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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 15.01.1999
Aktenzeichen: 22 U 118/98
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 631
BGB § 632
BGB § 626
Leitsätze:

1.

Aus einer im Rahmen eines langfristigen Werkvertrags durch den Besteller gegebenen Umsatzgarantie verbunden mit dem Versprechen, bei Nichterfüllung der Garantie Vorauszahlungen auf den Werklohn für spätere höhere Aufträge zu leisten, kann der Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht mehr Vorauszahlung, sondern allenfalls Schadenersatz wegen Verletzung der Umsatzgarantie verlangen.

2.

Die außerordentliche Kündigung eines langfristigen Werkvertrags kann der Besteller nicht mehr auf Schmiergeldzahlungen an einen seiner Mitarbeiter stützen, wenn ihm diese bereits mehr als einen Monat vor der fristlosen Kündigung bekannt waren und er die Kündigung erst mehr als ein Jahr später zusätzlich hiermit begründet.


22 U 118/98 12 O 167/97 LG Krefeld

Verkündet am 15. Januar 1999

Prietzel, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

Oberlandesgericht Düsseldorf

Im Namen des Volkes Urteil

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 11. Dezember 1998 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Weyer, den Richter am Oberlandesgericht Muckel und den Richter am Amtsgericht Dr. Klinkhammer für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlußberufung der Klägerin wird das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Krefeld vom 28. April 1998 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Beklagten teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Es wird festgestellt, daß die fristlose Kündigung der Beklagten vom 21. Oktober 1997 unwirksam war und das Vertragsverhältnis der Parteien vom 15. März 1991 bis zum 20. September 1998 fortbestanden hat.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 78% und die Beklagte 22%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch eine Sicherheitsleistung in Höhe von 12.000 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Sicherheiten können auch durch Bank- oder Sparkassenbürgschaften erbracht werden.

Tatbestand

Die Parteien schlossen am 15.3.1991 eine "Dienstleistungsvertrag" überschriebene Vereinbarung, durch die sich die Klägerin gegenüber der Beklagten verpflichtete, von dieser zu liefernde Kunststoffteile (Radzierblenden für PKW) zu lackieren. Der Vertrag sollte bis zum 20.9.1998 gelten und sich stillschweigend um jeweils 12 Monate verlängern, wenn er nicht mit einer Frist von 6 Monaten zum Vertragsende gekündigt wurde (Nr. 3a). Der Klägerin war es nach dem Vertrag untersagt, Radzierblenden oder Radkappen selbst herzustellen oder zu vertreiben (Nr. 5 Abs. 2), dem Geschäftsführer der Klägerin überdies, sich direkt oder indirekt an Konkurrenzunternehmen der Beklagten zu beteiligen oder für diese tätig zu werden (Nr. 6). Auf der anderen Seite erklärte die Beklagte sich damit einverstanden, daß die Klägerin für andere Auftraggeber mit Ausnahme direkter Konkurrenten Radzierblenden lackierte, solange ihre "Kapazitäten" erfüllt wurden (Nr. 5 Abs. 1). Sie verpflichtete sich ferner, keine Radzierblenden "auswärts" lackieren zu lassen; die Klägerin sollte ihr Alleinlieferant für die Lackierung der Radzierblenden sein (Nr. 7). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag Bl. 14/15 GA Bezug genommen.

Nachdem die Geschäftsführer der Parteien am 19.7.1997 fernmündlich die weitere Zusammenarbeit besprochen hatten, bestätigte die Beklagte das Besprechungsergebnis mit Schreiben vom 22.07.1997 (Bl. 17 GA) wie folgt:

1. Für die Monate August/September garantieren wir Ihnen einen Umsatz von jeweils DM 100. 000,00.

Sollte der Umsatz nicht erreicht werden (durch mangelnde Aufträge seitens Arm), werden wir diese Summe entsprechend auffüllen und mit anschließend höheren Aufträgen verrechnen.

2. Um eine 100%ige Qualität zu gewährleisten, beabsichtigen Sie Ihre Anlage zu modernisieren und einen zusätzlichen Fachmann einzustellen.

Über eine Kostenbeteiligung, genannt wurden Ihrerseits ca. DM 50.000,-, sollte bei unserem geplanten Gespräch in Velbert nach Ihrem Urlaub gemeinsam mit den Unterzeichnern verhandelt werden.

