Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 21.08.2003
Aktenzeichen: 23 U 222/01
Rechtsgebiete: StBerG


Vorschriften:

StBerG § 1
StBerG § 4 Abs. 3
StBerG § 32
StBerG § 32 Abs. 1
StBerG § 33
1. Der Mandant kann von seinem Steuerberater Hilfeleistung in Steuersachen auf den in § 1 StBerG genannten Gebieten und mit dem in §§ 32, 33 StBerG beschriebenen Umfang erwarten. Weder der Steuerberatungsauftrag noch die im Zusammenhang damit beauftragte Lohnbuchhaltung verpflichten einen Steuerberater zur Beratung in sozialversicherungsrechtlichen Fragen.

2. Ein Steuerberater, der seinen Mandanten aufgrund eines ausdrücklich über die Hilfeleistung in Steuersachen hinaus erteilten Auftrags in sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheiten berät, verstößt gegen Art. 1 § 1 RBerG. Bittet der Mandant den Steuerberater gleichwohl um eine entsprechende Beratung, so hat der Steuerberater ihn an einen Rechtsanwalt zu verweisen.

3. Aus einer einmaligen Äußerung zur Rechtslage kann nicht der Schluss gezogen werden, der Steuerberater wolle umfassend die Beratung auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts übernehmen.


Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 2. Juli 2001 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Tatbestand:

Die Kläger begehren mit der Klage Schadensersatz wegen schuldhafter Verletzung von Pflichten des Beklagten zu 1. als Steuerberater. Der Beklagte zu 1. führte die Gespräche mit dem Kläger als dessen Steuerberater, die Beklagte zu 2. ist eine GmbH, die zu einem zwischen den Parteien streitigen Zeitpunkt, frühestens 1996, die Geschäfte der zuvor bestehenden Einzelkanzlei des Beklagten zu 1. übernahm.

Der Kläger gründete zum 1.1.1995 ein Unternehmen, dessen Gegenstand ein ambulanter Pflegedienst war. Für dieses Unternehmen waren neben dem Kläger dessen Ehefrau sowie zunächst zwei Mitarbeiterinnen, Frau L und Frau D, tätig. Mit diesen schloss der Kläger unter dem 1.1.1995 "Arbeitsverträge" über die Beschäftigung als "freie Mitarbeiterinnen" nach dem Vorbild eines Vertragsmusters, das er sich von seinem Berufsverband besorgt hatte. Wegen des näheren Inhalts dieser Verträge wird auf die schriftlichen Vertragstexte (Bl. 71 bis 76 GA) Bezug genommen. Im Vorfeld der Unternehmensgründung kam es Ende 1994 und Anfang 1995 zu Gesprächen zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1., bei denen es um Fragen der Mandatsabwicklung und die bei der Unternehmensgründung zu beachtenden Umstände ging. In der Folgezeit beriet der Beklagte den Kläger jedenfalls bis in das Jahr 1998 in steuerlicher Hinsicht und übernahm die Lohnbuchhaltung, die Jahresbuchführung, die Gewinnermittlung für den Betrieb und die Anfertigung der Einkommensteuererklärungen für den Kläger.

Als Folge einer Betriebsprüfung durch die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte bei dem Kläger im Jahre 1999 wurden die Verhältnisse zu den Mitarbeiterinnen als "Scheinselbständigkeit" eingestuft und der Kläger mit Bescheid vom 11.10.1999 verpflichtet, Sozialversicherungsbeiträge von insgesamt 76.450,15 DM wegen der Beschäftigung der Mitarbeiterinnen D und L für die Jahre 1995 bis 1997 und der Beschäftigung einer weiteren Mitarbeiterin W für das Jahr 1997 nachzuzahlen.

Daneben wurde der Kläger für die Jahre 1996 bis Februar 1999 vom Finanzamt zu verschiedenen Verspätungs-, Säumniszuschlägen und Zinszahlungen in einer Gesamthöhe von 13.758,70 DM herangezogen. Wegen der Zusammensetzung dieses Betrages wird auf die Aufstellung des Steuerberaters Wallasch aus dem Jahre 1999 (Bl. 15 GA) Bezug genommen.

