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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 18.03.2002
Aktenzeichen: 21 W 48/01
Rechtsgebiete: InsVV, InsO, ZPO, GKG


Vorschriften:

InsVV § 2
InsO § 53
InsO § 54
ZPO § 116 Nr. 1
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
GKG § 11 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

21 W 48/01

In dem Rechtsstreit

hat der 21. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Professor Dr. Vygen, den Richter am Oberlandesgericht Jenssen und die Richterin am Landgericht Dr. Stöve am 18.03.2002 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Prozeßkostenhilfe versagenden Beschluß des Vorsitzenden der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Duisburg vom 07.11.2001 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den angegriffenen Beschluß ist nicht begründet.

Der Antragsteller hat als Insolvenzverwalter der C GmbH gemäß § 116 Nr. 1 ZPO keinen Anspruch auf Prozeßkostenhilfe.

Nach dieser Vorschrift erhält eine Partei kraft Amtes Prozeßkostenhilfe, wenn die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen.

1.

Es kann dahin stehen, ob die von dem Antragsteller angegebenen vorhandenen Barmittel und das kurzfristig verwertbare Vermögen in Höhe von 23.837,72 DM abzüglich der Masseschulden und Massekosten in Höhe von etwa 13.000,- DM die Kosten des Rechtsstreits bei einem Streitwert von 366.435,92 DM decken. Zutreffend führt das Landgericht aus, daß auch bei schon gezahlter Verfahrensgebühr nach Anlage 1, Nr. 1201 zu § 11 Abs. 1 GKG die verfügbaren Barmittel von 10.837,72 DM nicht ausreichen, um die - nach der Behauptung des Antragstellers noch nicht gezahlten Anwaltskosten zu decken.

2.

Jedenfalls sind an dem Gegenstand des Rechtsstreits ausreichend Gläubiger wirtschaftlich beteiligt, denen es zuzumuten ist, die Kosten des Rechtsstreits aufzubringen.

a)

Wirtschaftlich beteiligt an dem vorliegenden Rechtsstreit sind alle Gläubiger, die in der vom Antragsteller mit Schriftsatz vom 20.09.2001 vorgelegten Liste vom 14.09.2001 bezeichnet sind. Denn sie können bei einem erfolgreichen Abschluß des Prozesses mit einer teilweisen Befriedigung ihrer Ansprüche rechnen.

b)

Es ist zwölf dieser Gläubiger auch zumutbar, die Kosten des Rechtsstreits aufzubringen.

aa) Es kann dahinstehen, ob dem Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz vom 21.08.2000 (Jur.Büro 2001,158) zu folgen ist, wonach es den Gläubigern schon zumutbar ist, die Kosten zu tragen, wenn sie bei erfolgreichem Ausgang des Rechtsstreits eine Quote von 4,5 % ihrer Forderung gegen die Gemeinschuldnerin erstattet erhalten.

Danach wäre es vorliegend allen Gläubigern, die in der Liste vom 14.09.2001 aufgeführt sind, zumutbar, die Kosten des Rechtsstreits aufzubringen:

Denn zieht man von der Forderung aus diesem Rechtsstreit in Höhe von 366.435,92 DM die nach §§ 53, 54 InsO bevorrechtigten Forderungen des Insolvenzverwalters in Höhe des - zugunsten des Antragsteilers anzunehmenden - 4-fachen Satzes nach § 2 InsVV von etwa 100.000,-- DM ab, verbleibt es bei einer möglichen Forderung aus diesem Rechtsstreit von 266.435,92 DM. Dies begründet im Verhältnis zu den Gesamtforderungen aller Gläubiger von 1.317.376,43 DM eine Quote von rund 20 %.

bb) Auch soweit die Grenze der Zumutbarkeit erst als überschritten gewertet wird (Münchener-Kommentar/Wax, ZPO, 2. Aufl., § 116 Rdn. 19; Stein/Jonas/Bork, ZPO-Kommentar, 21. Aufl., § 116 Rdn. 13), wenn die Höhe der vorzuschießenden Kosten zu der zu erwartenden Erhöhung der Quote außer Verhältnis steht, wären hier alle Gläubiger vorschußpflichtig.