Für August 1997 erteilte die Beklagte der Klägerin Lackieraufträge im Rechnungswert von 19.254,19 DM. Im Laufe dieses Monats kam es zwischen den Parteien zu Differenzen wegen der Qualität der lackierten Radzierblenden, die von der Beklagten auf Mängel der Lackierung und von der Klägerin auf die unzulängliche Beschaffenheit der von der Beklagten zur Verfügung gestellten Rohteile zurückgeführt wurde. Am 20.8.1997 sandte die Beklagte von ihr beanstandete Radzierblenden an die Klägerin zurück. Die Klägerin wies die Beanstandung unter Hinweis darauf, daß die Blenden von ihr immer so produziert worden seien und keine Qualitätsabsprachen getroffen seien, als unbegründet zurück. Mit Telefax-Schreiben vom 21., 22., 25. und 28.8.1997 (Bl. 19-23 GA) beanstandete sie gegenüber der Beklagten die Qualität der ihr jeweils neu zum Lackieren gelieferten Radzierblenden und erklärte sich außerstande, diese wegen eines Materialfehlers zu lackieren. Durch Schreiben vom 2.9.1997 (Bl. 24 GA) erklärte die Beklagte gegenüber der Klägerin, sie ziehe die für die Monate August und September gemachte Zusage zurück, nachdem die Klägerin das Lackieren von über 50% der angelieferten Waren mit der Begründung abgelehnt habe, diese seien nicht lackierfähig. Die angelieferten lackierten Blenden - so heißt es in dem Schreiben weiter - befänden sich in einem so erbärmlichen Zustand, daß die Ware unverkäuflich sei. Nach weiterem Schriftwechsel teilte die Beklagte der Klägerin am 4.9.1997 (vgl. Bl. 26 GA), noch bevor eine in Aussicht genommene gemeinsame Besprechung stattgefunden hatte, mit, sie werde die bei dieser lagernden Rohteile am folgenden Tage abholen. Die Klägerin verweigerte die Herausgabe, bevor die Angelegenheit geklärt sei und ein Rechnungsausgleich stattgefunden habe (vgl. Bl. 27 GA). Mit Schreiben an die Klägerin vom 21.10.1997 kündigte die Beklagte den Vertrag vom 15.3.1991 fristlos (Bl. 44 GA) mit der Begründung, die Klägerin verweigere grundlos Erfüllung ihrer vertraglichen Pflichten, habe sich in der Vergangenheit mit der Drohung, die Lackiererei zu schließen, als unzuverlässig erwiesen und häufig mangelhafte Arbeit geleistet. Mit einem weiteren Schreiben vom selben Tage sprach sie ferner die ordentliche Kündigung "zum nächstzulässigen Termin" aus (Bl. 45 GA).

Die Klägerin meint, die fristlose Kündigung sei unwirksam und verlangt die Erfüllung der in dem Schreiben der Beklagten vom 22.7.1997 (Bl. 17 GA) wiedergegebenen Vereinbarung vom 19.7.1997 durch Zahlung des Differenzbetrages zwischen dem für die Monate August und September 1997 garantierten Umsatz von 200.000 DM und dem in diesem Zeitraum tatsächlich getätigten Umsatz von 19.254,19 DM.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 180.745,81 DM nebst 10% Zinsen von 80.745,81 DM für die Zeit vom 1. bis 30.9.1997 und 10% Zinsen seit dem 1.10.1997 auf die Gesamtforderung zu zahlen, festzustellen, daß sowohl die fristlose Kündigung als auch die fristgemäße Kündigung des Vertrages vom 15.3.1991 mit Schreiben vom 21.10.1997 unwirksam ist und das Vertragsverhältnis vom 15.3.1991 bis zum 20.9.1998 ungekündigt fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, aus der garantierten Umsatzhöhe von 200.000 DM könne die Klägerin keinen Zahlungsanspruch in Höhe des Umsatzausfalls herleiten. Im übrigen, so hat sie behauptet, habe die Klägerin nach wiederholten Androhungen, ihre Lackiererei zu schließen, mit Telefax-Schreiben vom 29.8.1997 (Bl. 76 GA) das Vertragsverhältnis selbst beendet. Darüber hinaus habe die Klägerin durch grundlose Verweigerung der Vertragserfüllung und mangelhafte Leistungen bewirkt, daß das Auftragsvolumen gering geblieben sei, und dadurch Grund zur fristlosen Kündigung des Vertragsverhältnisses gegeben. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf die Sachdarstellung der Beklagten unter III - V der Klageerwiderung vom 14.1.1998 (Bl. 54 - 63 GA) und in dem Schriftsatz der Beklagten vom 11.2.1998 (Bl. 108 - 116 GA) Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagte durch das angefochtene Urteil unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an die Klägerin 180.745,81 DM nebst 5% Zinsen seit dem 1.10.1997 sowie weitere 5% Zinsen von 80.745,81 DM für die Zeit vom 2.9.1997 bis zum 30.9.1997 zu zahlen; ferner hat es festgestellt, daß sowohl die fristlose Kündigung als auch die fristgemäße Kündigung des Vertrages vom 15.3.1991 durch Schreiben der Beklagten vom 21.10.1997 unwirksam ist. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Vereinbarung vom 22.7.1997 (richtig: 19.7.1997) sei eindeutig dahingehend zu verstehen, daß die Beklagte sich gegenüber der Klägerin verpflichtet habe, für die Monate August und September 1997 jeweils 100.000 DM zu zahlen, ganz gleich, ob ein Umsatz in dieser Höhe auch erreicht worden sei oder nicht. Sie stelle sich als Vereinbarung von Voraus- oder Abschlagszahlungen dar. Anders wäre die Sache allenfalls dann zu beurteilen, wenn das Vertragsverhältnis beendet wäre und damit feststünde, daß ein höherer Umsatz in der Folgezeit nicht mehr erreicht werden könnte. Dann könne die Klägerin nicht mehr Abschlagszahlungen, sondern nur noch Schadensersatz begehren. Das Vertragsverhältnis sei aber durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 21.10.1997 nicht beendet worden, sondern ende auf die gleichzeitig von der Beklagten erklärte ordentliche Kündigung erst am 20.9.1998. Gründe, die eine fristlose Kündigung durch die Beklagte rechtfertigten, bestünden nicht. Ohne Erfolg berufe sich die Beklagte auch darauf, die Klägerin habe sich selbst vom Vertrag losgesagt.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung sowie wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Mit der Berufung verfolgt die Beklagte den Klageabweisungsantrag sowohl hinsichtlich des Zahlungs- als auch hinsichtlich des Feststellungsantrags weiter.

