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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 21.01.2000
Aktenzeichen: 22 U 149/99
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 833
BGB § 831
BGB § 847
BGB § 254
BGB §§ 833, 831, 847, 254

Leitsätze:

1.

Wenn ein Pferd sich dem Versuch der Reiterin, es nach einem freiwilligen Galopp zu einer ruhigen Gangart zu bewegen, widersetzt und die Reiterin deshalb zu Boden stürzt, verwirklicht sich die typische Tiergefahr.

2.

Das Mitverschulden einer 13jährigen Reiterin mit geringer Reiterfahrung, welches darin zu sehen ist, daß sie mit dem Pony ohne Sattel ausreitet und freiwillig galoppiert, ist gegenüber dem Verschulden des Halters und Vermieters des Ponys, einen solchen Ausritt ohne Begleitperson zuzulassen, mit 1/3 zu bemessen.

3.

22.500 DM Schmerzensgeld für ein 13jähriges Mädchen wegen des Verlustes einer Niere infolge eines Reitunfalls mit einer dauerhaften Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit um 20% und einer Narbe auf dem Bauch infolge Laparotomie bei einem Mitverschulden von 1/3.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.1.2000 - 22 U 149/99

rechtskräftig

Sachverhalt:

Der Bekl ist Inhaber eines Reiterhofs. Am 16.4.1998 bestellte die Tante der KI, die Zeugin P, für die seinerzeit 13-jährige KI und deren gleichartige Freundinnen Ponys bei dem Bekl für einen Ausritt am 19.4.1998. Am Morgen des 19.4.1998 erschien die KI zusammen mit ihren Freundinnen auf dem Hof des Bekl. Ihnen wurden Ponys übergeben, dann ritten sie gemeinsam - ohne Begleitung - aus. Die KI benutzte hierbei keinen Sattel. Als es der KI nicht gelang, das geloppierende Pony in das Schrittempo zurückzuführen, verlor sie den Halt und stürzte zu Boden. Sie erlitt ein stumpfes Bauchtrauma mit einem Einriß der rechten Niere, die entfernt werden mußte, und ein retroperitoneales Haematom. Das LG hat ein hälftiges Mitverschulden der KI angenommen und ihr 22.500 DM Schmerzensgeld zugesprochen sowie entsprechende Feststellungen bzgl. materieller und künftiger immaterieller Schäden getroffen. Mit der Berufung verfolgt die KI ihren Antrag auf uneingeschränkte Verurteilung des Bekl weiter. Der Bekl erstrebt mit seiner Anschlußberufung Klageabweisung.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

22 U 149/99 9 O 3/99 (Landgericht Duisburg)

verkündet am 21.01.2000

Tellmann, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

S L, geb. am 06.08.1984, gesetzlich vertreten durch ihre Eltern B und J L, H Straße 333 A, D,

Klägerin, Berufungsklägerin und Anschlußberufungsbeklagte,

Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt

gegen

J R, H weg 12 a, H,

Beklagter, Berufungsbeklagter und Anschlußberufungskläger,

Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 17.12.1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr.Weyer, den Richter am Oberlandesgericht Muckel und den Richter am Landgericht Galle für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 29.06.1999 teilweise abgeändert und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels und der Anschlußberufung des Beklagten insgesamt wie folgt neu gefaßt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 22.500 DM nebst 4 % Zinsen daraus seit dem 22.01.1999 zu zahlen.

Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin 2/3 der zukünftigen materiellen Schäden aus der am 19.04.1998 erlittenen Körperverletzung zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.

Des weiteren wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin zukünftige immaterielle Schäden aus dem Reitunfall vom 19.04.1998 zu ersetzen, wobei ein Mitverschulden der Klägerin von einem Drittel zu berücksichtigen ist.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Beklagte 52 % und die Klägerin 48 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin ist nur zu einem geringen Teil begründet, die Anschlußberufung ist hingegen unbegründet. Die Klägerin hat aus unerlaubter Handlung (Tierhalterhaftung) Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 22.500 DM, §§ 833 S. 1, 847 Abs. 1 BGB.

1) Aufgrund der im wesentlichen übereinstimmenden Aussagen der Zeuginnen J L (Schwester der Klägerin) und S P (Cousine der Klägerin) steht fest, daß sich das Pony der Klägerin ihrem Versuch, es nach einem freiwilligem Galopp zu einer ruhigeren Gangart zu bewegen, widersetzt hat und im Wettlauf mit dem Pony ihrer Schwester zum heimatlichen Stall galoppiert ist. Infolgedessen konnte sich die Klägerin nicht mehr auf dem Rücken des Tieres halten und fiel zu Boden. Der Beklagte hat die Richtigkeit dieser Zeugenaussagen nicht angezweifelt.

2) Das Durchgehen des Ponys ist eine spezifische Tiergefahr, da sich die durch die Unberechenbarkeit und Selbständigkeit des tierischen Verhaltens hervorgerufene Gefährdung von Leben, Gesundheit und Eigentum Dritter verwirklicht hat (vgl. BGH NJW 1999, 3119; NJW 1992, 2474; NJW 1986, 2501; BGHZ 67, 129 (132)). Da der Beklagte das Pony gewerbsmäßig zum Ausreiten vermietet hat, ist er Tierhalter im Sinne des § 833 BGB. Die Haftung des Beklagten ist auch nicht nach den Grundsätzen des Handelns auf eigene Gefahr ausgeschlossen; auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil (S.6/7 = Bl. 74R/75 GA) kann verwiesen werden.

3) Nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme steht ferner fest, daß die Klägerin infolge des Sturzes einen Einriß der rechten Niere sowie ein großes retroperitoneales Haematom erlitt. Zwar spricht nicht der erste Anschein dafür, daß die Verletzung durch den Sturz eingetreten ist. Bauchverletzungen dieser Schwere sind nicht typischerweise mit Reitunfällen der vorliegenden Art verbunden. Indes lassen die aufgrund der Beweisaufnahme feststehenden Indizien nur die Schlußfolgerung zu, daß der Sturz für die erlittenen Verletzungen ursächlich war. Ein Indizienbeweis ist überzeugungskräftig, wenn andere Schlüsse aus den Indiztatsachen ernstlich nicht in Betracht kommen. Hauptstück des Indizienbeweises ist der an die Indiztatsache anknüpfende Denkprozeß, kraft dessen auf das Gegebensein der rechtserheblichen weiteren Tatsache geschlossen wird (BGHZ 53, 245 (261), (Fall Anastasia)).

Die Klägerin ist auf den Bauch gefallen. Die Zeuginnen J L und S P haben zwar den Hergang des Sturzes nicht beobachtet. Sie haben aber gesehen, daß sich die Klägerin unmittelbar danach den Bauch festgehalten hat, woraus zwanglos die Schlußfolgerung zu ziehen ist, daß dieses Körperteil durch den Sturz in Mitleidenschaft gezogen worden, ist. Zudem hat die Klägerin unmittelbar nach dem Unfall gegenüber der Zeugin R (Ehefrau des Beklagten) angegeben, sie sei auf den Bauch gefallen (Bl.56 GA). Mit Ausnahme des Zeugen L (Hausmeister des Beklagten), der mit der Klägerin nicht gesprochen hat, haben alle Zeugen übereinstimmend bekundet, daß die Klägerin unmittelbar nach dem Unfall - und vor dem Sturz im Badezimmer - über Schmerzen geklagt hat. Die Aussagen unterscheiden sich nur geringfügig hinsichtlich der Lokalisierung des Schmerzes (Zeugin J L: Bauch oberhalb der Hüfte (Bl.48 GA); Zeugin S P: eine Seite des Bauchs (Bl.51 GA); Zeugin P P (Tante der Klägerin): Schmerzen am Beckenknochen -(Bl.54 GA); Zeugin K R: rechte Hüfte (Bl.56 GA)). Sämtliche Angaben lassen sich mit dem später festgestellten Hämatom und Nierenriß vereinbaren, da Schmerzen, die durch derart schwere Verletzungen hervorgerufenen werden, gewöhnlich nicht punktförmig sind, sondern auch auf angrenzende Körperregionen ausstrahlen. Übereinstimmend haben die Zeuginnen angegeben, daß die Klägerin das beim Beklagten aufgenommene Essen alsbald erbrochen hat, was als weiterer Hinweis auf das Vorliegen einer inneren Verletzung zu werten ist. Des weiteren erscheint es unwahrscheinlich, daß sich die Klägerin die Verletzung durch den von dem Beklagten behaupteten Fall auf den Badewannenrand zugezogen hat. Die Schwere der inneren Verletzungen läßt auf eine beträchtliche Gewalteinwirkung auf den Bauch schließen. Diese ist gut mit einem Sturz von einem galoppierenden Pony, aber nur schlecht mit einem Ausrutschen beim Ausstieg aus der Badewanne in Einklang zu bringen. Besonders Kinder vermögen ein Ausrutschen durch geschickte Körperreaktionen auffangen. Die Klägerin könnte sich die inneren Verletzungen durch den Sturz im Badezimmer allenfalls dann zugezogen haben, wenn sie mit dem Bauch auf einen stumpfen Gegenstand gefallen wäre. Für die Behauptung des Beklagten, die Klägerin sei auf den Badewannenrand gestürzt, hat die Beweisaufnahme keine Anhaltspunkte ergeben.

Aus den vorstehend aufgeführten Indizien ist die Schlußfolgerung zu ziehen, daß nur der Sturz vom Pony die Verletzungen hervorgerufen haben kann. Hingegen erscheint die Ursächlichkeit des Sturzes im Badezimmer nach bewiesenen Umständen derart fernliegend, daß diese Möglichkeit nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen ist. Die Ansicht des Beklagten, zur Indizienbewertung sei die Hinzuziehung eines medizinischen Sachverständigen erforderlich, kann der Senat nicht teilen. Es genügt die allgemeine Lebenserfahrung.

4) Der Beklagte hat den Entlastungsbeweis nach § 833 S. 2 BGB nicht erbracht. Welche Anforderungen an die im Verkehr erforderliche Sorgfalt zu stellen sind, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (BGH NJW 1986, 2501 (2502)). Zu den vorliegend relevanten Umständen zählen Alter und Ausbildungsgrad der Klägerin, Eigenschaften des Reittiers, Art und Umfang der Reitaktivität. Nach dem nunmehr unstreitigen Sachverhalt hatte die Klägerin etwa 1 Jahr vor dem Unfall eine Woche auf dem Reiterhof des Beklagten zugebracht (S. 3 der Berufungsbegründung = Bl. 96 GA; S. 5 des Schriftsatzes vom 02.11.1999 = Bl.114 GA). Daß ihr hierbei eine Ausbildung zuteil wurde, ist nicht vorgetragen, so daß die Klägerin allenfalls geringe Erfahrungen im Umgang mit Ponys hatte. Zudem war die Klägerin damals erst 13 Jahre alt. Unter diesen Umständen durfte der Beklagte den Ausritt ohne eine reiterfahrene Begleitperson nicht zulassen. Selbst wenn im angrenzenden H Wald die besonderen Gefahren des Straßenverkehrs nicht vorhanden waren, ist auf öffentlichen Reit- und Wanderwegen gerade das Risiko eines Durchgehens weitaus höher als etwa innerhalb eines abgegrenzten Parcours. Erst recht verbot es sich, der Klägerin den Ausritt ohne Sattel zu erlauben, was die Gefährlichkeit noch weiter erhöhte. Dem läßt sich nicht entgegenhalten, daß das Pony nur eine Sitzhöhe von 125 cm hatte. Körpergröße und Gewicht der Klägerin (damals 152 cm, 36 KG; vgl. fachärztliches Gutachten vom 9.10.1998) kompensieren weitgehend diesen Vorteil: Der Ritt auf einem Pony stellt für ein Kind keine geringere Leistung dar als die Beherrschung eines Pferdes durch einen Erwachsenen. Der Beklagte kann auch nicht mit Erfolg einwenden, die Zeugin P habe gewußt, daß keine Begleitperson zur Verfügung stand. Die Zeugin P konnte den Beklagten nicht von seinen gegenüber der Klägerin bestehenden Schutzpflichten- freistellen. Belanglos ist, ob das Pony noch nie durch "Wettrennen" mit anderen Tieren aufgefallen ist. Auch bei einem Pony mit durchschnittlichem Temperament sind derartige Selbständigkeiten nicht fernliegend, wenn ihm durch die Unerfahrenheit des Reiters die hierzu notwendige Freiheit gegeben wird.