Der Kläger hat behauptet, er habe anlässlich der Gespräche mit dem Beklagten zu 1. ausdrücklich auch das Honorar der Mitarbeiterinnen besprochen. Es sei ausdrücklich eine Empfehlung des Beklagten zu 1. gewesen, die Verträge der Mitarbeiterinnen D und L so wie später abgeschlossen zu gestalten. Der Beklagte zu 1. habe gegenüber dem erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers auch zugegeben, dass ihm bei der Beratung des Klägers die Rechtsprechnung zur Scheinselbständigkeit nicht gegenwärtig gewesen sei und er entsprechende Ratschläge dem Kläger nicht erteilt habe. Der Kläger hat hierzu die Ansicht vertreten, der Beklagte zu 1. habe ihn bei den ersten Gesprächen und auch im weiteren Verlauf des Mandatsverhältnisses darauf hinweisen müssen, dass es Probleme im Hinblick auf die Scheinselbständigkeit der Mitarbeiterverhältnisse gebe. Er hat weiter behauptet, wenn er dies alles von Anfang an gewusst hätte, dann hätte er die Mitarbeiterinnen fest mit einer Vergütung nach dem maßgeblichen Tarifvertrag eingestellt. Er hätte hierfür weniger aufwenden müssen, als er tatsächlich für die Honorare und die Nachzahlungen der Sozialversicherungsbeiträge zahlen musste. Der Mehrbetrag seiner tatsächlichen Zahlungen, den er mit der Klage als Schadensersatz geltend macht, betrage 134.621,12 DM. Wegen der Einzelheiten der Berechnung dieses Betrages wird auf den Schriftssatz des Klägers vom 6.6.2001 (Bl. 80 GA) Bezug genommen. Darüber hinaus hätten die Beklagten auch den vom Finanzamt eingeforderten Betrag von 13.758,70 DM zu erstatten. Zu dessen Zahlung sei er - der Kläger - nämlich nur verpflichtet gewesen, weil er erhebliche Steuernachzahlungen für die Jahre 1995 bis 1997 zu leisten gehabt habe, über deren zu erwartende Höhe ihn der Beklagte zu 1. im Jahre 1998 nicht zutreffend informiert habe. Hätte der Beklagte zu 1. ihm die richtigen Beträge genannt, so hätte er Rücklagen bilden können. Da er im Vertrauen auf die Information des Beklagten zu 1. das Geld stattdessen für die Renovierung seiner Wohnung ausgegeben habe, habe er zur Erfüllung der Nachforderung des Finanzamts keine ausreichenden Mittel gehabt, weshalb Säumnis-, Verspätungszuschläge und Zinsen angefallen seien.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 148.379,82 DM nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen,

1. hilfsweise,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 19.758,70 DM nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen, sowie ihn in Höhe eines weiteren Betrages von 128.621,12 DM von seinen Verbindlichkeiten gegenüber der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte aus dem Bescheid vom 11.10.1999 zum Aktenzeichen 23 02-2-04-42273161 freizustellen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben die Ansicht vertreten, nicht zu Hinweisen über die Sozialversicherungspflicht der Mitarbeiter verpflichtet gewesen zu sein. Im übrigen habe der Beklagte zu 1. Schätzungen über die Höhe der Steuernachzahlungen nicht abgegeben. Weiterhin bestünden Ansprüche gegen die Beklagte zu 2. schon deshalb nicht, weil sie die Geschäfte der Kanzlei erst zum 1.1.1998 übernommen habe. Im übrigen haben die Beklagten sich auf die Einrede der Verjährung berufen.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, Beratungsfehler des Beklagten zu 1. lägen nicht vor. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit dem er seinen Schadensersatzanspruch gegen beide Beklagte weiterverfolgt.

Er behauptet, dass er zwar die Vertragsgestaltung mit dem Mitarbeiterinnen angedacht habe, der Beklagte hiergegen aber keinerlei Einwendungen erhoben habe, obwohl es ihm - dem Kläger - bei den Gesprächen mit dem Beklagten zu 1. gerade auf die Fragen der Vertragsgestaltung angekommen sei. Der Beklagte zu 1. hätte ihn bei den Gesprächen Ende 1994 und Anfang 1995 sowie auch im Laufe des Mandatsverhältnisses auf das Problem der Scheinselbständigkeit hinweisen müssen. Er sei im übrigen aufgrund der erheblich unrichtigen Schätzungen des Beklagten zu 1. über die Höhe der Steuernachzahlungen, die 284.000,-- DM statt geschätzter 140.000,-- DM betragen habe, in eine Liquiditätsenge geraten, was die Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen, Säumnis- und Verspätungszuschlägen zur Folge gehabt habe.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 148.379,82 DM nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen,

1. hilfsweise,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 19.758,70 DM nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen, sowie ihn in Höhe eines weiteren Betrages von 128.621,12 DM von seinen Verbindlichkeiten gegenüber der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte aus dem Bescheid vom 11.10.1999 freizustellen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie behaupten, der Beklagte zu 1. sei bei der Gestaltung der Mitarbeiterverträge nicht beteiligt gewesen. Einen Beratungsfehler habe er auch nicht gegenüber dem erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers zugegeben.

Im übrigen wiederholen die Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen und machen ergänzende Ausführungen.

Der Senat hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 25.6.2002 den Kläger angehört. Wegen des Ergebnisses des Anhörung wird auf den Berichterstattervermerk vom 25.6.2002 Bezug genommen. Im übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung, der vorbereitenden Schriftsätze der Parteien und der von ihnen vorgelegten Urkunden Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat nach seinem eigenen Vortrag keinen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten aus positiver Vertragsverletzung, weil der Beklagte zu 1. keine aus dem Steuerberatervertrag mit dem Kläger folgende Pflicht verletzt hat.

I.

Eine Pflichtverletzung durch den Beklagten zu 1. liegt nicht darin, dass er den Kläger nicht über die Sozialversicherungspflicht der Beschäftigungsverhältnisse mit dessen Mitarbeiterinnen aufgeklärt hat. Der Steuerberatungsauftrag und auch die damit im Zusammenhang stehende Lohnbuchhaltung verpflichten den Steuerberater nämlich nicht zur Beratung in sozialversicherungsrechtlichen Fragen (OLG Celle GI 2001, 19; OLG Hamburg GI 1990, 198; LG Kleve GI 2001, 279; LG Limburg GI 2001, 233; vgl. auch OLG Hamm GI 1998, 69; OLG Köln GI 1990, 198 hinsichtlich der Unfallversicherung durch eine Berufsgenossenschaft). Zwar hat der Steuerberater eine Pflicht zur erschöpfenden und umfassenden Beratung. Dies gilt jedoch nur innerhalb des Rahmens, den §§ 1, 32 Abs. 1 und § 33 StBerG für seine Tätigkeit vorsieht, also bei der Hilfeleistung in Steuersachen. Dazu gehört die Beratung in Fragen des Sozialversicherungsrechts nicht. Der Steuerberater wäre zu einer entsprechenden Rechtsberatung auch gar nicht befugt, weil er damit gegen Art. 1 § 1 RBerG verstoßen würde, wie Art. 1 § 4 Abs. 3 RBerG ausdrücklich klarstellt. Ein Steuerberater hat seine Tätigkeit auf die in § 1 StBerG genannten Gebiete zu beschränken (BGH NJW 2000, 69). Eine Tätigkeit, die über die Hilfeleistung in Steuersachen hinausgeht, kann der Mandant, der einen Steuerberater beauftragt, deshalb nicht erwarten. Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte zu 1. die Lohnbuchhaltung und damit auch die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge übernommen hatte. Die bloße Anfertigung des Rechenwerks bedeutet nämlich noch keine Rechtsberatung in Angelegenheiten der Sozialversicherung (OLG Celle GI 2001, 19, 20) und verpflichtet den Steuerberater erst recht nicht zu deren Aufnahme in einem weitergehenden Umfang - ganz abgesehen davon, dass Lohnkonten für die Mitarbeiterinnen D und L hier zunächst ja gerade nicht zu führen waren.

Eine Pflichtverletzung des Beklagten zu 1. liegt auch nicht darin, dass er - unter Verstoß gegen Art. 1 § 1 RBerG - ausdrücklich vertraglich eine Beratung auch in Angelegenheiten der Sozialversicherung oder bei der Gestaltung der Mitarbeiterverträge übernommen und dabei den Beklagten zu 1. falsch beraten hätte, anstatt auf ein entsprechendes Ansinnen des Klägers diesen an einen Rechtsanwalt zu verweisen. Allerdings ist der Steuerberater zu letzterem verpflichtet, wenn an ihn eine Bitte um Beratung herangetragen wird, deren Erfüllung eine unerlaubte Rechtsberatung darstellen würde (BGH NJW 2000, 69 hinsichtlich des Entwurfs gesellschaftsrechtlicher Verträge). Nach dem Ergebnis der Anhörung des Klägers durch den Senat liegt ein derartiger Fall hier nicht vor. Vielmehr hat der Kläger erklärt, den Beklagten nicht ausdrücklich danach gefragt zu haben, ob mit dem von ihm entworfenen Verträgen sein Ziel erreicht werde, dass die Beschäftigungsverhältnisse zu den Mitarbeiterinnen nicht der Sozialversicherungspflicht unterfielen.