Sie wendet sich gegen die vom Landgericht vorgenommene Auslegung der Vereinbarung vom 19.7.1997 als Übernahme einer Zahlungsverpflichtung im Sinne einer Voraus- oder Abschlagszahlung auf die garantierten, aber nicht erreichten Umsätze. Sie rügt, das Landgericht habe den durch das Zeugnis ihres Mitarbeiters AM unter Beweis gestellten Vortrag übergangen, die durch ihr Schreiben vom 22.7.1997 bestätigte Vereinbarung vom 19.7.1997 sei dahin gegangen, den in den Monaten August und September 1997 nicht erreichten, garantierten Umsatz in die Folgezeit vorzutragen, nicht aber entsprechende Differenzzahlungen zu leisten. Anstelle des Zeugen V benennt sie nunmehr ihren früheren Geschäftsführer B, der mit Schreiben vom 12.11.1998 (Bl. 237 GA) sein Amt niedergelegt habe, als Zeugen. Zudem meint sie, die Klägerin könne, sofern das Ende der Vertragsbeziehungen von ihr, der Beklagten, zu vertreten sei, allenfalls Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, der nicht mit dem Umsatz gleichzusetzen sei.

Schließlich weist sie darauf hin, daß die im Tenor des angefochtenen Urteil getroffene Feststellung, auch die von ihr ausgesprochene ordentliche Kündigung des Vertrages vom 15.3.1991 sei unwirksam, mit den die Wirksamkeit dieser Kündigung bejahenden Urteilsgründen unvereinbar sei, und tritt der Auffassung, die von ihr erklärte fristlose Kündigung sei unbegründet, unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vortrages entgegen.

Im übrigen wiederholt und ergänzt die Beklagte ihren erstinstanzlichen Vortrag nach Maßgabe ihrer Schriftsätze vom 24.8.1998 (Bl. 201-210 GA), 23.11.1998 (Bl. 225-233 GA) und 26.11.1998 (Bl. 248 GA).

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie tritt unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vortrags nach Maßgabe ihrer Schriftsätze vom 11.9.1998 (Bl. 215-222 GA), 1.12 1998 (Bl. 251254 GA) und 10.12.1998 (Bl. 257-258 GA) dem Berufungsvorbringen der Beklagten entgegen.

Sie schließt sich der Berufung der Beklagten mit "Eventualanschlußberufung" an und beantragt,

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, daß die fristlose Kündigung vom 21.10.1997 des Vertrages vom 15.3.1991 unwirksam sei und das Vertragsverhältnis vom 15.3.1991 bis zum 20.9.1998 fortbestanden habe.

Die Beklagte stellt zu der Anschlußberufung der Klägerin keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien und die diesen beigefügten Unterlagen Bezug genommen. Entscheidungsgründe Die Berufung der Beklagten und die unselbständige Anschlußberufung der Klägerin sind zulässig. Während das Rechtsmittel der Klägerin in vollem Umfang Erfolg hat, ist das Rechtsmittel der Beklagten nur zum Teil begründet.

I. Zahlungsanspruch der Klägerin

Die durch den "Dienstleistungsvertrag" vom 15.3.1991 begründeten Vertragsbeziehungen der Parteien sind durch die von der Beklagten mit Schreiben vom 21.10.1997 erklärte fristlose Kündigung nicht beendet worden. Sie haben vielmehr, nachdem die Beklagte rechtzeitig von ihrem ordentlichen Kündigungsrecht Gebrauch gemacht hat, bis zum Ende der vereinbarten Laufzeit des Vertrages am 20.9.1998 fortbestanden. Nach der inzwischen eingetretenen Vertragsbeendigung steht der Klägerin gegen die Beklagte aus der Umsatzgarantie, die in deren Schreiben vom 22.7.1997 (Bl. 17 GA) unter Nr. 1 wiedergegeben ist, ein Anspruch auf Voraus- oder Abschlagszahlungen auf den Werklohn für die zugesagten Aufträge nicht mehr zu. Ein möglicher Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung der Garantiezusage ist nicht begründet. Die Klägerin hat ihren Schaden nicht dargetan.

II.

Zu Recht hat das Landgericht die indem Schreiben der Beklagten vom 22.7.1997 wiedergegebene Vereinbarung allerdings dahin gehend ausgelegt, daß die Beklagte sich über die feste Zusage hinaus, der Klägerin in den Monaten August und September 1997 Lackieraufträge mit einem Gesamtvolumen von je 100.000 DM zu erteilen, verpflichtet hat, der Klägerin unabhängig von dem Umfang der tatsächlich erteilten Aufträge für die Monate August und September 1997 mindestens 100.000 DM Werklohn zu zahlen. Allein diese Auslegung ist mit dem Wortlaut der getroffenen Abrede vereinbar und steht mit ihrem Sinn und Zweck in Einklang.

Die von der Beklagten im Anschluß an die Umsatzgarantie für die Monate August und September 1997 (Nr. 1 Abs. 1 der Vereinbarung) übernommene Verpflichtung, sie werde die Summe [von jeweils 100.000 DM] "entsprechend auffüllen und mit anschließend höheren Aufträgen verrechnen", wenn die von ihr erteilten Aufträge die garantierten Umsätze nicht erreichen sollten, kann entgegen der Ansicht der Beklagten nicht so verstanden werden, daß in diesem Fall die nicht ausgefüllte "Spitze" mit weiteren, künftigen Aufträgen verrechnet werden sollte, soweit diese den durchschnittlichen Umsatz "der Monate vor August 1997 überstiegen. Gegen eine solche Auslegung spricht bereits der Wortlaut der Vereinbarung.

Es hätte keinen Sinn gemacht, daß die Beklagte im ersten Absatz der Nr. 1 für die Monate August und September 1997 einen bestimmten Umsatz garantierte, wenn die Parteien im nächsten Absatz für den Fall der Nichterfüllung der Garantie lediglich vereinbarten, der Umsatzausfall solle "mit anschließend höheren Aufträgen" verrechnet, also zu einem nicht näher bestimmten, im Belieben der Beklagten stehenden späteren Zeitpunkt ausgeglichen werden. So verstanden würde die im zweiten Absatz getroffene Regelung sich als Einschränkung der im ersten Absatz gegebenen Umsatzgarantie darstellen und diese letztlich auf ein vages Versprechen künftiger Auftragserteilungen zurückführen. Der Umstand, daß die in ihrem Wortlaut klare und eindeutige Umsatzgarantie der Beklagten bei der Wiedergabe des Besprechungsergebnisses in dem Schreiben der Beklagten vom 22.7.1997 als selbständiger Absatz den weiteren Regelungen vorangestellt und von diesen auch räumlich abgesetzt ist, unterstreicht aber deren Gewicht und läßt eine derart einschränkende Auslegung nicht zu.

Die Klägerin sollte durch die gemäß Nr. 1 des Schreibens der Beklagten vom 22.7.1997 getroffene Absprache vielmehr so gestellt werden, wie sie stünde, wenn die Beklagte die garantierten Umsätze in den Monaten August und September 1997 erteilt hätte: Sie hätte in diesem Fall Vergütungsansprüche gegen die Beklagte in Höhe von mindestens 200.000 DM erworben. Diese Vergütungsansprüche verpflichtete sich die Beklagte "aufzufüllen", indem sie der Klägerin für die Monate August und September 1997 jeweils über die durch die Ausführung von Aufträgen tatsächlich verdiente Vergütung hinaus den an 100.000 DM fehlenden Betrag zahlte. Diese Überzahlungen sollten als Vorauszahlungen auf Vergütungsansprüche für in der Folgezeit zu erteilende Aufträge behandelt und "mit anschließend höheren Aufträgen" verrechnet werden.

Allein diese dem Wortlaut entsprechende Auslegung wird auch dem Sinn und Zweck der Vereinbarung vom 19.7.1998 gerecht.

Die zwischen den Parteien getätigten Umsätze waren im Laufe der Jahre 1996/1997 deutlich zurückgegangen (vgl. Bl. 3, 54 GA), und der Lackierbetrieb der Klägerin war nicht mehr ausgelastet (vgl. Bl. 57, 69, 92 GA). Nach dem Vertrag vom 15.3.1991 war die Klägerin nicht frei, Umsatzeinbußen im Geschäft mit der Beklagten dadurch auszugleichen, daß sie gleichartige Arbeiten für Dritte ausführte. Sie hatte sich vielmehr gemäß Nr. 5 des Vertrages vom 15.3.1991 gegenüber der Beklagten, die ihrerseits vertraglich gehalten war, alle Radzierblenden bei der Klägerin lackieren zu lassen (Nr. 7 des Vertrages vom 15.3.1991), verpflichtet, Radzierblenden weder selbst herzustellen oder herstellen zu lassen noch Radzierblenden für "direkte Konkurrenzunternehmen" der Beklagten zu lackieren. Schon im Hinblick hierauf entsprach es dem wohlverstandenen Interesse beider Parteien, dem Lackierbetrieb der Klägerin durch eine ausreichende und möglichst gleichmäßige Auslastung die wirtschaftliche Grundlage zu erhalten. Hinzu kommt, daß die Klägerin sich - wie aus den weiteren, in dem Schreiben der Beklagten vom 22.7.1997 unter Nr. 2 wiedergegebenen Vereinbarungen hervorgeht - gegenüber der Beklagten verpflichtet hatte, den Qualitätsstandard ihrer Lackierarbeiten durch Modernisierung der Lackieranlage und Einstellen eines Fachmanns zu verbessern. Es liegt auf der Hand, daß die Klägerin vor dem Hintergrund des in den Vormonaten eingetretenen Umsatzrückgangs eine Sicherheit brauchte, daß sich die ihr angesonnenen Investitionen auch auszahlten (Investitionssicherheit). Diese war vor allem zu erreichen durch eine alsbaldige und gleichmäßige Auslastung des Lackierbetriebes. Deren Sicherung diente ersichtlich die von der Beklagten gegebene Umsatzgarantie für die Monate August und September 1997. Durch die gleichzeitig zugesagte (Vorschuß)Zahlung einer Mindestvergütung von 100.000 DM für jeden dieser Monate sollten der Klägerin - neben einer in Aussicht gestellten Kostenbeteiligung (Nr. 2, 2. Absatz) - für die Modernisierung und verbesserte personelle Ausstattung Mittel zugeführt werden, die auch nach der Darstellung der Beklagten zur Fortführung des Lackierbetriebes der Klägerin benötigt wurden. Die Nichterfüllung der Garantie sollte unmittelbare Folgen haben: Die Klägerin sollte sogleich einen - allerdings später zu verrechnenden - Ausgleich für den Erlösausfall erhalten, den sie dadurch erlitt, daß die Beklagte ihre Umsatzgarantie nicht oder nicht vollständig erfüllte.

Für den eingetretenen Fall, daß der garantierte Umsatz in den Monaten August und September 1997 nicht erreicht wurde und die nicht getätigten Umsätze auch in der Folgezeit nicht durch "höhere" Aufträge kompensiert wurden, haben die Parteien zwar in der in dem Schreiben der Beklagten vom 22.5.1997 wiedergegebenen Vereinbarung keine Regelung getroffen. Daraus ist aber nicht zu schließen, daß die Klägerin in diesem Fall den nicht zur Abgeltung ausgeführter Aufträge gezahlten Teil der für die Monate August/September 1997 zu entrichtenden 200.000 DM endgültig behalten kann. Der Umstand, daß die zur Auffüllung des Umsatzminus gezahlte Differenz zu den garantierten 200.000 DM mit "anschließend höheren Aufträgen" verrechnet werden sollte, zeigt vielmehr, daß das über die verdiente Vergütung hinaus gezahlte Entgelt der Klägerin nicht ohne eine Gegenleistung endgültig belassen werden sollte. Es ist demgemäß davon auszugehen, daß der Anspruch der Klägerin sich in diesem Fall auf den Ersatz des Schadens beschränkt, der ihr infolge der Nichterfüllung der Umsatzgarantie durch die Beklagte entstanden ist. Der mit der Klage verfolgte Anspruch der Klägerin besteht demgemäß allenfalls in Höhe des Nichterfüllungsschadens und das auch nur, wenn und soweit die Nichterfüllung der Umsatzgarantie aus der Vereinbarung vom 19.7.1997 nicht von ihr, sondern von der Beklagten zu vertreten ist.

Daß es sich bei den für die Monate August und September 1997 zugesagten Zahlungen von je 100. 000,00 DM, soweit diese den Vergütungsanspruch der Klägerin für ausgeführte Aufträge überstiegen, entgegen der Auffassung der Klägerin nicht um einen verlorenen Zuschuß, sondern um Vorauszahlungen auf Werklohn handelte, erhellt im übrigen auch aus der unter Nr. 2 des Schreiben der Beklagten vom 22.7.1997 wiedergegebenen Absprache. Danach waren die Parteien übereingekommen, über eine von der Klägerin angesprochene Beteiligung der Beklagten an den Kosten der Modernisierung ihres Lackierbetriebes und Einstellung eines zusätzlichen Fachmanns bei einem in naher Zukunft geplanten Gespräch zu verhandeln. Die Entscheidung über einen Zuschuß der Beklagten zu den Modernisierungskosten, der der Kläger endgültig verbleiben sollte, blieb damit ausdrücklich offen.

Bei dieser Auslegung der unter Nr. 1 des Schreibens vom 22.7.1997 wiedergegebenen Vereinbarung, wonach jedenfalls nunmehr nach Beendigung der vertraglichen Beziehungen wegen der Nichteinhaltung der Umsatzgarantie allenfalls ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte gegeben ist, besteht keine Veranlassung, der Behauptung der Beklagten nachzugehen, die genannte Vereinbarung sei dahin gegangen, den in den Monaten August und September 1997 nicht erreichten Umsatz lediglich in die Folgezeit vorzutragen, und nicht auf die Begründung einer Verpflichtung zu entsprechenden Differenzzahlungen gerichtet gewesen (Bl. 105/106, 203/204 GA). Die Beklagte geht in ihrer Berufungsbegründung ersichtlich davon aus, der Klägerin wegen Nichterfüllung der Umsatzgarantie zum Schadensersatz verpflichtet zu sein, wenn - was sie allerdings in Abrede stellt - die Nichterfüllung von ihr zu vertreten ist (vgl. Bl. 205 unter d).

Einen hiernach in Betracht kommenden Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung der Umsatzgarantie hat die Klägerin nicht schlüssig vorgetragen. Es fehlt worauf die Beklagte in der Berufungsbegründung zutreffend hingewiesen hat (vgl. Bl. 205 unter d) - an der Darlegung eines Schadens.

Anlaß, einen solchen darzutun, hätte die Klägerin schon im Hinblick auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung gehabt. Zwar hat das Landgericht den geltend gemachten Anspruch als Vorschußanspruch bejaht (S. 10 UA). Es hat jedoch in der weiteren Begründung darauf hingewiesen, daß die Sachlage anders zu beurteilen wäre und die Klägerin allenfalls Schadensersatz begehren könnte, wenn feststünde, daß ein höherer Umsatz in der Folgezeit überhaupt nicht mehr zu erreichen sei (S. 10/11 UA). Lediglich im Hinblick darauf, daß das Vertragsverhältnis nach seiner Auffassung im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung noch nicht beendet war, hat es diese Frage letztlich verneint.