5) Das Mitverschulden der zurechnungsfähigen Klägerin (§ 828 Abs. 2 BGB) ist mit einer Quote von l/3 zu bewerten (§ 254 Abs. 1 BGB). Bei der Abwägung ist erster Linie auf das Maß der beiderseitigen Verursachung zweitrangig auf das Maß des beiderseitigen Verschuldens abzustellen (ständ. Rspr., z.B. BGH NJW 1998, 1137; BGHZ 33, 293 (302)). Da die Klägerin zum Unfallzeitpunkt erst 13 Jahre alt war, ist ihr Verursachungsbeitrag an altersgemäßen Maßstäben zu messen (BGH NJW 1990, 1483, 1484). Der Entschluß der Klägerin, ohne Sattel zu reiten, war für das Unfallereignis zu einem wesentlichen Teil mitbestimmend. Es gerade die Funktion eines Sattels, dem Reiter auf dem Rücken des Tieres sicheren Halt zu ermöglichen, ihn also von den Folgen eines Herunterfallens zu schützen. Erschwerend kam hinzu, daß die Klägerin mit dem Pony zunächst galoppiert ist; der Unfall nahm seinen Anfang in ihrem Unvermögen, das Tier von der schnellen Gangart in eine langsamere zu versetzen. Wäre sie - ihrem Ausbildungsgrad entsprechend - nur im Schrittempo geritten, hätte zu einem Gangartwechsel keine Veranlassung bestanden. Die Klägerin war in der Lage, diese Zusammenhänge zu erkennen. Der Senat schließt sich insoweit den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts an. Das Mitverschulden ist allerdings zu messen an den jugendspezifischen Besonderheiten des Falles. Die Klägerin gehörte einer Gruppe gleichaltriger Mädchen an, die sich offenbar darin einig war, die Ponys ohne Sattel und im Galopp zu reiten. Es entspricht jugendtypischem Verhalten, daß sie in der Gruppe keine Vernunftserwägungen angestellt, sondern sich dem Verhalten der anderen angeschlossen hat. Das ist verschuldensmindernd zu berücksichtigen.

Demgegenüber trifft den Beklagten ein erhebliches Verschulden. Wie, oben dargelegt, verstand es sich von selbst, daß der Ausritt einer gering reiterfahrenen Dreizehnjährigen auf einem unbesattelten Pony mit erheblichen Risiken verbunden war. Da es sich um eine Gruppe von Kindern bzw. Jugendlichen handelte, konnte der Beklagte auch nicht auf eine besonnene, dem Ausbildungsstand angepaßte Reitweise vertrauen, vielmehr war mit jugendlicher Selbstüberschätzung der eigenen Fähigkeiten zu rechnen. Demzufolge hätte er den unbegleiteten Ausritt unterbinden müssen. Statt dessen hat es der Zeuge L bewußt zugelassen, daß die Klägerin den ohnehin riskanten Ausritt sogar ohne Sattel antrat; wie der Beklagte selbst vorträgt, hat der Zeuge sich davon überzeugt, daß die Ponys aufgezäumt waren (S.6 der Berufungserwiderung = Bl.115 GA). Den Beklagten trifft insoweit ein Auswahl- und/oder Überwachungsverschulden, da der Zeuge L als Verrichtungsgehilfe im Sinne des § 831 Abs. 1 S. 1 BGB anzusehen ist und der Beklagte den Entlastungsbeweis nicht geführt hat (§ 831 Abs. 1 S. 2 BGB).

