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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 06.07.2001
Aktenzeichen: 24 U 174/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 320
BGB § 283
BGB § 536
BGB § 537 Abs. 1
BGB § 539 Satz 2
BGB § 535 S. 1
BGB § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt.
ZPO § 287
ZPO § 711
ZPO § 713
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 546 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

24 U 174/00

verkündet am 6. Juli 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 12. Juni 2001 durch seine Richter Z, T und R-H

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Wuppertal vom 15. August 2000 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels und der Anschlussberufung der Klägerin teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, die Fortsetzung des Betriebes eines Personalüberlassungsunternehmens durch die Firma A G im ersten Obergeschoss des Gebäudes F-E-S in W zu verhindern.

Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 1.658,80 DM nebst 7,5 % Zinsen seit dem 6. Januar 2000 zu zahlen. Im übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Die Kosten beider Instanzen tragen die Klägerin zu 8 % und die Beklagte zu 92 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin betreibt ein Unternehmen, das sich mit der gewerblichen Überlassung von Arbeitnehmern befasst. Sie mietete von der Beklagten mit Vertrag vom 6. Oktober 1999 (Bl.4-18 GA) Büroräume im zweiten Obergeschoss des Büro- und Geschäftshauses F-E-S in W zu einem monatlichen Bruttomietzins von 1.566 DM zuzüglich einer Nebenkostenvorauszahlung von 406 DM an. Gem. § 1 Ziff.5 des Vertrages durfte die Klägerin das Objekt nur als Personal-Dienstleistungs-Beratung nutzen. Eine andere Nutzung war ausdrücklich ausgeschlossen. Die Schlüssel für die Mieträume wurden 21. Oktober 1999 übergeben (Bl.122 GA). Nach Durchführung von Renovierungsarbeiten nahm die Klägerin ihren Geschäftsbetrieb Anfang Dezember 1999 auf. Sie zahlte die für Dezember 1999 fällig werdende Miete fristgerecht zum 3. Werktag des Monats ohne Vorbehalte im voraus.

Zur gleichen Zeit eröffnete die Firma A P G (im folgenden: Fa. A G) in den darunterliegenden Räumen im ersten Obergeschoss des Hauses ihr Unternehmen. Diese hatte die Räume von der Beklagten angemietet, nachdem der zwischen den Parteien des Rechtsstreits bestehende Mietvertrag vom 6. Oktober 1999 abgeschlossen war. Wie die Beklagte ist die Fa. A G auf dem Gebiet der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung tätig. Sie wirbt für sich mit Plakaten an den Fenstern der Mieträume und Namensschildern im Eingangsbereich sowie im Flur des Gebäudes.

Mit Anwaltsschreiben vom 17. Dezember 1999 (Bl. 19 GA) forderte die Klägerin die Beklagte auf, die Konkurrenz durch die Fa. A G zu verhindern. Die im Januar 2000 fällige Miete zahlte sie nicht, wobei sie sich auf den fehlenden Konkurrenzschutz als Minderungsgrund berufen hat.

Mit der Klage hat die Klägerin von der Beklagten verlangt, die weitere Vermietung der im ersten Obergeschoss gelegenen Räumlichkeiten an die Fa. A G zu unterlassen; es bestehe die Gefahr, dass Arbeitsuchende Verwechslungen unterlägen und sich statt an sie - die Beklagte - an die Konkurrentin im selben Hause wendeten.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, die Vermietung von Geschäftsräumen in der F-E-S in W an die Firma A P G zu unterlassen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Widerklagend hat sie beantragt,

die Klägerin zu verurteilen, an sie 1.993,60 DM nebst 7,25 % Zinsen von 1.972 DM und 5 % Zinsen von 21,60 DM seit dem 6. Januar 2000 zu zahlen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, mangels Vereinbarung einer entsprechenden Klausel bestehe kein Anspruch auf Konkurrenzschutz; der Geschäftsbetrieb einer Personalüberlassungsfirma sei mit den Unternehmen, für die die Rechtsprechung Konkurrenzschutz auch ohne ausdrückliche Vereinbarung zuerkannt habe, nicht vergleichbar.