Inzwischen sind die Vertragsbeziehungen der Parteien, die bereits faktisch seit dem Ende des Jahres 1997 zum Erliegen gekommen waren, durch die zum 20.9.1998 wirksam gewordene ordentliche Kündigung der Beklagten auch rechtlich beendet worden und zwar zu einem Zeitpunkt, als die Frist zur Berufungserwiderung (30.9.1998) noch nicht abgelaufen war. Die Klägerin hätte mithin ausreichend Gelegenheit gehabt, ihren Vortrag zur Höhe eines Nichterfüllungsschadens nachzuholen. Davon hat sie jedoch keinen Gebrauch gemacht. Eines Hinweises durch den Senat gemäß § 139 ZPO bedurfte es im Hinblick auf den bereits in dem angefochtenen Urteil gegebenen klaren Hinweis nicht mehr, zumal auch die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung auf das Fehlen jeden Sachvortrags zur Schadenshöhe hingewiesen hat.

Es kommt deshalb jedenfalls in diesem Zusammenhang nicht mehr auf die streitige Frage an, ob die Umstände, die dazu geführt haben, daß der garantierte Umsatz weder in den Monaten August/September 1997 erreicht noch das Umsatzminus in der Folgezeit durch "höhere" Aufträge wieder ausgeglichen worden ist, von der Klägerin oder der Beklagten zu vertreten ist.

III. Feststellungsbegehren

1. Außerordentliche Kündigung der Beklagten

Das Vertragsverhältnis der Parteien (Vertrag vom 15.3.1991 - 14 f GA) ist durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 21.10.1997 (Bl. 44 GA) nicht vorzeitig beendet worden.

Auf die von der Beklagten zur Begründung des Kündigungsrechts vorgetragenen Umstände, die zeitlich vor dem 19.7.1997 liegen, kann die außerordentliche Kündigung nicht gestützt werden. Die Beklagte hat dadurch, daß sie am 19.7.1997 eine Vereinbarung mit der Klägerin getroffen hat, durch die Maßnahmen zur Qualitätssteigerung im Rahmen der weiteren Zusammenarbeit vereinbart worden sind, und sie der Klägerin sogar für einen bestimmten Zeitraum eine Umsatzgarantie gegeben hat, zu erkennen gegeben, daß sie ungeachtet der von ihr behaupteten und nach ihrer Darstellung von der Klägerin zu vertretenden Mängel und Störungen, die in der Vergangenheit bei der Vertragsabwicklung aufgetreten waren, an dem Vertrag festhalten wollte. Es war ihr deshalb nach Abschluß dieser Vereinbarung unter dem rechtlichen Gesichtspunkt widersprüchlichen Verhaltens verwehrt, wegen dieser Vorgänge den Vertrag vom 15.3.1991 zu kündigen. Die zurückliegenden Vorgänge könnten allenfalls unterstützend zur Begründung eines außerordentlichen Kündigungsrechts herangezogen werden, sofern in der Zeit nach dem Abschluß der Vereinbarung vom 19.7.1997 (weitere) Umstände hervorgetreten wären, die aus der Sicht der Beklagten Zweifel an der Zuverlässigkeit der Klägerin sowie ihrer Fähigkeit und Bereitschaft, ihren vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen, begründeten. Solche Umstände lassen sich jedoch nicht feststellen.

a)

Die Beklagte hat sich in ihrem Kündigungsschreiben, soweit es die Zeit nach der Vereinbarung vom 19.7.1997 betrifft, zum einen auf Mängel der von der Klägerin ausgeführten Lackierarbeiten (Nr. 2 und 3) und zum anderen darauf gestützt, daß die Klägerin Lackierarbeiten wegen angeblich mangelhafter Roh-Blenden nicht ausgeführt (Nr. 1) oder lackierte Teile einbehalten habe (Nr. 5). Alle diese Umstände rechtfertigten die fristlose Kündigung weder für sich allein noch in Verbindung mit den Beanstandungen, die die vor dem 19.7.1997 liegende Zeit betreffen.

Abgesehen davon, daß die Parteien darüber streiten, ob aufgetretene Mängel auf unzureichender Beschaffenheit der gelieferten Rohware, für die die Klägerin nicht einzustehen hätte, oder aber auf fehlerhafter Ausführung der Lackierung beruhen, läßt sich aufgrund der Angaben der Beklagten nicht feststellen, daß es sich um Mängel an Lackierarbeiten handelt, die die Klägerin nach dem 19.7.1997 ausgeführt hat. Die Beklagte benennt lediglich den Betrag, mit dem sie die Klägerin rückbelastet hat, sowie das Datum der Rückbelastung. Aus diesen Angaben geht nicht hervor, aus welchen Lieferungen der Klägerin die beanstandeten Teile stammten und welches Ausmaß die angeblichen Mängel hatten. Auch der mit der Belastung vom 23.9.1997 (Bl. 42 GA) vorgelegte Lieferschein (Bl. 43 GA) gibt insoweit lediglich über die Zahl der beanstandeten Teile, nicht aber über das Lieferdatum Auskunft.

