrag findet. Insofern erschien es sach- und interessengerecht, das Verhältnis von Teilobsiegen und Teilunterliegens mit 5/8 zu 3/8 zu bewerten.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück