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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 29.06.2001
Aktenzeichen: 22 U 204/00
Rechtsgebiete: BGB, SGB VII


Vorschriften:

BGB § 618
BGB § 823
BGB § 847
SGB VII § 104
SGB VII § 106 Abs. 3
1.

Der Besteller einer Werkleistung ist in entsprechender Anwendung des § 618 BGB verpflichtet, Räume, Vorrichtungen und Gerätschaften (hier: Zugang zu einer zu reparierenden Kälteanlage über eine vom Besteller zur Verfügung gestellte Leiter) so einzurichten und zu unterhalten, dass der Werkunternehmer und seine Gehilfen vor Gefahren für Leben und Gesundheit geschützt sind, soweit die Natur der Werkleistung dies gestattet.

2.

Wenn ein Mitarbeiter des Bestellers dem Mitarbeiter des mit Reparaturarbeiten beauftragten Werkunternehmers eine Leiter aushändigt, um die zu reparierende Anlage zu erreichen, verrichten diese keine vorübergehende Tätigkeit auf einer gemeinsamen Betriebsstätte im Sinne des § 106 Abs.3 Alt.3 SGB VII.

3.

15.000 DM Schmerzensgeld für eine durch fahrlässige Verletzung der Verkehrssicherungspflicht verursachte Deckplattenfraktur des zweiten Lendenwirbels eines 50 Jahre alten Mannes, wenn nach 3-wöchiger stationärer Behandlung und knapp 2-monatiger Arbeitsunfähigkeit als Dauerschäden verbleiben: 20 %-ige MdE, zu tragendes Stützkorsett, rechtskonvexe Skoliose, Einschränkung in der Seitwärtsneigung und Drehbewegung, Schmerzen bei beruflichen und häuslichen Tätigkeiten, Minderung des Selbstwertgefühls.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Verkündet am 29. Juni 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 8. Juni 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Weyer, den Richter am Oberlandesgericht Muckel und die Richterin am Landgericht Fuhr

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der Einzelrichterin der 10. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 20.10.2000 aufgehoben.

Die auf Zahlung von Schmerzensgeld gerichtete Klage wird hinsichtlich des über 15.000 DM hinausgehenden Betrages abgewiesen. Im übrigen ist sie dem Grunde nach gerechtfertigt.

Zur Entscheidung über den Betrag des streitigen Schmerzensgeldanspruches sowie über die Kosten der Berufung wird die Sache an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverwiesen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche zukünftigen immateriellen und materiellen Schäden aus dem Unfall vom 6.4.1998 in dem Verbrauchermarkt der Beklagten auf der D Straße 197-199, M zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Sachverhalt:

Der Kl ist als Kälteanlagenbauer bei der Fa. G in M beschäftigt. Diese wurde im April 1998 von der Bekl mit Reparaturarbeiten an einer Kälteanlage in deren Verbrauchermarkt in M beauftragt. Die Kältemaschine befindet sich in mindestens 2,50m Höhe über einem Durchgang. Sie ist durch eine massive Feuerschutztür zu erreichen, die aus zwei Flügeln besteht und die man durch einen am rechten Flügel angebrachten Türgriff nach außen öffnen kann. Unterhalb der Tür zur Kälteanlage ist eine Halterung für die dort einzuhakende Leiter angebracht. Am 6.4.1998 ließ sich der Kl von dem Filialleiter der Bekl eine Leiter aushändigen, die er an der Haltevorrichtung anbrachte. Bei dem Versuch, die Feuerschutztür zu öffnen, kam er zu Fall. Der Kl zog sich einen Bruch des zweiten Lendenwirbels zu. Aufgrund des Unfalls zahlt die Berufsgenossenschaft wegen einer MdE um 20°/a eine Rente. Der Kl verlangt von der Bekl ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens 30.000 DM, und begehrt die Feststellung, dass die Bekl ihm sämtlichen künftigen materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall vom 6.4.1998 zu ersetzen hat.