Mit der Widerklage hat sie die Miete für Januar 2000 zuzüglich Nebenkostenvorauszahlung (1.972 DM) sowie Bankrücklastschriftkosten von 21,60 DM geltend gemacht. Letztere waren entstanden, weil die Klägerin den Abbuchungsauftrag widerrufen hatte.

Das Landgericht hat die Beklagte dem Klageantrag entsprechend zur Unterlassung verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Unterlassungsanspruch ergebe sich aus § 536 BGB. Die Beklagte müsse die Konkurrenz unterbinden, da sie auch ohne besondere Vertragsklausel nicht berechtigt gewesen sei, an einen Mitbewerber der Klägerin zu vermieten.

Die Kammer hat der Beklagten desweiteren einen Zahlungsanspruch in Höhe von 1.577,60 DM zuerkannt und im übrigen die Widerklage abgewiesen. Der Klägerin stehe ein Mietminderungsrecht infolge der Verletzung des Konkurrenzschutzes zu, jedoch nur in Höhe von 20 % des Bruttomietzinses. Im übrigen sei die Klägerin zur Entrichtung des Mietzinses für Januar 2000 verpflichtet. Die Beklagte könne hingegen nicht die Rücklastschriftkosten geltend machen, da die Klägerin weder unter dem Gesichtspunkt des Verzuges noch unter dem der positiven Vertragsverletzung hierzu verpflichtet sei.

Gegen das erstinstanzliche Urteil wenden sich die Beklagte mit ihrer Berufung und die Klägerin mit der (unselbständigen) Anschlussberufung.

Die Beklagte macht unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vertrages geltend, die Unterlassungsklage könne schon deswegen keinen Erfolg haben, weil sie nicht die Verhinderung eines zukünftigen Verhaltens zum Ziel habe. Die Vermietung der Gewerberäume an die Fa. A + S GmbH sei schließlich bereits vor Klageerhebung erfolgt und könne somit nicht mehr verhindert werden.

Sie - die Beklagte - sei nicht in der Lage, den Mietvertrag mit der Fa. A G der eine Laufzeit bis zum 30. November 2004 habe, vorzeitig zu beenden.

Die Klägerin könne zudem nicht jegliche Vermietung an die Fa. A G verbieten. Der gewünschte Konkurrenzschutz könne auch durch deutliche Hinweisschilder erreicht werden. Die Situation stelle sich insoweit anders dar als bei Ladengeschäften und freien Berufen, die auf Laufkundschaft angewiesen seien.

Gewährleistungsrechte der Klägerin seien gemäss § 539 S.2 BGB ausgeschlossen. Am Tage des Vertragsbeginns, dem 1. Dezember 1999, sei bereits ersichtlich gewesen, dass in den Räumen der ersten Etage ein weiteres Personaldienstleistungsbüro betrieben werde. Die ohne Einschränkung erfolgte Mietzahlung für Dezember 1999 zeige ebenfalls, dass die Klägerin das Mietobjekt vorbehaltlos angenommen habe.

Eine eventuelle Mietminderung könne sich nur auf die Kaltmiete beziehen, nicht auf Umlagen.

Die Beklagte beantragt,

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils,

1.

die Klage abzuweisen;

2.

die Klägerin auf die Widerklage zu verurteilen, an sie 1.993,60 DM nebst 7,25 % Zinsen von 1.972 DM und 5 % Zinsen von 21,60 DM seit dem 6. Januar 2000 zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Wege der Anschlussberufung beantragt sie,

unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil in Bezug auf den zuerkannten Konkurrenzschutz.

Zur Anschlussberufung trägt sie vor, der Mietzins für Dezember 1999 müsse um 50 % gemindert werden. Des weiteren verrechnet sie die Minderungsanteile der unter Vorbehalt gezahlten Mieten für die folgenden Monate Februar ff..2000 mit einem eventuellen Zahlungsrückstand für Januar 2000.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Beklagten hat einen geringen Teilerfolg, soweit die Höhe der vom Landgericht erkannten Mietminderung in Streit steht. Im übrigen sind Berufung und Anschlussberufung nicht begründet.

A. Berufung

1.

Die Beklagte kann sich nicht erfolgreich darauf berufen, ein Unterlassungsanspruch der Klägerin sei schon deshalb nicht gegeben, weil kein zukünftiges Verhalten unterbunden, sondern eine vermeintlich eingetretene Störung beseitigt werden solle. Der in erster Instanz gestellte Klageantrag ist als Prozesserklärung auslegungsfähig. Dabei ist in erster Linie der Sachvortrag, auf den sich die Klage stützt, heranzuziehen (vgl. BGH GRUR 1987, 172, 174; 1991, 138; 1997, 304, 305). Der Klageantrag ist unter Berücksichtigung dessen dahin auszulegen, dass die Beklagte verpflichtet werden sollte, die durch Verletzung des der Klägerin zu gewährenden Konkurrenzschutzes erfolgte Vermietung an die Fa. A G eingetretene Störung zu beenden. Dies hat die Klägerin in der Berufungserwiderung vom 31. Januar 2001 nunmehr ausdrücklich klargestellt (Bl. 116 GA).

2.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus dem Mietvertrag der Parteien vom 6. Oktober 1999 (Bl.4-18 GA) einen Anspruch auf Beseitigung der Störung, die durch die an die Fa. A G erfolgte Vermietung der im ersten Obergeschoss gelegenen Gewerberäume eingetreten ist.

a)

Dadurch, dass die Beklagte in demselben Gebäudekomplex, in dem sich die Räume der Klägerin befinden, an die Fa. A G vermietete, hat sie die sich aus dem Mietvertrag ergebende Gebrauchsüberlassungspflicht (§§ 536, 133, 157, 242 BGB) verletzt.

aa)

Auch ohne Bestehen besonderer vertraglicher Regelung - wie hier - hat nach ständiger Rechtsprechung des BGH (vgl. etwa BGH NJW 1979, 1404, 1405; BGHZ 70, 79, 80) der Vermieter die Pflicht, den Mieter gegen Konkurrenz im selben Hause zu schützen, sofern der besondere geschäftliche Gebrauchszweck im Mietvertrag hervorgehoben oder dem Vermieter in sonstiger Weise bekannt ist. Zwar ist der Vermieter nicht verpflichtet, dem Mieter jeden Mitbewerber fernzuhalten. Es ist aber nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der beiderseitigen Belange der Parteien geboten, eine Einzelfallabwägung vorzunehmen, ob Sinn und Zweck des Mietvertrages die Einräumung eines Konkurrenzschutzes gebieten (BGH NJW 1979, 1405; NJW-RR 1986/9; Wolf/Eckert/Ball, Hdb. der gewerblichen Miet-, Pacht- und LeasingR, 8. Aufl., Rn. 689). Ein derartiger Schutz wurde von der Rechtsprechung vor allem für Einzelhan-delsgeschäfte gewahrt, aber auch für freie Berufe, sofern die Praxis auf "Laufkundschaft" angewiesen war (BGH ZMR 1989, 148; BGHZ 70, 79 ff.).

bb)

Unter Beachtung der vorgenannten Grundsätze brauchte die Klägerin hier nicht zu erwarten, dass im Hause F-E-S in W ein weiteres Personalüberlassungsunternehmen eröffnet würde. Der Beklagten war der Gebrauchszweck für die angemieteten Räume im zweiten Obergeschoss bekannt. Dieser ergibt sich dem Mietvertrag selbst. Die Klägerin durfte gem. § 1 Ziff. 5 des Vertrages das Objekt nämlich ausschließlich zum Betrieb einer Personal- und Dienstleistungsberatung nutzen (Bl. 56 GA). Unstreitig handelt es sich bei der Fa. A G, an die die Beklagte nach Abschluss des Mietvertrages mit der Klägerin Räume im ersten Obergeschoss vermietete, um einen dem Gewerbe der Klägerin vergleichbaren Betrieb. Beide Unternehmen befassen sich mit der entgeltlichen Überlassung von gewerblichen Arbeitnehmern an Drittunternehmen und stehen in einem Wettbewerbsverhältnis zueinander.

Die Konkurrenzsituation stellt sich für Personalüberlassungsunternehmen in einer der den freien Berufen / Einzelhandelsgeschäften vergleichbaren Weise dar. Die Beklagte kann nicht erfolgreich geltend machen, für die Klägerin sei durch die räumliche Nähe zu der Fa. A G kein Wettbewerbsnachteil zu erkennen. Für die Klägerin wirkt es sich wirtschaftlich nachteilig aus, dass sich im selben Hause eine weitere Firma befindet, die auf demselben Sektor tätig ist. Zwar mag es sein, dass sich mögliche Kunden - Arbeitgeber mit Personalbedarf - vornehmlich telefonisch oder brieflich an ein Personalleasingunternehmen wenden, so dass Laufkundschaft auf Anbieterseite eher selten anzutreffen ist. Doch pflegen sich - wie auch die Beklagte einräumt - Arbeitsuchende, auf die ein Personalunternehmen zur Aufrechterhaltung seines Betriebes dringend angewiesen ist, persönlich vorzustellen. Zu diesem Zwecke suchen die Interessenten das Unternehmen an dessen jeweiligem Firmensitz auf. Bei diesem Personenkreis liegt es nicht fern, dass er zwei in einem Gebäude befindliche Personalfirmen miteinander verwechselt. Zudem kann der Arbeitsuchende leicht Konditionen der beiden Konkurrenzunternehmen vergleichen, was zu einer Wettbewerbsverzerrung zuungunsten der Klägerin führen könnte. Außerdem ist die Lage der von der Fa. A G gemieteten Räume günstiger, da sich diese in der ersten, die der Klägerin dagegen in der zweiten Etage befinden. Arbeitsinteressenten müssen zwangsläufig die Räume der Fa. A G passieren, um zu denen der Klägerin zu gelangen. Das Firmenschild neben der Bürotüre der Fa. A G (siehe Lichtbild in Hülle Bl. 54) im Treppenhaus, auf dem sich ein deutlicher Hinweis auf den Unternehmensgegenstand "Personalleasing" befindet, kann dem flüchtigen Leser den Eindruck vermitteln, die Klägerin unterhalte hier ihren Sitz. Wie die Klägerin unter Vorlage eidesstattlicher Versicherungen (Bl. 56 und 61 GA) dargetan hat, hat sich die Verwechslungsgefahr bei zwei Arbeitsinteressenten nachweislich realisiert. Diese haben sich in dem Glauben, es handele sich um die Klägerin, an die Fa. A G gewendet.

Die Beklagte kann nicht damit gehört werden, die gegenwärtige Arbeitsmarktsituation lasse keinen Mangel an zur Arbeit bereiten Interessenten erkennen. Auch in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit ist das Interesse der Klägerin an der Anwerbung qualifizierter Arbeitskräfte nicht zu leugnen.

Der Verwechslungsgefahr kann nicht durch andere geeignete Maßnahmen - etwa Hinweisschilder - in der gebotenen Weise Rechnung getragen werden. Denn allein die günstigere Lage der Fa. A G im ersten Stock führt zu einer offensichtlichen Benachteiligung der Klägerin.

Der Umstand, dass im näheren Umfeld des Gebäudes eine Konzentration weiterer Unternehmen gleicher Art vorzufinden ist, rechtfertigt es ebenfalls nicht, der Klägerin den verlangten Konkurrenzschutz zu versagen. Schon ein schlichter Irrtum des Interessenten über die Etage, in der er sich gerade befindet, kann bei im selben Haus gelegenen Firmen zu einer Verwechslung führen. Denn der Arbeitsuchende rechnet nicht ohne weiteres damit, dass dort neben der Klägerin ein weiteres Personalüberlassungsunternehmen ansässig ist. Bei in der Nachbarschaft angesiedelten Unternehmen wirkt sich der aufgezeigte Wettbewerbsnachteil nicht in gleichem Umfang aus. Die Verwechslungsgefahr ist hier deutlich geringer anzusetzen.

b)