Die Übernahme einer entsprechenden Beratung durch den Beklagten zu 1. folgt auch nicht aus den Umständen der Gespräche mit dem Kläger. Dieser konnte berechtigterweise aus ihnen nicht die Erwartung herleiten, der Beklagten zu 1. habe ihn - über die Hilfeleistung in Steuersachen hinaus - auch in Angelegenheiten der Sozialversicherung beraten. Maßgeblich dafür ist der eigene Sachvortrag des Klägers, insbesondere bei seiner Anhörung durch den Senat. Bei dieser Gelegenheit hat der Kläger ausdrücklich erklärt, die Verträge ohne Beteiligung durch den Beklagten zu 1. selbst anhand eines Musters seines Berufsverbandes entworfen und dem Beklagten zu 1. vor Vertragsschluss anlässlich des einzigen Gesprächs im Jahre 1994 auch gar nicht gezeigt zu haben. Der Kläger hat nach seinen eigenen Ausführungen bei diesem Gespräch vielmehr - neben anderen steuerrechtlichen Fragen - lediglich die Höhe der Vergütung angesprochen und den Beklagten zu 1. anhand von ihm gemachter Vorgaben zur Höhe des Honorars Sozialversicherungsbeiträge berechnen lassen. Darin kann nicht die Übernahme einer besonderen vertraglichen Verpflichtung zur Beratung in Fragen des Sozialversicherungsrechts gesehen werden, da - wie ausgeführt - die Lohnbuchhaltung regelmäßig die Berechnung von Sozialversicherungsbeiträgen mit sich bringt, was zu den erlaubten Buchführungsarbeiten eines Steuerberaters gehört und von der Frage der Gestaltung der zugrundeliegenden Rechtsverhältnisse zu unterscheiden ist.

Dasselbe gilt für das zweite Gespräch Anfang 1995, bei dem der Kläger dem Beklagten zu 1. die geschlossenen Verträge gezeigt hat. Seine Frage, ob dies so "in Ordnung" gehe, bezog sich nämlich nach seinen eigenen Angaben bei der Anhörung durch den Senat im wesentlichen auf die Klausel, der zufolge die Mitarbeiterinnen sich selbst bei dem Finanzamt anmelden sollten. Wie der Kläger bei seiner Anhörung erläutert hat, kam es ihm dabei besonders darauf an, den Eindruck zu vermeiden, er beschäftige die Mitarbeiterinnen "schwarz". Dadurch, dass der Beklagte zu 1. nach dem klägerischen Vortrag erwidert hat, das gehe in Ordnung, hat er den Kläger nicht in sozialversicherungsrechtlichen Fragen beraten.

Vor diesem Hintergrund spielt es auch keine Rolle, wenn der Beklagte zu 1. tatsächlich - wie von dem Kläger behauptet - gegenüber dessen erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten eingeräumt haben sollte, von dem Problem der Scheinselbständigkeit nichts gewusst zu haben. Das ändert nichts daran, dass er zu einer entsprechenden Beratung des Klägers nicht verpflichtet war.

Etwas anderes gilt auch nicht insoweit, als der Kläger in den Jahren 1996/97 sich mit dem Beklagten zu 1. "darüber unterhalten" haben will, ob zu diesem Zeitpunkt in der Presse aufgekommene Berichte über die Scheinselbständigkeit auch auf ihn zuträfen. Auch eine derartige "Unterhaltung" begründet keine Verpflichtung des Beklagten zur Übernahme einer Beratung auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts und dazu, Hinweise zur Ausgestaltung der Mitarbeiterverträge zu geben. Die berechtigten Erwartungen des Mandanten an den Umfang der Beratungstätigkeit eines Steuerberaters richten sich auch in einem solchen Fall nach den §§ 32, 33 StBerG, sind also daran auszurichten, dass der Steuerberater eine Hilfeleistung in Steuerangelegenheiten, nicht auf sonstigen Rechtsgebieten schuldet. Daran ändert eine Unterhaltung auch über andere Fragen nichts. Aus einer einmaligen Äußerung zur Rechtslage kann nicht der Schluss gezogen werden, der Steuerberater wolle umfassend die Beratung auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts übernehmen (LG Kleve GI 2001, 279, 281).