Das LG hat die Klage abgewiesen, weil der Haftungsausschluss gemäß §§ 104, 106 SGB VII eingreife.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg, über dessen genauen Umfang aber noch nicht abschließend entschieden werden kann.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein grundsätzlicher Anspruch auf Ersatz seines immateriellen Schadens gem. §§ 823 Abs. 1, 897 BGB zu.

Die Beklagte hat die ihr als Bestellerin einer Werkleistung in entsprechender Anwendung des § 618 BGB obliegende Sicherungspflicht, Räume, Vorrichtungen und Gerätschaften so einzurichten und zu unterhalten, dass der Werkunternehmer und seine Gehilfen vor Gefahren für Leben und Gesundheit geschützt sind, soweit die Natur der Werkleistung dies gestattet (MünchKomm.-Soergel, 3. Aufl., § 631 BGB Rdnr. 182), verletzt. Zwar hat ein Werkunternehmer viel weitergehender als ein Arbeitnehmer für seinen eigenen Schutz zu sorgen und eine eigene Prüfungspflicht hinsichtlich der ihm bei der Ausführung seiner Werkleistung drohenden Gefahren. Der Besteller hat jedoch auf bestehende Gefahren mit dem nötigen Nachdruck hinzuweisen (Staudinger-Peters, 13. Aufl., § 631 BGB Rdnr. 61 und Anhang IV zu § 635 BGB Rdnr. 5).

Die Beklagte hat vorliegend eine erhebliche Gefahrenquelle geschaffen, indem sie den Zugang zu der Kälteanlage über die von ihr zur Verfügung gestellte Leiter nicht hinreichend gesichert hat.

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Beklagte den ihr obliegenden Sicherheitsanforderungen genügt hat, kann letztlich dahinstehen, ob und ggf. welche berufsgenossenschaftlichen Unfallverhütungsvorschriften oder Bestimmungen der Arbeitsstättenverordnung hier möglicherweise verletzt worden sind. Denn diese legen nur das Mindestmaß dessen fest, was nicht nur gegenüber Betriebsangehörigen, sondern auch gegenüber Dritten einzuhalten ist; die Verkehrssicherungspflicht kann jedoch grundsätzlich darüber hinausgehen (Staudinger-Hager, 13. Aufl., § 823 BGB Rdnr. E 34, E 221).

Im vorliegenden Fall folgt eine Haftung der Beklagten bereits aus der allgemeinen Rechtspflicht, Rücksicht auf die Gefährdung anderer zu nehmen und bei Schaffung von Gefahrenquellen die notwendigen Vorkehrungen zum Schutze Dritter zu treffen (vgl. Geigel, Der Haftpflichtprozess, 23. Aufl., Kap. 14 Rdnr. 28). Dem hat die Beklagte im Hinblick auf die Art und Weise, in der sie (u.a.) dem Kläger den Zugang zu ihrer (zu reparierenden) Kälteanlage ermöglichte, nicht genüge getan. Wie sich aus den von der Beklagten zur Akte gereichten Lichtbildern (Bl. 30, 31 d.A.) und dem unstreitigen Parteivortrag ergibt, endete die zu der über einem Getränkelager befindlichen Kälteanlage führende Leiter unterhalb der Feuerschutztüren, von denen die rechte zum Betreten der Kälteanlage geöffnet werden musste. Damit war für einen Benutzer der Leiter, der die rechte Türe zur Kälteanlage öffnen wollte, in einer Höhe von mindestens 2,50 m (so der Vortrag der Beklagten; nach dem Klägervortrag betrug die Höhe 3,30 m) kein fester Halt gewährleistet. Wie auch der Sachverständige Et in seinem Ergänzungsgutachten vom 9.6.2000 (auf S. 4 unten) und bei seiner Anhörung in der Sitzung vom 8.9.2000 (vgl. Sitzungsprotokoll Bl. 158, 159 d.A.) ausgeführt hat, bestand keine Möglichkeit, sich beim Öffnen der Türen und Verlassen der Leiter, festzuhalten. Dadurch, dass die Leiter unter den Türen endete, war es nicht möglich, sich seitlich neben die Türe zu stellen und bei deren Öffnung an der Leiter festzuhalten. Eine Festhaltegelegenheit befand sich auch nicht an der linken (festgesetzten) Türe in Form eines Haltegriffs oder ähnlichem. Die Beklagte hat somit die (sich hier verwirklichte) Gefahr eines Sturzes von der Leiter dadurch geschaffen, dass ein Benutzer auf der Leiter oben freistehen musste, um an den Griff der rechten Türe zu gelangen.