Unstreitig hat die Klägerin im August 1997 einen Teil (die Beklagte spricht in ihrem Schreiben vom 2.9.1997 - Bl. 24 GA - von 50%) der Radzierblenden nicht lackiert, die ihr auf Veranlassung der Beklagten von der L GmbH & Co. KG geliefert worden waren, weil sie nach ihrer Ansicht wegen Materialmängeln und unzureichender Oberflächenqualität nicht, jedenfalls nicht ohne zusätzliche, vorbereitende Arbeitsgänge in der vertraglich vorgesehenen Weise lackiert werden konnten (vgl. Bl. 18, 20, 21, 22 und 23 GA). Was diesen Streit ausgelöst hat, ist nicht klar zu erkennen. Wie aus dem Telefax der Klägerin an die Beklagte vom 20.8.1997 (Bl. 19 GA) hervorgeht, hatte die Beklagte offenbar die Lackierung von Radzierblenden des Typs "AE 14" beanstandet und die Teile am 20.8.1997 an die Klägerin zurückgesandt. Zuvor hatte im Betrieb der Klägerin bereits am 18.8.1997 eine Besprechung stattgefunden, an der neben dem Geschäftsführer und zwei Mitarbeitern der Klägerin je ein Vertreter des Lackherstellers (P Lacke) und des Herstellers der Kunststoff-Radzierblenden (L GmbH & Co. KG) teilgenommen hatten. Schon diese war offenbar durch voraufgegangene Mängelrügen der Beklagten veranlaßt worden.

Daß die Klägerin in der Zeit vom 18.8.1997 bis zum Beginn des folgenden Monats die Lackierung eines Teils der gelieferten Radzierblenden zurückstellte, weil die Oberfläche der Radkappen nach ihrer Auffassung nicht den Anforderungen genügte, die Voraussetzung für eine vertragsgerechte Lackierung waren, kann selbst dann, wenn die Vorbehalte sich letztlich als unberechtigt herausstellen sollten, nicht als ein so gewichtiger Verstoß der Klägerin gegen ihr obliegende vertragliche Pflichten angesehen werden, daß deshalb eine fristlose Kündigung des Vertrages vom 15.3.1991 gerechtfertigt wäre. Die Klägerin hatte die Mängel der angelieferten Radzierblenden, die nach ihrer Auffassung einem Erfolg der Lackierarbeiten entgegenstanden, in ihren Telefax-Schreiben an die Beklagte vom 20.8.,21.8., 22.8., 25.8. und 28.8.1997 (Bl. 19 -23 GA) im einzelnen dargelegt und die Beklagte um Stellungnahme gebeten, wie sie weiter verfahren solle.

Nicht zuletzt im Hinblick auf die voraufgegangene, mehrjährige Zusammenarbeit und langfristige Bindung durch den Vertrag vom 15.3.1991 hätte es der Beklagten - worauf bereits das Landgericht zutreffend hingewiesen hat - oblegen, gemeinsam mit der Klägerin deren Beanstandungen nachzugehen und das weitere Vorgehen abzuklären. Wenn sie statt dessen die Klägerin im Unklaren ließ und über einen längeren Zeitraum auf deren Anfragen nicht reagierte, ehe sie mit Schreiben vom 2.9.1997 (Bl. 24 GA) erklärte, sie ziehe die erteilte Umsatzgarantie zurück, weil die Klägerin die Hälfte der angelieferten Ware als angeblich nicht lackierbar unbearbeitet gelassen habe und die gelieferten Teile in einem "erbärmlichen Zustand" seien, und mit Telefax-Schreiben vom 4.9.1997 (Bl. 26 GA) der Klägerin lapidar mitteilte, sie werde am folgenden Tage die bei der Klägerin lagernde Rohware abholen, kann eine Verletzung von Treuepflichten, die zur fristlosen Kündigung der Vertragsbeziehungen berechtigte, jedenfalls der Klägerin nicht vorgeworfen werden.

b)

Ferner kann auch darin, daß die Klägerin mit Telefax vom 27.8.1997 (Bl. 117 GA) und sodann mit Anwaltsschreiben vom 9.9.1997 (Bl. 28 ff GA) - zunächst befristet für die Zeit bis zu einem für den 4.9.1997 in Aussicht genommenen Gespräch, das schließlich am 11.9.1997 stattgefunden hat (vgl. Bl. 31 GA) - hinsichtlich der bei ihr lagernden Roh- und Fertigware im Hinblick auf ausstehende Werklohnansprüche von ihrem Zurückbehaltungs-/Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat, kein Grund gesehen werden, der die Beklagte zur fristlosen Kündigung berechtigte.

c)

Ein Grund, der die Beklagte zur vorzeitigen Kündigung des Vertragsverhältnisses berechtigt hätte, kann schließlich auch nicht aus den Vorwürfen hergeleitet werden, die die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 23.11.1998 unter III. gegen die Klägerin und deren Geschäftsführer erhoben hat (vgl. Bl. 229-233 GA).

Selbst wenn der Geschäftsführer der Klägerin, wie die Beklagte behauptet, bei einem Ende September oder Anfang Oktober 1997 geführten Telefongespräch für angeblich im Hinblick auf erwartete Aufträge getätigte Lackeinkäufe die Erstattung des Kaufpreises verlangt und dabei auch Lagerbestände von P-Lacken mit einbezogen hat, obwohl diese grundsätzlich erst nach erfolgter Verarbeitung in Rechnung gestellt wurden, kann darin schon im Hinblick darauf, daß ausweislich der Bestandsliste Bl. 243 GA im Betrieb der Klägerin nicht ausschließlich PLacke verarbeitet wurden, ein schwerwiegender Vertragsverstoß der Klägerin, der die Beklagte zur fristlosen Kündigung berechtigt hätte, nicht gesehen werden.

