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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 11.12.2001
Aktenzeichen: 24 U 17/01
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 421
BGB § 284
BGB § 286
BGB § 537 a.F.
BGB § 539 a.F.
BGB § 556 a.F.
BGB § 288 Abs. 2
BGB § 535 Satz 2 a.F.
ZPO § 91 a
ZPO § 713
ZPO § 296 a
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 100 Abs. 4
ZPO § 138 Abs. 3
ZPO § 708 Nr. 10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

24 U 17/01

Verkündet am 11. Dezember 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 13. November 2001 durch seine Richter Z, E und D

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten zu 3) gegen das am 13. Dezember 2000 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung und die Anschlussberufung des Klägers wird das vorgenannte Urteil teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt,

1.

an den Kläger 14.661,70 DM nebst 10 % Zinsen aus jeweils 2.900 DM seit dem 5. Oktober 1999, 5. November 1999, 5. Dezember 1999, 5. Januar 2000 und 5. Februar 2000 sowie 10 % Zinsen von 161,70 DM seit dem 1. November 2001 zu zahlen;

2.

an den Kläger sieben Haustürschlüssel, einen Hofraumschlüssel (Zugang zu den Müllbehältern), sieben Schlüssel für den Zugang vom Treppenhaus zum Mietobjekt, drei Schlüssel für die Stahlrolllade (Eingang M), drei Schlüssel für den Eingang zum M-tor, sieben Schlüssel Alarmanlage und einen Schlüssel für das Lager, zum Gewerbeobjekt im Erdgeschoss Mitte des Vorderhauses M straße 14 in D gelegen, herauszugeben.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Beklagten als Gesamtschuldner. Von den Kosten des Berufungsrechtszuges tragen die Beklagte zu 3) 50 % und die Beklagten zu 1), 2) und 4) als Gesamtschuldner weitere 50 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung und die Anschlussberufung des Klägers sind begründet. Die Berufung der Beklagten zu 3.) ist unbegründet. Soweit die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, tragen die Beklagten die Kosten des Rechtsstreits.

1)

Der Kläger hat gegen sämtliche Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 11.600 DM Mietzinsen für die Zeit von Oktober 1999 bis Februar 2000 (5 x 2000 DM + 16% Mehrwertsteuer) aus § 535 Satz 2 BGB in der bis zum 31. August 2001 geltenden Fassung (im folgenden: a.F.).

a)

Die Beklagten zu 1), 2) und 4) haben mit dem Kläger unstreitig am 1. April 1998 einen Mietvertrag über Räume zum Betrieb einer Spielhalle in D, M straße 14 abgeschlossen. Dabei wurde ein monatlicher Mietzins von 2.000 DM zuzüglich Mehrwertsteuer vereinbart.

Diesen Vertrag haben die Parteien weder ausdrücklich noch stillschweigend aufgehoben. Insbesondere kommt der Unterzeichnung eines weiteren Mietvertrages über die streitgegenständlichen Räume durch den Kläger im Juni 1999, der nur die Beklagte zu 3) als Mieterin ausweist, nicht die Bedeutung zu, dass die übrigen Beklagten nun nicht mehr Mieter waren.

Der beabsichtigte Wechsel der Vertragsparteien - etwa eines Mietvertrages - kann in rechtlich unterschiedlicher Weise vollzogen werden: Das Mietverhältnis zwischen den bisherigen Parteien kann durch Vertrag zwischen dem Vermieter und dem bisherigen Mieter beendet und ein neues Mietverhältnis mit dem Inhalt des bisherigen durch einen weiteren Vertrag mit dem neuen Mieter geschlossen werden. Andererseits besteht die Möglichkeit, dass der Parteiwechsel durch Vertrag zwischen dem aus dem Mietverhältnis ausscheidenden bisherigen Mieter und dem neu eintretenden Mieter mit Zustimmung des Vermieters vereinbart wird. Dabei kann die Auswechslung der Partei im Rahmen eines einheitlichen Vertragswerks als sogenannter dreiseitiger Vertrag vollzogen werden. Welcher Vertragstyp im Einzelfall dem Willen der Beteiligten entspricht, ist durch Auslegung der getroffenen Parteiabreden zu ermitteln (BGH NJW 1998, 531, 532). Auch, ob überhaupt ein Wechsel der Vertragsparteien gewollt ist, bedarf der Auslegung der Parteiabreden. Möglich ist nämlich auch ein Vertragsbeitritt. Hier bleibt es grundsätzlich beim Fortbestand der Rechte und Pflichten im Verhältnis der verbundenen Parteien, denen auf einer Seite eine weitere Partei in der Weise beitritt, dass von nun an das Mietverhältnis auch mit ihr besteht (vgl. Heile, in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., Kap. II, Rdr. 810).