Soweit die Beklagte auch in der Berufungserwiderung vom 2.5.2001 (S. 6, Bl. 245 d.A.) die Ansicht ihres Haftpflichtversicherers, dass ein gefahrloses Öffnen der Türe von einem Standpunkt auf der dritten Sprosse von oben möglich gewesen sei (vgl. die handschriftliche Bemerkung auf der Fotodokumentation S. 31 d.A.) wiederholt, ist dem folgendes entgegenzuhalten:

Falls es von der Reichweite her überhaupt möglich ist, sich mit einer Hand an der Leiter festzuhalten und mit der anderen Hand die rechte Türe zu öffnen (was in Anbetracht der Lichtbilder fraglich erscheint, nach den Bekundungen des Zeugen R von diesem aber so praktiziert wurde, vgl. Sitzungsprotokoll vom 31.3.2000, Bl. 89 d.A.), kann dies jedoch nicht aus einer standfesten Position heraus und gefahrlos geschehen. Der Zeuge R hat bestätigt, dass alles sehr wackelig gewesen sei. Zudem ist zu berücksichtigen, dass zum öffnen der Türe wegen des angebrachten Türschließers (vgl. Bild Bl. 30 oben rechts) eine nicht unerhebliche Kraftanstrengung erforderlich ist und daher, um den zum Aufziehen der Türe notwendigen Schwung abzufangen, ein besonders gesicherter Stand auf der Leiter erforderlich ist. Ein solcher war hier keinesfalls gegeben. Insofern kann auch dahingestellt bleiben, ob der Kläger, wie er vorgetragen hat, bis auf die oberste Sprosse gestiegen und von da aus versucht hat, die Türe zu öffnen, oder ob er dies von der dritten Sprosse von oben aus versucht hat. Eine gefestigte Standposition hätte er auch von dort nicht gehabt, so dass es entgegen der Ansicht der Beklagten nicht unerklärlich, sondern schon fast naheliegend ist, dass der Kläger stürzte.

Die von der Beklagten geschaffene Gefahr ist im vorliegenden Fall auch nicht durch die Anweisungen, die der Filialleiter der Beklagten, der Zeuge D, dem Kläger vor dem Unfall gegeben haben will, beseitigt oder abgeschwächt worden. Es ist schon zweifelhaft, inwiefern Warnungen hier überhaupt tauglich waren, den Sturz des Klägers zu verhindern. Im Grunde hätte dies nur geschehen können, indem man den Kläger erst gar nicht die Leiter hätte besteigen lassen. Jedenfalls ist der Kläger auch nach den Bekundungen des Zeugen D vor dem Landgericht nicht nachdrücklich auf die sich aus dem Hinlangen zum Türgriff ergebende Gefahr von Gleichgewichtsstörungen hingewiesen worden. Der Zeuge D hat bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht bekundet, dass er dem Kläger gesagt habe, an welcher Stelle er die Leiter einhaken und dass er vorsichtig sein solle (S. 8 des Protokolles v. 31.3.2000, Bl. 92 d.A.). Diese Hinweise sind jedenfalls nicht ausreichend gewesen.

Den Kläger trifft kein - die Haftung der Beklagten minderndes - Mitverschulden an dem Unfall. Zwar hätte er (spätestens) beim Besteigen der Leiter den nicht hinreichend gesicherten Zugang zur Kälteanlage erkennen können. Es war ihm jedoch nicht zumutbar, im Hinblick auf diese mögliche Erkenntnis die Benutzung der ihm zur Verfügung gestellten Leiter und die Ausführung seines Reparaturauftrages zu verweigern. Der Kläger befand sich insofern in einer zwiespältigen Situation, als er einerseits die Weisung seines Arbeitgebers, bei der Beklagten die Reparatur auszuführen, zu befolgen hatte und andererseits die damit für seine Gesundheit verbundenen Risiken in Betracht zu ziehen hatte. Insofern kann ihm nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass er sich, um Probleme mit seinem Arbeitgeber zu vermeiden, für den Versuch, die Reparatur vorzunehmen, entschieden hat, zumal auch schon vorher andere Arbeitskollegen des Klägers Arbeiten an der Kälteanlage ausgeführt hatten, ohne zu stürzen.