Auch der Umstand, daß die Klägerin - wie sie einräumt (vgl. Bl. 257 GA) - jedenfalls bis April 1996 von ihr als Provisionen bezeichnete "Gefälligkeitszahlungen" in Höhe von monatlich 3.500 DM an den inzwischen ausgeschiedenen Betriebs- und Verkaufsleiter der Beklagten geleistet hat, rechtfertigt die von der Beklagten mit Schreiben vom 21.10.1997 (Bl. 44 GA) ausgesprochene fristlose Kündigung nicht.

Zwar kann kein Zweifel daran bestehen, daß die Zahlung von Schmiergeldern an einen Angestellten der Beklagten einen schwerwiegenden Verstoß der Klägerin gegen Treupflichten darstellte, die ihr gegenüber der Beklagten als Vertragspartnerin oblagen. Die fristlose Kündigung konnte jedoch nicht mehr auf diesen Sachverhalt gestützt werden, nachdem der Zeuge B als damaliger Geschäftsführer der Beklagten bereits am 17.9.1997 von ihm Kenntnis erlangt hatte.

Die entsprechende Anwendung der für das Dienstverhältnis geltenden Bestimmung des § 626 BGB auf Dauerschuldverhältnisse wie das hier in Rede stehende, durch den "Dienstleistungsvertrag" vom 15.3.1991 begründete Vertragsverhältnis der Parteien bedeutet zwar nicht, daß auch die in Absatz 2 geregelte Kündigungsfrist von zwei Wochen gelten muß. Die Kündigung muß aber jedenfalls innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist ausgesprochen werden, deren Bemessung im Einzelfall von der Art des Dauerschuldverhältnisses abhängt (vgl. BGH NJW 1982, 641, 642; NJW-RR 1992, 1059; NJW 1994, 722, 723).

Die mit dem Schreiben vom 21.10.1997 ausgesprochene außerordentliche Kündigung führte hiernach nicht zur Beendigung des Vertrages vom 15.3.1991.

Die Beklagte hat, nachdem ihr damaliger Geschäftsführer B bei einem am 17.9.1997 mit dem Geschäftsführer der Klägerin geführten Telefongespräch von den Schmiergeldzahlungen Kenntnis erlangt hatte, nicht nur über einen Monat gewartet, ehe sie die fristlose Kündigung aussprach. Sie hat darüber hinaus sogar die Schmiergeldzahlungen in dem Kündigungsschreiben nicht einmal als Kündigungsgrund angeführt. Auch im vorliegenden Rechtsstreit hat die Beklagte die außerordentliche Kündigung zunächst nicht auf die Schmiergeldzahlungen der Klägerin an ihren früheren Mitarbeiter Leergestützt und zwar auch dann noch nicht, als sie ihre u. a. gegen die Feststellung der Unwirksamkeit ihrer fristlosen Kündigung gerichtete Berufung begründete. Erst mit Schriftsatz vom 23.11.1998 (Bl. 225, 230 ff GA), über ein Jahr, nachdem sie von den Vorfällen Kenntnis erlangt hatte, hat sie die Kündigung "ergänzend" auch auf diesen Sachverhalt gestützt.

Dieses Verhalten deutet darauf hin, daß die Beklagte das Verhalten der Klägerin seinerzeit nicht als so schwerwiegend empfunden hat, daß ihr eine weitere Zusammenarbeit mit der Klägerin bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar war. Die Kündigung kann deshalb jetzt nicht mehr mit Erfolg auf die Zahlungen der Klägerin an Leer gestützt werden (vgl. dazu BGH NJW 1994, 722, 723 m. w. N.).

Nachvollziehbare Gründe, die sie gehindert haben könnten, diesen Kündigungsgrund bereits früher vorzutragen, nennt die Beklagte nicht. Die Darstellung der Beklagten, ihr früherer Geschäftsführer B habe gemeint, wegen des vertraulichen Charakters des voraufgegangenen "Vier-Augen-Gesprächs" sei eine ausdrückliche Erwähnung entbehrlich (vgl. Bl. 232 GA), kann nicht überzeugen. Sie erklärt insbesondere nicht, daß die Beklagte diese Vorfälle selbst dann noch nicht zur Begründung ihrer Kündigung herangezogen hat, als deren Wirksamkeit streitig und Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden war.

2. Ordentliche Kündigung der Beklagten

Daß das Vertragsverhältnis der Parteien (Vertrag vom 15.3.1991 - 14 f GA) durch die von der Beklagten mit Schreiben vom 21.10.1997 (Bl. 45 GA) ausgesprochene ordentliche Kündigung mit dem 20.9.1998 beendet geworden ist, hat das Landgericht zwar in den Entscheidungsgründen festgestellt (S. 15 UA unter II), gleichwohl aber unter Abweichung vom Klageantrag, der lediglich auf die Feststellung des Fortbestandes bis zum 20.9.1998 gerichtet war, im Urteilstenor ausgesprochen, daß auch die ordentliche Kündigung unwirksam sei. Insoweit ist das landgerichtliche Urteil auf die Berufung der Beklagten und die "Eventualanschlußberufung" der Klägerin (vgl. Bl. 221 GA) abzuändern.

IV.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92, 97, 108, 708 Nr.10, 711 ZPO.

Streitwert für die Berufungsinstanz: 230.745,81 DM (180.745,81 DM + 50.000,00 DM).

Beschwer der Klägerin: 180.745,81 DM, der Beklagten: 50.000,00 DM.

Ende der Entscheidung

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