Offenbleiben kann, ob die Zeugin P P erklärt hat, sie miete die Ponys auch dann an, wenn der Beklagte keine Begleitperson bereitstelle. Zweifelhaft ist bereits, ob die Zeugin im Rahmen des Vertragsverhältnisses als Aufsichtsperson anzusehen ist (vgl. BGHZ 24, 325 (328)). Aber selbst wenn sich die Klägerin das Verhalten ihrer Tante nach §§ 254 Abs. 2, 278 BGB zurechnen lassen muß, fiele ihr Verschulden nicht wesentlich ins Gewicht. Wie dargelegt, konnte die Zeugin P nicht zu Lasten ihrer Nichte auf die aus der Überlassung des Ponys erwachsenden Schutzpflichten des Beklagten verzichten. Da er zur Bereitstellung einer Begleitung außerstande war, hätte er im Interesse der Klägerin dem Ansinnen der Zeugin P widersprechen und die Überlassung des Ponys verweigern müssen. Statt dessen nahm er aus Interesse an der Durchführung des Mietvertrags die Selbstgefährdung der Klägerin in Kauf.

6) Unter Berücksichtigung einer Mitverschuldensquote von 1/3 ist ein Schmerzensgeld von 22.500 DM angemessen. Das Landgericht hat den Krankheitsverlauf und das Maß der Lebensbeeinträchtigung zutreffend bewertet; zur Vermeidung von Wiederholungen ist auf S. 9 des angefochtenen Urteils (Bl.76 GA) zu verweisen. Der von der Klägerin begehrte (45.000 DM ohne die Berücksichtigung des Mitverschuldens) und von dem Landgericht zugesprochene Betrag (22.500 DM bei hälftigem Mitverschulden) liegt jedoch erheblich über dem, was andere Gerichte bei Verlust einer Niere zugesprochen haben (OLG Köln OLGR 1998, 229 (231): 54 Jahre alte Frau, grober Behandlungsfehler, 35.000 DM; OLG Köln VRS 94, 249 (252): 18 Jahre alter Mann, 25 % Mitverschulden, 26.000 DM; OLG Oldenburg VersR 1998, 1110 (1111): 26 Jahre alter Mann, Behandlungsfehler, 30.000 DM; OLG Köln VersR 1992, 1097: 60 Jahre alte krebskranke Frau, Behandlungsfehler, 25.000 DM; OLG Celle VersR 1987, 467(468): 14-jähriges Mädchen, Unfall auf einem Spielplatz, 25.000 DM; BGH NJW 1984 538 (541): 35jährige Frau, Behandlungsfehler, 40.000 DM; OLG Stuttgart VersR 1991, 885 (886) m.w.N.: Verlust der Nierenfunktion aufgrund eines Behandlungsfehlers: 30.000 DM). Dementsprechend führt die Verringerung der Mitverschuldensquote zu keiner Erhöhung des Schmerzensgeldes; unter Berücksichtigung der zitierten Rechtsprechung verbleibt es vielmehr bei dem erstinstanzlich zuerkannten Schmerzensgeld.

7) Die Anträge zu 2 und 3 der Berufungsbegründung sind im tenorierten Umfang begründet. An die Voraussetzungen des Feststellungsanspruches dürfen keine zu strengen Anforderungen gestellt werden. Es genügt die nicht eben entfernt liegende Möglichkeit künftiger bisher nicht voraussehbarer Leiden. Er kann nur abgelehnt werden, wenn bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit Spätfolgen überhaupt zu rechnen (vgl. BGH NJW-RR 1989, 1367). Mit Spätfolgen ist schon aufgrund der Schwere der Verletzung und der bleibenden Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit zu rechnen.

8) Der Zinsanspruch folgt aus §§ 284 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Gründe, die gemäß § 546 Abs. 1 ZPO die Zulassung der Revision rechtfertigen würden, bestehen nicht.

Streitwert des Berufungsverfahrens:

a) Schmerzensgeld: 45.000 DM

b) Feststellungsanspruch: 5.000 DM

Davon entfällt jeweils 1/2 auf Berufung und Anschlußberufung.

Beschwer beider Parteien: 25.000 DM.



Ende der Entscheidung

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