Selbst wenn man dies anders beurteilen und eine Pflichtverletzung bei dieser Gelegenheit annehmen wollte, so wäre diese für den geltend gemachten Schaden nicht ursächlich geworden. Der genaue Zeitpunkt der angeblichen Äußerung ist nicht bekannt. Jedenfalls war die Mitarbeiterin L aber damals, nämlich bereits seit Herbst 1995, fest angestellt. Bei der Mitarbeiterin D war dies nur deshalb nicht der Fall, weil sie selbst nicht fest angestellt sein wollte, wie der Kläger bei seiner Anhörung vor dem Senat ausgeführt hat. Das begründet erhebliche Zweifel an den Möglichkeiten des Klägers, diesen Vertrag im Verlaufe des Jahres 1997 so rechtzeitig zu kündigen bzw. eine vertragliche Änderung zu erreichen, dass dies sich noch bis Ende 1997 zugunsten des Klägers ausgewirkt hätte. Die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen bezieht sich nämlich nur auf den Zeitraum bis Ende 1997.

II.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch wegen der behaupteten falschen Angaben des Beklagten zu 1. im Jahre 1998 über die zu erwartenden Steuernachzahlungen. Der Kläger hat einen derartigen Anspruch nicht nachvollziehbar dargelegt.

Die Behauptung, der Kläger habe im Jahre 1998 Angaben über die zu erwartenden Steuernachzahlungen für die Jahre 1995 bis 1997 gemacht, kann so nicht zutreffen. Der Steuerbescheid für 1995, der die vom Kläger angesprochene tatsächliche Nachzahlung betrifft (75.055,38 DM), datiert nämlich vom 7.11.1997. Im Folgejahr 1998 kann der Beklagte zu 1. deshalb keine Angaben über zu "erwartende" Steuernachzahlungen für das Jahr 1995 gemacht haben, auf die sich der Kläger bei seinen Vermögensdispositionen verlassen hätte. Weiterhin macht der Kläger zum Teil von ihm an das Finanzamt zu zahlende Beträge geltend, die erstmals in den Jahren vor 1998 fällig wurden, also vor der behaupteten Pflichtverletzung des Beklagten zu 1. Letztere kann hierfür also nicht ursächlich geworden sein. Auch für die Beträge aus 1998 und 1999 ist nach dem Vortrag des Klägers nicht nachvollziehbar, wie der Kläger innerhalb einer Zeit von allenfalls wenigen Monaten bei der Nennung höherer Beträge durch den Beklagten zu 1. die erforderlichen Rücklagen hätte bilden können. Weiterhin können die geltend gemachten Beträge gar nicht sämtlich auf eine unzutreffende Schätzung des Beklagten zu 1. über die Höhe der Nachzahlungen zurückzuführen sein, weil der Kläger auch die Erstattung von Verspätungszuschlägen geltend macht. Diese werden von dem Finanzamt für die verspätete Abgabe von Erklärungen, nicht für verspätete Zahlungen erhoben. Sie können deshalb nicht mit mangelnder Aufklärung über die Höhe zu erwartender Nachzahlungen zusammenhängen. Inwieweit hier ein weiteres Fehlverhalten des Beklagten zu 1. zugrundeliegt, welche Erklärungen der Beklagte zu 1. also wann entgegen welcher Verpflichtung zu spät abgegeben haben soll, ist dem Vortrag des Klägers nicht zu entnehmen. Schließlich geht es bei den vom Kläger erstattet verlangten Beträgen ganz überwiegend um die Säumnis mit der Zahlung von Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer, nicht mit der Zahlung der Nachforderung. Auch insoweit kann die behauptete unzutreffende Prognose des Beklagten zu 1. über die Höhe der Nachzahlung hierfür nicht ursächlich gewesen sein. Weitere Hinweise an den Kläger durch den Senat waren nicht erforderlich, nachdem das Landgericht in dem angefochtenen Urteil bereits auf den unzulänglichen Sachvortrag hingewiesen hatte und die Berufungsbegründung keinerlei Ergänzung enthält.

III.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch gegen die Beklagte zu 2., da es nach den obigen Ausführungen bereits an einer einen Schadensersatzanspruch begründenden Pflichtverletzung des Beklagten zu 1. fehlt. Auf die zweifelhafte Frage, ob die Beklagte zu 2. eine derartige Schuld - so sie denn bestünde - übernommen hätte, kommt es deshalb nicht an.

IV.

Aus den obigen Ausführungen folgt, dass auch der Hilfsantrag unbegründet ist, mit dem der Kläger dasselbe wirtschaftliche Interesse verfolgt und nur hinsichtlich eines Teils der geltend gemachten Forderung Freistellung statt Zahlung verlangt.

V.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Für die Zulassung der Revision besteht kein Anlass.

Streitwert für das Berufungsverfahren und Beschwer für den Kläger: 75.865,40 EUR (= 148.379,82 DM).

Ende der Entscheidung

Zurück