Im Streitfall ist von einem Vertragsbeitritt der Beklagten zu 3) auszugehen. Das ergibt sich aus folgendem:

Unstreitig ist der Unterzeichnung des späteren Mietvertrages ein Hinweis des Steuerberaters der Beklagten vorausgegangen, "nach der der Mietvertrag so steuerlich nicht korrekt sei, der Vertrag müsse auf die Beklagte zu 3) ausgestellt sein". Ob und gegebenenfalls welche anderen Gründe zu einer Unterzeichnung des späteren Mietvertrages führten, legen die Parteien nicht dar. Weiterhin ist unstreitig, dass der Kläger unmittelbar im Anschluss an die Unterzeichnung des späteren Mietvertrages erklärte, der ursprüngliche Vertrag behalte seine Gültigkeit, wogegen der Beklagte zu 4), der Geschäftsführer der Beklagten zu 3) ist, keine Einwendungen erhob. Dies hat der Kläger im Berufungsrechtszug unwidersprochen vorgetragen (§ 138 Abs. 3 ZPO).

Selbst wenn man zu Gunsten der Beklagten zu 1), 2) und 4) annimmt, dass der Beklagte zu 4) dem Kläger durch Vorlage des späteren Mietvertrages das Angebot gemacht hat, sie aus dem Mietvertrag zu entlassen, hat der Kläger dies nicht angenommen. Aufgrund der Äußerung des Klägers, der ursprüngliche Vertrag behalte seine Gültigkeit, kommt dem späteren Mietvertrag lediglich die Bedeutung zu, dass nunmehr auch die Beklagte zu 3) Mieterin war.

Für eine derartige Auslegung spricht auch die Unterzeichnung der Vereinbarung vom 10. April 2000 durch den Beklagten zu 4). Wäre der Beklagte zu 4) bereits zu einem früheren Zeitpunkt aus dem Mietvertrag entlassen worden, hätte keine Veranlassung bestanden, sich mit der Aufhebung des Mietvertrages unter dem 10. April 2000 einverstanden zu erklären.

Ein Zusammenhang der Eintragung der Beklagten zu 3) in das Handelsregister am 6. Juli 1998 mit dem bereits im Juni 1998 abgeschlossenen zweiten Mietvertrag erschließt sich nicht. Wenn der Eintritt der Beklagten zu 3) anstelle der übrigen Beklagten von der Eintragung im Handelsregister abhängig gewesen sein sollte, wäre eine Änderung im Juni 1998 verfrüht gewesen. Auch dies spricht dagegen, dass die Parteien einen Austausch der Mieter vereinbaren wollten.

Schließlich hatte der Kläger unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten keine Veranlassung, die - unstreitig - zahlungskräftigen Beklagten zu 1), 2) und 4) aus dem Mietvertrag zu entlassen und den Mietvertrag nur noch mit einer seinerzeit in Gründung befindlichen GmbH, der Beklagten zu 3), fortzuführen.

Dass der Kläger die Zahlung von Nebenkosten unter dem 10. April 2000 lediglich von der Beklagten zu 3) beansprucht hat, belegt ebenfalls nicht, dass die übrigen Beklagten aus dem Vertragsverhältnis entlassen worden sind. Für Mietzinsen und Nebenkosten haften die Beklagten als Gesamtschuldner (§ 421 BGB). Es stand im Belieben des Klägers, seinen Zahlungsanspruch (vorerst) nur gegenüber der Beklagten zu 3) geltend zu machen. Auch aus der Abrechnung von Folgeschäden eines eingetretenen Wasserschadens lediglich mit der Beklagten zu 3) lässt sich nicht der Schluss ziehen, die übrigen Beklagten seien aus dem Mietverhältnis entlassen worden. Dem steht jedenfalls entscheidend entgegen, dass der Kläger unstreitig unmittelbar im Anschluss an die Unterzeichnung des späteren Mietvertrages erklärt hat, der ursprüngliche Vertrag behalte seine Gültigkeit.

b)

Es kann dahinstehen, ob der Kläger durch die von ihm vorformulierte Erklärung vom 10. April 2000 das Angebot gemacht hat, den Mietvertrag zu diesem Zeitpunkt einverständlich aufzuheben. Offen bleiben kann auch, ob die Beklagten dieses Angebot angenommen haben. Selbst wenn man dies zu ihren Gunsten annimmt, hat es auf die grundsätzliche Verpflichtung zur Zahlung von Mietzinsen für die Zeit von Oktober 1999 bis Februar 2000, die hier im Streit ist, keinen Einfluss.

c)

Das Landgericht hat eine Minderung des Mietzinses nach § 537 BGB a.F. zu Recht abgelehnt. Sie ist entsprechend § 539 BGB a.F. ausgeschlossen.

In entsprechender Anwendung des § 539 BGB a.F. verliert der Mieter seine Gewährleistungsrechte für Vergangenheit und Zukunft, wenn er ohne die ihm bekannten Mängel zu beanstanden, den Mietzins in voller Höhe weiter entrichtet. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass der Mieter mit der Zahlung des ungekürzten Mietzinses zu erkennen gibt, dass die Mietsache ihren Preis wert ist. Dabei ist dem Mieter eine angemessene Überlegungszeit zuzubilligen. Während drei Monate vorbehaltloser Zahlung grundsätzlich noch innerhalb dieses Rahmens liegen, kann sich der Mieter im Regelfall nach sechs Monaten vorbehaltloser Zahlung nicht mehr auf einen Sachmangel berufen (vgl. BGH WM 1997,2674, NJW 2000, 2663, 2664; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 8. Aufl., Rdnr. 328).