Der Klägerin steht auch ein Beseitigungsanspruch in dem geforderten Umfang gegen die Beklagte zu. Der Beseitigungsanspruch geht regelmäßig nicht weiter, als zur Aufhebung oder Minderung der Störung erforderlich ist. Die erforderlichen Beseitigungsmaßnahmen bestimmen sich daher nach der Art und dem Umfang der Beeinträchtigung. Wie bereits dargelegt, reicht es hier entgegen der Ansicht der Beklagten nicht aus, die störende Konkurrenzsituation durch Aufstellen besonderer Hinweisschilder zu beheben. Die Beklagte muss vielmehr auf die Fa. A G einwirken, den Konkurrenzbetrieb in den Mieträumen einzustellen. Ggf. hat sie das Mietverhältnis durch Kündigung aufzulösen. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, infolge des Abschlusses eines Zeitmietvertrages auf die Dauer von 5 Jahren zur Beendigung des mit der Fa. A G bestehenden Mietverhältnisses nicht in der Lage zu sein. Ein Fall der objektiven Unmöglichkeit liegt insoweit nicht vor. Wenn die Beklagte aus rechtlichen Gründen nicht in der Lage sein sollte (subjektive Unmöglichkeit), der Fa. A die Fortführung des Geschäftsbetriebs zu untersagen, so ist dies im jetzigen Verfahrensstadium unerheblich (vgl. BGH NJW 1974, 2317). Es ist denkbar, dass die Fa. A + S GmbH z.B. gegen eine Abfindung zur Vertragsaufhebung bereit ist. Solange diese Möglichkeit besteht, ist die Klägerin schon mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 283 BGB nicht gehindert, zunächst einen Vollstreckungsversuch zu unternehmen, um ihr vorrangiges Rechtsschutzziel durchzusetzen.

Dem Grunde nach zu Recht hat das Landgericht der Klägerin eine Mietminderung nach § 537 Abs. 1 BGB zugebilligt.

aa) Ob die vertragswidrige Konkurrenzsituation einen zur Minderung berechtigenden Sachmangel des Mietobjekts darstellt, ist - soweit ersichtlich - bislang vom BGH nicht entschieden worden. Im Falle der Klage eines hinzukommenden Mieters hat der BGH (VI. Zivilsenat) entschieden, der Umstand, dass diese Vermietung dem für das zuerst ansässige Unternehmen vereinbarten Konkurrenzschutz zuwider laufe, stelle weder einen Sach- noch einen Rechtsmangel dar (BGH, ZMR 1954, 78). Ein Mangel sei eine Eigenschaft der Mietsache, die sich für jeden in gleichen Umständen befindlichen Mieter als eben solcher darstelle. Der Wettbewerbsschutz bewirke nur eine schuldrechtliche Verpflichtung gegenüber dem ersten Mieter, beeinträchtigte die Nutzung des hinzukommenden Mieters aber nicht unmittelbar.

In einer anderen Entscheidung hat der BGH (VIII. Zivilsenat; WM 1977, 1328) dagegen die von einem Dritten ausgehende Beeinträchtigung des Mietgebrauchs als Sachmangel angesehen, ohne eine Unmittelbarkeit für erforderlich zu halten.

bb) In der Literatur wird allgemein die Ansicht vertreten, die vertragswidrige Konkurrenzsituation führe - ebenso wie sonstige Störungen durch Dritte - zu einem Mangel der Mietsache und löse somit Gewährleistungsansprüche des Mieters aus (Bub/Treier, Hdb. der Wohn- und Geschäftsraummiete, 3. Aufl., III.B Rn. 1250; Wolf/Eckert/Ball aaO, Rn. 709 aaO., Sternel, MietR aktuell, II. Rn.201; Soergel/Heintzmann, BGB, 12.Aufl., §§ 535, 536 Rn. 175; Emmerich/Sonnenschein, MietR, 7.Aufl., §§ 535, 536 Rn.10). Dies entspricht auch der reichsgerichtlichen Rechtsprechung (RGZ 119, 353) und der Ansicht verschiedener Oberlandesgerichte (Karlsruhe, ZMR 1990, 214; Düsseldorf (10.ZS.), ZMR 1997, 583).