Entgegen der vom Landgericht vertretenen Ansicht ist die Haftung der Beklagten für den Personenschaden des Klägers nicht gem. den Vorschriften der §§ 106 Abs. 3 Alt. 3, 104 SGB VII ausgeschlossen. § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII verweist für die Ersatzpflicht der für die beteiligten Unternehmen Tätigen untereinander auf die §§ 104 und 105 SGB VII, wenn Versicherte mehrerer Unternehmen vorübergehend Tätigkeiten auf einer gemeinsamen Betriebsstätte verrichten. Einen solchen Fall hat das Landgericht vorliegend unter Bezugnahme auf die im Aufsatz von Jahnke (NJW 2000, 265) zitierte Entscheidung des AG Ibbenbüren vom 26.3.1999 bejaht. Dem kann nicht gefolgt werden:

Die Frage, ob außer den Betriebstätigen auch der Unternehmer in die Haftungsprivilegierung nach § 106 Abs. 3 BGB VII einbezogen ist, kann im vorliegenden Falle der Inanspruchnahme der Beklagten als Unternehmerin dahingestellt bleiben. Die Oberlandesgerichte Karlsruhe (7. Senat, Urt. v. 23.6.1999, NJW 2000, 295-297 = VersR 2000, 99, 100), Saarbrücken (Urt. v. 25.5.99, r + s 1999, 374, 375), Braunschweig (Urt. v. 8.7.1999, r + s 1999, 459) und Stuttgart (Urt. v. 2.11.1999, OLGR 2000, 70, 71) bejahen eine Einbeziehung des Unternehmers (ebenso Geigel, Der Haftpflichtprozess, 23. Aufl., Kap. 31 Rdnr. 84), wohingegen das OLG Karlsruhe (14. Senat, Urt. v. 30.6.1999, r + s 1999, 375, 376), Kater (in Kater/Leube, Gesetzliche Unfallversicherung, SGB VII § 106 Rdnr. 16) und Lemcke (r + s 1999, 376, 377), letzterer mit gewichtigen Argumenten, eine Erstreckung der Haftungsprivilegierung auf den Unternehmer ablehnen.

Jedenfalls greift hier der Haftungsausschluss nach § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII schon deshalb nicht ein, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Alternative nicht gegeben sind.

Die in der Literatur (enge Auslegung: Schmitt, Kommentar z. SGB VII 1998, § 106 Rdnr. 9; Otto NZV 1996, 473, 477; weite Auslegung: Geigel, Der Haftpflichtprozess, 23. Aufl., Kap. 31 Rdnr. 84; Kater in Kater/Leube, Gesetzliche Unfallversicherung SGB VII § 106 Rdnr. 19; Jahnke NJW 2000, 265, 266; vermittelnde Auslegung: Lemcke r + s 1999, 376) und obergerichtlichen Rechtsprechung (enge Auslegung: OLG Hamm, Urt. v. 15.12.1999, ZfS 2000, 292-294; OLG Karlsruhe Urt. v. 17.11.1999, OLGR 2000, 68-70; OLG Braunschweig, Urt. v. 8.7.1999, r + s 1999, 459-462; weite Auslegung: OLG Saarbrücken, Urt. v. 25.5.1999 r + s 1999, 374, 375; OLG Stuttgart, Urt. v. 2.11.1999, OLGR 2000, 70, 71) umstrittene und unterschiedlich beurteilte Auslegung des Merkmals der "gemeinsamen Betriebsstätte" hat inzwischen durch zwei Entscheidungen des BGH (Urt. v. 17.10.2000, NJW 2001, 443, 444 = BauR 2001, 402, 404; Urt. v. 23.1.2001, MDR 2001, 570) ihre höchstrichterliche Klärung erfahren.