(wird zu einzelnen Mängeln ausgeführt)

2)

Weitere 3.061,70 DM kann der Kläger von den Beklagten aus der Nebenkostenabrechnung vom 10. April 2000 und der Heizkostenabrechnung vom 23. August 2000 entsprechend § 535 Satz 2 BGB a.F. beanspruchen.(wird ausgeführt)

3)

Die Beklagten sind aus § 556 BGB a.F. verpflichtet, dem Kläger die im Tenor näher bezeichneten Schlüssel herauszugeben.

Nach Beendigung des Mietverhältnisses sind sämtliche Schlüssel, die der Mieter vom Vermieter erhalten hat, zurückzugeben (vgl. BGH NJW 1983, 1049, Senat NJW RR 1996, 209). Dass die Beklagten die im Tenor aufgeführten Schlüssel erhalten haben, ist durch eine Übernahmebescheinigung vom 1. April 1998 belegt und unstreitig. Eine Rückgabe der Schlüssel haben die Beklagten bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht behauptet. Soweit die Beklagten in einem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz vom 27. November 2001 behaupten, sämtliche Schlüssel nach Aufhebung des Mietvertrages im April 2000 der Zeugin J übergeben zu haben, bleibt dieses Vorbringen gemäß § 296 a ZPO unberücksichtigt. Den Beklagten ist zwar in der mündlichen Verhandlung vom 13. November 2001 eine Schriftsatzfrist bis zum 27. November 2001 bewilligt worden. Diese Schriftsatzfrist bezog sich jedoch nur auf Vorbringen, das in einem Schriftsatz des Klägers vom 8. November 2001 enthalten war. Um die Rückgabe der Schlüssel geht es in diesem Schriftsatz nicht. Es besteht auch keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (§ 156 ZPO). Denn die Beklagten hatte ausreichend Gelegenheit und spätestens im Hinblick auf die prozessleitende Verfügung des Einzelrichters vom 19. Oktober 2001 Veranlassung, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eine Rückgabe der Schlüssel geltend zu machen.

4.

Der Zinsanspruch ist aus §§ 284, 286, 288 Abs. 2 BGB gerechtfertigt. Die Höhe des Zinsschadens ist auch in zweiter Instanz unstreitig.

5.

Die Berufung der Beklagten zu 3) ist aus den dargelegten Gründen unbegründet. Sie ist dem Mietvertrag vom 1. April 1998 im Juni 1999 beigetreten. Die Beklagte zu 3) haftet damit neben den übrigen Beklagten als Gesamtschuldnerin (§ 421 BGB; § 31 Abs. 2 der Mietverträge).

6.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 91 a, 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO.

Soweit die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben (dies betrifft den Räumungsanspruch und den Herausgabeanspruch hinsichtlich zweier Schlüssel) tragen die Beklagten die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner. Dies entspricht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes billigem Ermessen (§ 91 a ZPO).

Denn der Räumungs- und Herausgabeanspruch war ursprünglich zulässig und begründet. Zu einer ordnungsgemäßen Rückgabe der Mietsache gehört nach überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, der sich der Senat angeschlossen hat, grundsätzlich die Rückgabe sämtlicher Schlüssel, die der Mieter erhalten hat (vgl. BGH NJW 1983,1049; Senat, NJW RR 1996, 209; Wolf/Eckert/ Ball, a.a.O., Rdnr. 1041; Palandt/Weidenkaff, 60. Aufl., § 556 BGB, Rdnr. 2). Bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung haben die Beklagten nicht dargelegt, dass dies vor Eintritt der Rechtshängigkeit am 25. September 2000 geschehen ist. Der Räumungsanspruch hat sich erst dadurch erledigt, dass der Kläger am 15. Februar 2001 die Schlösser an der Tür zur Straße und zum Treppenhaus ausgetauscht hat. Seitdem haben die Beklagten keinen Zutritt zu den vermieteten Räumen mehr. Damit liegt - abgesehen von einem Fall hier nicht vorliegender Teilräumung - eine Rückgabe im Rechtssinne vor. Die Beklagten können den Kläger in seinem Besitz an den vermieteten Gewerberäumen nicht mehr stören (vgl. Emmerich/Sonnenschein, Miete, 7. Aufl., § 556 BGB Rdnr. 8).

7.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Wert der Beschwer für die Beklagten übersteigt 60.000 DM nicht. Es liegen keine Gründe vor, die die Zulassung der Revision rechtfertigen (§ 546 Abs. 1 ZPO).

Streitwert für das Berufungsverfahren: bis zum 12. November 2001: 98.761,70 DM, danach: bis 30.000 DM.

Ende der Entscheidung

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