cc) Der Senat schließt sich der unter bb) dargestellten herrschenden Meinung an. Ein Mietobjekt ist mangelhaft, wenn ein bestehender Fehler die Tauglichkeit zu dem vertragsmäßigen Gebrauch aufhebt oder nicht unerheblich mindert. Ein Fehler der Mietsache ist die dem Mieter negative Abweichung ihrer tatsächlichen Beschaffenheit von der vertraglich festgelegten Sollbeschaffenheit (BGH ZMR 2000, 508, 510 m.w.N.; MünchKomm/Voelskow, BGB, 3.Aufl., § 537 Rn. 2). Da die vertragswidrige Konkurrenz den Mietgebrauch letztlich beeinträchtigt, liegt ein Fehler der Mietsache vor. Besteht ein vertragsimmanenter Konkurrenzschutz, geht nämlich der Mieter davon aus, dass ihm kein Mitbewerber im selben Haus den Markt streitig macht. Schließt der Vermieter gleichwohl einen Mietvertrag mit einem Konkurrenten ab, weicht die Istbeschaffenheit zum Nachteil des Mieters von der im Vertrag vereinbarten Sollbeschaffenheit ab. Hieran ändert auch nichts der Umstand, dass der Mieter an der Benutzung seines Geschäftslokals tatsächlich nicht gehindert ist. Denn der wirtschaftliche Wert der Räume ist für ihn erkennbar geringer, da die Konkurrenzlage regelmäßig zu Umsatzeinbußen führt.

b)

Das Minderungsrecht ist nicht nach § 539 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Die Klägerin hat die Mieträume nicht rügelos in Kenntnis der Vermietung an die Fa. A G entgegengenommen.

aa)

Wie sich aus der vorgelegten Quittung (Bl. 133 GA) ergibt, hat der Geschäftsführer der Klägerin bereits zum 21. Oktober 1999 die Schlüssel für die Mieträume erhalten. Das Objekt durfte ab dem 15. November 1999 genutzt werden. Zu diesem Zeitpunkt war selbst nach dem Vortrag der Beklagten für die Klägerin noch nicht zu ersehen, dass weitere Räume in dem Gebäude an ein Konkurrenzunternehmen vermietet waren. Insbesondere war die Fa. A G noch nicht eingezogen. Selbst wenn aber für die Klägerin zum Zeitpunkt der Übernahme die Vermietung an die vorgenannte Firma ersichtlich gewesen wäre, war ihr doch eine bestimmte Prüfungszeit zuzubilligen, ob es sich tatsächlich um ein Konkurrenzunternehmen handelte. Denn es wäre durchaus denkbar gewesen, dass die Firma A G ein völlig anderes Marktsegment bediente als die Klägerin und sich somit nicht als unmittelbare Mitbewerberin erwiesen hätte.

bb)

Der Umstand, dass die Klägerin die Miete für Dezember 1999 vorbehaltlos gezahlt hat, rechtfertigt ebenfalls nicht den Schluss einer vorbehaltlosen Annahme des Mietobjekts. Ob der Mieter sich auf Gewährleistungsrechte wegen eines. Mangels nicht mehr berufen kann, hängt von der Ernsthaftigkeit seiner Rüge sowie von der Dauer der Zeit ab, in der er den Mietzins ungekürzt und ohne Vorbehalt weitergezahlt hat (vgl. BGH NJW 1997, 2674; 2000, 2663; Bub/Treier, aaO., III B. Rn. 1413). Die Klägerin hat lediglich die Miete für Dezember 1999 ohne Vorbehalt gezahlt. Wie sie dargelegt hat, ist diese Mietzahlung bereits Ende November 1999 - und damit vor Einzug der Fa. A G von ihrem Konto abgebucht worden, was angesichts der mietvertraglichen Regelung, wonach Zahlung bis zum 3. Werktag eines Monats zu erfolgen hatte, nachvollziehbar erscheint. Die Miete für Januar 2000 hat die Klägerin vollständig einbehalten. Die folgenden Mieten sind unter Vorbehalt der Rückzahlung entrichtet worden wie zwischen den Parteien unstreitig ist (vgl. Bl.58 GA). Eine einmalige vorbehaltlose Zahlung reicht aber nicht aus, Gewährleistungsrechte des Mieters für die Zukunft auszuschließen. Regelmäßig wird ein Zeitraum von mehr als drei Monaten verlangt, um zu einem Ausschluss, des Minderungsrechts zu gelangen (vgl. BGH aaO).

c)

Der Beklagten ist allerdings zuzugeben, dass sich die Minderung nicht auf die Nebenkostenvorauszahlung erstreckt. Grundsätzlich ist eine Minderung vom sogenannten Nettokaltmietbetrag vorzunehmen. Betriebs- und andere Nebenkostenbestandteile unterliegen nur dann einer Minderung, wenn sich die beeinträchtigenden Kriterien auf solche Umstände beziehen, die sich gerade in diesen Betriebs- und Nebenkosten widerspiegeln (Palandt/Putzo, 60.Aufl., BGB, § 537 Rn.23). Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Senats. Den vom Landgericht zugrunde gelegten Minderungssatz von 20 % als solchen hat die Beklagte mit der Berufung nicht angegriffen.