Danach erfasst die Haftungsfreistellung des § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII über Fälle der Arbeitsgemeinschaft hinaus betriebliche Aktivitäten von Versicherten mehrerer Unternehmen, die bewusst und gewollt bei einzelnen Maßnahmen ineinandergreifen, miteinander verknüpft sind, sich ergänzen oder unterstützen, wobei es ausreicht, dass die gegenseitige Verständigung stillschweigend durch bloßes Tun erfolgt.

Derartige betriebliche Aktivitäten sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.

Der Personenschaden des Klägers ist hier durch den verkehrsunsicheren Zustand des Ortes, an dem er seine Arbeitsleistung für seine Arbeitgeberin, die wiederum von der Beklagten beauftragt war, ausführen sollte, entstanden. Soweit der verkehrsunsichere Zustand auf betriebliche Aktivitäten der bei der Beklagten dafür verantwortlichen Mitarbeiter zurückgeht, sind diese nicht in Form eines bewußten Zusammenwirkens im Arbeitsablauf mit den vom Kläger durchzuführenden Reparaturarbeiten verknüpft gewesen. Als der Zugang zur Kälteanlage der Beklagten durch Montage der Halterung unter den Türen und Anschaffung einer dort einzuhakenden Leiter geschaffen wurde, stand noch nicht fest, wann und durch wen dort zukünftig Reparaturarbeiten erfolgen würden, so dass mangels hinreichender Konkretisierung auch keine Verknüpfung beider Aktivitäten erfolgen konnte. Ebenso begründet der Umstand, dass man von Seiten der Mitarbeiter der Beklagten den Kläger an der Anlage arbeiten ließ und ihm zu diesem Zweck eine Leiter aushändigte, kein bewußtes Miteinander; vielmehr sollte der Kläger für die Beklagte tätig werden. Auch sprechen die gesetzgeberischen Zielsetzungen gegen eine Ausdehnung des Haftungsprivilegs auf die Beklagte. Eine Störung des Betriebsfriedens ist dadurch, dass ein Beschäftigter eines beauftragten Werkunternehmens, das Arbeiten durch seine Leute im Fremdbetrieb der Beklagten hat ausführen lassen, Ersatzansprüche geltend macht, nicht zu befürchten. Ein Schutzbedürfnis des Unternehmers zu Lasten fremder, aufgrund besonderen Auftrags durch ihn in seinen Räumen tätiger Betriebsangehöriger, für die er keine Beiträge an die Berufsgenossenschaft zahlt, ist nicht ersichtlich.

Der Höhe nach ist die Sache insofern teilweise zur Entscheidung reif, als dem Kläger nach seinem eigenen Sachvortrag kein über 15.000,-- DM hinausgehendes Schmerzensgeld zugebilligt werden kann. Der vom Kläger geltend gemachte Mindestbetrag von 30.000,-- DM ist überzogen.