Denn es hat nicht jeder einzelne Gläubiger den Kostenvorschuß in Höhe der Rechtsanwaltskosten von etwa 12.000,- DM aufzubringen, was einem Gläubiger mit Forderungen bis zu 60.000,- DM bei einer Quote von 20 % in der Tat nicht zuzumuten wäre, weil er ansonsten nicht einmal seine Einstandskosten erstattet erhielte. Vielmehr ist auf die Gesamtheit der Gläubiger abzustellen, denen der Prozeßerfolg zugute käme (Zöller/Philippi, ZPO-Kommentar, 23. Aufl., § 116 Rdn. 7). Jeder einzelne Gläubiger hat also nur die Kosten anteilig aufzubringen.

cc) Jedenfalls ist es jedoch den zwölf Hauptgläubigern zuzumuten, die Kosten von etwa 6.135,50 € (12.000,- DM) aufzubringen.

Denn die vorzustreckenden Kosten machen noch nicht einmal 1,2 % der von diesen zwölf Gläubigern angemeldeten Forderungen in Höhe von etwa 1 Mio aus. Bei einem Erfolg des Rechtsstreits würden sie etwa 290.000,- DM erhalten, so daß ihre Kostentragungspflicht nur 4,1 % dieser Erfolgssumme ausmacht.

Es ist diesen zwölf Gläubigern auch zuzumuten, die Kosten allein zu tragen und nicht alle Gläubiger an der Kostragungspflicht zu beteiligen; Gläubiger mit Minimalforderungen sind nicht an der Kostenaufbringung zu beteiligen (OLG Naumburg, ZIP 1994, 383, 384; Zöller/Philippi, aaO, § 116 Rdn. 7; vgl. OLG Köln, MDR 2000,51, wonach bei vollständiger Befreidigung nur die beiden Großgläubiger die Kosten aufbringen müssen).

Unzweifelhaft besteht zwar bei allen Gläubigern ein Interesse am Erfolg des Rechtsstreits. Es kann ihnen wegen der geringen zu erwartenden Quote jedoch nicht auferlegt werden, insoweit in Vorlage zu treten.

Insbesondere ist es aber auch aus der Sicht des Insolvenzverwalters in einem Fall - wie im vorliegenden Fall - mit einer Vielzahl von Gläubigern, nicht mehr praktikabel, von allen Gläubigern den Anteil an den Kosten anfordern und gegebenenfalls im Laufe des Verfahrens wegen weiter einzuzahlender Vorschüsse nachfordern zu müssen.

Wann eine Minimalforderung vorliegt, wird im Einzelfall abhängig von den aufzubringenden Kosten, der zu erlangenden Quote und der Anzahl der Gläubiger bestimmt werden können.

Wenn die Antragsgegnerin meint, daß bei Kostentragungspflicht nur eines Teils der Gläubiger ein Insolvenzverwalter nie klagen könne, weil diesen Gläubigern nicht auferlegt werden dürfe, "über ihren Anteil hinaus auch einen Rechtsstreit für die sonstigen Gläubiger mitzufinanzieren", handelt es sich um ein Scheinproblem. Es ist - im Gegenteil - den Großgläubigern schon im eigenen Interesse einer zügigen, effektiven und praktikablen Prozeßführung zuzumuten, auch die anteiligen Prozeßkosten der Kleingläubiger mitzutragen. Die Grenze der Zumutbarkeit ist erst dort erreicht, wo für die Großgläubiger ein Mißverhältnis zwischen den Kosten und dem wirtschaftlichen Nutzen bei Erfolg der Klage entsteht. Ein solches Mißverhältnis nimmt das Oberlandesgericht Köln (MDR 2000, 51) noch nicht bei vorzustreckenden Kosten an, die etwa 12,7 % der von den Großgläubigern angemeldeten Forderungen ausmachen.

Vorliegend ist bei einer Quote von 20 %, einem zunächst nur aufzubringenden Kostenanteil von etwa 12.000,- DM und über 120 Gläubigern den Gläubigern mit Forderungen unter 20.000,- DM eine Beteiligung an der Kostenaufbringung nicht zuzumuten. Es verbleiben mit Forderungen über 20.000,- DM zwölf Gläubiger, die zusammen etwa 12.000,- DM, also nur 1,2 % der von ihnen angemeldeten Forderungen aufbringen müssen, was auch bei der Weigerung einzelner möglich und zumutbar bleibt.

c)

Da der antragstellende Insolvenzverwalter nicht dargelegt hat, daß diesen zwölf wirtschaftlich Beteiligten die Mittel fehlen, kann der Senat auch davon ausgehen, daß ihnen die Bezahlung der Kosten möglich ist Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin kommt es nicht darauf an, ob die wirtschaftlich Beteiligten auch bereit sind, die Kosten vorzuschießen (BGH, MDR 2000, 51).

3.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt (§ 127 Abs. 4 ZPO; KV 1905, Anlage 1 zu § 11 GKG).

Ende der Entscheidung

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