Demnach errechnet sich der Anspruch der Beklagten gem. §§ 535 S.1, 537 Abs.1 BGB hinsichtlich der Miete für den Monat Januar 2000 wie folgt:

Nettomiete 1.350,00 DM abzüglich 20 % 270,00 DM 1.080,00 DM zuzüglich 16 % MWSt 172,80 DM sowie NK-Vorauszahlung brutto 406,00 DM insgesamt 1.658,80 DM

d)

Wie das Landgericht ausgeführt hat, besteht kein Anspruch der Beklagten auf Erstattung der ihr entstandenen Rücklastschriftkosten in Höhe von 21,60 DM. Auf die zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Urteils wird insoweit verwiesen. Der Klägerin stand ein Leistungsverweigerungsrecht gem. § 320 BGB aufgrund der vertragswidrigen Konkurrenzsituation zu, das dem Verzugseintritt wegen des Mietzinses entgegenstand.

3.

Der Zinsanspruch, der mit der Berufung nicht angegriffen wird, ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges, wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat.

B. Anschlussberufung

1.

Der Klägerin kann nicht gefolgt werden, soweit sie eine Minderung des Mietzinses um 50 % - statt der vom Landgericht geschätzten 20 % - als angemessen ansieht. Eine derartige Minderung verstößt gegen den Grundsatz, dass das Ausmaß der Minderung ganz von den Umständen des Einzelfalles abhängt (Bub/Treier aaO III b Rn. 1364; Soergel/Heintzmann, aaO, § 537 Rn. 41). Zur Minderung berechtigt ist die Klägerin nur, soweit und solange sie einer Konkurrenz im eigenen Hause ausgesetzt ist. Eine nach § 287 ZPO zu erfolgende Schätzung der Gebrauchsbeeinträchtigung rechtfertigt hier keine über 20 % liegende Minderungsquote. Es sind keine Umstände ersichtlich, dass die Gebrauchsbeeinträchtigung höher zu bemessen ist. Die Klägerin hat insbesondere nicht hinreichend dargetan, ob und in welchem Umfang sie sich mit geringeren Umsätzen zufrieden geben muss, weil sie der Konkurrenz der Fa. A G ausgesetzt ist. Sie hat auch nicht nachgewiesen, dass bislang tatsächlich ein Arbeitnehmer von dem Konkurrenzunternehmen abgeworben oder von der Klägerin wegen eines Gegenangebots der Fa. A G ein höheres Gehalt verlangt und erhalten hat.

2.

Die von der Klägerin vorgenommene "Verrechnung" mit einem sich aus § 812 Abs.1 S. 1 1.Alt. BGB ergebenden Anspruch auf Rückzahlung überzahlter Mietzinsanteile bezüglich der Monate ab Februar 2000 scheitert an dem in § 6 des Mietvertrags (Bl.10 GA) vereinbarten Aufrechnungsverbot. Dieses Verbot begegnet in seiner konkreten Ausgestaltung im gewerblichen Mietvertrag keinen Bedenken (vgl. Wolf/Eckert/Ball aaO Rn. 490 m.w.N.).

II.

Die Kostenentscheidunq beruht auf §§ 97 Abs.1, 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr.10, 711, 713 ZPO.

Die Zulassung der Revision aus den Gründen des § 546 Abs.1 ZPO ist nicht veranlasst. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 546 Abs.1 S. 2 Ziff.1 ZPO) noch weicht der Senat von einer Entscheidung des BGH ab (§ 546 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 2 ZPO). Die in ZMR 1954, 78 veröffentlichte Entscheidung des BGH zur Frage des Sachmangels betraf den hier nicht bedeutsamen Fall des Minderungsanspruchs des hinzukommenden Konkurrenten.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 21.993,60 DM.

Die Beschwer übersteigt für keine Partei 60.000 DM.

Ende der Entscheidung

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