Das Schmerzensgeld soll in erster Linie dem Geschädigten einen angemessen Ausgleich bieten für diejenigen Schäden und Lebensbeeinträchtigungen, die nicht vermögensrechtlicher Art sind. Zudem soll es auch dem Gedanken Rechnung tragen, dass der Schädiger dem Geschädigten für das, was er ihm angetan hat, Genugtuung schuldet (BGH, Beschluss des Großen Senats v. 6.7.1955, BGHZ 18, 149, 154, 155), wobei die Genugtuungsfunktion bei fahrlässigen Verkehrssicherungspflichtverletzungen im Hintergrund steht. Auf Seiten des Verletzten sind daher Art, Umfang und Dauer der Beeinträchtigung des körperlichen und seelischen Wohlbefindens zu berücksichtigen. Vor allem kommt es darauf an, ob die Verletzung Dauerfolgen hatte. Bei Verletzungen, die wieder ausgeheilt sind oder ausheilen werden, ist der immaterielle Schaden weit geringer zu bewerten als bei Verletzungen, von denen Dauerfolgen zurückbleiben; bei letzteren kommt es wieder darauf an, welcher Art sie sind, vor allem ob sie infolge einer gewissen Gewöhnung im Laufe der Zeit nicht mehr so stark empfunden werden wie anfänglich, oder ob sie das körperliche und seelische Wohlbefinden auf Dauer gleichbleibend beeinträchtigen (Geigel, Der Haftpflichtprozess, 3. Aufl., Kap. 7, Rdnrn. 41, 42).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist im vorliegenden Fall festzustellen, dass, selbst wenn man die neben der unstreitigen dreiwöchigen stationären Behandlung und 20%igen Minderung der Erwerbsfähigkeit vom Kläger behaupteten Folgen (Arbeitsunfähigkeit bis 1.6.1998, dauerhaft zu tragendes Stützkorsett, rechtskonvexe Skoliose; Einschränkung in der Seitwärtsneigung und Drehbewegung, Schmerzen bei beruflichen und häuslichen Tätigkeiten, Minderung des Selbstwertgefühles) unterstellt, nicht so gravierend sind, dass sie ein über 15.000,-- DM hinausgehendes Schmerzensgeld rechtfertigen würden. Der Senat nimmt insoweit auch Bezug auf die ebenfalls zu Wirbelfrakturen ergangenen Entscheidungen der Oberlandesgerichte Koblenz (Urt. v. 30.6.1988, ZfS 1989, 46), Hamm (Urt. v. 19.5.1980, VersR 1980, 1172) und Köln (Urt. v. 19.8.1992, VersR 1993, 1165, 1166), in denen Schmerzensgelder zwischen 8.000 und 15.000,-- DM zugesprochen wurden.

Soweit in dem oben dargelegten Rahmen die Bemessung des dem Kläger zuzubilligenden Schmerzensgeldes zu erfolgen hat, ist die Sache jedoch nicht zur Entscheidung reif, da die Art und Dauer der Unfallfolgen, die der Kläger aufgrund der Deckplattenfraktur des zweiten Lendenwirbels davongetragen hat, streitig sind.

Die Beklagte hat den diesbezüglichen Vortrag des Klägers in erster und zweiter Instanz (Klageschrift vom 8.7.1999, Bl. 6-10 d.A.; Berufungsbegründung vom 28.2.2001, Bl. 220-223 d.A.) bestritten (Schriftsatz vom 17.8.1999, Bl. 27-29 d.A., Berufungserwiderung vom 2.5.2001, Bl. 247 d.A.), so dass die angetretenen Beweise zu erheben sind.

Die Sache ist daher gem. § 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO an das Erstgericht zur Entscheidung über den Betrag des Schmerzensgeldanspruchs zurückzuverweisen.

Der Feststellungsantrag des Klägers ist begründet.

An die Zuerkennung eines solchen Anspruchs sind nach der Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 11.7.1989, VersR 1989, 1055; Urt. v. 19.3.1991, VersR 1991, 779, 780; Urt. v. 15.7.1997, NJW 1998, 160) in bezug auf immaterielle Zukunftsschäden maßvolle Anforderungen zu stellen. Ausreichend ist, wenn eine nicht eben entfernt liegende Möglichkeit künftiger Verwirklichung der Schadensersatzpflicht durch Auftreten weiterer, bisher noch nicht erkennbarer und voraussehbarer Leiden besteht (ebenso Geigel, Der Haftpflichtprozess, 23. Aufl., Kap 39 Rdnr. 31; OLG Oldenburg, Urt. v. 7.11.1995, NJW-RR 1996, 405).

Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.

Aufgrund der Art der vom Kläger erlittenen Wirbelsäulenverletzung kann bei verständiger Würdigung durchaus mit einer fortschreitenden gesundheitlichen Verschlechterung, die ihrerseits auch materielle Schäden zur Folge haben kann, gerechnet werden.

Nebenentscheidungen über Kosten und Vollstreckbarkeit sind nicht zu treffen gewesen.

Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlass (§ 546 Abs. 1 ZPO).

Streitwert II. Instanz: 37.500,-- DM (Zahlungsantrag zu 1) 30.000,-- DM, Feststellungsantrag zu 2) 7.500,-- DM).

Beschwer des Klägers: 15.000,-- DM, Beschwer der Beklagten: 22.500,-- DM.

Ende der Entscheidung

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